Rezept für getrocknete Rinderohren gefällig?

Hunde lieben in der Regel getrocknete Rinderohren.

Aber unter welche Position der Kombinierten Nomenklatur fallen getrocknete Rinderohren bei der Einfuhr?

Nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg zählen getrocknete Rinderohren und Dörrfleich aus der Speiseröhre des Rindes zu genießbaren Schlachtnebenerzeugnissen.

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Die Beteiligten streiten um die Einreihung von getrockneten Rinderohren und Dörrfleisch.

Der Kläger beantragte die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte (vZTAe) für verschiedene getrocknete Schlachtnebenerzeugnisse, die er für genießbar i.S.d. Position 0210 KN hält. Vorliegend geht es um getrocknete Rinderohren und Dörrfleisch, das von der Speiseröhre des Rindes abgeschabt wird (im Folgenden: die Waren). Die Waren sind als Zwischenmahlzeit für Hunde bestimmt und für den Einzelverkauf oder den Großhandel aufgemacht (Verpackung mit bzw. ohne Etikett). Die Lieferantin des Klägers kauft die Waren, die bei der Schlachtung von Rindern in indischen Lebensmittelbetrieben anfallen, im frischen Zustand an. Sie werden enthaart, gereinigt und trocknen ohne weitere Zusätze in der Sonne. Bei der Einfuhr riechen sie streng.

Mit vZTA reihte der Beklagte die Rinderohren, in Plastiksäcken ohne Etikett mit einem Inhalt von 50 bzw. 100 Stück verpackt, als

Waren tierischen Ursprungs, anderweit weder genannt noch inbegriffen, andere als in den Codenummern 0511 1000 000 bis 0511 9985 200 genannt, ungenießbar

in die TARIC-Unterposition 0511 9985 900 ein. Mit vZTA reihte der Beklagte das Dörrfleisch, in Plastiksäcken mit Etikett und einem Inhalt von 1 bis 5 kg verpackt, in dieselbe Unterposition ein.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Die Waren seien als genießbare Schlachtnebenerzeugnisse (Position 0210 KN), hilfsweise als Zubereitungen von der zur Fütterung verwendeten Art (Position 2309 KN) einzureihen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs1 zu getrockneten Schweineohren, die als Tierfutter verwendet würden, verlören Schlachtnebenerzeugnisse auch dann nicht generell ihre Eignung zum menschlichen Verzehr, wenn sie in einem Betrieb getrocknet worden seien, der die Anforderungen des deutschen Lebensmittelrechts nicht erfülle. Vielmehr müssten Umstände hinzutreten, die zum Verderb der Ware führten (z.B. Fäulnis oder Schimmel). Dies treffe auf die Waren nicht zu. Sie würden sowohl vor der Ausfuhr als auch bei der Einfuhr veterinärrechtlich untersucht. Sie seien lediglich lebensmittelrechtlich zur menschlichen Ernährung ungeeignet. Dörrfleisch würde auch als Snack für den menschlichen Verzehr angeboten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs könne sich die Ungenießbarkeit nicht aus der Verwendung als Tierfutter ergeben. Auch das EuGH-Urteil vom 28.04.20162 zwinge nicht zu diesem Schluss. Das technische Verfahren für die Zubereitung der Ölmischung, um das es in jenem Verfahren gegangen sei, sei zur Lebensmittelherstellung ungeeignet gewesen, da eine Verunreinigung mit einem Vergällungsmittel nicht habe ausgeschlossen werden können. Die mangelnde Eignung zum menschlichen Verzehr habe daher schon dem Herstellungsverfahren innegewohnt, was vorliegend gerade nicht der Fall sei.

Nach Zurückweisung des Einspruchs erhob der Kläger Klage – und das mit Erfolg.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg:

Die Ablehnung von verbindlichen Zolltarifauskünften (vZTAen), mit denen die Waren jeweils in die Unterposition 0210 9959 KN eingereiht werden, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil er einen Anspruch auf solche vZTAe, die gemäß Art. 33 Abs. 1 UZK erteilt werden, hat (§ 101 Satz 1 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der Kombinierten Nomenklatur festgelegt sind3.

Darüber hinaus sind insbesondere die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur und die Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) maßgebende, wenn auch nicht rechtsverbindliche Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen4. Dasselbe gilt für die Tarifavise zum HS5. Im Gegensatz zu den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die in allen EU-Vertragssprachen gleichermaßen verbindlich sind (Art. 55 Abs. 1 EUV), sind die Erläuterungen und die Avise zum HS nur in englischer und französischer Sprache authentisch6.

Nach diesem Maßstab handelt es sich bei den Waren um genießbare Schlachtnebenerzeugnisse, getrocknet, von Rindern, andere als Zwerchfellpfeiler (Nierenzapfen) und Saumfleisch, der Unterposition 0210 9959 von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif vom 23.07.19877 in der bei Erlass der vZTAe gültigen Fassung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/17548, die bis zum Ende ihrer jeweiligen Gültigkeit unverändert geblieben ist9.

Die getrockneten Rinderohren und das Dörrfleisch, die unstreitig Schlachtnebenerzeugnisse darstellen, sind genießbar i.S.d. Position 0210 KN, so das Finanzgericht Hamburg.

Das Kapitel 2 KN erfasst neben Fleisch „genießbare Schlachtnebenerzeugnisse“ (edible meat offal / abats comestible). Position 0210 KN wiederholt den Wortlaut der Kapitelüberschrift und ergänzt sie um die Behandlungsformen „gesalzen, in Salzlake, getrocknet oder geräuchert“.

Der Begriff der Genießbarkeit wird weder in der KN noch im HS definiert. Auslegungshilfen bieten die Anmerkung 1 a) zu Kapitel 2 KN und die Erläuterungen zu Kapitel 2 HS. Nach der Anmerkung 1 a) zu Kapitel 2 KN gehören nicht zu Kapitel 2 die Waren der Positionen 0201 bis 0208 und 0210, die ungenießbar (unfit or unsuitable for human consumption / impropres à l’alimentation humaine) sind. Die englischen und französischen Fassungen dieser Anmerkung sind identisch mit den entsprechenden Fassungen der Anmerkung 1 a) zu Kapitel 2 HS. Nach den Allgemeinen Erläuterungen zum Kapitel 2 HS gehören zu diesem Kapitel nicht Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse unsuitable or unfit for human consumption / impropres à l’alimentation humaine. Dies wird mit „zur menschlichen Ernährung nicht geeignet“ übersetzt (ErlKN Rn. 02.0). Die genannten englischen und französischen Ausdrücke unfit or unsuitable for human consumption bzw. impropres à l’alimentation humaine werden damit einmal mit „ungenießbar“ (Anmerkung 1 a zu Kapitel 2 KN) und einmal mit „zur menschlichen Ernährung nicht geeignet“ (Erläuterungen zum Kapitel 2 HS, ErlKN Rn. 02.0) übersetzt. Da die deutsche Fassung der KN – anders als die deutsche Fassung der Erläuterungen zum HS – rechtlich verbindlich ist, kommt der Bezeichnung „zur menschlichen Ernährung geeignet“ in der Übersetzung der Erläuterungen zum Kapitel 2 HS keine eigenständige Bedeutung zu. Das wenig aussagekräftige Zwischenergebnis ist damit, dass nach der Anmerkung 1 a) zu Kapitel 2 KN und den Erläuterungen zu Kapitel 2 HS Schlachtnebenerzeugnisse genießbar sind, wenn sie nicht ungenießbar sind.

Anders als der Beklagte meint, hat der Umstand, dass in der englischen Fassung der Erläuterungen zum Kapitel 2 HS (general, 2. Absatz, entspricht ErlKN 02.0) zwischen unsuitable und unfit for human consumption unterschieden wird, keine inhaltliche Bedeutung, so das Finanzgericht Hamburg. Die französische Fassung der Erläuterungen zum Kapitel 2 HS enthält eine solche Differenzierung nämlich nicht. Dort (considerations generales) ist nur von impropres à l’alimentation humaine (2. Absatz) die Rede. Da beide Sprachfassungen gleich verbindlich sind (Art. 20 Abs. 3 HS-Übereinkommen, s. a. Bender, ZfZ 2016, 29, 31), kann nicht davon ausgegangen werden, dass die in der englischen Fassung vorgenommene Differenzierung eine inhaltliche Bedeutung hat. Im Übrigen ist schon die englische Fassung der Erläuterungen zum Kapitel 2 HS sprachlich nicht konsistent. Im ersten Absatz der Allgemeinen Erläuterungen zum Kapitel 2 HS wird nämlich das französische propres à l’alimentation humaine lediglich mit suitable for human consumption – ohne fit – übersetzt.

Eine aussagekräftige Auslegungshilfe bietet nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg dagegen die in den Erläuterungen zu Kapitel 2 HS vorgenommene Gruppierung von Schlachtnebenerzeugnissen nach ihren typischen Verwendungszwecken. Nach der deutschen Übersetzung dieser Erläuterungen (ErlKN Rn. 03.0 ff.) gehören zur ersten Gruppe von Schlachtnebenerzeugnissen solche, die hauptsächlich zur menschlichen Ernährung verwendet werden. Als Beispiele werden Köpfe und Teile davon – einschließlich Ohren -, Füße, Schwänze, Herzen, Zungen, Nierenzapfen, Saumfleisch, Bauchnetz, Schlunde und Thymusdrüsen genannt. Die zweite Gruppe betrifft Schlachtnebenerzeugnisse, die nur zur Herstellung pharmazeutischer Erzeugnisse verwendet werden. Als Beispiele werden Gallenblase, Nebenniere und Plazenta genannt. Die dritte Gruppe bezeichnet solche, die sowohl zur Herstellung pharmazeutischer Erzeugnisse als auch zur menschlichen Ernährung verwendet werden. Beispielhaft finden Leber, Niere, Lunge, Hirn, Bauchspeicheldrüse, Milz, Rückenmark, Eierstöcke, Gebärmutter, Hoden, Euter, Schild- und Hirnanhangdrüse Erwähnung. Die vierte Gruppe, in der beispielhaft Häute genannt werden, dienen der menschlichen Ernährung oder zu anderen Zwecken, wie der Herstellung von Leder.

Weiter heißt es, dass die zur ersten Gruppe gehörenden Schlachtnebenerzeugnisse, frisch, gekühlt, gefroren, gesalzen, in Salzlake, getrocknet oder geräuchert, im Kapitel 2 bleiben, außer in den Fällen, in denen sie, da verdorben und zur menschlichen Ernährung nicht geeignet, der Position 0511 HS zuzuweisen sind.

Aus dieser Aufzählung von Schlachtnebenerzeugnissen und typischen Verwendungszwecken folgt, so das Finanzgericht Hamburg, zum einen, dass es ausschließlich auf die ernährungsphysiologische Eignung der Waren ankommt, von Menschen verzehrt zu werden. Dies entspricht dem allseits bekannten Auslegungsgrundsatz, dass für die Tarifierung die objektiven Wareneigenschaften von zentraler Bedeutung sind. Da die Einreihung in die Position 0210 KN durch das Harmonisierte System vorgegeben ist und es sich hierbei um einen völkerrechtlichen Vertrag von nahezu universeller Geltung handelt, dürfen bei der Frage, ob eine Ware zur Ernährung geeignet ist, regionale Essgewohnheiten, zumal sich diese im Laufe der Zeit verändern können, keine Rolle spielen. Es ist daher unerheblich, ob getrocknete Rinderohren und Dörrfleisch von der Speiseröhre des Rindes heutzutage in der EU (oder anderenorts) tatsächlich von Menschen verzehrt werden.

Aus der dargestellten Kategorisierung der Schlachtnebenerzeugnisse in vier Gruppen wird zum anderen deutlich, so das Finanzgericht Hamburg weiter, dass das HS in Bezug auf die hier einschlägige erste Gruppe – Ohren und Schlunde – von einem Regel-/Ausnahmeverhältnis ausgeht. Solche Waren gelten als zur menschlichen Ernährung verwendet, außer sie sind verdorben und zur menschlichen Ernährung nicht geeignet. Das Verdorbensein ist dabei ein Beispiel für die fehlende Genießbarkeit der Ware, weil es nur in der französischen Fassung der Erläuterungen (étant avariés) vorkommt. Es müsste damit konkrete Anhaltspunkte geben, dass derartige Waren, die ausdrücklich auch getrocknet sein dürfen, nicht zur menschlichen Ernährung geeignet sind. Keine Rolle spielt hierbei die konkrete Bestimmung als Tierfutter. Nach der Allgemeinen Anmerkung 1 zu Kapitel 2 KN werden nämlich Schlachtnebenerzeugnisse, die zu menschlichem Verzehr geeignet sind, nicht dadurch ungeeignet zu menschlichem Verzehr, dass sie zum Herstellen von Tierfutter bestimmt sind.

Die hier vorgenommene Umschreibung des Begriffes „genießbar“ i.S.d. Position 0210 KN steht im Einklang mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 07.07.20151 zu getrockneten Schweineohren und dem Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 23.10.201810 zu Herzen, Lefzen, Pansen- und Maulfleisch, Schlundfleisch, Truthahn- und Geflügelfleisch. Anders als der Beklagte meint, sind diese Entscheidungen, die zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes ergangen sind, uneingeschränkt auf die im vorliegenden Fall inmitten stehende Frage nach der Genießbarkeit i.S.d. Position 0210 KN anwendbar. Die Anwendbarkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes, um die es in jenen Entscheidungen ging, richtet sich nämlich ausschließlich nach zollrechtlichen Gesichtspunkten11, weil die lfd. Nr. 2 von Anlage 2 UStG auf „Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse“ des Kapitels 2 KN verweist12.

Diese Entscheidungen stehen – wie der Bundesfinanzhof zutreffend ausführt10 – nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 28.04.201613. Im Tenor dieses Urteils hat der EuGH zunächst lediglich auf die Selbstverständlichkeit hingewiesen, dass alle Aspekte der objektiven Wareneigenschaften zu berücksichtigen seien. Im weiteren geht es um die Bedeutung der Warenbeschreibung in der Zollanmeldung und um die Ergebnisse einer Warenuntersuchung, die den angemeldeten Wareneigenschaften widersprechen. Dieser Teil des Tenors der Entscheidung ist für den vorliegenden Fall irrelevant, da die Wareneigenschaften unstreitig sind.

Der Bundesfinanzhof bezieht sich ebenfalls auf die oben beschriebene Kategorisierung von Schlachtnebenerzeugnissen in den Erläuterungen zum Kapitel 2 HS (BFH, Urteil vom 7. Juli 2015, VII R 65/13, juris, Rn. 10). Die lebensmittelrechtliche Einordnung der Waren ist genauso wenig von Belang (so ausdrücklich BFH, Urteil vom 7. Juli 2015, VII R 65/13, juris, Rn. 12; Beschluss vom 23. Oktober 201[8], VII R 36/17, juris, Rn. 9; EuGH, a.a.O., Rn. 52) wie die Trocknung in einem Betrieb, von dem – wie auch hier – unbekannt ist, ob er den Anforderungen des deutschen Lebensmittelrechts genügt (BFH, Urteil vom 7. Juli 2015, VII R 65/13, juris, Rn. 14). Es müssten vielmehr sonstige – hier nicht gegebene – Umstände wie Fäulnis, Schimmel oder ein sonstiges Verderben vorliegen, damit die Ware als ungenießbar einzustufen ist11.

Auf dieser rechtlichen Grundlage sind die hier in Rede stehenden getrockneten Rinderohren und das Dörrfleisch von der Speiseröhre des Rindes genießbar i.S.d. Position 0210 KN und damit nicht anders zu behandeln, als die Schlachtnebenerzeugnisse, die Gegenstand der beiden genannten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs waren.

Die bereits erwähnten Erläuterungen zu Kapitel 2 HS gehen davon aus, dass Teile des Kopfes und des Schlundes hauptsächlich zur menschlichen Ernährung verwendet werden. Die konkrete Verwendung als Lebensmittel ist irrelevant. Es sind keine Gründe ersichtlich, die die ernährungsphysiologische Eignung von getrockneten Rinderohren und von Dörrfleisch vom Schlund des Rindes, von Menschen verzehrt zu werden, in Frage stellen, zumal diese auch vermischt mit anderen Lebensmitteln, etwa als Zutat von Würsten, konsumiert werden könnten, so das Finanzgericht Hamburg.

Die Trocknung allein beeinträchtigt die Verzehreignung nicht (so ausdrücklich zu genießbaren Schweineohren: Verordnung (EG) Nr. 1125/2006, Anhang Nr. 1 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1179/2009, Nr. 204). Es deutet auch nichts auf Fäulnis, Schimmel oder eine Kontamination hin. Nach der Warenbeschreibung wurden die Waren gereinigt, enthaart und im frischen Zustand getrocknet. Aus der Akte ergibt sich kein Hinweis, dass die bei der Erteilung der vZTAe vorliegenden Warenmuster verfault oder verschimmelt gewesen seien. Der Kläger muss auch nicht nachweisen, dass die für Lebensmittel geltenden Grenzwerte eingehalten worden sind. Dies widerspräche der oben beschriebenen Allgemeinen Erläuterung 1 zu Kapitel 2 KN. Wenn Schlachtnebenerzeugnisse nämlich zum Herstellen von Tierfutter bestimmt sind und also solche zur Einfuhr in die EU angemeldet werden, erfüllen sie gerade nicht die Voraussetzungen für die Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln. Die bloße Möglichkeit der Kontamination ist nicht relevant, solange die Waren nicht wie im EuGH-Urteil Oniors Bio als möglicherweise kontaminiert angemeldet wurden. Nur mit dieser Konstellation hat sich dieses Urteil befasst. Auch die anderen vom Beklagten vorgebrachten Gesichtspunkte, nämlich die Angaben des Veterinärs, die Bezeichnung und Zulassung des Herstellers, die Aufmachung und der tatsächliche Verwendungszweck der Waren sind nicht zu berücksichtigen.

Die Eignung als Nahrungsmittel wird schließlich nicht durch den strengen Geruch der Waren infrage gestellt. Auch andere getrocknete Lebensmittel, wie etwa Stock- oder Klippfisch, entfalten einen strengen Geruch und werden erst genusstauglich, wenn sie über längere Zeit in Wasser eingelegt worden sind.

Auch der Umstand, dass in den Erläuterungen zur Unterposition 0511 9985 KN zwischen einerseits ungenießbaren und andererseits für die menschliche Ernährung nicht geeignet eingestuften/klassifizierten toten Tieren der in Kapitel 1 KN erfassten Arten unterschieden wird, hat für den vorliegenden Fall keine Bedeutung. Abgesehen davon, dass in dieser Erläuterung die Abgrenzung der Position 0511 KN zum Kapitel 1 KN und nicht zu dem hier in Rede stehenden Kapitel 2 KN angesprochen wird, steht die Möglichkeit, dass tote Tiere, z. Bsp. weil sie überfahren worden sind, als für ungenießbar erklärt werden, obwohl sie nach ihren objektiven Beschaffenheitsmerkmalen noch genießbar wären, der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Um derartige Tiere geht es hier nämlich nicht.

Innerhalb der Position 0210 KN sind die Waren als genießbare Schlachtnebenerzeugnisse, getrocknet, von Rindern, andere als Zwerchfellpfeiler (Nierenzapfen) und Saumfleisch, der Unterposition 0210 9959 KN zuzuweisen.

Mangels Veränderung der wesentlichen Merkmale des Ausgangsstoffes scheidet eine Einreihung als zubereitetes Futter i.S.d. Kapitels 23 KN aus1.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 06.11.2020 – 4 K 22/18

  1. BFH, Urteil vom 07.07.2015 – VII R 65/13 [] [] []
  2. EuGH, Urteil vom 28.04.2016 – C-233/15, Oniors Bio []
  3. EuGH, Urteile vom 18.06.2020, Hydro Energo, C-340/19; vom 06.09.2018, Kreyenhop & Kluge, C-471/17; vom 20.11.2014, Rohm Semiconductor, C-666/13; vom 17.07.2014, Sysmex, C-480/13; BFH, Beschluss vom 28.04.2014 – VII R 48/13 []
  4. EuGH, Urteil vom 09.06.2016, MIS, C-288/15, Rn. 23; EuGH, Beschluss vom 19.01.2005, SmithKline Beecham, C-206/03; EuGH, Urteile vom 20.11.2014, Rohm Semiconductor, C-666/13; vom 17.07.2014, Sysmex, C-480/13; BFH, Urteile vom 04.11.2003 – VII R 58/02; vom 30.07.2003 – VII R 40/01 []
  5. EuGH, Beschluss vom 19.01.2005, Smithkline Beecham, C-206/03 []
  6. Bender, in Wäger, UStG, 2020, Anh. 2, Rn. 90, 91 ff. []
  7. ABl. L 256, 1; Kombinierte Nomenklatur – KN []
  8. ABl. L 285, 1 []
  9. siehe Durchführungsverordnung (EU) 2018/1602, ABl. L 273, 1 []
  10. BFH, Beschluss vom 23.10.2018 – VII R 36/17 [] []
  11. BFH, Urteil vom 07.07.2015 – VII R 65/13; BFH, Beschluss vom 23.10.2018 – VII R 36/17 [] []
  12. Bender, in Wäger, UStG, 2020, Anh. 2, Rn. 57 []
  13. EuGH, Urteil vom 28.04.2016, C-233/15, Oniors Bio []