Schüler sind auf Klassenfahrten auch bei privaten Unternehmungen unfallversichert, selbst wenn die Aufsicht mangelhaft ist. Schülerinnen und Schüler sind auf Klassenfahrten bei rein persönlichen Tätigkeiten wie Essen, Trinken, Schlafen oder privaten Spaziergängen in der Regel nicht unfallversichert. Bei mangelnder Aufsicht der Schule allerdings können auch private Tätigkeiten dem Unfallversicherungsschutz unterliegen. Dies entschied jetzt das Hessische Landessozialgericht.
Im aktuellen Fall hatte eine damals 16jährige Schülerin auf einer Klassenfahrt am Gardasee die Hotelanlage abends nach 22 Uhr mit ihrer Freundin verlassen, um am Strand einen Spaziergang zu machen. Bei der Rückkehr zum Hotel war sie von einem Auto erfasst worden und erlitt zahlreiche Brüche. Zuvor hatten die verantwortlichen Lehrer die Schülerinnen und Schüler nach einer gemeinsamen Besprechung aufgefordert, sich zur Nachtruhe zu begeben. Dennoch waren danach noch mehrere Schülerinnen und Schüler, nicht nur das Unfallopfer und seine Freundin, an den Strand gegangen. Ein ausdrückliches Verbot, die Hotelanlage zu verlassen, war nicht ausgesprochen worden. Auch hatten die Lehrer nicht nachgeforscht, wohin die Schüler, die sich gegen 23 Uhr noch nicht auf ihren Zimmern befanden, gegangen waren.
Die Unfallkasse verweigerte der durch den Autounfall verletzten Schülerin Versicherungsschutz, weil sie sich unerlaubt auf einen privaten Spaziergang begeben habe. Dieser Auffassung widersprachen die Darmstädter Richter. Da die Lehrer ihrer Aufsichtspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen seien und kein ausdrückliches Ausgeh-Verbot ausgesprochen hätten, sei auch der eigentlich private Abendspaziergang der Schülerin unfallversichert gewesen und müsse von der Unfallkasse entschädigt werden.
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. November 2006 – L 3 U 154/05