Wer ist für die Instandhaltung einer Telefonleitung innerhalb eines Mietshauses zuständig? Der Vermieter oder der Mieter?
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass der Vermieter hierfür zuständig ist – jedenfalls, wenn bei Einzug des Mieters der Telefonanschluss bestand.
In dem konkreten Fall ist die Klägerin ist seit 2011 Mieterin einer in einem Mehrfamilienhaus des Beklagten gelegenen Erdgeschosswohnung. Diese ist mit einem Telefonanschluss ausgestattet. Die Telefonleitung verläuft vom Hausanschluss durch einen Kriechkeller zur Wohnung der Klägerin.
Nachdem Telefongespräche und die Nutzung des Internets über diese Telefonleitung zunächst möglich waren, kam es in der Folgezeit zu einem Defekt an dieser Leitung. Dies zeigte die Klägerin im Jahr 2015 dem Beklagten an.
Sie forderte ihn erfolglos auf, die Telefonleitung zwischen dem Hausanschluss und der Telefondose ihrer Wohnung in Stand zu setzen.
Der Telekommunikationsanbieter teilte der Klägerin nach einer Überprüfung mit, an der Zuleitung vom Hausanschluss zur Wohnung sei ein Defekt aufgetreten; das Kabel müsse vom Hauseigentümer erneuert werden. Derzeit behilft sich die Klägerin mit einem Kabel, welches vom Hausanschluss über ein gekipptes Fenster von außen in ihr Schlafzimmer verläuft.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten als Vermieter die Instandsetzung der Telefonleitung vom Hausanschluss bis zu ihrer Wohnung; hilfsweise beansprucht sie die Duldung notwendiger Reparaturarbeiten an der Leitung durch eine von ihr zu beauftragende Fachfirma. Nach einem von ihr eingeholten Kostenvoranschlag fiele hierfür ein Betrag in Höhe von 262,10 € an.
Das Amtsgericht Oldenburg hat den Beklagten antragsgemäß zur Instandsetzung der Telefonzuleitung verurteilt1). Auf die vom Amtsgericht Oldenburg zugelassene Berufung des Beklagten hat das Landgericht Oldenburg die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen und den Beklagten auf den Hilfsantrag zur Duldung der notwendigen Repara-turarbeiten an der Telefonleitung verurteilt2.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Die Revision hatte vor dem Bundesgerichtshof nun Erfolg.
Wie kam das Landgericht Oldenburg zu dem Ergebnis, dass der Vermieter nicht zuständig sei?
Der Klägerin stehe – so das Landgericht Oldenburg – ein Anspruch auf Instandsetzung der defekten Telefonleitung nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu. Zwar könne ein Wohnraummieter nach der Verkehrsanschauung verlangen, dass ihm Anschlüsse für die Telekommunikation zur Verfügung stünden. Auch sei die Wohnung mit einem funktionierenden Telefonanschluss angemietet worden. Aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB folge jedoch nicht die Pflicht des Vermieters, die Signalübertragung eines bestehenden Anschlusses auch dauerhaft zu gewährleisten. Es genüge vielmehr, dass er die Wohnung mit einer entsprechenden Anschlusseinrichtung ausstatte und einen Übergabepunkt im Haus einrichte, an dem die Telefonleitung zur Wohnung angeschlossen werden könne.
Ein Anspruch auf Instandsetzung folge auch nicht aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Klägerin habe bereits nicht konkret behauptet und substantiiert dargelegt, dass der Beklagte den Wegfall einer ordnungsgemäßen Signalübertragung zu vertreten habe. Im Ergebnis bleibe offen, wer die Störung der Telefonleitung zu verantworten habe, was zu Lasten der hierfür beweisbelasteten Klägerin gehe.
Was meint der Bundesgerichtshof hierzu?
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Instandsetzung der Telefonleitung aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zu.
Nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Kommt er diesen Verpflichtungen nicht nach, hat der Mieter einen entsprechenden Erfüllungsanspruch.
Der Umfang der Pflicht des Vermieters zur Gebrauchserhaltung richtet sich danach, was die Parteien als vertragsgemäß vereinbart haben. Fehlt es – wie vorliegend bezüglich der Telefonleitung – an einer vertraglichen Vereinbarung, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand im Sinne des § 535 Abs. 1 BGB nach den gesamten Umständen des Mietverhältnisses und den daraus in – gegebenenfalls ergänzender – Auslegung abzuleitenden Standards, insbesondere nach der Mietsache und deren beabsichtigter Nutzung sowie der Verkehrsanschauung unter Beachtung des in § 242 BGB normierten Grundsatzes von Treu und Glauben bestimmt3.
Nach der allgemeinen Verkehrsanschauung kann der Mieter einer Wohnung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Wohnungen entspricht. Dabei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete sowie eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen4.
Gemessen daran umfasst der vertragsgemäße Gebrauch vorliegend die Überlassung und hiermit korrespondierend auch die Instandhaltung einer funktionsfähigen Telefonanschlusseinrichtung.
Es kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofs dahinstehen, ob ein funktionierender Telefonanschluss mangels einer gegenteiligen Vereinbarung vom Vermieter schon unter dem Gesichts-punkt eines nach der Verkehrsanschauung jedenfalls geschuldeten Mindest-standards zeitgemäßer Wohnnutzung geschuldet ist, wie der Bundesgerichtshof dies in der Vergangenheit für die Stromversorgung einer Wohnung angenommen hat, die mangels abweichender Vereinbarung eines unter dem Mindeststandard liegenden Wohnungszustands jedenfalls den gleichzeitigen Betrieb einer Waschmaschine und eines weiteren elektrischen Geräts ermöglichen müsse5. Jedenfalls dann, wenn die Wohnung – wie vorliegend – mit einer sichtbaren Telefonanschlussdose ausgestattet ist, umfasst der zumindest im Wege ergänzender Auslegung zu ermittelnde vertragsgemäße Zustand einen (auch funktionsfähigen) Telefonanschluss. Dazu gehört – selbstverständlich – die Möglichkeit des Mieters, diesen Anschluss nach Abschluss eines Vertrages mit einem Telekommunikationsanbieter ohne Weiteres nutzen zu können, das heißt ohne zuerst noch Verkabelungsarbeiten von dem Anschluss in der Wohnung bis zu einem gegebenenfalls – wie hier – im Keller des Mehrfamilienhauses liegenden Hausanschlusspunkt (APL) vornehmen zu müssen.
Die nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB durch den Mietvertrag entstehende Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren, gestaltet § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zum einen dahin aus, dass der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen hat (Überlassungspflicht). Zum anderen trifft den Vermieter danach auf Dauer die Verpflichtung, die Mietsache während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten (Erhaltungspflicht), was zugleich die Pflicht beinhaltet, eine nach der Überlassung eingetretene Verschlechterung der Mietsache zu beseitigen und den zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand wiederherzustellen6.
Die vom Landgericht Oldenburg und teilweise in der Instanzrechtsprechung vertretene Auffassung7, bei einem späteren Defekt des Anschlusskabels eines mitvermieteten Telefonanschlusses treffe den Vermieter nicht die Pflicht zur Reparatur, sondern habe dieser lediglich entsprechende Arbeiten des Mieters zu dulden, ist mit der gesetzlichen Regelung der Gebrauchsgewährungs- und -erhaltungspflicht des Vermieters in § 535 Abs. 1 BGB unvereinbar. Im Übrigen würde es, was das Berufungsgericht gleichfalls verkannt hat, auch dem Interesse des Vermieters selbst widersprechen, die Gebrauchserhaltungspflicht für das Verbindungskabel zwischen der in der Wohnung des Mieters befindlichen Telefonanschlussdose und dem Hausanschluss im Keller dem Mieter aufzuerlegen. Denn in einem – wie hier – Mehrparteienhaus müsste dann jeder Mieter Arbeiten zur Verbindung der in seiner Wohnung befindlichen Telefonanschlussdose mit dem Hausanschluss im Keller durchführen oder durchführen lassen, was mit der Gefahr uneinheitlicher und nicht aufeinander abgestimmter Leitungsverläufe verbunden wäre.
Entgegen der Auffassung von Teilen der genannten Instanzrechtsprechung8 kommt es für die Instandhaltungspflicht des Vermieters auch von vornherein nicht darauf an, ob und bejahendenfalls welche Ansprüche dem Mieter gegen ein Telekommunikationsunternehmen zustehen. Selbst wenn dem Mieter im Einzelfall im Hinblick auf die Verkabelung Ansprüche gegen Dritte zustünden, läge allenfalls ein Fall gesamtschuldnerischer Verpflichtung vor, bei der es dem Schuldner freisteht, welchen Gläubiger er in Anspruch nimmt.
Schließlich ist es auch unerheblich, so der Bundesgerichtshof weiter, dass sich die defekte Leitung außer-halb der vermieteten Räumlichkeiten befindet. Denn die Instandhaltungspflicht des Vermieters beschränkt sich nicht nur auf das eigentliche Mietobjekt, sondern erstreckt sich auch auf die nicht ausdrücklich mitvermieteten Hausteile, die, wenn auch nur mittelbar, dem Mietgebrauch unterliegen9.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.12.2018 – VIII ZR 17/18
ECLI:DE:BGH:2018:051218UVIIIZR17.18.0
- AG Oldenburg, Urteil vom 13.03.2017 – 7 C 7233/16 (X [↩]
- LG Oldenburg, Urteil vom 19.12.2017 – 1 S 123/17 [↩]
- BGH, Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14, BGHZ 205 [↩]
- BGH, Urteile vom 26.07.2004 – VIII ZR 281/03; vom 07.07.2010 – VIII ZR 85/09 [↩]
- BGH, Urteil vom 26.07.2014 – VIII ZR 281/03 [↩]
- BGH, Urteile vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14; vom 19.11.2014 – VIII ZR 191/13, BGHZ 203, 256; vom 03.04.2003 – IX ZR 163/02 [↩]
- AG Neukölln, Urteil vom 02.03.2011 – 5 C 340/10; LG Göttingen, Urteil vom 11.12.2013 – 5 S 53/12; LG Berlin, Urteil vom 12.09.2014 – 63 S 151/14; LG Essen, Urteil vom 21.07.2016 – 10 S 43/16 [↩]
- LG Essen, Urteil vom 21.07.2016 – 10 S 43/16; LG Göttingen, Urteil vom 11.12.2013 – 5 S 53/12 [↩]
- BGH, Urteile vom 21.02.2018 – VIII ZR 255/16; vom 19.10.1966 – VIII ZR 93/64 [↩]