Die Schlussbesprechung erfordert keine persönliche Anwesenheit der Teilnehmer

Wurde seitens des Finanzamts eine Außenprüfung durchgeführt, gilt nach § 201 AO u.A.:

Über das Ergebnis der Außenprüfung ist eine Besprechung abzuhalten (Schlussbesprechung), es sei denn, dass sich nach dem Ergebnis der Außenprüfung keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen ergibt oder dass der Steuerpflichtige auf die Besprechung verzichtet. (…)“

Hat der Steuerschuldner einen Anspruch darauf, dass diese Schlussbesprechung unter perönlicher Anwesenheit der Beteiligten erfolgt oder reicht auch eine Telefonkonferenz, um dem gesetzlich geregelten Anspruch gerecht zu werden?

Das Finanzgericht Düsseldorf hat nun in einem Eilverfahren entschieden, dass das Finanzamt auch auf eine Telefonkonferenz verweisen kann, der Steuerschuldner also keinen Anspruch auf persönliche Anwesenheit der Teilnehmer hat.

Was war der Hintergrund dieser Entscheidung?

Bei der Antragstellerin fand von 2018 bis 2020 eine steuerliche Außenprüfung statt. Der vorläufige Betriebsprüfungsbericht wurde der Antragstellerin vom Antragsgegner zu 1. mit Schreiben vom 27.02.2020 übersandt. Mit Schreiben vom 25.03.2020 erklärten die Bevollmächtigten der Antragstellerin, dass die Antragstellerin an ihrem aus § 201 Abs. 1 Satz 1 AO resultierenden Anspruch auf die Durchführung einer Schlussbesprechung festhalte. Da Menschenansammlungen von mehr als zwei Personen aufgrund der Corona-Epidemie aber untersagt seien, könne die Schlussbesprechung derzeit nicht terminiert werden.

Mit Schreiben vom 31.03.2020 wies der Antragsgegner zu 1. darauf hin, dass § 201 AO weder zum Ort der Schlussbesprechung Vorgaben mache noch die persönliche Anwesenheit der Beteiligten erforderlich sei. Somit könne eine Schlussbesprechung fernmündlich abgehalten werden. Der Antragsgegner zu 1. forderte die Antragstellerin auf, einen Termin für die fernmündliche Schlussbesprechung in der 17. Kalenderwoche 2020 zu benennen. Die Antragstellerin sei in den letzten Monaten mehrfach dazu aufgefordert worden, einen Termin für eine Schlussbesprechung zu benennen. Sofern die Telefonkonferenz ebenfalls nicht zu Stande käme, müsse davon ausgegangen werden, dass ein Interesse an einer Schlussbesprechung nicht bestehe. In diesem Fall würde der abschließende Betriebsprüfungsbericht zur Stellungnahme übersandt und gleichzeitig der Antragsgegner zu 2. gebeten, den Bericht auszuwerten.

Mit Antwortschreiben vom 16.04.2020 beantragte die Antragstellerin, die Schlussbesprechung in persönlicher Anwesenheit durchzuführen. Eine telefonische Schlussbesprechung oder eine Schlussbesprechung per Videokonferenz sei nicht möglich, da der Datenschutz aufgrund bestehender Sicherheitsmängel nicht gewährleistet sei.

Mit Schreiben vom 23.04.2020 übersandte der Antragsgegner zu 1. der Antragstellerin den Betriebsprüfungsbericht. Da ein Termin für eine fernmündliche Schlussbesprechung nicht benannt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass ein Interesse an einer Schlussbesprechung tatsächlich nicht bestehe.

Die Antragstellerin hat daraufhin am 04.05.2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Finanzgericht Düsseldorf gestellt.

Die Antragstellerin trägt vor, ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 201 Abs. 1 Satz 1 AO. Ein Telefonat hätte mit allen auf Seiten der Antragstellerin erforderlichen Teilnehmern und den Personen, die nicht deutscher Muttersprache sind, technisch und tatsächlich nicht durchgeführt werden können. Daran ändere auch die verwaltungsseitige Veröffentlichung von Corona-bedingten Fragen und Antworten des BMF durch Newsletter vom 01.04.2020 mit „allgemeinen Hinweisen“ nichts, die ausführten, dass Schlussbesprechungen nur noch telefonisch erfolgen sollten. Hieraus lasse sich nur schließen, dass bis zum Ablauf der Versammlungsbeschränkungen die durch die Antragstellerin beanspruchte persönliche Schlussbesprechung vertagt werden müsse, nicht jedoch, dass Schlussbesprechungen entbehrlich seien, wenn sie nicht telefonisch erfolgen könnten.

Die Entscheidung sei von außerordentlicher Eilbedürftigkeit, da der Antragsgegner zu 2. offenbar Gefahr laufe, sich den Ausführungen des Antragsgegners zu 1. ohne Durchführung einer Schlussbesprechung anzuschließen und so das Recht auf deren Durchführung endgültig vereitele. Deshalb werde angeregt, einen „Hängebeschluss“ auszusprechen, dass die Weiterleitung des Betriebsprüfungsberichts an den Antragsgegner zu 2. vorläufig wirkungslos sei.

Der im Schreiben des Antragsgegners zu 1. vom 23.04.2020 getroffenen Ankündigung, dass der Antragsgegner zu 1. beabsichtige, den Inhalt des Berichts auszuwerten und die Steuerbescheide entsprechend zu ändern, könne auf dessen eigenes Tätigwerden hindeuten. Deshalb sei auch eine Änderung von Steuerbescheiden durch den Antragsteller zu 1. zu untersagen.

Es liege ein Anordnungsgrund vor, da die steuerlichen Auswirkungen bei der Antragstellerin erheblich und existenzvernichtend seien. Es seien rechtswidrige Steuerbescheide zu erwarten. Im Rahmen der Schlussbesprechung hätte dies ohne weitere besprochen und vermieden werden können und sollen. Darüber hinaus liege ein erhöhtes Rechtsschutzbedürfnis vor, da bei einem mit der Antragstellerin verbundenen Unternehmen, der …- GmbH, ebenfalls die Schlussbesprechung unterblieben sei.

Der Antragsgegner zu 1. erklärt, dass zur Prüfungseröffnung am 26.02.2018 eine Besprechung unter Teilnahme des Geschäftsführers stattgefunden habe. Dieses Gespräch habe mit ihm ausschließlich auf Deutsch geführt werden können. Selbst bei steuerrechtlichen Erörterungen habe es keine Verständigungsprobleme gegeben. Bereits mit E-Mail vom 09.12.2019 sei die Antragstellerin gebeten worden, einen Termin für die Schlussbesprechung für Ende Januar 2020 zu benennen. Daraufhin habe es keine Rückmeldung seitens der Antragstellerin gegeben. Am 17.01.2020 sei schriftlich daher erneut um Nennung eines Termins bis zum 14.02.2020 gebeten worden. Einen Terminvorschlag habe die Antragstellerin daraufhin erneut nicht gemacht, sondern lediglich um die Übersendung eines Konzepts der Prüfungsfeststellungen gebeten.

Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht. Die mit Schreiben vom 31.03.2020 angebotene telefonische Schlussbesprechung sei abgelehnt worden, obwohl eine solche technisch von Seiten der Finanzverwaltung ohne weiteres möglich gewesen wäre. Primäres Ziel der Antragstellerin sei, die Verwertung des Betriebsprüfungsberichts zeitlich zu verzögern. Hintergrund dürfte der Verkauf vom 01.04.2020 sämtlichen landwirtschaftlichen Grund und Bodens sein. Dieser Kauf sei noch nicht vollständig abgewickelt.

Ebenso fehle es an einem Anordnungsgrund. Unmittelbar werde die Antragstellerin erst durch die geänderten Steuerbescheide belastet. Insofern sei sie auf das Rechtsbehelfsverfahren gegen die geänderten Steuerbescheide zu verweisen. Im Hinblick auf die Umsatzsteuer dürfte sich der Antrag darüber hinaus durch die bereits erfolgte Auswertung erledigt haben. Zudem sei er, der Antragsgegner zu 1., technisch auch gar nicht in der Lage, die Steuerbescheide zu ändern.

Der Antragsgegner zu 2. erklärt, dass der Betriebsprüfungsbericht vom 22.04.2020 von ihm bereits ausgewertet worden sei. Bescheide würden nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs weder nichtig noch anfechtbar, weil die ihnen zugrundeliegenden Feststellungen von der Großbetriebsprüfungsstelle ohne Abhalten einer Schlussbesprechung vom Finanzamt ausgewertet worden seien.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf:

Das Finanzgericht Düsseldorf hat den Antrag zurückgewiesen.

Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass der im Hauptverfahren geltend gemachte oder geltend zu machende Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO, § 902 Abs. 1 und 2 ZPO). Bezeichnung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs bedeuten, dass der Antragsteller den Anspruch rechtlich schlüssig darlegen und dessen tatsächlichen Voraussetzungen (§ 294 ZPO) glaubhaft machen muss.

Vorliegend besteht nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf schon kein Anordnungsanspruch in Form eines Anspruchs auf Durchführung einer Schlussbesprechung i.S.d. § 201 AO unter persönlicher Anwesenheit der Teilnehmer.

Zwar ist grds. nach § 201 Abs. 1 Satz 1 AO über das Ergebnis der Außenprüfung eine Schlussbesprechung abzuhalten. Das Gesetz macht jedoch keine Vorgaben im Hinblick auf den Ort und die Art und Weise, wie diese Schlussbesprechung durchzuführen ist. Das Angebot des Antragsgegners zu 1., eine telefonische Schlussbesprechung abzuhalten, hat die Antragstellerin abgelehnt, so dass der Antragsgegner zu 1. von einem Verzicht der Antragstellerin auf die Durchführung einer Schlussbesprechung ausgehen durfte.

Aus dem Verhalten der Antragstellerin ergibt sich nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf bei einer Betrachtung der Gesamtumstände zudem, dass ihr primäres Interesse auf eine Verzögerung des Verfahrens gerichtet ist. Der Antragsgegner zu 1. bemüht sich bereits seit dem 09.12.2019 vergeblich um die Durchführung einer Schlussbesprechung. Der grundsätzliche Anspruch aus § 201 AO auf Abhaltung einer Schlussbesprechung berechtigt den Steuerpflichtigen jedoch nicht, die Art und Weise der Durchführung der Schlussbesprechung derart zu diktieren, dass der Abschluss der Betriebsprüfung in unangemessener Weise verzögert wird.

Der Durchführung einer telefonischen Schlussbesprechung standen aus Sicht des Finanzgerichts Düsseldorf weder technische noch rechtliche Bedenken entgegen. Angesichts der anhaltenden Corona-Epidemie, dessen Ende derzeit nicht absehbar ist, war es seitens des Antragsgegners zu 1. auch ermessensgerecht, eine telefonische Schlussbesprechung anzubieten. Dem Sinn und Zweck des § 201 AO, strittige Sachverhalte sowie die rechtliche Beurteilung der Prüfungsfeststellungen zu erörtern, hätte auf diese Weise unproblematisch entsprochen werden können.

Da die Antragstellerin somit keinen Anspruch auf eine persönliche Schlussbesprechung und sie die Durchführung einer telefonischen Schlussbesprechung abgelehnt hatte, ist die Weiterleitung des Betriebsprüfungsberichts an den Antragsgegner zu 2. ebenfalls nicht zu beanstanden. Eine Änderung der Bescheide durch den Antragsgegner zu 1. stand nie im Raum, so dass bezüglich dieses Antrags schon gar kein Anordnungsgrund erkennbar ist, so das Finanzgericht Düsseldorf abschliessend.

Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2020 – 3 V 1087/20 AE(AO)
ECLI:DE:FGD:2020:0511.3V1087.20AE.AO.00

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