Die steuerliche Behandlung von Kosten für Weihnachtsfeiern etc. ist ein beliebtes Streitthema zwischen Unternehmen und dem Finanzamt (siehe bei uns z.b. hier: Die Weihnachtsfeier und die Lohnsteuer – II: Sagen Teilnehmer ab, zahlen alle).
Das Finanzgericht Köln hatte nun über die Frage zu entscheiden, wie es lohnsteuerrechtlich ausieht, wenn eine Betriebsveranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offensteht.
Was war passiert?
Der Vorstand der Klägerin veranstaltete in eigenen Räumlichkeiten eine Weihnachtsfeier, zu der nur die Mitglieder des Vorstandes eingeladen waren. Neben Getränken und einem mehrgängigen Menü wurde der Raum dekoriert und musikalische Untermalung dargeboten. Die von der Klägerin für diese Veranstaltung aufgewendeten Kosten betrugen insgesamt 8.034 €.
in demselben Jahr wurde eine Weihnachtsfeier für diejenigen Mitarbeiter der Gesellschaften der Klägerin am Standort B und benachbarten Standorten (C, D) ausgerichtet, die zum sogenannten oberen Führungskreis bzw. Konzernführungskreis (nachfolgend Konzernführungskreis) gehörten. Dabei handelte es sich um Mitarbeiter, die ein bestimmtes Karrierelevel erreicht hatten, aber nicht um einen eigenständigen Betriebsteil. Die von der Klägerin für diese Veranstaltung aufgewendeten Kosten betrugen insgesamt 168.439 €.
Das beklagte Finanzamt behandelte die von der Klägerin getragenen Aufwendungen für die Vorstandsweihnachtsfeier und die Weihnachtsfeier für den Konzernführungskreis als steuerpflichtigen Arbeitslohn im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und unterwarf diese der Besteuerung nach § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Die Vorstandsweihnachtsfeier wurde mit einem Steuersatz von 81,81%, die Weihnachtsfeier für den Konzernführungskreis mit 62% nachversteuert.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, es müsse eine pauschale Versteuerung mit 25 % erfolgen. Bei den beiden Weihnachtsfeiern habe es sich um Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter gehandelt, mithin um Betriebsveranstaltungen. Nach der Neuregelung des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG sei das „Offenstehen für alle Mitarbeiter“ kein Definitionsmerkmal des Begriffs „Betriebsveranstaltung“ mehr.
Die Entscheidung:
Das Finanzgericht Köln hat sich der Auffassung des Finanzamts angeschlosser und die Klage abgewiesen, jedoch die Revision zugelassen.
Die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des EStG liegen nach Auffassung des Finanzgerichts Köln nicht vor. Es schließt sich der Rechtsprechung des Finanzgerichts Münster vom 20.02.20201 vollumfänglich an.
Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, soweit er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Der zugewendete Arbeitslohn wurde nicht aus Anlass einer Betriebsveranstaltung gezahlt.
Wie zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, hat die Klägerin den Teilnehmern an der Vorstandsweihnachtsfeier und der Weihnachtsfeier für den Konzernführungskreis steuerbaren Arbeitslohn in Höhe der von ihr getätigten Aufwendungen zugewendet. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG in der Fassung des Zollkodexanpassungsgesetzes vom 22.12.20142 gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung). Bei der Vorstandsweihnachtsfeier und der Weihnachtsfeier für den Konzernführungskreis handelt es sich um eine solche Veranstaltung.
Von den Zuwendungen ist nach Auffassung des Finanzgerichts Köln nicht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG ein Freibetrag abzuziehen, weil die Vorstandsweihnachtsfeier und die Weihnachtsfeier für den Konzernführungskreis nicht – wie von dieser Vorschrift vorausgesetzt – allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offenstand, sondern nur Vorständen bzw. Führungskräften.
Die teilnehmenden Arbeitnehmer haben zu dem auf sie entfallenden Anteil der Aufwendungen der Klägerin Arbeitslohn erzielt. Unerheblich ist, dass ein Teil der Aufwendungen auf die Dekoration des Raumes und die musikalische Untermalung entfiel. Die vor Inkrafttreten des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung nicht zu berücksichtigen sind3, ist durch die Neuregelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG überholt4.
Der Arbeitslohn wurde aber nach Meinung des Finanzgerichts Köln nicht im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG aus Anlass einer Betriebsveranstaltung gezahlt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich das Finanzgericht Köln anschließt, ist § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG nur anwendbar, wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offen steht5. Im Streitfall durften an der Veranstaltung aber nur Vorstandsmitglieder bzw. Führungskräfte teilnehmen. Das Finanzgericht Köln geht mit dem Finanzgericht Münster davon aus, dass diese Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG trotz der Einfügung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG und insbesondere trotz der Legaldefinition in Satz 1 weiterhin Anwendung findet6.
Zwar wird zu Recht darauf hingewiesen, so das Finanzgericht Köln weiter, dass die Legaldefinition des Begriffs der Betriebsveranstaltung das Kriterium des Offenstehens der Veranstaltung für alle Angehörigen des Betriebs(teils) nicht enthalte, sondern dieses Kriterium nur Bedingung für die Anwendung des Freibetrags sei7. Auch geht das Finanzgericht Köln mit dem Finanzgericht Münster davon aus, dass Begriffe, die in verschiedenen Vorschriften desselben Gesetzes verwendet werden, grundsätzlich einheitlich auszulegen sind. Eine von einer Legaldefinition abweichende Auslegung kommt jedoch in Betracht, wenn der Zweck der Regelung, ihr Zusammenhang mit anderen Vorschriften und/oder die Entstehungsgeschichte eindeutig erkennen lassen, dass der Begriff anders als in der Legaldefinition zu verstehen sein soll8.
Eine solche von der Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG abweichende Auslegung des Begriffs der Betriebsveranstaltung in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG ist hier, so das Finanzgericht Köln, geboten, wie das Finanzgericht Münster zutreffend entschieden hat1. Der Bundesfinanzhof hat seine Auslegung des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG vor allem mit dem Zweck der Vorschrift begründet. Die Vorschrift bezwecke keine Steuervergünstigung, sondern sei darauf angelegt, eine einfache und sachgerechte Besteuerung der Vorteile zu ermöglichen, die bei der teilnehmenden Belegschaft im Ganzen anfielen. Der Durchschnittssteuersatz von 25 % sei sachgerecht, weil aufgrund der „vertikalen Beteiligung“ Arbeitnehmer aller Lohngruppen an der Betriebsveranstaltung teilnähmen. Stehe eine Veranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offen, verfehle die Pauschalbesteuerung mit einem festen Steuersatz von 25 % das in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verankerte Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit9.
Den Gesetzgebungsmaterialien zur Einfügung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Regelungszweck des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG geändert werden sollte. In der Begründung des Entwurfs des Zollkodexanpassungsgesetzes heißt es10:
„Die Neuregelung dient der Steuervereinfachung, da der BFH mit seiner neuesten Rechtsprechung zu Betriebsveranstaltungen die seit langer Zeit bestehenden und anerkannten Verwaltungsgrundsätze zum Teil abgelehnt und dies zu einer unklaren und komplizierten Rechtslage geführt hat. Die bisherigen Verwaltungsgrundsätze werden nun gesetzlich festgeschrieben. Die bisherigen Verwaltungsgrundsätze gelten auch insoweit fort als sie die gesetzliche Regelung präzisieren. […] Die Neuregelung knüpft an die Bestimmungen der Lohnsteuer-Richtlinien an. […] Dieser Verwaltungsauffassung widerspricht die neueste Rechtsprechung des BFH. Denn danach führen Gemeinkosten, insbesondere für den äußeren Rahmen einer Veranstaltung, ebenso wenig zu einem geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers wie Zuwendungen an dessen Begleitung. Die Regelung dient ferner der Vermeidung von Steuerausfällen, da die vom BFH eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden.“
Der Gesetzgeber wollte demnach mit der Einfügung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG vor allem die Rechtslage, wie sie vor Ergehen der (rechtsprechungsändernden) Urteile des Bundesfinanzhofs vom 16.05.201311 bestand, wiederherstellen. Vor Ergehen dieser Urteile aber war für Veranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstanden, die Anwendung des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG eindeutig nicht eröffnet. Es ist, so das Finanzgericht Köln weiter, kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Pauschalierungsmöglichkeit auszuweiten beabsichtigte.
Das Finanzgericht Köln hat gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FGO die Revision zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert. Soweit ersichtlich, ist bislang noch keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Frage ergangen, ob § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG auch für Betriebsveranstaltungen gilt, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 27.01.2022 – 6 K 2175/20
ECLI:DE:FGK:2022:0127.6K2175.20.00
(Revision beim Bundesfinanzhof ist anhängig – VI R 5/22)
- FG Münster, Urteil vom 20.02.2020 – 8 K 32/19 E, P, L, EFG 2020, 682 [↩] [↩]
- BGBl. I 2014, S. 2417 [↩]
- BFH, Urteil vom 16.05.2013 – VI R 94/10, BStBl II 2015, 186 [↩]
- Eisgruber, in: Kirchhof, Einkommensteuergesetz, § 19 EStG Rn. 73c; Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 19 Rn. B 610 [↩]
- BFH, Urteil vom 15.01.2009 – VI R 22/06, BStBl. II 2009, 476; ebenso kürzlich FG Münster, Urteil vom 20.02.2020 – 8 K 32/19 E, P, L, EFG 2020, 682 [↩]
- FG Münster, Urteil vom 20.02.2020 – 8 K 32/19 E, P, L, EFG 2020, 682; i.E. ebenso BMF-Schreiben vom 14.10.2015, BStBl. I 2015, 832; Thürmer in: Blümich, EStG, § 40 Rn. 97; a.A. Geserich in: Blümich, EStG § 19 Rn. 249h; Wagner in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 40 Rn. 38; Seifert in: Korn, EStG, § 40, Rn. 31_1; Eisgruber in: Kirchhof, Einkommensteuergesetz, § 40 EStG, Rn. 21; offen Bull in: EStG-eKommentar, § 40 Rn. 17 [↩]
- Bleschick, DStR 2018, 2322, 2322 f. [↩]
- BFH, Beschluss vom 25.11.2002 – GrS 2/01, BStBl II 2003, 548; ebenso FG Münster, Urteil vom 20.02.2020 – 8 K 32/19 E, P, L, EFG 2020, 682 [↩]
- BFH, Urteil vom 15.01.2009 – VI R 22/06, BStBl. II 2009, 476 [↩]
- BT-Drs. 18/3017 vom 03.11.2014, S. 47 [↩]
- BFH, Urteile vom 16.05.2013 – VI R 94/10, BStBl II 2015, 186; vom 16.05.2013 – VI R 7/11, BStBl. II 2015, 189 [↩]