Corona hin oder her – Verspätungszuschläge sind fällig.

Gibt ein Steuerpflichtiger eine Steuererklärung verspätet ab, so wird in der Regel ein Verspätungszuschlag seitens des Finanzamts festgesetzt.

Dies gilt auch für Gewerbesteuererklärungen.

Auch im Rahmen der Ausnahmeregelungen für die Corona-Zeit hätte ein Steuerberater eine Fristverlängerung beantragen müssen, so das Finanzgericht Düsseldorf.

Worum ging es konkret?

Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlags i.H.v. 100 € aufgrund der verspäteten Abgabe der Gewerbesteuererklärung für 2019.

Der Kläger hat seine Gewerbesteuererklärung für 2019 unter Mitwirkung eines Steuerberaters, seines derzeitigen Prozessbevollmächtigten, am 28.12.2021 eingereicht, ohne zuvor beim beklagten Finanzamt eine Verlängerung der Abgabefrist beantragt und ohne bei Einreichung der Erklärung Entschuldigungsgründe für die Verspätung dem Finanzamt mitgeteilt zu haben.

Das beklagte Finanzamt hat zusammen mit dem Bescheid für 2019 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 07.04.2022 einen Verspätungszuschlag i.H.v. 100 € gegen den Kläger festgesetzt.

Gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags hat der Kläger unter dem 11.04.2022 Einspruch eingelegt und die Aufhebung des Verspätungszuschlags beantragt.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger Klage erhobeninanzgericht Düsseldorf verloren.

Warum?

Der Kläger ist durch den angefochtenen Verspätungszuschlag zur Gewerbesteuererklärung 2019 nicht in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

Das Finanzamt hat nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf den Verspätungszuschlag zu Recht in Form einer gebundenen Entscheidung entsprechend § 152 Abs. 2 i.V.m. Abs. 6 AO festgesetzt; die Voraussetzungen des § 152 Abs. 3 AO lagen insoweit nicht vor.

Zwar handelt es sich bei der Vorschrift des § 152 Abs. 1 S. 1 AO, wonach gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden kann, um eine Ermessensvorschrift.

Hiervon abweichend ist jedoch gemäß § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO in der seit dem 01.01.2017 geltenden Fassung zwingend im Wege einer gebundenen Entscheidung ein Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn eine Steuererklärung, die sich – wie vorliegend – auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht, nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres oder nicht binnen 14 Monaten nach dem Besteuerungszeitraum eingereicht wird. § 152 Abs. 2 AO knüpft mit diesen Zeiträumen an die verlängerten Steuererklärungsfristen des § 149 Abs. 3 AO für beratene Steuerpflichtige an. Nach Art. 97 § 36 Abs. EGAO in der Fassung vom 15.02.2021 (Sonderregelungen aufgrund der Corona-Pandemie) ist § 149 Abs. 3 AO in der am 19.02.2021 geltenden Fassung für den Besteuerungszeitraum 2019 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des letzten Tages des Monats Februar 2021 der 31.08.2021 tritt. Diese gesetzliche Fristverlängerung des § 149 Abs. 3 AO ist im Wege der teleologischen Auslegung auch bei der Bemessung der Frist im Rahmen § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO zu berücksichtigen mit der Folge, dass ein Verspätungszuschlag nach dieser Vorschrift im Rahmen einer gebundenen Entscheidung festzusetzen ist, wenn – wie vorliegend –  die Steuererklärung erst nach dem 31.08.2021 eingereicht wird1.

Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Vorgaben hat das beklagte Finanzamt nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach unter Berücksichtigung des § 152 Abs. 6 AO den Verspätungszuschlag vorliegend zutreffend auf 100 € festgesetzt.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt, so das Finanzgericht Düsseldorf weiter, eine Rückausnahme im Sinne des § 152 Abs. 3 Nr. 1 AO, wonach § 152 Abs. 2 AO dann nicht gilt, wenn die Finanzbehörde die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 AO verlängert hat oder diese Frist rückwirkend verlängert, nicht vor.

Bei der Fristverlängerung gem. Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO handelt es sich nicht um eine Fristverlängerung i.S. von § 109 AO, da sich diese Vorschrift nur auf vom Finanzamt bewilligte individuelle, nicht aber allgemeine gesetzliche Fristverlängerungen bezieht. Im Zeitpunkt der Festsetzung des Verspätungszuschlags mit Bescheid für 2009 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 07.04.2022 hatte das Finanzamt die durch Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO bereits gesetzlich verlängerte Erklärungsabgabefrist weder auf einen Antrag des Klägers noch von Amts wegen verlängert. Der Kläger hatte einen solchen Fristverlängerungsantrag auch weder innerhalb der verlängerten gesetzlichen Abgabefrist noch rückwirkend bei Abgabe der Erklärung am 28.12.2021 gestellt (§ 109 Abs. 1 S. 2 AO).

Die Erklärungsabgabe selbst könnte nur dann als Antrag auf rückwirkende Fristverlängerung interpretiert werden, wenn der Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigter dem Finanzamt zugleich mit der Erklärungsabgabe Entschuldigungsgründe für die verspätete Abgabe mitgeteilt hätte. Dies hat der Kläger nicht getan, sondern erstmals im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Verspätungszuschlag auf die Corona-bedingte Arbeitsüberlastung seines Steuerberaters hingewiesen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Festsetzung des Verspätungszuschlags durch Bescheid vom 07.04.2022 lag dem Finanzamt weder ein Antrag auf rückwirkende Verlängerung der verlängerten gesetzlichen Abgabefrist des Klägers gemäß § 109 Abs. 1 S. 1 AO vor, noch bestanden aus seiner Sicht Gründe dafür, die Abgabefrist von Amts wegen rückwirkend zu verlängern. Ein von Amts wegen zu berücksichtigender Grund für eine rückwirkende Verlängerung der Abgabefrist aufgrund der allgemein bekannten Corona-Problematik bestand für das Finanzamt schon deshalb nicht, weil der Gesetzgeber diesen besonderen Umständen der durch Corona verursachten zusätzlichen Arbeitsbelastung in den Beraterkanzleien bereits durch die gesetzliche Verlängerung der Abgabefrist durch Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO Rechnung getragen hatte.

Aus dem Wortlaut der FAQ „Corona“ (Steuern) mit Stand vom 14.12.2021 ergibt sich – so das Finanzgericht Düsseldorf weiter – nichts anderes. Unter II.5 ist hierin ausgeführt, dass Steuererklärungen für 2019 in beratenen Fällen fristgerecht bis zum 31. August 2021 abgegeben werden konnten. Zu der Frage, ob bei einer nicht fristgerecht eingereichten Steuererklärung Verspätungszuschläge anfallen, enthält II.7 der FAQ den Hinweis, dass „das zuständige Finanzamt unter Berücksichtigung der derzeitigen Situation aufgrund der Corona-Krise im Einzelfall prüfen wird, ob von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags bei einer nicht fristgerecht eingereichten Steuererklärung abgesehen werden kann.“

Nichts anderes hat nach Meinung des Finanzgerichts Düsseldorf vorliegend das Finanzamt getan und ist hierbei zu der zutreffenden Ansicht gelangt, dass vorliegend ein Verspätungszuschlag gem. § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO entsprechend der gesetzlichen Vorgaben festzusetzen war, da weder die Voraussetzungen des § 152 Abs. 3 AO erfüllt waren noch bei Einreichung der Gewerbesteuererklärung 2019 vom Kläger Gründe vorgetragen worden waren, die eine rückwirkende Fristverlängerung von Amts wegen gem. § 109 Abs. 1 S. 2 AO zur Einreichung der Gewerbesteuererklärung hätten rechtfertigen können. Eine Aussage dahingehend, dass Verspätungszuschläge während der Corona-Krise grundsätzlich nur aufgrund einer Ermessensentscheidung festgesetzt werden dürfen, enthalten die FAQ „Corona“ (Steuern) nicht. Eine solche Aussage, welche der Kläger in die FAQ hinein interpretiert, würde im Übrigen auch gegen den insoweit eindeutigen Wortlaut des § 152 Abs. 2 AO verstoßen, so das Finanzgericht Düsseldorf abschließend.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Finanzgericht Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 07.03.2023 – 12 K 1588/22 AO

ECLI:DE:FGD:2023:0307.12K1588.22AO.00

  1. siehe auch hierzu Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 15.04.2021, DB 2021, 876 – 877, unter I. []

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