Irre Vertragsstrafe beim Hundekauf

Wir haben ja schon viele seltsame Vereinbarungen in Kaufverträgen über Hunde gesehen, aber ein Fall, über den das Landgericht Köln nun entschieden hat, toppt so einiges.

Das Landgericht Köln hat entschieden, dass die formularmäßige Bestimmung in AGB, wonach der Käufer eines Hundes den fünffachen Kaufpreis zahlen muss, wenn er nicht innerhalb des ersten Jahrs nach Übergabe des Tieres schriftlich nachweist, dass dieses nicht zu einer Zucht oder ähnliches verwendet wird oder verwendet werden kann, den Käufer unangemessen benachteiligt.

Worum ging es in dem entschiedenen Fall konkret?

In dem entschiedenen Fall war die Klägerin gewerbliche Hundezüchterin. Sie verkaufte der Beklagten mit Vertrag vom 06.06.2020 einen Hund.

Der schriftliche Kaufvertrag der Parteien beruht auf dem Muster eines Verbandes, der sich für Züchter einsetzt. Er enthält u.a. folgende Regelungen:

㤠1 Vertragsgegenstand / Kaufpreis

a) Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass das vorgenannte Tier als reines Familien-/Liebhabertier veräußert wird.

b) Die Vertragsparteien vereinbaren einen Kaufpreis in Höhe von 2.200 EUR.

c) Das Tier bleibt bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung im Eigentum des Verkäufers.

e) Weist der Käufer dem Verkäufer nicht innerhalb des ersten Jahrs nach Übergabe des Tieres schriftlich nach, dass dieses nicht zu einer Zucht oder ähnliches verwendet wird oder verwendet werden kann (z.B. aufgrund von Kastration, Sterilisation) erhöht sich der Kaufpreis aufgrund der bestehenden Möglichkeit zur Zuchtnutzung auf: den fünffachen Kaufpreis. Nach der schriftlichen Bestätigung geht das Eigentum des Hundes zum Käufer über.

§ 8 Schlussbestimmungen

Für den oben genannten Welpen, behält die Züchterin das Zuchtrecht, dieses beinhaltet den kompletten Erlös des Wurfs. Vereinbart wird, dass die Hündin für einen Wurf an die Züchterin ausgehändigt wird. Die Hündin verbringt die Zeit bei der Züchterin. […] Nach der Entwöhnung, also frühestens mit der achten Woche der Welpen ist der Hund unverzüglich, an die oben genannte Käuferin auszuhändigen.ooxWord://word/media/image3.jpeg

Nach der erfolgreichen Zucht, oder auch sollte die Züchterin an einem Wurf keine Interesse haben, zum Beispiel weil der Hund sich nicht Positive entwickelt hat, verpflichtet sich der Käufer die Hündin unverzüglich kastrieren zu lassen. Die Kosten übernimmt der Käufer. Nach erfolgter Kastration geht das Eigentum des Hundes zum Käufer über. Der Kaufpreis beträgt 2200 €, es wird ein vorläufiger reduzierte Kaufpreis von 1700 € Vereinbart. Sollten sich allerdings die Hündin nicht als Zuchttier eignen, wäre der komplette Kaufpreis fällig.“

Die Beklagte zahlte 1.700,00 EUR an die Klägerin und erhielt den Hund.

Die Klägerin forderte die Beklagte mehrfach erfolglos auf, den Hund untersuchen und die Zuchttauglichkeit durch einen Tierarzt beurteilen zu lassen. Mit Schreiben vom 05.08.2021 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte auf, das Zuchtrecht der Klägerin anzuerkennen und wiederholten die Forderung nach Untersuchung. Die Beklagte kam dem nicht nach.

Unter dem 27.09.2021 wiesen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte darauf hin, dass sich der Kaufpreis, wegen der nicht erbrachten schriftlichen Nachweise auf den fünffachen Wert des Kaufpreises erhöhe. Die Beklagte möge den Vertrag rückabwickeln oder das Zuchtrecht der Klägerin vorbehaltlos und uneingeschränkt anerkennen und sich verpflichten, die zur Wahrnehmung des Zuchtrechtes erforderlichen Maßnahmen durchzuführen bzw. zu dulden.

Die Beklagte bot an, zur Erledigung der Angelegenheit weitere 500,00 € an die Klägerin zu zahlen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte schulde ihr gem. § 1 e) des Kaufvertrags den auf das fünffache erhöhten Kaufpreis.

Die Klägerin beantragte in erster Linie, die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.300,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Entscheidung:

Das Landgericht Köln hat die Klage abgewiesen.

Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Zahlung von 9.300,00 EUR gem. § 1 e) des Kaufvertrages fordern.

Die Klausel ist nämlich nach Auffassung des Landgerichts Köln unwirksam, weil sie die Beklagte unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 BGB.

Die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien stellen Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von §§ 305ff. BGB dar. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und die der Verwender der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt, § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Dafür genügt es, dass eine Vertragspartei ein von einem Dritten für eine Vielzahl von Verträgen angefertigtes Formular benutzt, auch wenn sie es ihrerseits nur für einen einzigen Vertrag verwendet. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die Klägerin ein vom Verband bereitgestelltes Vertragsmuster verwendet hat. Der Vertrag ist auch dem äußeren Anschein nach ein von der Klägerin verwendeter Formularvertrag. Die Klägerin trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Klauseln im konkreten Fall einzeln ausgehandelt worden seien. Dies hat sie hier schon nicht behauptet.

Die Klausel § 1e), aus der die Klägerin ihre Rechte herleitet, unterliegt der AGB-Kontrolle. Insbesondere handelt es sich nicht um eine der AGB-Kontrolle entzogene Preisvereinbarung. Preisvereinbarungen unterliegen nicht der Inhaltskontrolle, soweit sie Art und Umfang der Vergütung unmittelbar regeln1. Dies trifft auf die streitgegenständliche Klausel nicht zu. Sie regelt nicht unmittelbar die Höhe des Kaufpreises für den Hund, sondern den Fall, dass die Beklagte eine ihr von der Klägerin auferlegte Nebenpflicht nicht erfüllt. Die Klausel hat vielmehr vertragsstrafenähnlichen Charakter, indem sie dem Käufer für den Fall des nicht geleisteten Nachweises eine Sanktion in Geld auferlegt. Dass der dann zu zahlende Betrag in der Klausel als „Kaufpreis“ bezeichnet wird, führt zu keinem anderen Ergebnis: Die Höhe des zu zahlenden Betrags wird lediglich mit Bezug auf den Kaufpreis errechnet („den fünffachen Kaufpreis“). Eine im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Übergabe und Übereignung des Hundes stehende Leistung kann der Systematik des § 1 e) nicht entnommen werden.

Die Klausel ist nach Auffassung des Landgerichts Köln dahingehend auszulegen, dass der erhöhte Betrag ohne Rücksicht auf das Vertretenmüssen der Beklagten fällig wird, sobald die dort genannten Voraussetzungen (fehlender Nachweis innerhalb eines Jahres ab Übergabe des Tieres) erfüllt sind. Sie ist ferner dahingehend auszulegen, dass das Recht der Käuferin, den auf das fünffachte erhöhten Kaufpreis zu verlangen, unbedingt geltend gemacht werden kann, ohne Rücksicht darauf, ob der Käufer anbietet, stattdessen den Hund zur Zucht zu überlassen.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gem. § 305c Abs. 2 BGB im Zweifel zu Lasten des Verwenders auszulegen. Die vertraglichen Regelungen im vorliegenden Fall enthalten Unklarheiten, die die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB zur Folge haben:

§ 1e) enthält keine Regelung für den Fall, dass der Käufer es nicht zu vertreten hat, wenn ihm der geforderte Nachweis nicht innerhalb der dort genannten Jahresfrist gelingt. Auch im sonstigen Vertrag ist eine solche Regelung nicht zu finden. Es ist damit offen, was in diesem Fall passiert. Gleiches gilt für das Verhältnis von § 1 e) zu den „Schlussbestimmungen“, § 8 des Vertrags: Weder in § 1 e) noch in § 8 ist eine Bezugnahme dergestalt vorgesehen, dass der Käufer die Zahlung des fünffachen Kaufpreises abwenden könnte durch die in § 8 vorgesehene Überlassung zur Zucht. Das Verhältnis der Regelungen zueinander bleibt offen.

Nach Auffassung des Landgerichts Köln kann offen bleiben, ob die Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden ist, da gemäß § 305c Abs. 1 BGB, weil sie nach den Umständen so ungewöhnlich ist, der Vertragspartner des Verwenders mit ihr nicht zu rechnen braucht. Denn auch für den Fall, dass sie Vertragsbestandteil wäre, wäre sie unwirksam und damit nicht anwendbar.

Die Klausel § 1 e) ist unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 BGB, weil sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt, so das Landgericht Köln weiter. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen in diesem Sinne, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Sämtliche dieser Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Die Klausel stellt sich nach Auffassung des Landgerichts Köln als einseitig zu Lasten des Käufers dar, weil sie ihm eine vertragliche Nebenpflicht auferlegt, deren Erfüllung er nicht oder nicht innerhalb der dort genannten Zeit in der Hand hat.

Die in der Klausel zum Ausdruck kommende Annahme, die „Möglichkeit zur Zuchtnutzung“ bestehe, wenn der Käufer keinen anderslautenden Nachweis erbringe, trifft nicht zu. Es ist der Fall denkbar, dass die Hündin nicht zur Zucht geeignet ist, dem Käufer jedoch der fristgerechte Nachweis nicht gelingt. Wie im Rahmen der Auslegung festgestellt, enthält die Klausel keine Einschränkung für den Fall, dass der Käufer den fehlenden Nachweis nicht zu vertreten hat. Hierfür sind aber Gründe denkbar, die nicht in die Sphäre des Käufers fallen, zum Beispiel eine fehlende Mitwirkung der Verkäuferin oder des behandelnden Tierarztes (z.B. fehlende Informationen, Terminverschiebung, zu späte Erstellung des „Nachweises“ o.ä.). Der Käufer ist damit dem Ermessen der Verkäuferin – hier der Klägerin – ausgesetzt, ob die Frist ggf. verlängert wird.

Auch sieht die Klausel nicht vor, dass der Käufer sich vom Vertrag lösen kann, wenn der Nachweis – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu erbringen und der Käufer damit dem auf das fünffache erhöhten „Kaufpreis“-Verlangen der Klägerin ausgesetzt ist. Wenn sich der Hund zur Zucht eignet, ist – nach der eingangs genannten Auslegung – vertraglich vorgesehen, dass die Verkäuferin nach ihrer Wahl das Fünffache des Kaufpreises verlangen kann (§ 1 e) oder die Überlassung des Hundes zur Zucht (§ 8), ohne dass letzterem der Vorrang eingeräumt würde. Dies stellt sich als einseitige Begünstigung der Verkäuferin dar: Ebenso wenig wie der Verkäufer weiß der Käufer vor Vertragsschluss, ob sich der Hund zur Zucht nutzen werde. Auch insoweit ist er dem Ermessen der Verkäuferin ausgesetzt, welche der vertraglichen Regelungen sie zu ihren Gunsten geltend macht. Dadurch wird in die berechtigten Interessen des Käufers eingegriffen, ohne dass ihm ein Ausgleich zugestanden würde. Bei der Wertung ist ferner der zweite Satz des § 1e) zu beachten, wonach das Eigentum des Hundes (erst) mit der schriftlichen Bestätigung auf den Käufer übergehe. Dies verschiebt zu Lasten des Käufers die gesetzliche Regelung, wonach das Eigentum grundsätzlich durch Einigung und Übergabe gem. § 929 S. 1 BGB übergeht. Zum zweiten steht es in Widerspruch zu den weiteren Regelungen im Vertrag, die den Eigentumsübergang betreffen, nämlich § 1 c) – Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung – und § 8, der regelt, „nach erfolgter Kastration geh[e] das Eigentum des Hundes zum Käufer über“. Für den Vertragspartner des Verwenders ist damit unklar, wann er nun Eigentümer des Hundes wird. Die vertraglichen Regelungen sind in sich widersprüchlich. Darüber hinaus ist speziell bei § 1 e) zu würdigen, dass die dort statuierte Voraussetzung für den Eigentumsübergang, nämlich die schriftliche Bestätigung [darüber, dass der Hund sich nicht zur Zucht eignet], ggf. gar nicht eintreten kann, nämlich dann, wenn der Hund sich zur Zucht eignet. Dann soll gemäß § 8 des Vertrages das Eigentum erst mit der Kastration des Hundes auf den Käufer übergehen, der die Kosten dieser Kastration zahlen soll. Diese Klausel stellt sich ebenfalls als unwirksame, einseitige Interessenverteilung zulasten des Käufers dar. Zum einen wird damit der Eigentumsübergang unangemessen lang hinausgezögert. Zum anderen wird die Pflicht des Käufers zur Kastration von völlig unklaren Voraussetzungen abhängig gemacht. Denn zuvor heißt es „Nach der erfolgreichen Zucht, oder auch sollte die Züchterin an einem Wurf kein Interesse haben, zum Beispiel, wenn der Hund sich nicht positiv entwickelt hat, verpflichtet sich der Käufer, den Hund unverzüglich kastrieren zu lassen“. Der Käufer ist damit wiederum dem Gutdünken der Verkäuferin ausgesetzt.

Darüber hinaus ist, so das Landgericht Köln weiter, die Klausel § 1e) in Zusammenschau mit § 8 des Vertrags nicht klar und verständlich. In § 1 e) wird der zu zahlende Betrag als erhöhter „Kaufpreis“ bezeichnet. In § 8 des Vertrages heißt es, der Kaufpreis betrage 2.200,00 EUR; im weiteren Text heißt es, der „komplette“ Kaufpreis werde fällig, sollte sich die Hündin „nicht als Zuchttier eignen“. Für den Vertragspartner des Verwenders ist damit nicht klar, was unter dem „kompletten“ Kaufpreis zu verstehen ist: § 8 könnte auch so interpretiert werden, dass mit dem „kompletten Kaufpreis“ der Betrag gem. § 1e) gemeint ist. Auch bleiben die Voraussetzungen der Zahlungspflicht in § 8 des Vertrages vage: Die Formulierung „Sollte sich die Hündin nicht als Zuchttier eignen“ kann auch als Bezugnahme auf die vorangehenden Sätze verstanden werden, in denen es heißt „sollte die Züchterin an einem Wurf kein Interesse haben“. Dass diese Formulierung zu unbestimmt ist, wurde bereits festgestellt.

Dass die Klägerin als Züchterin durchaus ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran hat, sich das Zuchtrecht an den verkauften Tieren zunächst zu sichern, steht der getroffenen Wertung nicht entgegen. Denn entscheidend ist, dass die vorgenannten Regelungen sich als einseitige Durchsetzung dieser Interessen darstellen, ohne dem Vertragspartner einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Insoweit ist der hiesige Fall anders zu beurteilen als der vom Landgericht Fulda mit Urteil vom 18.09.1992 entschiedene Sachverhalt, in welchem die Parteien eine „Zuchtmietvereinbarung“ nicht im Rahmen von AGB geschlossen hatten2.

Landgericht Köln, Urteil vom 16.07.2024 – 30 O 533/23

ECLI:DE:LGK:2024:0716.30O533.23.00

  1. Grüneberg/ders., 83. Aufl. 2024, § 307 Rn. 46 []
  2. LG Fulda, Urteil vom 18.09.1992 – 1 S 108/92NJW-RR 1993, 886 []

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