Mantelkauf unter Parlamentsvorbehalt

Verstößt die „Mantelkauf“-Vorschrift gegen den verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt? Dieser Ansicht ist der Bundesfinanzhof und hat die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt – mit möglicherweise weitreichenden Folgen.

§ 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) will den „Handel“ mit Verlusten durch Körperschaften, gemeinhin geläufig als „Mantelkauf“, unterbinden. Er schränkt deswegen den Verlustabzug bei einer solchen Körperschaft ein, die mit jener Körperschaft, die den Verlust erlitten hat, wirtschaftlich nicht identisch ist. Die gesetzlichen Anforderungen, die an diese Einschränkung gestellt werden, wurden in den letzten Jahren wiederholt verschärft.

Der Bundesfinanzhof ist der Überzeugung, dass die Verschärfungen, die der Gesetzgeber durch Änderungsgesetz im Jahre 1997 vorgenommen hat, nicht dem Parlamentsvorbehalt des Grundgesetzes entsprachen. Das Änderungsgesetz sei auf „Spontaninitiative“ der Länder Nordrhein-Westfalen und Hamburg im Vermittlungsausschuss eingebracht worden. Es fehle an der notwendigen Mitwirkung des Deutschen Bundestags. Dass das Gesetz später in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erneut geändert worden sei, könne den ursprünglichen Verfassungsverstoß nicht heilen. Der I. Senat hat deshalb ein bei ihm anhängiges Revisionsverfahren ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

Er knüpft damit an seinen inhaltlich weitgehend gleichen Vorlagebeschluss vom 18. Juli 2001 an, der eine ähnliche Verlustabzugsbeschränkung im Umwandlungssteuergesetz betraf. Über diese Vorlage hat das BVerfG bislang noch immer nicht entschieden.

Würde das BVerfG die Auffassung des BFH teilen, blieben die verschiedenen gesetzlichen Verschärfungen auch nach gegenwärtiger Rechtslage unbeachtlich.

Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt,

ob die Änderung von § 8 Abs. 4 KStG 1996 durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) -aufgrund Neuveröffentlichung gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1996 vom 22. April 1999 (BGBl I 1999, 817, BStBl I 1999, 461): § 8 Abs. 4 KStG 1999- gegen Art. 20 Abs. 3, Art. 76 Abs. 1 GG verstößt, weil die Änderung auf einen Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses zurückzuführen ist, der den Rahmen des vom Bundestag beschlossenen Anrufungsbegehrens und des ihm zugrunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens überschritten hat,

bejahendenfalls, ob der Verfassungsverstoß infolge der Änderung von § 8 Abs. 4 KStG 1999 in der vorgenannten Fassung durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4) rückwirkend geheilt worden ist.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22. August 2006 – I R 25/06

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