Wie weit geht die Steuerkompetenz der Gemeinden? Über diese Frage hatte das Verwaltungsgericht Arnsberg im Zusammenhang mit Geldspielgeräten zu entscheiden.
In dem konkreten Fall betreibt die Klägerin im Satzungsgebiet der Beklagten in einer Spielhalle und an sonstigen Orten Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit (im Folgenden: Geldspielgeräte).
Mit mehreren Vergnügungssteuerbescheiden setzte der Bürgermeister der Beklagten für die von der KLägerin betriebenen Geldspielgeräte für das 3. Quartal 2012 (und folgende) Vergnügungssteuer fest.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin u.a. Folgendes geltend: Der Steuermaßstab unterliege rechtlichen Zweifeln. Außerdem entfalte die Steuer erdrosselnde Wirkung. Die von der Beklagten vorgelegte Übersicht über die Bestandsentwicklung der Spielhallen und Geräte in ihrem Satzungsgebiet sei keine tragfähige Grundlage, um die Erdrosselungswirkung der Steuer auszuschließen. Angesichts der Kostenstruktur ihres Betriebes sei es bei dem derzeitigen Steuersatz nicht möglich, ein positives Betriebsergebnis zu erzielen. Ein solches werde zudem durch zahlreiche gewerberechtliche Beschränkungen vereitelt, die sich aus den restriktiven Regelungen der Spielverordnung und des zum 01.12.2012 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag – AGGlüStV NRW) ergäben. Letztere bewirkten eine neben dem Lenkungszweck der Vergnügungssteuer unzulässige „Doppellenkung“, die zwingend den Wegfall des Lenkungszwecks bei der Vergnügungssteuer zur Folge haben müsse. Außerdem führe die Kumulation beider Lenkungszwecke zur Vernichtung des Spielhallengewerbes. Aufgrund der Vorschriften des AGGlüStV NRW seien Umsatzerhöhungen und Betriebskostensenkungen nicht mehr möglich. Die Vergnügungssteuer sei deswegen auch nicht mehr abwälzbar. Dadurch verliere sie ihre Eigenschaft als Aufwandsteuer mit der Folge, dass die Satzungskompetenz der Beklagten nicht mehr gegeben sei. Die Vergnügungssteuersatzung sei außerdem unwirksam, weil bei ihrem Erlass die Auswirkungen der Regelungen des AGGlüStV NRW nicht berücksichtigt worden seien.
Die Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg keinen Erfolg.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung zur Vergnügungssteuer ist die Vergnügungssteuersatzung der Stadt F. vom 20.03.2012 (VStS 2012). Diese Satzung enthält ‑ soweit vorliegend von Bedeutung ‑ folgende Bestimmungen:
§ 1 Steuergegenstand
(1) Der Besteuerung unterliegt der Aufwand
a) für die Benutzung von Spiel-, Musik-, Geschicklichkeits-, Unterhaltungs- oder ähnlichen Geräten gegen Entgelt, an Aufstellorten wie Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen sowie in Gastwirtschaften, Wettannahmestellen konzessionierter Buchmacher, Beherbergungsbetrieben, Vereins-, Kantinen- oder ähnlicher Räumen sowie an anderen für jeden zugänglichen Orten und […]
§ 3 Steuerschuldner/Steuergläubiger
(1) Steuerschuldner ist der Halter des Spielgerätes. Halter ist derjenige, für dessen Rechnung das Spielgerät aufgestellt wird, der Eigentümer des Geräts (Aufsteller) bzw. derjenige, dem das Gerät zur Nutzung überlassen ist. Neben dem Halter ist auch derjenige Steuerschuldner, dem aufgrund ordnungsrechtlicher Vorschriften die Spielhallenerlaubnis oder Aufstellerlaubnis erteilt wurde, sowie der Inhaber der Räume oder Grundstücke, sofern er an den Einnahmen oder dem Ertrag des Geräts beteiligt ist. […]
(4) Die Stadt F. (Steuergläubigerin) erhebt nach dieser Satzung eine Vergnügungsteuer als Gemeindesteuer.
§ 4 Erhebungsformen
(1) Die Steuer wird erhoben auf den Spieleraufwand (§ 5 Abs. 1 bzw. § 6) und als Pauschsteuer (§ 5 Abs. 2). Spieleraufwand ist die Summe des von Spielern verwendeten Einkommens oder Vermögens zur Erlangung des Spielvergnügens. […]
(3) Die Steuer ist für jeden Aufstellort gesondert zu berechnen.
§ 5 Nach dem Spiel-/Wetteinsatz bzw. der Anzahl der Apparate
(1) Für die Benutzung von Geräten mit Gewinnmöglichkeit bemisst sich die Steuer nach der Summe der von Spielern je Aufstellungsort zur Erlangung des Spielvergnügens aufgewendeten Beträge (Spieleraufwand).
Die Steuer beträgt 5,5 vom Hundert des Spieleraufwands. […]
(3) Besitzt ein Gerät mehrere Spieleinrichtungen, so gilt jede dieser Einrichtungen als ein Gerät. Geräte mit mehr als einer Spieleinrichtung sind solche, an denen gleichzeitig zwei oder mehr Spielvorgänge ausgelöst werden können. […]
§ 8 Entstehung, Festsetzung und Fälligkeit
(1) Das Steuerschuldverhältnis entsteht mit der Aufstellung des Spielgerätes; bei bereits aufgestellten Spielgeräten entsteht das Steuerschuldverhältnis mit dem Inkrafttreten dieser Satzung.
(2) Die Vergnügungsteuer, die für zurückliegende Zeiträume festgesetzt wird, ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheides zu entrichten.
(3) Für den Spieleraufwand für Geräte mit Gewinnmöglichkeit nach § 5 Abs. 1 bzw. das Einspielergebnis nach § 6 ist je Aufstellort in der Stadt F. eine Steuererklärung auf amtlichem Vordruck unter Beifügung entsprechender Belege (Zählwerkausdrucke) bis zum 10. Tag nach Ablauf des Kalendervierteljahres selbst auszufüllen und einzureichen.
(4) Wird die Aufstellung von Geräten in einem Aufstellort in F. vollständig eingestellt, ist der Stadt bis zum 10. Tag des auf die Aufgabe folgenden Monats eine Steuererklärung nach dem Spieleraufwand (§ 5 Abs. 1 bzw. § 6) für den ausstehenden Zeitraum einzureichen.
(5) Die nach Abs. 3 beizufügenden Zählwerkausdrucke sind in der Form der Langausdrucke einzureichen, die neben Geräteart, Gerätetyp, Gerätenummer, fortlaufende Nummer des Zählwerkausdruckes, Gesamtbetrag der zum Spielen aufgewendeten Geldbeträge auch den Statistikteil enthalten. […]
§ 13 Inkrafttreten
Diese Vergnügungssteuersatzung tritt am 1. Juli 2012 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Satzung über die Erhebung der Vergnügungsteuer in der Stadt F. vom 19.12.2002 außer Kraft.“
Die Vergnügungssteuersatzung stellt, soweit sie in § 1 Abs. 1 a) Geldspielgeräte in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen der Vergnügungssteuer unterwirft, eine wirksame Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Steuerveranlagung dar. Dies gilt zunächst in formeller Hinsicht. Die Klägerin hat konkrete, die Vergnügungssteuersatzung betreffende Formmängel nicht dargetan; solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Regelungen der Vergnügungssteuersatzung sind ‑ soweit sie die Erhebung der Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen betreffen ‑ auch materiell-rechtlich mit höherrangigem Recht vereinbar.
Die hier in Rede stehende Besteuerung von Geldspielgeräten nach dem Spieleraufwand ist zunächst mit Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG) vereinbar. Danach haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Befugnis hat das Land Nordrhein-Westfalen gemäß § 3 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) auf die Kommunen übertragen1.
Soweit mit der Vergnügungssteuer auch eine Lenkung im Sinne der Eindämmung des Wachstums und weitergehend der Reduzierung der Anzahl der Geldspielgeräte bezweckt ist, reicht die Steuerkompetenz des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG i. V. m. § 3 KAG aus, ohne dass es einer weitergehenden Sachkompetenz für den Lenkungszweck bedarf2.
Die insoweit bestehenden Schranken sind eingehalten. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht kein rechtlicher Anknüpfungspunkt dafür, dass die Steuerkompetenz der Beklagten in dieser Hinsicht durch das Hinzutreten anderer gesetzlicher Regelungen mit gleichgerichtetem Lenkungszweck, namentlich solcher des zum 01.12.2012 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag – AGGlüStV NRW -) eingeschränkt sein könnte. Dazu hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 27.08.20133 Folgendes ausgeführt:
„Nur wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird, bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage4.
Die Vergnügungssteuer führt hier nicht zu einem faktischen Verbot der Automatenaufstellung, so dass keine Verbotsnorm im bloß formellen Kleid einer Steuernorm vorliegt. Das behauptet die Klägerin zwar, lässt sich aber im Sinne ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht feststellen. Namentlich ergibt sich aus den Vorgaben der Spielverordnung dafür nichts. Abgesehen davon, dass nicht dargelegt ist, dass die Klägerin und andere Unternehmer diese Vorgaben im Hinblick auf den Preis und die Gewinnquote vollständig ausgereizt haben, ist nicht erkennbar, warum die Regelungen des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags sowie die des zum Glücksspielstaatsvertrag ergangenen Ausführungsgesetzes (vgl. Art. 1 und 2 des Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, GV.NRW. 2012 S. 523) der Erhebung der Vergnügungssteuer entgegenstehen sollten. Die Regelungen schränken im Interesse der Bekämpfung der Spielsucht die Errichtung und den Betrieb von Spielhallen ein 5.
Wird der Bestand an Spielhallen so beschränkt, besteht für die verbliebenen Hallen die umso größere Möglichkeit, ihren Umsatz und damit Gewinn zu steigern. Ein etwaig mit der Steuer verfolgter Lenkungszweck zur Eindämmung des Bestands an Geldspielgeräten steht im Einklang mit der Zielrichtung der genannten Vorschriften. Insbesondere ergibt sich aus ihnen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten kein Verbot zu einer durch Lenkung unterstützenden Steuererhebung.“
Das Verwaltungsgericht Arnsberg folgt diesen Ausführungen.
Andererseits bezieht die Vergnügungssteuer ihre Rechtfertigung für einen Eingriff in die Berufsfreiheit nicht in erster Linie aus ihrem Lenkungszweck. Vielmehr ergibt sich die Befugnis zur Erhebung der Vergnügungssteuer als örtliche Aufwandsteuer und damit als Steuer, die vorrangig fiskalischen Zwecken dient, aus Art. 105 Abs. 2a GG. Ein Lenkungszweck darf neben dem Zweck der Einnahmeerzielung verfolgt werden, muss aber nicht vorliegen, so dass mit diesem Gesichtspunkt eine Unverhältnismäßigkeit der Steuererhebung nicht begründet werden kann6.
Eine Einschränkung der Satzungskompetenz der Beklagten ergibt sich schließlich nicht mit Blick auf die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zur materiellen Verfassungsmäßigkeit der Vergnügungssteuer, namentlich der Tauglichkeit des Steuermaßstabes und deren erdrosselnder Wirkung. Ob die Bemessungsgrundlage der Steuer dabei in jeder Beziehung verfassungsrechtlich fehlerfrei ist, ist keine Frage der Gesetzgebungskompetenz. Die hier geltend gemachten Zweifel an der Tauglichkeit des Steuermaßstabes lassen den Typus der Abgabe und damit ihren Charakter als Aufwandsteuer unberührt. Fragen der materiellen Verfassungsgemäßheit der Steuer, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind ohne Einfluss auf die Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz; denn die Kompetenznormen des Grundgesetzes enthalten grundsätzlich keine Aussagen zu diesen materiellen Fragen7.
Die Frage, ob dies auch für die von der Klägerin geltend gemachte fehlende Abwälzbarkeit der Steuer gilt oder ob die Steuer dadurch gegebenenfalls ihren Charakter als Aufwandsteuer verlieren würde, kann offen bleiben, weil die Vergnügungssteuer- wie noch später ausgeführt wird – auf den Spieler abwälzbar ist.
Auch der der Besteuerung zugrunde liegende Steuermaßstab (Spieleraufwandsmaßstab oder Einsatzmaßstab) steht mit höherrangigem Recht in Einklang und ist daher nicht zu beanstanden. In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist der Satzungsgeber nicht gehalten, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Ihm steht vielmehr ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der erst dann überschritten wird, wenn ein einleuchtender Grund für eine Ungleichbehandlung fehlt und die Steuererhebung daher willkürlich wäre. Der verwendete Steuermaßstab muss (nur) in einem zumindest lockeren Bezug zu dem letztlich zu besteuernden Vergnügungsaufwand der Spieler stehen. Das ist bei dem hier in Rede stehenden Besteuerungsmaßstab der Fall. Er lässt einen hinreichend zuverlässigen Schluss auf den individuellen wirklichen Vergnügungsaufwand als den sachgerechtesten Maßstab zu 8.
Mit Blick auf den Charakter der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer und damit einer Steuer auf die Einkommensverwendung hält sich der hier geltende Steuermaßstab sogar besonders eng an die verfassungsrechtlichen Vorgaben.
Der erforderliche lockere Bezug zum Vergnügungsaufwand entfällt auch nicht deswegen, weil derzeit überwiegend Geräte mit Punktespeicher betrieben werden, bei denen die als Punkte gespeicherten und zum Weiterspiel verwendeten Punkte zugunsten der Aufsteller bzw. Spieler auf den der Steuererhebung zugrundeliegenden Auslesestreifen nicht als Einsatz dokumentiert werden 9.
Die rechtliche Unbedenklichkeit der damit verbundenen Unschärfen des durch die Auslesestreifen dokumentierten Einsatzmaßstabes gegenüber dem individuell tatsächlich getätigten Vergnügungsaufwand ist höchstrichterlich geklärt10.
Vor diesem Hintergrund bedarf es der von der Klägerin beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens, dessen Beweisthema sie im übrigen nicht hinreichend konkretisiert hat, nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin begegnet der Steuersatz von 5,5 v.H. des Spieleraufwandes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die danach zu bemessende Vergnügungssteuer bewirkt keinen unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), sie entfaltet insbesondere keine erdrosselnde Wirkung. Eine Steuer stellt dann einen grundsätzlich unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, wenn sie dazu führt, dass die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage der Lebensführung zu machen11.
Das ist hier nicht der Fall, wie sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Arnsberg aus der Bestandsentwicklung von Spielhallen und -geräten im Stadtgebiet der Beklagten ergibt.
Diese Entwicklung ist, so das Verwaltungsgericht Arnsberg, dadurch gekennzeichnet, dass der Bestand der Spielhallen seit mittlerweile sechs Jahren – abgesehen von der kurzzeitigen Schließung einer Spielhalle zum 01.08.2013, für die zwischenzeitlich zugunsten eines neuen Betreibers eine Konzession erteilt worden ist – konstant geblieben ist. Der kurzfristige Übergang von Schließung und Neueröffnung einer Spielstätte erlaubt keinen Rückschluss auf den Niedergang der Spielgeräteaufstellerbranche im Stadtgebiet der Beklagten, sondern ist im Gegenteil eher als Indiz dafür zu werten, dass die Branche – ungeachtet der erfolgten Steuererhöhung zum 01.07.2012 – nach wie vor wirtschaftlich attraktiv ist. Für die Beurteilung der Frage der Erdrosselungswirkung kommt es maßgebend auf diesen Aspekt und nicht auf mögliche individuelle wirtschaftliche Schwierigkeiten eines einzelnen Spielhallenbetreibers an, die zudem unterschiedliche betriebswirtschaftliche Ursachen haben können. Entsprechendes gilt, soweit sich die Klägerin zum Beleg der Erdrosselungswirkung darauf beruft, dass sie und ein anderer konkreter Betreiber ihre Spielstätte aus Rentabilitätsgründen zum 31.08.2013 hätten aufgeben müssen, dabei jedoch zugleich verschweigt, dass beide Spielstätten nahtlos von einem neuen Betreiber, der B. GmbH, deren Geschäftsführer der Sohn des Geschäftsführers der Klägerin ist, fortgeführt werden. Unter der Vielzahl der für diese Betriebsübergänge denkbaren strategischen und betriebswirtschaftlichen Motive scheidet jedenfalls die Annahme einer Erdrosselungswirkung der Steuer bei dieser Sachlage offenkundig aus.
Der Bestand der Geldspielgeräte in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen hat sich ebenfalls nicht wesentlich verändert. Gegenüber dem Ausgangsbestand der Geldspielgeräte von 68 im Jahr 2007 lag deren Zahl zum Ende des ersten Quartals des Jahres 2013 bei 77 und bewegte sich in der Zwischenzeit ohne wesentliche Schwankungen zwischen 66 und 78. Der leichte Rückgang um 12 Geräte zum 30.07.2013 stand offenkundig im Zusammenhang mit der Schließung einer Spielhalle und ist nach deren Wiedereröffnung zwischenzeitlich bereits wieder saldiert. Abgesehen davon wäre ein so geringer Rückgang von Geldspielgeräten kein aussagekräftiges Indiz für eine erdrosselnde Wirkung der Steuer.
Die unter diesen Umständen weiterhin gegebene Indizwirkung dafür, dass die im Satzungsgebiet der Beklagten geltende Vergnügungssteuer keine erdrosselnde Wirkung hat, wird durch das Vorbringen der Klägerin zur Kostenstruktur und zu den Einnahmen ihres Betriebs nicht erschüttert. Die von ihr gefertigte Aufstellung beruht auf selbst generierten Zahlen, deren Grundlagen sie weder nachvollziehbar dargelegt noch belegt hat und die deswegen nicht gerichtlich nachgeprüft werden können.
Unabhängig davon erlaubt das vorgelegte Zahlenwerk, seine Richtigkeit unterstellt, jedenfalls keine Rückschlüsse auf die Betriebskosten eines durchschnittlichen Spielhallenbetreibers im Satzungsgebiet der Beklagten, der aber (allein) für die Feststellung einer Erdrosselungswirkung zum Maßstab zu nehmen ist12.
Abgesehen davon fehlen auch jegliche greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Kosten des Betriebs der Klägerin den durchschnittlichen Kosten eines Spielhallenbetreibers in F. entsprechen.
Eine Erdrosselungswirkung der Vergnügungssteuer lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen nach Inkrafttreten des AGGlüStV NRW zum 01.12.2012 ableiten. Im Hinblick auf den hier streitigen Steuerzeitraum betrifft die Rechtsentwicklung ohnehin nur den Monat Dezember 2012. Ausweislich des Inhalts der von der Beklagten vorgelegten und von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Übersicht ist der Bestand der Spielhallen und -geräte im Satzungsgebiet nach Inkrafttreten des AGGlüStV NRW – abgesehen von der nur vorübergehenden und daher unerheblichen Schließung einer Spielstätte und dem damit im Zusammenhang stehenden Rückgang des Gerätebestandes – unverändert geblieben, so dass mit Bezug auf die Erdrosselungswirkung keine relevanten Auswirkungen des AGGlüStV NRW feststellbar sind. Vielmehr lässt der Umstand, dass nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes noch mehrere Betreiberwechsel stattgefunden haben, eine Erdrosselungswirkung der Steuer weiterhin als fernliegend erscheinen.
Die Steuer ist auch auf die Spieler als eigentliche Steuerträger abwälzbar. Dazu genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Kosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn eine Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Bei der Kalkulation seiner Selbstkosten sind dem Automatenaufsteller zwar durch die Vorgaben der Spielverordnung Grenzen gesetzt. Dies bedeutet aber nicht, dass ihm keine anderen Maßnahmen bleiben, um die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens aufrecht zu erhalten. Für eine kalkulatorische Überwälzung ist dabei nicht die absolute Höhe der Steuer ausschlaggebend sondern die Möglichkeit, die Steuer in die Kosten einzubeziehen. Es handelt sich hierbei um einen wirtschaftlichen Vorgang, wobei das Gesetz es dem Steuerschuldner überlässt, die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens auch unter Berücksichtigung des Steuerbetrages zu wahren9.
Diese wirtschaftliche Möglichkeit ist hier gegeben, wie sich aus den vorangegangenen Ausführungen zur fehlenden Erdrosselungswirkung der Steuer ergibt. Zwar haben Abwälzbarkeit und Erdrosselungsverbot unterschiedliche verfassungsrechtliche Ausgangspunkte: Während das Erfordernis der Abwälzbarkeit aus der Zuordnung der Steuer zur Aufwandsteuer folgt (Art. 105 Abs. 2a GG), stellt das Erdrosselungsverbot eine berufsrechtliche Grundrechtsschranke dar (Art. 12 Abs. 1 GG). Beide Erfordernisse decken sich aber in dem wirtschaftlichen Punkt, dass die Vergnügungssteuer einerseits für den Unternehmer eine bloße Kostenposition darstellen darf, die er auf den Spieler überwälzen können muss, wie sie andererseits Teil der sonstigen erforderlichen Kosten des Betriebs ist, die insgesamt im Regelfall durch das Entgelt der Spieler erwirtschaftet werden können müssen 9.
Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Steuer sei aufgrund der Vorschriften des AGGlüStV NRW nicht mehr abwälzbar, weil diese Umsatzerhöhungen und Betriebskostensenkungen entgegenstünden, kann dem nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass dies entsprechend den vorstehenden Ausführungen bereits aus der Tatsache fehlender Erdrosselungswirkung folgt, besteht weder Anhalt noch Vortrag dafür, dass die Regelungen dieses Gesetzes die Spielräume der Unternehmer bereits in einer Weise begrenzen, die ihnen die Überwälzung der Steuerlast auf den Spieler auf der Grundlage einer Erhöhung des Umsatzes oder einer Senkung der Selbstkosten rechtlich oder tatsächlich unmöglich machen würden. Vielmehr verbleibt auch innerhalb dieser veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen noch ausreichender Spielraum, den Umsatz und Gewinn abhängig von kaufmännischem Geschick und Marktlage zu steigern. Angesichts der durch die Vorschriften des AGGlüStV NRW angestrebten Beschränkung des Bestandes der Spielhallen besteht für die verbleibenden Spielhallen im Übrigen eine umso größere Möglichkeit, ihren Umsatz und damit Gewinn zu steigern3.
Im übrigen wird durch die Regelungen des AGGlüStV NRW die Möglichkeit, die Betriebskosten zu reduzieren, nicht beeinflusst.
Schließlich greift auch der Einwand der Klägerin, die der Besteuerung zugrunde liegende Vergnügungssteuersatzung sei unwirksam, weil bei deren Erlass die Auswirkungen der Regelungen dieses Gesetzes nicht berücksichtigt worden seien, nicht durch. Abgesehen davon, dass solche Auswirkungen bei Satzungserlass nicht berücksichtigt werden konnten, weil das AGGlüStV NRW zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten war, beschränkt sich die Kontrolle satzungsrechtlicher Abgabenregelungen mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG auf die Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht, umfasst aber nicht die Überprüfung nach der Art von ermessensgeleiteten Verwaltungsakten (vgl. § 114 VwGO) mit der Folge, dass jeder vermeintliche Kalkulationsirrtum als „Ermessensfehler“ (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i.V.m. § 5 der Abgabenordnung – AO -) angesehen werden könnte 9.
Nach Maßgabe dessen ist die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten keiner weiteren Rechtsprüfung zugänglich. Die Satzung ist – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt – mit höherrangigem Recht vereinbar und stellt daher eine wirksame Rechtsgrundlage für die angefochtenen Steuerbescheide dar.
Verwaltungsgericht Arnsberg, Urteil vom 21.11.2013 – 5 K 3747/12
- Siehe zu vergleichbaren Satzungsregelungen: OVG NRW, Urteil vom 23.06.2010 – 14 A 597/09 [↩]
- OVG NRW, Beschluss vom 03.07.2013 – 14 A 1158/13 [↩]
- OVG NRW, Beschluss vom 27.08.2013 – 14 A 1677/13 [↩] [↩]
- BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 – 2 BvR 1991, 2004/95 [↩]
- Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 16/17, S. 43 [↩]
- BVerfG, Beschluss vom 03.05.2001 – 1 BvR 624/00 [↩]
- BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 – 1 BvL 8/05; OVG NRW, Urteil vom 23.06.2010 – 14 A 597/09 [↩]
- OVG NRW, Urteil vom 23.06.2010 – 14 A 597/09; Beschluss vom 04.06.2013 – 14 A 1118/13 [↩]
- OVG NRW, Urteil vom 23.06.2010 – 14 A 597/09 [↩] [↩] [↩] [↩]
- BVerwG, Beschlüsse vom 21.06.2012 – 9 B 15.12; vom 28.12.2011 – 9 B 53.11; vom 13.07.2011 – 9 B 78.10; vom 15.06.2011 – 9 B 77.10 [↩]
- BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 – 9 C 12.08; OVG NRW, Urteile vom 06.03.2007 – 14 A 608/05; vom 23.06.2010 – 14 A 597/09 [↩]
- BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12.08 [↩]