Der Bundesfinanzhof hat aktuell entschieden, dass ein von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführtes Kostümfest kein für die Vereinszwecke „unentbehrlicher Hilfsbetrieb“ und deshalb kein Zweckbetrieb ist und hat damit eine anderslautende Entscheidung des Finanzgerichts Köln1 aufgehoben.
Dies hat wiederum zur Folge, dass die Einkünfte aus der Veranstaltung der Körperschaftsteuer und die Umsätze dem Umsatzsteuerregelsatz unterliegen.
Ein Zweckbetrieb liegt nämlich nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur einen finanziellen Beitrag zur gemeinnützigen Tätigkeit leistet und deshalb abstrakt gesehen eine Zweckerreichung auch ohne diesen Geschäftsbetrieb denkbar wäre.
Aber der Reihe nach:
Ein Karnevalsverein (Kläger) und das Finanzamt (Beklagter) streiten darüber, ob die vom Kläger im Streitjahr (2009) aus der Veranstaltung „Nacht der Nächte“ erzielten Einkünfte bzw. Umsätze körperschaftsteuerpflichtig sind sowie der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz unterliegen, und in diesem Zusammenhang insbesondere über die Frage, ob die genannte Veranstaltung dem Bereich eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zuzuordnen oder aber im Bereich eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs anzusiedeln ist.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen vom Beklagten als gemeinnützig im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO anerkannten eingetragenen . Ausweislich seiner Satzung widmet sich der Kläger
„der Erhaltung und Pflege heimatlichen Brauchtums, insbesondere der Förderung des Karnevals in seinem historischen Sinne„
und führt
„karnevalistische und gesellige Veranstaltungen zur Verfolgung dieser Ziele„
durch.
Nach § 2 Nr. 1 Satz 2 der Satzung des Klägers wird der Vereinszweck insbesondere verwirklicht durch
„die Teilnahme am traditionellen Festumzug (…), die Beschaffung und Verleihung von Karnevalsorden und die Organisation von Sitzungen und Bällen sowie anderen Veranstaltungen des heimatlichen Brauchtums„.
Im Streitjahr ermittelte er seinen Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung im Sinne von § 4 Abs. 3 EStG.
Bei der „Nacht der Nächte“ handelt es sich um eine durch den Kläger jährlich am Karnevalssamstag durchgeführte, von ihm selbst als „Kostümparty“ bezeichnete Veranstaltung mit im Streitjahr ca. 1 200 Gästen. Neben der „Nacht der Nächte“ veranstaltet der Kläger auch klassische Karnevalssitzungen mit Büttenreden, tänzerischen und musikalischen Darbietungen karnevalistischer Art, Präsentation des Elferrates usw., namentlich die regelmäßig ca. drei Wochen vor der „Nacht der Nächte“ stattfindende „Große Kostümsitzung“.
Das beklagte Finanzamt behandelte die „Nacht der Nächte“ als eine dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnende Veranstaltung und unterwarf die daraus erzielten Einkünfte der Körperschaftsteuer und die Umsätze dem Regelsteuersatz.
Das Finanzgericht Köln gab der Klage statt1.
Die Revision des Finanzamtes hatte nun beim Bundesfinanzhof Erfolg.
Das Finanzgericht Köln hat hinsichtlich der vom Kläger veranstalteten „Nacht der Nächte“ zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen eines Zweckbetriebs im Sinne des § 65 AO bejaht, so der Bundesfinanzhof. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts sind die Einnahmen hieraus körperschaftsteuerpflichtig und die Umsätze des Klägers unterliegen insoweit dem Regelsteuersatz.
Der Kläger hat im Streitjahr nach seiner Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung unmittelbar einen gemeinnützigen Zweck verfolgt (Förderung des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO). Das Vorliegen der formellen und materiellen Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit des Klägers ist zwischen den Beteiligten unstreitig und das Finanzamt hat den Kläger dementsprechend als gemeinnützig anerkannt.
Der Kläger ist deshalb gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG grundsätzlich von der Körperschaftsteuer befreit und gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG nur mit seinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben steuerpflichtig, soweit es sich nicht um Zweckbetriebe im Sinne der §§ 65 bis 68 AO handelt (§ 64 Abs. 1 AO).
Umsatzsteuerrechtlich ist gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG auf die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO), der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt die Steuerermäßigung nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts Köln hat es sich bei der „Nacht der Nächte“ unstreitig um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO gehandelt. Die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs (§ 65 AO) werden durch die Veranstaltung „Nacht der Nächte“ nicht erfüllt, so der Bundesfinanzhof.
Ein Zweckbetrieb liegt gemäß § 65 AO vor, wenn der Betrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), diese Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Für die Annahme eines Zweckbetriebs müssen alle drei Voraussetzungen erfüllt sein2.
Die „Nacht der Nächte“ hat nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu gedient, die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO). Denn die Förderung der Allgemeinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 23 AO setzt voraus, dass es sich bei einem der Brauchtumspflege gewidmeten Zweckbetrieb um einen Geschäftsbetrieb zur Kulturförderung, nicht aber zur Förderung kommerzieller Ziele handelt. Deshalb wird nicht jede von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführte gesellige Veranstaltung, die durch Kostümierung der Teilnehmer, musikalische und tänzerische Darbietungen sowie ausgelassenes Feiern geprägt ist, vom Begriff des traditionellen Brauchtums in Gestalt des Karnevals umfasst. Erforderlich ist vielmehr, dass die Veranstaltung selbst durch Elemente des Karnevals in seiner traditionellen Form geprägt wird. Hierfür reicht die Darbietung von Stimmungsmusik und Stimmungsbeiträgen ohne Bezug zum traditionellen Karneval, die der Veranstaltung das Gepräge im Sinne einer Kostümparty geben, nicht aus. Derartige Veranstaltungsbeiträge haben aber bei der „Nacht der Nächte“ in der im Streitjahr durchgeführten Form einen wesentlichen Anteil gehabt.
Zudem hat es sich nach Auffassung des Bundesfinanzhofs bei der „Nacht der Nächte“ nicht um einen für die Vereinszwecke im Sinne des § 65 Nr. 2 AO „unentbehrlichen Hilfsbetrieb“ gehandelt3. Steuerbegünstigte Zwecke sind nur dann nicht ohne die wirtschaftliche Betätigung erreichbar, wenn sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern vielmehr als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen ist. Entscheidend ist, ob mit der Leistungserbringung als solcher das Gemeinwohl unmittelbar gefördert wird. Ein Zweckbetrieb ist deshalb nicht gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur einen finanziellen Beitrag zur gemeinnützigen Tätigkeit leistet und deshalb abstrakt gesehen eine Zweckerreichung auch ohne diesen Geschäftsbetrieb denkbar wäre. Es ist nicht ersichtlich, so der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung, unter welchem Gesichtspunkt eine Kostümparty, bei der die Darbietungen, die nicht im engeren Sinne karnevalistischer Art sind, einen wesentlichen Anteil ausmachen, das unentbehrliche und einzige Mittel zur unmittelbaren Förderung des Karnevals in seiner historischen Form sein könnte.
Die Annahme eines Zweckbetriebs scheitert zudem am Fehlen der Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO. Danach darf der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Wettbewerb im Sinne des § 65 Nr. 3 AO setzt dabei nicht voraus, dass die Körperschaft auf einem Gebiet tätig ist, in dem sie tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art tritt. Der Sinn und Zweck des § 65 Nr. 3 AO liegt in einem umfänglichen Schutz des Wettbewerbs, der auch den potentiellen Wettbewerb umfasst4.
Zum einen kann eine Kostümparty während der Karnevalszeit auch von anderen Unternehmern veranstaltet werden, zum anderen hat das Finanzgericht Köln selbst festgestellt, dass der Kläger in Wettbewerb mit nicht steuerbegünstigten kommerziellen Anbietern vergleichbarer Veranstaltungen tritt.
Die Annahme des Finanzgerichts Köln, dass der Wettbewerbsgedanke hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten zurücktreten müsse, weil der Wettbewerb bei Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke des Klägers unvermeidbar gewesen sei5, trifft nach Auffassung des Bundesfinanzhofs aus den oben genannten Gründen nicht zu.
Die Umsätze des Klägers aus der Veranstaltung „Nacht der Nächte“ unterliegen daher dem Regelsteuersatz; sie werden nicht von der Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG umfasst.
Die in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG angeordnete Steuerermäßigung für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO), gilt gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der – wie hier – kein Zweckbetrieb ist, ausgeführt werden.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.11.2016 – V R 53/15
- FG Köln, Urteil vom 20.08.2015 – 10 K 3553/13 [↩] [↩]
- BFH, Urteile vom 13.06.2012 – I R 71/11; vom 18.08.2011 – V R 64/09; vom 29.01.2009 – V R 46/06; vom 23.07.2009 – V R 93/07; vom 12.06.2008 – V R 33/05 [↩]
- BFH; Urteile vom 05.08.2010 – V R 54/09; vom 22.04.2009 – I R 15/07; vom 16.12.2009 – I R 49/08 [↩]
- BFH, Urteil vom 18.08.2011 – V R 64/09 [↩]
- BFH, Urteile vom 17.02.2010 – I R 2/08; vom 26.04.1995 I R 35/93 [↩]