Mit zwei jetzt veröffentlichten Urteilen entschied der Bundesfinanzhof, dass weder das sogenannte „Essen auf Rädern“ noch der Menü-Service in einer Schule dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliegen. In beiden Fällen ist vielmehr mit dem Regelsteuersatz zu besteuern.
Für die Lieferung bestimmter Lebensmittel wie z.B. Backwaren (auch sog. Lebensmittelzubereitungen) gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7%. Diese Begünstigung ist auf den Handel mit Lebensmitteln zugeschnitten. Werden dagegen Speisen und Getränke mit Dienstleistungen gastronomischer Art abgegeben, ist die gesetzliche Voraussetzung der bloßen „Lieferung“ regelmäßig nicht mehr gegeben. Diese Umsätze unterliegen dem Regelsteuersatz von z. Zt. 16% (ab 1. 1. 2007: 19%). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des BFH liegt dann eine Dienstleistung vor, wenn im jeweiligen Fall das Dienstleistungselement der Abgabe von fertig zubereiteten Speisen das Lieferelement qualitativ überwiegt. Im Rahmen dieser Abwägung dürfen nur solche Dienstleistungen berücksichtigt werden, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind. Allerdings kommt den zusätzlichen Leistungen aller Art regelmäßig ausschlaggebendes Gewicht zu. Betroffen sind insbesondere Imbisseinrichtungen aller Art, sog. Caterer andere mobile Essensdienste.
Das sog. „Essen auf Rädern“ war Gegenstand des ersten Urteils des BFH. Ein Mahlzeitendienst gab fertig zubereitete Mittagessen portioniert auf eigenem Geschirr ohne Besteck an Einzelabnehmer in deren Wohnung aus. Der BFH bestätigte die Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht, dass die Leistungen des Mahlzeitendienstes nicht als Lieferungen, sondern als sonstige Leistungen (Dienstleistungen) anzusehen und deshalb mit dem Regelsteuersatz zu besteuern seien. Der Mahlzeitendienst hatte nicht nur die Speisen nach Hause geliefert, sondern darüber hinaus auf eigenen Tellern bereitgestellt sowie die Teller wieder abgeholt und gereinigt.
Das zweite BFH-Urteil betraf einen „Menü-Service“, der die Kinder mehrer Schulen mit Mittagessen versorgte. Der Menü-Service brachte die in seiner Großküche zubereiteten Speisen heiß in Transportbehältern in die Schulen und gab sie durch seine Mitarbeiter portioniert auf Schulgeschirr in Schulräumen an die Kinder aus. Geschirr, Besteck und Mobiliar wurden anschließend durch den Menü-Service gereinigt. Auch hier bestätigte der BFH die Beurteilung der Vorinstanz, dass das – durch diese Zusatzleistungen gebildete – Dienstleistungselement die Essensausgabe prägte. Die Umsätze unterlagen dem Regelsteuersatz.
Die Leitsätze des BFH-Urteils:
1. Die Abgabe von Speisen durch einen Mahlzeitendienst, der Mittagessen auf eigenem Geschirr an Einzelabnehmer in deren Wohnung ausgibt und das Geschirr endreinigt, unterliegt als sonstige Leistung (Dienstleistung) dem Regelsteuersatz.
2. Bei der Beurteilung, ob das Dienstleistungselement der Abgabe von fertig zubereiteten Speisen das Lieferelement qualitativ überwiegt, sind nur solche Dienstleistungen zu berücksichtigen, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind.
3. Der Wortlaut des § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG 1999 ist nicht in vollem Umfang gemeinschaftsrechtskonform.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 10. August 2006 – V R 55/04
Eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung und keine Lieferung von Speisen liegt vor, wenn im Rahmen einer Gesamtbetrachtung das Dienstleistungselement im Sinne einer Bewirtungssituation überwiegt. Dies ist bei der Abgabe von warmem Mittagessen an Schüler insbesondere dann der Fall, wenn der Unternehmer nach dem Essen die Tische und das Geschirr abräumt und reinigt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 10. August 2006 – V R 38/05