Im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde hatte sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit der Klage eines Tierarztes zu befassen, der sich dagegen wehrte, dass es ihm untersagt worden war, die Bezeichnung „Tierärztliche Praxis für Kleintiere“ zu führen.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf1 hat in der ersten Instanz ausgeführt, die von der Beklagten an den Kläger gerichtete Anordnung, die Führung der Bezeichnung „Tierärztliche Praxis für Kleintiere“ zu unterlassen, finde ihre Rechtsgrundlage in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 HeilBerG NRW. Die Führung der Bezeichnung sei berufsrechtswidrig. Sie entspreche nicht den Vorgaben des § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BOTÄ (Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein), der dem Kläger lediglich den Zusatz „Kleintierpraxis“ erlaube. Die vom Kläger gewählte Bezeichnung sei durch § 27a BOTÄ an Voraussetzungen geknüpft, die in der Anlage zur BOTÄ geregelt seien. Inwieweit der Kläger diese Voraussetzungen erfülle, könne dahinstehen, da er jedenfalls die in § 27a Abs. 2 S. 1 BOTÄ vorausgesetzte Zulassung nicht besitze. Der durchschnittliche Patientenbesitzer werde durch die vom Kläger geführte Praxisbezeichnung in die Irre geführt. Er müsse nämlich den Eindruck gewinnen, der Kläger verfüge über die Zulassung gemäß § 27a Abs. 2 BOTÄ und habe die dazu erforderlichen Voraussetzungen nachgewiesen.
Hiergegen wendet der Kläger ein, die genutzte Bezeichnung
„Tierärztliche Praxis für Kleintiere
D. N. , prakt. Tierarzt“
sei nicht von der nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 BOTÄ erlaubten Bezeichnung
„Kleintierpraxis
D. N.
Praktischer Tierarzt“
zu unterscheiden, weil in beiden Fällen auf das zulässige fachliche Betätigungsfeld „Kleintiere“ verwiesen werde und der durchschnittliche Verbraucher, auf den abzustellen sei, und dem die Einzelheiten der Berufsordnung nicht bekannt seien, nicht in die Irre geführt werde.
Dem ist das Oberverwaltungsgericht für das Land NRW nicht gefolgt. Während die in § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BOTÄ benannten Zusätze „Großtierpraxis“ und „Kleintierpraxis“ lediglich als Hinweis an Halter eines (erkrankten) Tieres zu verstehen sind, dass in der betreffenden Praxis ausschließlich Kleintiere bzw. Großtiere behandelt werden, darf die Bezeichnung „Tierärztliche Praxis für …“ nach § 27a BOTÄ nur geführt werden, wenn die Praxis den in Anlage 3 zu § 27a BOTÄ benannten personellen und ausstattungsbezogenen Anforderungen genügt, mithin nachgeprüfte Qualitätsstandards aufweist und als “Tierärztliche Praxis für …“ zugelassen ist.
Das Zulassungsvorbringen rechtfertigt nicht die Annahme, der durchschnittlich informierte und verständige Tierhalter könne nicht zwischen einer Kleintierpraxis und einer Tierärztlichen Praxis für Kleintiere unterscheiden. Auch wenn dem verständigen Tierhalter die genauen Regelungen der Berufsordnung der Beklagten nicht im Einzelnen bekannt sind, wird er jedenfalls Kenntnis davon haben, dass es Tierarztpraxen gibt, die aufgrund besonderer Fähigkeiten und Kenntnisse ihrer Betreiber sowie spezieller Ausstattung besonders für die Behandlung von Kleintieren qualifiziert sind. Dies gilt umso mehr, als die Bezeichnung „Tierärztliche Praxis für Kleintiere“ im oben genannten Sinne bereits seit Jahren Verwendung findet (vgl. Veröffentlichung der Satzungsänderung der Beklagten im Deutschen Tierärzteblatt 2004 S. 543, 2005 S. 210) und die Praxisbezeichnung auch im Geltungsbereich anderer Tierärztekammern geläufig ist2.
An einer berufsrechtswidrigen Praxisbezeichnung fehlt es auch nicht deshalb, weil – so der Kläger – jeder Tierarzt, der eine Kleintierpraxis betreibt, den Anforderungen der Anlage 3 zu § 27a BOTÄ (Richtlinien über die an eine „Tierärztliche Praxis für …“ zu stellenden Anforderungen) i. V. m. Anhang 3 der Anlage 3 zu § 27a BOTÄ genügt. Es ist nicht ersichtlich, dass jede Kleintierpraxis der in § 1 Abs. 2 der Anlage 3 benannten regelmäßigen besonderen Überwachung der Beklagten unterliegt. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass jede Kleintierpraxis über einen Praxisbetreiber mit entsprechender klinischer Fachtierarztbezeichnung verfügen muss oder den Nachweis einer mindestens vierjährigen eigenen Praxis oder Tätigkeit als angestellter Tierarzt in dem entsprechenden Gebiet zu erbringen hat (§ 3 Abs. 4 der Anlage 3 zu § 27a BOTÄ). Auch unterscheidet sich der Umfang der Fortbildungsverpflichtung des Betreibers der „Tierärztliche Praxis für …“ von der des Betreibers einer Kleintierpraxis. So ist der Betreiber einer „Tierärztlichen Praxis für …“ nach § 5 Abs. 4 BOTÄ verpflichtet, zusätzlich zu den in § 5 Abs. 2 BOTÄ benannten Fortbildungszeiten, pro Jahr an mindestens 8 näher spezifizierten Fortbildungen teilzunehmen.
Dass der Kläger die in der BOTÄ benannten Voraussetzungen für die Führung der Bezeichnung „Tierärztliche Praxis für Kleintiere“ genügt, insbesondere der Fortbildungsverpflichtung nach § 5 Abs. 4 BOTÄ nachgekommen ist, hat er nicht nachgewiesen.
Schließlich rechtfertigt das Zulassungsvorbringen nicht die Annahme, die Regelungen der BOTÄ zur „Tierärztlichen Praxis für Kleintiere“ seien unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig. Angesichts des dem Satzungsgeber nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 32 Nr. 5 und 6, §§ 33 ff. HeilBerG NRW zugestandenen weiten Regelungsermessens ist § 27a BOTÄ nicht zu beanstanden3.
Es besteht schließlich auch kein Anlass zur Annahme, dem Kläger sei eine Beschränkung auf die nach § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BOTÄ zulässige Praxisbezeichnung berufsrechtlich unzumutbar. Sofern er die Voraussetzungen für die Führung der Praxisbezeichnung nach § 27a BOTÄ erfüllt, bleibt es ihm zudem unbenommen, die Zulassung der Führung der Praxisbezeichnung „Tierärztliche Praxis für Kleintiere“ bei der Beklagten zu beantragen.
Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 09.01.2014 – 13 A 392/13
- VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2012 – 7 K 4355/11 [↩]
- z.B. § 12 Abs. 2 der Berufsordnung der Tierärztekammer Westfalen-Lippe vom 14.11.2007, zuletzt geändert durch Satzung vom 06.12.2012 [↩]
- OVG NRW, Beschluss vom 06.09.2009 – 13 A 583/08 [↩]