Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen können nach zu einer Steuerermäßigung führen. Nach § 35a Abs. 3 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 %, höchstens um 1.200 EUR, der Aufwendungen.
Nach einer aktuellenEntscheidung des Finanzgerichts Münster mindern allerdings Versicherungsleistungen diesen Ermäßigungsbetrag.
Im Streitfall erlitt die Klägerin einen Wasserschaden, für dessen Beseitigung Handwerkerkosten in Höhe von insgesamt 3.224 EUR anfielen. Die Versicherung der Klägerin erstattete die Aufwendungen. In ihrer Einkommensteuererklärung setzte die Klägerin die Handwerkerkosten an und beantragte die Gewährung der Steuerermäßigung. Das Finanzamt lehnte dies aufgrund der Regulierung des Schadens durch die Versicherung ab.
Das Finanzgericht Münster wies die hiergegen erhobene Klage ab.
Zwar fallen bei der Klägerin die durchgeführten Tätigkeiten in den Anwendungsbereich der Vorschrift, jedoch kann die Klägerin die hierfür entstandenen Kosten nicht nach § 35a EStG geltend machen, weil sie durch diese nicht wirtschaftlich belastet ist.
Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt1. Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, z.B. das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleinerer Schäden, die Erneuerung eines Bodenbelags (Teppichboden, Parkett oder Fliesen), die Modernisierung des Badezimmers oder der Austausch von Fenstern. Hierzu gehören auch Aufwendungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten auf dem Grundstück, z.B. Garten- und Wegebauarbeiten, aber auch die Reparatur, Wartung und der Austausch von Gas- und Wasserinstallationen.
Dementsprechend fallen die geltend gemachten Aufwendungen für den Arbeitslohn zur Beseitigung des im Streitfall eingetretenen Wasserschadens dem Grunde nach in den Anwendungsbereich der Vorschrift.
Aufgrund der Erstattung durch die Versicherung ist eine wirtschaftliche Belastung der Klägerin, die die Gewährung eines Steuervorteils rechtfertigen würde, jedoch nicht eingetreten. Die Höhe des Abzugsbetrags bestimmt sich für Handwerkerleistungen gemäß § 35 a Abs. 3 S. 1 EStG grundsätzlich nach den Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Der Begriff der Aufwendungen ist in der Vorschrift nicht definiert. Das Finanzgericht Münster geht davon aus, dass er – ebenso wie der in § 10 und § 35 EStG – dahingehend auszulegen ist, dass er nicht auf den bloßen Geldabfluss abstellt, sondern eine wirtschaftliche Belastung erfordert; diese liegt im Streitfall nicht vor.
§ 35 a EStG durchbricht den Grundsatz des § 12 Nr. 1 S. 1 EStG, dass haushaltsbezogene Privataufwendungen nicht abzugsfähig sind. Er steht damit vom Regelungsgehalt her in einer Reihe mit § 10 und § 33 EStG, aufgrund derer gleichfalls bestimmte privat veranlasste Ausgaben steuerlich berücksichtigt werden können. Diese Systematik bringt die Vorschrift auch in Absatz 5 S. 1 zum Ausdruck. Dort ist ausdrücklich (auch) geregelt, dass ihr Anwendungsbereich subsidiär zu den außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG ist. Ebenso wird dies durch die Entstehungsgeschichte belegt. Hauswirtschaftliche Beschäftigungsverhältnisse waren ursprünglich in § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG geregelt. Erst mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.20022 wurde diese Vorschrift aufgehoben und § 35a in das Einkommensteuergesetz eingefügt. Aufgrund der entstehenden Abgrenzungsschwierigkeiten und auch um das gesetzesimmanente Ziel der Bekämpfung von Schwarzarbeit zu fördern, wurde mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung von 26.04.20063 die Vorschrift neu gefasst und Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen mit in den Anwendungsbereich einbezogen.
Weist die Vorschrift damit systematische Parallelen zu § 10 und § 33 EStG auf, so spricht dies dafür, die dort entwickelten Grundsätze zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen anzuwenden.
In § 10 EStG werden Sonderausgaben als „Aufwendungen“ bezeichnet (§ 10 Abs. 1 Satz 1 EStG am Anfang), weil der Zweck der Vorschrift darin gesehen wird, bestimmte, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Privatausgaben vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen. Daraus folgert der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist4. Keine wirtschaftliche Belastung hat der Bundesfinanzhof beim Sonderausgabenabzug z.B. angenommen, wenn geleistete Aufwendungen im selben oder in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet werden5.
Gleiches gilt im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG). Nach der Lehre von der Vorteilsanrechnung müssen sich die Steuerpflichtigen jedoch Zahlungen, die ihnen von dritter Seite, wie z. B. des Hausratversicherers, im Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind, auf entstandene Aufwendungen anrechnen lassen. Denn aus der Legaldefinition in § 33 Abs. 1 Halbsatz 1 EStG wird gefolgert, dass außergewöhnliche Belastungen nur solche Aufwendungen sein können, die den Steuerpflichtigen (endgültig) belasten. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, soweit für getätigte Zahlungen von dritter Seite Ersatz geleistet wird. An der Vorteilsanrechnung ändert sich auch dann nichts, wenn Aufwendungen und Ersatzleistung in verschiedenen Kalenderjahren getätigt bzw. gewährt werden. Da § 33 Abs. 1 EStG nur endgültige Belastungen durch Minderung des Einkommens des Steuerpflichtigen steuerlich berücksichtigen will, ist eine Vorteilsanrechnung auch dann vorzunehmen, wenn die Ersatzleistungen erst in späteren Kalenderjahren anfallen als die Aufwendungen. Denn das im Rahmen des § 33 EStG geltende Belastungsprinzip ist ein Korrektiv für den Fall, dass der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit dem belastenden Ereignis steuerfreie Zuwendungen in Geld oder Geldeswert erhält, die die Belastung in einem späteren Veranlagungszeitraum ganz oder teilweise ausgleichen6. Gleiches gilt, wenn Aufwendungen jedenfalls teilweise in ein Kalenderjahr fallen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem dem Steuerpflichtigen Aufwendungsersatz von einem Hausratversicherer geleistet worden ist und damit die Belastung bereits in einem früheren Veranlagungszeitraum gleichsam im Vorgriff „aufgefangen“ wurde7.
Aufgrund dieser geschilderten Entstehung der Vorschrift und des sich daraus ergebenden systematischen Zusammenhangs zu §§ 10 und 33 EStG sieht das Gericht keinen Grund, den vorliegenden Fall nach anderen Grundsätzen zu behandeln. Denn obwohl das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung auch dem Zweck der Eindämmung der Schwarzarbeit verfolgt, ist § 35a EStG keine reine Steuerlenkungsnorm, sondern – zumindest auch – wie § 10 und § 33 EStG eine Fiskalzwecknorm, die auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abstellt und deshalb nur den Abzug von Zahlungen zulässt, die zur Minderung der Leistungsfähigkeit führen.
Deshalb hat die Leistung der Versicherung das Entstehen von Aufwendungen der Klägerin verhindert.
Darin liegt auch keine Ungleichbehandlung mit nicht versicherten Steuerpflichtigen, die den Schaden aus eigenen Mitteln bezahlen. Diese Gruppe ist mit der der versicherten Klägerin nicht vergleichbar. Denn der nicht Versicherte nimmt das erhebliche finanzielle Risiko in Kauf, bei Eintritt eines Gebäudeschadens die Instandsetzung aus eigenen Mitteln zu leisten. Demgegenüber hat der Versicherte – unabhängig von der Höhe der bisher geleisteten Beiträge – Anspruch auf die Leistungen des Versicherers bezüglich des versicherten Risikos und ist nicht mit der Bereithaltung von Mitteln für den Schadensfall belastet.
Die wirtschaftliche Belastung der Klägerin ergibt sich – so das Finanzgericht Münster – auch nicht aus den im Voraus gezahlten Beiträgen. Diese stellen keine alternative Form des Ansparens von Mitteln, vergleichbar der Anlage auf einem Sparbuch, dar. Zum Einen werden die Beiträge auch für den vereinbarten Anspruch auf eine Schadensregulierung gezahlt, der unabhängig von der Gesamthöhe der eingezahlten Beiträge entsteht. Zum Anderen ist beim Versicherten die Gesamtheit der Beitragszahlungen, wenn kein Schadensereignis eintritt, bei Versicherungsende vollständig verloren. Aus diesem Grunde kann die Zahlung der Versicherung auch nicht – wie beispielsweise die Rückzahlung einer Lebensversicherung – rechtlich als die Leistung aus einem angesparten Vermögen des Versicherten angesehen werden. Letztlich spricht gegen die Berücksichtigung der Beiträge für die Sachversicherung als Belastung im Sinne des § 35a EStG auch die gesetzgeberische Grundentscheidung in § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 3a EStG, in denen Beiträge zu Sachversicherungen gerade nicht als steuerlich wirksam behandelt werden.
Eine wirtschaftliche Belastung der Klägerin folgt auch nicht aus der „Verwendung“ des Anspruchs gegen die Versicherung. Zwar hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 01.12.1992 ((BFH, Urteil vom 01.12.1992 – IX R 36/869) entschieden, dass als Werbungskosten zu berücksichtigende Absetzungen für Abnutzung nicht mit einer Versicherungsleistung zur Wiederherstellung des Wirtschaftsguts verrechnet werden können. Maßgebend für die Entscheidung war aber, dass § 7 Abs. 1 EStG für die Höhe der Absetzungen auf die Abnutzung des einzelnen Wirtschaftsguts abstellt und damit der Grundsatz der Einzelbewertung die Verrechnung mit einem anderen Wirtschaftsgut (der Versicherungsleistung) verhindert. Diese Problematik hat mit der vorliegenden Fallgestaltung, in der es allein um die Berücksichtigung einer wirtschaftlichen Belastung und nicht um die Bewertung von Wirtschaftsgütern geht, nichts gemein.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 06.04.2016 – 13 K 136/15
- BFH, Urteil vom 06.05.2010 – VI R 4/09 [↩]
- BGBl. I 2002, 4621 [↩]
- BGBl. I 2006,1091 [↩]
- BFH, Urteil vom 21.07.2009 – X R 32/07 [↩]
- BFH, Urteile vom 26.11.2008 – X R 24/08; vom 02.09.2008 – X R 46/07 [↩]
- BFH, Urteil vom 30.07.1982 – VI R 67/79 [↩]
- BFH, Urteil vom 30.06.1999 – III R 8/95 [↩]