Der Trennungshund III – der angestammte Garten ist entscheidend

Wer bekommt den Hund nach der Trennung von Partnern, die den Hund zuvor zusammen gehalten haben?

Über Entscheidungen zu dieser Problematik hatten wir schon mehrfach berichtet (z.B. hier und hier).

Das Amtsgericht Marburg hat nun entschieden, dass es aus Gründen des Tierwohls richtig sei, dass der Hund demjenigen zuzusprechen ist, der dem Hund aufgrund des Gartens sein bisheriges Revier bieten kann.

Worum ging es im Einzelnen?

Die Beteiligten schafften im September 2012 den Hund gemeinsam an, wobei der Antragsteller den Kaufpreis entrichtete. Am 26.10.2012 schlossen die Beteiligten die Ehe miteinander. Sie lebten dann bis zur zwischenzeitlich erfolgten Trennung gemeinsam mit dem Tier in einem Einfamilienhaus in W. mit umzäuntem Gartengrundstück, in welchem sich der Hund immer wieder, teilweise auch über längere Zeiträume von 2-3 Stunden, auch allein aufhielt.

Die Antragsgegnerin zog am 29.08.2023 aus dem ehelichen Heim aus, wobei sie, ohne vorherige Absprache mit dem Antragsteller, den im gemeinsamen Miteigentum der Beteiligten stehenden Hund B. mitnahm. Sie informierte den Antragsteller dabei weder davon, dass sie den Hund mitnahm, noch teilte sie dem Antragsteller die neue Anschrift in Bautzen mit.

Der Antragsteller begehrt nun die Herausgabe des Hundes an sich und die vorläufige Zuweisung des Tieres während der Trennungszeit. Er behauptet, dass er die Hauptbezugsperson für B. sei. Hierzu führt er unter anderem an, und dass er in den letzten 5 Jahren wegen längerer Phasen der (jedenfalls teilweise krankheitsbedingten) Erwerbslosigkeit zum allergrößten Teil ganztägig zu Hause gewesen sei und den Hund zu außerhäuslichen Verrichtungen (beispielsweise im Zusammenhang mit der von ihm betriebenen Bienenzucht) häufig mitgenommen habe. Er ist der Auffassung, dass es dem Tierwohl eher entspreche, wenn B. in sein früheres Zuhause zurückkehre und weiterhin beim Antragsteller in der früheren Ehewohnung lebe. Hierzu verweist er darauf, dass der Hund mit 11 Jahren bereits im vorgeschrittenen Alter ist. B. habe sein ganzes Leben in W. verbracht und könne gerade angesichts seines fortgeschrittenen Alters den von der Antragsgegnerin eigenmächtig vorgenommenen Umgebungswechsel nicht verkraften. Der Antragsteller ist der Ansicht, dass er den Bedürfnissen des Hundes vollumfänglich gerecht werden könne und stets in der Lage sei, für eine angemessene und artgerechte Betreuung des Hundes zu sorgen. Hierzu erklärt er, dass er ganz überwiegend im Homeoffice tätig sei. Lediglich in einem Umfang von vielleicht einmal im Monat müsse er auf Dienstreise gehen. Dies sei jeweils lediglich mit einer einzigen Übernachtung außer Hauses verbunden. Für diese Zeit sei die Betreuung und Versorgung des Tieres jederzeit gewährleistet. Es gebe mehrere Verwandte und Bekannte, die bereit und in der Lage seien, für derartige Phasen B. jeweils, auch über Nacht, zu betreuen. Dies sei dem Tier auch vertraut. Schon vor der Trennung sei es immer wieder zu derartigen Situationen gekommen, wenn der Antragsteller auf Dienstreise habe gehen müssen und die Antragsgegnerin ebenfalls nicht dagewesen sei. Es sei nie ein Problem gewesen, dann für solche Zeiten B. auch vorübergehend durch andere, dem Hund ebenfalls vertraute und bekannte Personen betreuen zu lassen. Weiter verweist der Antragsteller auf seinen großen und eingezäunten Garten, in welchem sich B. gefahrlos beispielsweise auch über mehrere Stunden hinweg allein aufhalten könne, wie es auch seiner langjährigen Gewohnheit entspreche. Eine derartige Möglichkeit würde ihm demgegenüber in der neuen Lebensumgebung der Antragsgegnerin fehlen.

Schließlich verweist der Antragsteller auch darauf, dass die Antragsgegnerin hier unzulässigerweise eigenmächtig Fakten geschaffen habe, indem sie das Tier nach B. verbracht habe, ohne – wie es eigentlich angebracht gewesen wäre – zuvor die Frage (gegebenenfalls gerichtlich) zu klären, bei welchem der Eheleute B. nach der Trennung verbleiben solle. Es entspreche der Gesetzeslage im Falle von verbotener Eigenmacht, die hier auf das Tier entsprechend zu übertragen sei, dass zunächst der ursprüngliche Besitzzustand wiederherzustellen sei.

Die Antragsgegnerin behauptet, dass sie die Hauptbezugsperson des Tieres sei. Ihr gehe es allein um das Tierwohl. Sie bekleide bereits seit dem Jahr 2019 ausdrücklich nur eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von täglich 6 Stunden unter anderem aus dem Grund, um die Versorgung des Hundes ausreichend gewährleisten zu können. Bei ihrem Umzug nach B. habe sie sich bewusst auch dort um eine entsprechende Teilzeitstelle in entsprechendem Stundenumfang erfolgreich bemüht. Ihre neue Arbeitsstelle liege nur zwei Minuten Fußweg von ihrer Wohnung entfernt. Auch dies sei ihr wichtig gewesen, um die Zeiten, zu denen der Hund allein bleiben müsse, möglichst kurz zu halten. Ihre neue Wohnung liege im Erdgeschoss, sodass der Hund dort, ebenso wenig wie in der alten Ehewohnung, keine Treppen laufen müsse. Dies wäre angesichts seines Alters und entsprechend fortschreitender Gelenkarthrose für das Tier kontraindiziert. Zwar verfüge das von ihr jetzt mitbewohnte Haus über keinen eigenen Garten. Es gebe jedoch ringsherum ausreichend Grünfläche und sie sorge dafür, dass B. dort regelmäßig und genug Auslauf, auch im Freilauf, bekomme. Auch könne er dort schwimmen gehen, was dem Hund ebenfalls guttue. Sie habe sich schon immer sehr intensiv um das Tier gekümmert, sei beispielsweise regelmäßig auch schon früh morgens oder auch spät abends noch mit dem Hund „Gassi“ gegangen. Auch habe sie sich um die Fütterung des Hundes gekümmert, sowie – ebenso wie der Antragsteller – Tierarzttermine mit ihm wahrgenommen.

Die Antragsgegnerin verweist auch darauf, dass der Antragsteller derjenige sei, der die Ursache für die Trennung der Beteiligten gesetzt habe. In den letzten Wochen vor ihrem Auszug, zu welchem sie durch den Antragsteller gezwungen worden sei, habe der Antragsteller, der sich nur auf seine seinerzeitige Affäre konzentriert habe, den Hund völlig vernachlässigt. Er sei eigentlich jeden Abend bzw. Nacht und auch die kompletten Wochenenden bei seiner ,,Liebschaft“ gewesen. Es sei dann allein an der Antragsgegnerin gewesen, sich um den Hund zu kümmern, und diesem, der erkennbar unter Trennungsängsten gelitten habe, Beistand und Gesellschaft zu leisten. Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, dass es für den Hund, gerade auch angesichts seines fortgeschrittenen Alters, das allerwichtigste sei, dass er ausschließlich mit einer einzigen festen Bezugsperson zu tun habe. Im Haushalt des Antragsstellers komme es immer wieder zu Fremdbetreuungen während dessen beruflich bedingter Abwesenheitszeiten. Dies sei dem Hund nicht zuzumuten.

Im Erörterungstermin hat das Gericht vorgeschlagen, dass die Beteiligten sich darauf einigen, dass der Hund in den Haushalt des Antragsstellers zurückkehrt und zugleich vereinbaren, dass er beispielsweise zweimal im Jahr für jeweils zwei Wochen sich bei der Antragsgegnerin aufhält. Während der Antragsteller erklärt hat, dass er mit einer derartigen Regelung überhaupt kein Problem habe, hat die Antragsgegnerin erklärt, dass ein solches ,,Hin- und Her“ ihrer Ansicht nach dem Hund nicht zuzumuten sei.

Der Antragsteller beantragte, ihm den elfjährigen Rottweiler Berner Sennenhund „B.“ vorläufig zuzuweisen.

Die Entscheidung:

Das Amtsgericht Marburg hat dem Antrag stattgegeben.

Die Entscheidung beruht auf § 1361 a BGB.

Zwar handelt es sich gem. § 90 a BGB bei einem Hund ausdrücklich nicht um eine Sache im Sinne des Gesetzes. Es ist jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Regelung des § 1361 a BGB dennoch auch auf die Frage der Zuweisung von Haustieren während der Trennungszeit entsprechend anzuwenden ist, wobei jedoch bei der vorzunehmenden Billigkeitsentscheidung Kriterien zugrunde zu legen sind, die dem Umstand Rechnung tragen, dass es sich um ein Lebewesen handelt und dementsprechend Tierwohlkriterien ausschlaggebend sind1. Aus der Regelung des § 90 a BGB ergibt sich nach Auffassung des Amtsgerichts Marburg unmissverständlich das gesetzgeberische Bekenntnis zum ethisch fundierten Tierschutz.

Dementsprechend sind bei der im Rahmen des § 1361 a BGB zu treffenden Zuweisungsentscheidung im Falle des Familienhundes insbesondere Aspekte des Tierwohls zu berücksichtigen. Dabei dürfte für den Hund, der sich bekanntermaßen eng an menschliche Bezugspersonen bindet, in erster Linie relevant sein, wer die Hauptbezugsperson des Tieres ist.

Im vorliegenden Fall lässt sich nicht eindeutig feststellen, so das Amtsgericht Marburg weiter, dass einer der Beteiligten als Person bzw. „Rudelmitglied“ für den Hund eine maßgeblich größere Bedeutung hat als der andere. Das Amtsgericht Marburg ist nach den Darlegungen der Beteiligten vielmehr davon überzeugt, dass beide eine gute und enge Bindung an das Tier haben und sich in der Vergangenheit auch beide adäquat um die Versorgung und Betreuung des Hundes gekümmert haben. Bei dieser Sachlage mussten zusätzliche andere Kriterien zur Entscheidung der Frage herangezogen werden, welche Zuweisungsvariante dem Wohl des Tieres hier am besten entspricht.

Den entscheidenden Ausschlag zu Gunsten des Antragstellers hat dabei für das Amtsgericht Marburg der Umstand gegeben, dass dieser – anders als die Antragsgegnerin – dem Hund einen Verbleib in seinem bisherigen gewohnten Umfeld ermöglichen kann. Ein maßgebliches Kriterium war dabei der Umstand , dass nur im Haushalt des Antragstellers für den Hund die Möglichkeit besteht, sich auch frei draußen im Garten aufzuhalten. Es ist gerichtsbekannt, dass gerade die freie und unbeschränkte Nutzung eines hundesicher eingezäunten Gartens für das betreffende Tier einen ganz erheblichen Zuwachs an Lebensqualität bedeutet. Der Hund fühlt sich dort als Herrscher in seinem Revier, das er kontrollieren und gegebenenfalls auch bewachen kann. Dort kann er beispielsweise auch einen Knochen verstecken und diesen nach einiger Zeit wieder ausgraben und dergleichen. Auch wenn der Hund beispielsweise einmal krank ist oder aus sonstigen Gründen zum Beispiel sehr spät in der Nacht noch einmal hinausgehen und sein „Geschäft“ erledigen muss oder ähnliches, so ist dies jederzeit ohne große Schwierigkeiten zu ermöglichen, wenn der Hund einfach in den Garten gelassen werden kann. Entsprechendes gilt auch bei Krankheit der menschlichen Bezugsperson.

Demgegenüber überzeugt das Argument der Antragsgegnerin nicht, so das Amtsgericht Marburg, dass der Hund B. im Haushalt des Antragstellers allzu häufig fremdbetreut werden müsste. Der Antragsteller hat glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass er zum allergrößten Teil von Zuhause aus arbeiten kann. Die Antragsgegnerin hat im Termin selbst eingeräumt, dass sie keine eigenen Erkenntnisse über die aktuellen Arbeitszeiten und -orte des Antragstellers hat. Das Gericht hat keinen Anlass, an der diesbezüglichen Darstellung des Antragstellers zu zweifeln. Danach erfolgen seine Dienstreisen jedenfalls aktuell nur noch punktuell und gelegentlich. Für solche Zeiten ist die Versorgung des Hundes offenbar tierwohladäquat sichergestellt durch entsprechende dem Hund vertraute Personen. Im Haushalt der Antragsgegnerin muss der Hund dagegen an 5 Tagen die Woche jeweils für 6 Stunden allein zuhause bleiben. Auch wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass dies für den Hund kein Problem darstellen dürfte, so ist dem doch auf der anderen Seite die Alternative des Lebens beim Antragsteller gegenüberzustellen, wo der Hund offenbar bis auf ganz vereinzelte zweitägige Abwesenheiten seines Herrn mit diesem mehr oder weniger rund um die Uhr zusammen sein kann. Der Antragsteller hat auch berichtet, dass er beispielsweise den Hund auch bei Hobby-Aktivitäten wie beispielsweise der Imkerei mitnehme. Dieser Umstand spricht zudem für eine sehr enge Bindung des Antragstellers und des Hundes zueinander. Hinzu kommt, dass der Hund offensichtlich während des ganz überwiegenden Teils der letzten 5 Jahre jeweils zumindest den größten Teil des Tages mit dem Antragsteller verbracht haben dürfte, da dieser zu etwa 75 % des zurückliegenden 5-Jahreszeitraumes einer Erwerbstätigkeit nicht nachging.

Insgesamt stellt – so das Amtsgericht Marburg – nach Abwägung aller Umstände die Tatsache, dass der Antragsteller gelegentlich auf kurzzeitige Dienstreisen geht, bei denen er den Hund nicht mitnehmen kann, keine so schwerwiegende Beeinträchtigung im Leben des Tieres dar, dass sie die ansonsten bei einer Zuweisung des Hundes an den Antragsteller festzustellenden Vorteile für das Tier überwiegen würde.

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung ausschließlich die Frage in den Mittelpunkt gestellt, welche Zuweisungsentscheidung voraussichtlich für den Hund mit den größten Vorteilen, und zwar für die Zukunft ab jetzt, einhergehen würde. Einige der von den Beteiligten vorgebrachten Argumente waren daher für die gerichtliche Entscheidung außer Acht zu lassen. So stellt die gerichtliche Zuweisungsentscheidung weder eine Sanktionierung für das eigenmächtige – und in dieser Form tatsächlich zu tadelnde – Verhalten der Antragsgegnerin bei der rücksprachelos und ohne Information des Antragstellers erfolgten Verbringung des Hundes in einen mehr als fünf Autostunden entfernt liegenden Ort dar, noch geht es um eine Bestrafung eines möglichen vergangenen, in der Ehe und insbesondere gegenüber der Antragsgegnerin gezeigten Fehlerhaltens des Antragstellers.

Amtsgericht Marburg, Beschluss vom 03.11.2023 – 74 F 809/23 WH

ECLI:DE:AGMARBU:2023:1103.74F809.23WH.00

  1. OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.08.2018 – 11 WF 141/18; OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.12.2016 – 10 UF 1249/16 []

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