Zu viele Ausreißer führen zum Verbot der Pferdehaltung

Heute geht es nicht um Hunde, sondern um Pferde:

Die Untersagung der Tierhaltung ist in der Regel die ultima ratio, die den Behörden gegenüber einem Tierhalter verbleibt.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem die Gemeinde einem Pferdehalter die Pferdehaltung untersagt und ihn aufgefordert hatte, seine Pferde abzugeben – ansonsten würden sie ihm weggenommen. Die hiergegen gerichtete Klage des Mannes hatte keinen Erfolg.

Der Kläger hielt zuletzt auf seinen Koppeln im Bereich des Gemeindegebietes Ellingen zwei Pferde, einen Wallach und einen Hengst. Bereits seit Dezember 2004 wurden immer wieder Vorfälle bekannt, bei denen die vom Kläger gehaltenen Pferde aus ihrer Koppel ausgebrochen oder dem Kläger ausgerissen sind. Deshalb verfügte die Beklagte bereits mit Bescheid vom 14. Oktober 2005, dass der Kläger seine Pferde zum einen auf dem Weg zwischen Stall und Koppel stets am Zügel zu führen habe, zum anderen dass nur Personen, die jederzeit in der Lage seien, die Tiere körperlich zu beherrschen, diese führen dürften. Mit weiterem Bescheid vom 25. Mai 2007 wurde der Kläger verpflichtet, seine Pferde stets ausbruchssicher unterzubringen. Das ebenfalls angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR wurde mit Schreiben der Beklagten vom 3. Juli 2007 für fällig erklärt.

Im November 2007 fand bei der beklagten Behörde ein Vergleichsgespräch statt, bei dem der Kläger zusagte, die ihm auferlegten Pflichten einzuhalten.

Im Mai 2008 brachen die Pferde des Klägers erneut aus. Am 2. September 2010 verursachten sie nach einem Ausbruch einen Unfall mit einem Pkw. In der Folgezeit wurde der Kläger mehrfach auf seine Pflichten, für eine ordnungsgemäße Einzäunung der Pferdekoppeln zu sorgen, hingewiesen.

Im Juli 2011 brachen die Pferde des Klägers erneut aus. In einem Fall wurde ein Schrebergarten beschädigt, in einem zweiten Fall zwei Reiterinnen in Gefahr gebracht. Deswegen wurde dem Kläger mit Bescheid vom 29. Juli 2011 aufgegeben, seinen Hengst kastrieren zu lassen. Des Weiteren wurde dem Kläger verboten, die Pferde im Freien unbeaufsichtigt unterzubringen.

Mit nunmehr streitgegenständlichem Bescheid vom 23. September 2011 untersagte die Beklagte dem Kläger die Pferdehaltung und forderte ihn auf, die in seinem Besitz befindlichen Pferde binnen 14 Tagen abzugeben und die Abgabe nachzuweisen. Für den Fall, dass er dem nicht nachkomme, wurde dem Kläger die Wegnahme der Pferde angedroht. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet.

Hintergrund der Anordnung war ein Vorfall vom 7. September 2011, als die Pferde des Klägers erneut aus ihrer Koppel ausbrachen und in einen Reitstall eindrangen, in dem zu diesem Zeitpunkt 12 Jugendliche Reitstunden nahmen. Zur Begründung der Anordnung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe sich an die bislang angeordneten Maßnahmen zur Haltung der Tiere nicht gehalten. Sie hätten sich zur Gefahrenabwehr deshalb als ungeeignet erwiesen.

Es sei daher erforderlich, dem Kläger die Pferdehaltung zu verbieten.

In einem Eilverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach1, in dem es um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ging, war der Kläger bereits gescheitert.

Nach Mitteilung der Beklagten wurden dem Kläger die Pferde am 18. Oktober 2011 weggenommen und einstweilen in einer anderen Koppel kostenpflichtig untergebracht. Diesbezüglich wurde mitgeteilt, dass seitdem keine Vorfälle mehr bekannt seien.

Das Veterinäramt beim Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen hat im Verfahren ausgeführt, dass eine Kastration des Hengstes des Klägers zwar zu einer Verminderung der Gefährlichkeit führe und den Antrieb zum Ausbrechen mindere; da dieser die Geschlechtsreife aber bereits überschritten habe, müsse damit gerechnet werden, dass das Hengstverhalten erst über einen längeren Zeitraum hin vollständig abklingen könne. Darüber hinaus gebe es auch andere Ursachen für das Verhalten der Pferde, so dass eine Gefährdung auch nach der Kastration nicht ausgeschlossen werden könne, wenn die Weide nicht ausbruchssicher gestaltet sei.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat die Klage abgewiesen und sich im wesentlichen auf folgende Punkte gestützt:

Nach den Bestimmungen des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen treffen, um Gefahren abzuwehren, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedrohen oder verletzen.

Diese – ermessensbegründenden – Voraussetzungen sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichts vorliegend gegeben. Die Pferde des Klägers haben wiederholt Menschen in konkrete Gefahr gebracht, womit eine Gefahr im Sinne des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes verwirklicht war.

Das Verwaltungsgericht hat das Verbot der Pferdehaltung als rechtlich weitestgehende Maßnahme zudem als verhältnismäßig angesehen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung hätten mildere Mittel nicht zur Verfügung gestanden bzw. wären nicht erfolgversprechend gewesen, da ein bereits früher gegen den Kläger festgesetztes Zwangsgeld sich als nicht beitreibbar erwiesen hatte.

Unverhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 1 LStVG ist es auch nicht, dem Kläger die Haltung aller Pferde zu untersagen, mit anderen Worten, das Haltungsverbot nicht nur auf Hengste zu beschränken. Zwar ist es nachvollziehbar, dass der zuletzt gehaltene Hengst des Klägers die treibende Kraft für die Ausbrüche dargestellt hat und somit Hauptursache der entstandenen konkreten Gefahr für die Allgemeinheit darstellte, doch ist hierbei zu beachten, dass der Kläger über die Jahre immer wieder auch andere Pferde gehalten hat, und auch bezüglich all dieser Pferde nie für eine gefährdungsfreie Unterbringung gesorgt hat. Das Verwaltungsgericht ging daher davon aus – nach dem dem Akteninhalt als auch aus der im Rahmen der mündlichen Verhaltung gewonnenen Überzeugung -, dass der Kläger derzeit grundsätzlich für die Pferdehaltung ungeeignet ist. Dies lässt sich auch an Hand der Vorfälle seit dem Jahre 2004 belegen. Es ist nämlich nicht nur so, dass die Pferde des Klägers, wenn sie unbeaufsichtigt waren, nach Gutdünken aus der Koppel ausgebrochen sind, sie sind dem Kläger auch mehrfach während eines beaufsichtigten Einsatzes ausgekommen und haben so Gefahren für Leib und Leben Anderer verursacht. Hinzu kommt, dass nach der veterinärmedizinischen Stellungnahme vom 3. Januar 2012 ein Erziehungsdefizit bei den Pferden besteht, so dass seitens des Veterinäramts davon ausgegangen wird, dass der Kläger auch in Zukunft eine sichere Pferdehaltung nicht gewährleisten können wird. Angesichts der nicht unerheblichen Anzahl von Ereignismeldungen kann der Kläger dem auch nicht entgegenhalten, dass er bereits seit Jahrzehnten den Umgang mit Pferden gewohnt ist. Wenn die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 23. September 2011 ausführt, auf Grund der Uneinsichtigkeit und Ungeeignetheit des Klägers zur Pferdehaltung bleibe ihr – nach langen Jahren der Überlegung – nichts mehr anderes übrig, als diesem die Pferde wegzunehmen und die Haltung zu untersagen, so war dies nach Auffassung des Gerichts sowohl verhältnismäßig als auch ermessensfehlerfrei. Damit stellt sich der Bescheid vom 23. September 2011 sowohl bezüglich der Haltungsuntersagung als auch der damit verbundenen Abgabever-pflichtung und des verhängten Zwangsmittels als fehlerfrei dar.

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 26.01.2012 – AN 5 K 11.01867

  1. Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach – AN 5 S 11.001866 []