Hat ein Unternehmen Aufwendungen dadurch, dass es Kunden Getränke oder z.B. Snacks unentgeltlich abgibt, so wird gerne versucht, diese Aufwendungen unter „Aufmerksamkeiten als übliche Geste der Höflichkeit“ zu fassen, damit sie zu 100 % bei der Steuer geltend gemacht werden können. Das Finanzamt ordnet diese Aufwendungen in der Regel als Bewirtungskosten ein mit der Folge, dass nur 70 % abgesetzt werden können.
Da die Differenz von 30 % durchaus zu Buche schlagen kann, entbrennt an diesem Punkt häufig natürlich Streit zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt.
So geschehen in einem nun vom Finanzgericht Köln entschiedenen Fall.
Ein Spielhallenbetreiber reichte seinen Kunden kostenlos ein bis zwei Getränke und auf einem Tablett kleine Pizzaecken, kleingeschnittene Baguettes und Kuchenecken.
Das Finanzamt wertete dies als Bewirtungsaufwendungen aus geschäftlichem Anlass und wollte nur 70 % zum Abzug zulassen.
Die Klägerin, die Spielhallenbetreiberin, vertrat die Auffassung, es handle sich bei den Aufwendungen für Speisen und Getränke nicht um Bewirtungsaufwendungen im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG, sondern lediglich um Aufmerksamkeiten als übliche Geste der Höflichkeit im Sinne der Einkommensteuerrichtlinien (R4.10 (5-9) S. 9 Nr. 1 EStR)), die nicht unter den Bewirtungskostenbegriff zu subsumieren seien. Der Spielgast werde im Rahmen seines Besuchs in einer Spielhalle vom Hallenpersonal empfangen. Im Rahmen dieses Begrüßungsgespräches werde ihm als Geste der Höflichkeit ein Wasser, ein Softdrink oder ein Kaffee oder Tee angeboten. Im Geschäftsleben seien solche Begrüßungsgetränke üblich, z.B. in Steuerkanzleien, in Rechtsanwaltskanzleien, in Modeboutiquen usw., in keinem dieser Fälle handle es sich um Bewirtungsaufwendungen.
Erst wenn der Spielgast über einen längeren Zeitraum – in der Regel mehrere Stunden -in der Spielhalle verweile, werde ihm ein weiteres Getränk angeboten. Auch dies stelle eine übliche Geste der Höflichkeit dar. Es sei in keinem Fall so, dass der Spielgast unbeschränkten Zugriff auf diese Getränke habe. Auch gebe es in den Spielhallen kein umfangreiches Sortiment von Speisen, sondern lediglich kleine Häppchen, die ohne Geschirr und Besteck auf einem Tablett gereicht würden. Hierbei handle es sich z.B. um eine Pizzaecke, ein klein geschnittenes Baguette oder eine Kuchenecke. Der Spielgast könne sich nicht eigenständig bedienen, sondern er bekomme ein Stück angereicht. Hier werde deutlich, dass nicht der Verzehr im Vordergrund stehe oder das Sattwerden des Gastes.
Das Finanzgericht Köln hat sich der Auffassung des Finanzamtes angeschlossen:
Zwar handelt es sich bei den Aufwendungen der Klägerin für die ihren Kunden angebotenen Speisen und Getränke in voller Höhe um Betriebsausgaben nach § 8 Abs. 1 KStG bzw. § 7 Satz 1 GewStG i.V.m § 4 Abs. 4 EStG. Dies ergibt sich bereits aus der Rechtsform der Klägerin, da Kapitalgesellschaften über keine außerbetriebliche Sphäre verfügen1.
Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG dürfen jedoch Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG – trotz ihrer Eigenschaft als Betriebsausgaben – den Gewinn nicht mindern, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.
Um solche Bewirtungsaufwendungen aus geschäftlichem Anlass handelt es sich bei den von der Klägerin getätigten Aufwendungen für die an ihre Gäste unentgeltlich abgegebenen Speisen und Getränke, so das Finanzgericht Köln. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen keine Aufmerksamkeiten vor, die die Verwaltung nach ihren eigenen Richtlinien (R 4.10 (5) EStH 2018) aus dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausnimmt.
Eine „Bewirtung“ im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jede unentgeltliche Überlassung von Speisen, Getränken oder sonstigen Genussmitteln zum sofortigen Verzehr2. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Beköstigung der bewirteten Person im Vordergrund steht oder die Bewirtung (aus der Sicht des Bewirtenden) auch bzw. in erster Linie der Werbung oder der Repräsentation dient. Insbesondere scheidet die Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht bereits dann aus, wenn die Verköstigung in einen anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem gegenüber untergeordnet ist3.
Die Abzugsbeschränkung umfasst alle Bewirtungen „aus geschäftlichem Anlass“. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert. Wie sich aus der systematischen Stellung des Absatzes 5 – der sich auf Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) bezieht – und aus der unterschiedlichen Wortwahl ergibt, ist der Begriff nicht mit demjenigen der „Veranlassung durch den Betrieb“ i.S. des § 4 Abs. 4 EStG identisch. Der Begriff umfasst die Bewirtung insbesondere von solchen Personen, zu denen Geschäftsbeziehungen bestehen oder angebahnt werden sollen; er schließt nur die Bewirtung eigener Arbeitnehmer aus4.
Dies zugrunde gelegt handelt es sich bei den von der Klägerin dargereichten Speisen und Getränken nach Auffassung des Finanzgerichts Köln um eine „Bewirtung“ im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG. Im Streitfall wurden den Kunden der Klägerin anlässlich ihres Aufenthalts in einer der Spielhallen unstreitig Speisen und Getränke zum sofortigen Verzehr unentgeltlich überlassen. Das allein reicht für die Annahme einer Bewirtung aus.
Da es nicht darauf ankommt, ob die Beköstigung der bewirteten Person im Vordergrund steht oder die Bewirtung (aus der Sicht des Bewirtenden) auch bzw. in erster Linie der Werbung oder der Repräsentation dient, kann es an dieser Stelle dahinstehen, ob die von der Klägerin dargereichten Speisen und Getränke tatsächlich die Verweildauer der Gäste zu beeinflussen geeignet sind oder ob es der Klägerin lediglich darum geht, durch das Angebot an Speisen und Getränken eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich, so das Finanzgericht Köln weiter, bei den von der Klägerin ihren Kunden angebotenen Speisen und Getränken auch nicht um bloße Aufmerksamkeiten, die die Finanzverwaltung aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausnimmt (R 4.10 Abs. 5 Satz 9 Nr. 1 EStH 2018). Keine Bewirtung ist hiernach die Gewährung von Aufmerksamkeiten in geringem Umfang (wie Kaffee, Tee, Gebäck), z. B. anlässlich betrieblicher Besprechungen, wenn es sich hierbei um eine übliche Geste der Höflichkeit handelt, unabhängig von der Höhe der Aufwendungen.
Auch bei einer solchen Gewährung von Aufmerksamkeiten handelt es sich um eine unentgeltliche Überlassung von Speisen, Getränken oder sonstigen Genussmitteln zum sofortigen Verzehr, die damit grundsätzlich den Bewirtungskostenbegriff erfüllt. Zu Recht geht die Klägerin selbst – unter Verweis auf das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 06.09.20185 – davon aus, dass die von der Verwaltung aus Vereinfachungsgründen vorgenommene Klassifizierung von Bewirtungsaufwendungen als Aufmerksamkeiten nur dann in Betracht kommt, wenn den Speisen und Getränken objektiv kein eigenständiges Gewicht neben der Veranstaltung in der sie ausgegeben werden, zukommt, wie dies bei den in den Verwaltungsanweisungen exemplarisch erwähnten betrieblichen Besprechungen der Fall ist, bei denen mit den angebotenen Speisen und Getränken kein eigener Zweck – außer dem Gebot der Höflichkeit zu entsprechen – verfolgt wird.
Genau diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben, da dem Angebot der Klägerin bereits nach ihrem eigenen Vortrag ein eigenständiges Gewicht zukommt. Nach den Ausführungen der Klägerin dienen die Speisen und Getränke dazu, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Sie will mit dem Angebot erreichen – so ihr Vortrag im Klageverfahren –, dem Spielgast den Aufenthalt in der Spielhalle so angenehm wie möglich zu machen mit dem Ziel, dass sich die Kunden möglichst lange – umsatzsteigernd – in den Spielhallen aufhalten. Durch diese Intention unterscheidet sich das Angebot der Klägerin grundlegend von einem vergleichbaren Angebot anlässlich einer betrieblichen Besprechung, das – selbst wenn es einen vergleichbaren Umfang hat – nicht dazu gedacht ist, die Besprechung in die Länge zu ziehen, um dadurch eine Umsatzsteigerung zu bewirken.
Das Finanzgericht Köln sieht sich auch nicht in der Position, die Verwaltungsanweisung über ihren durch die Verwaltung so verstandenen Wortlaut hinaus auszudehnen, denn Verwaltungsanweisungen dürfen die Gerichte nicht nach eigenem Gutdünken auslegen, sondern nur darauf überprüfen, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist6. Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung des Beklagten, die Anwendung der Ausnahmevorschrift im Streitfall abzulehnen, nicht zu beanstanden. Insbesondere ergibt sich aus dem Wortlaut der Richtlinie gerade nicht, dass hiervon Angebote erfasst werden sollen, die im Rahmen – eher freizeitmäßiger – Veranstaltungen, wie dem Besuch einer Spielhalle, dazu gedacht sind, den Gast zum Verweilen zu bewegen, um dadurch den Umsatz zu steigern. Dementsprechend sieht das Finanzgericht Köln keine Möglichkeit, die Ausnahmevorschrift auf Fälle anzuwenden, in denen etwa der aufgewendete Betrag je Gast oder das Gewicht der Speisen je Gast einen einer Aufmerksamkeit anlässlich einer Besprechung vergleichbaren Umfang einnimmt, wenn es an der grundlegenden Voraussetzung für die Annahme der Ausnahmevorschrift – nämlich eines Speisen- und Getränkeangebots ohne eigenständiges Gewicht – fehlt.
Schließlich sieht das Finanzgericht Köln in dieser Auslegung auch keinen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass der mit der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG verfolgte Zweck, Aufwendungen, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten typisierend einen konkreten Bezug zur Lebensführung haben, nicht in vollem Umfang zum Abzug als Betriebsausgabe zuzulassen7 eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips rechtfertigen8. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es daher nicht darauf an, ob ihr Geschäftsführer an der Beköstigung teilnimmt.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 29.04.2021 – 10 K 2648/20
ECLI:DE:FGK:2021:0429.10K2648.20.00
- BFH, Urteile vom 27.07.2016 – I R 8/15, BStBl. II 2017, 214; vom 27.07.2016 – I R 12/15, BStBl. II 2017, 217 [↩]
- BFH, Urteil vom 03.02.1993 – I R 57/92, BFH/NV 1993, 530; BFH, Beschluss vom 06.06.2013 – I B 53/12, BFH/NV 2013, 1561; BFH, Urteile vom 18.09.2007 – I R 75/06, BStBl. II 2008, 116; vom 07.09.2011 – I R 12/11, BStBl II 2012, 194 [↩]
- BFH, Urteile vom 18.09.2007 – I R 75/06, BStBl. II 2008, 116; vom 07.09.2011 – I R 12/11, BStBl II 2012, 194; vom 17.07.2013 – X R 37/10, BFH/NV 2014, 347; vom 26.04.2018 – X R 24/17, BStBl II 2018, 750 [↩]
- BFH, Urteile vom 18.09.2007 – I R 75/06, BStBl. II 2008, 116; vom 19.06.2008 – VI R 33/07, BStBl II 2009, 11 [↩]
- FG Köln, Urteil vom 06.09.2018 – 13 K 939/13, EFG 2019, 55 [↩]
- BFH, Urteile vom 24.10.2000 – VI R 65/99, BStBl II 2001, 109; vom 29.11.2001 – IV R 91/99, BStBl II 2002, 221; vom 01.07.2003 – VIII R 80/00, BFH/NV 2004, 23; vom 22.09.2011 – III R 82/08, BStBl II 2012, 734 [↩]
- BT-Drs. 11/2157, S. 139 [↩]
- s. hierzu Loschelder in Schmidt, Kommentar zum EStG, 39. Aufl., § 4 Rz 521 [↩]