Wohnraumkündigung: Auch der ehemalige Miteigentümer muss mitunterschreiben

Die Kündigung von Wohnraummietverhältnissen durch den Vermieter ist nicht so einfach. Es kann sehr schnell passieren, dass die Kündigung allein wegen formaler Fehler unwirksam ist.

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs tut sich nun eine neue Falle auf: Ist ein Miteigentümer der Wohnung im Laufe des Mietverhältnisses als Eigentümer ausgeschieden, muss auch dieser die Kündigung mitunterzeichnen!

In dem entschiedenen Fall waren die Klägerin und ihr Ehemann Miteigentümer eines Zweifamilienhauses.
Sie vermieteten eine der beiden Wohnungen an den Beklagten zu 1. Später wurde die Klägerin, welche die andere Wohnung im Haus bewohnt, durch Übertragung des Miteigentumsanteils ihres Ehemanns Alleineigentümerin des Anwesens. Sie kündigte das Mietverhältnis und nahm den Beklagten zu 1 sowie seinen volljährigen Sohn, den Beklagten zu 2, auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch.

Nach dem Auszug der Beklagten aus der streitgegenständlichen Wohnung haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

In einem solchen Fall muss das Gericht darüber entscheiden, wer die Kosten des Rechtsstreits trägt. Dies muss das Gericht danach entscheiden, wer den Rechtsstreit voraussichtlich gewonnen hätte.

Das Amtsgericht Neumarkt hat die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten auferlegt1. Deren hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth erfolglos geblieben2. Mit der vom Landgericht Nürnberg-Fürth zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beklagten, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO den Beklagten aufzuerlegen gewesen seien, da sie ohne die übereinstimmende Erledigungsklärung voraussichtlich unterlegen wären.

Zwar habe eine Kündigung bei mehreren Vermietern grundsätzlich durch alle Vermieter zu erfolgen. Auch greife§ 566 Abs. 1 BGB, nach dessen Wortlaut eine Veräußerung an einen Dritten zu erfolgen habe, nicht ein, da die Veräußerung hier an einen der bisherigen Eigentümer und Vermieter erfolgt sei. Allerdings komme § 566 Abs. 1 BGB analog zur Anwendung, da der Vermieter, der den (hälftigen) Miteigentumsanteil des anderen Vermieters erworben habe, dergestalt in den Mietvertrag eintrete,
dass die Kündigung allein durch den Erwerber des hälftigen Miteigentums wirksam sei. Zwar verliere der Mieter dadurch mit der Veräußerung einen seiner Schuldner. Einen Ausgleich hierfür sehe jedoch die Regelung in § 566 Abs. 2 BGB vor.

Die Rechtsbeschwerde sei gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da die Frage der analogen Anwendung von § 566 Abs. 1 BGB auf den Fall des Erwerbs eines Miteigentumsanteils bislang höchstrichterlich nicht entschieden sei.

Vor dem Bundesgerichtshof hatte die Rechtsbeschwerde nun Erfolg.

Nach der übereinstimmenden Erledigterklärung der Parteien waren die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.

Denn die Klägerin wäre nach Auffassung des Bundesgerichtshofs bei Fortführung des Rechtsstreits voraussichtlich in der Sache unterlegen, weil das Mietverhältnis durch die allein von ihr ausgesprochene Kündigung nicht wirksam beendet worden ist und ihr deshalb der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung nicht zustand.

Die Kündigung hätte vielmehr auch von dem früheren Ehemann der Klägerin erklärt werden müssen, der die Wohnung zusammen mit ihr an den Beklagten zu 1 vermietet hatte. Die vom Landgericht Nürnberg-Fürth vorgenommene analoge Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB kommt in der vorliegenden Konstellation, dass einer von zwei Miteigentümern, die eine Wohnung vermietet haben, später Alleineigentümer wird, nicht in Betracht.

Gemäß § 566 Abs. 1 BGB tritt bei einer Veräußerung des vermieteten Wohnraums nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.
Nach dem Wortlaut des § 566 Abs. 1 BGB muss die Veräußerung an einen Dritten erfolgen, das heißt, der veräußernde Eigentümer und der Erwerber müssen personenverschieden sein, der Erwerber darf bis zum Erwerb nicht Vermieter gewesen sein3. Eine direkte Anwendung des § 566 BGB kommt damit nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht.

Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke aufweist und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem
Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem – dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden – Regelungsplan ergeben4. Dies ist hier jedoch nicht der Fall – so der Bundesgerichtshof.

Sinn und Zweck des § 566 BGB ist der Schutz des Mieters vor einem Verlust des Besitzes an der Wohnung gegenüber einem neuem Erwerber im Falle der Veräußerung der Mietsache5. Dieser Schutzzweck ist von vornherein nicht berührt, wenn – wie hier – einer von zwei vermietenden Miteigentümern seinen Eigentumsanteil auf den anderen überträgt, so dass dieser Alleineigentümer der Mietsache wird. Denn der nunmehrige Alleineigentümer ist (weiter)
an den Mietvertrag gebunden und ein Verlust des Besitzes auf Seiten des Mieters infolge des Veräußerungsvorgangs ist somit nicht zu besorgen. Damit scheidet eine analoge Anwendung des § 566 BGB auf einen solchen Fall aus.

Soweit in der vom Landgericht Nürnberg-Fürth herangezogenen Kommentarstelle allgemeine Erwägungen dazu angestellt werden, es sei auch im Hinblick auf mögliche weitere Veräußerungsvorgänge „praktikabler, das Ausscheiden des veräußernden Miteigentümers aus der Vermieterstellung sogleich zu vollziehen“6, ergibt sich daraus
offensichtlich keine tragfähige Grundlage für eine Analogie.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.01.2019 – VIII ZB 26/17

ECLI:DE:BGH:2019:090119BVIIIZB26.17.0

  1. AG Neumarkt, Beschluss vom 08.02.2017 – 3 C 623/16 []
  2. LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 20.03.2017 – 7 T 1367/17 []
  3. BGH, Beschluss vom 06.07.1994 – VIII ARZ 2/94, BGHZ 126, 357, 363 f. – noch zu der Vorgängerregelung in § 571 BGB aF []
  4. BGH, Urteil
    vom 14.12.2016 – VIII ZR 232/15, BGHZ 213, 136 []
  5. BGH, Urteil vom 12.07.2017 – XII ZR 26/16 []
  6. so Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 13. Aufl., § 566 BGB Rn. 77; dagegen zutreffend MünchKommBGB/Häublein, 7. Aufl., § 566 Rn. 22 []