Der Bundesgerichtshof lehnt derzeit eine gerichtliche Kontrolle der Strompreise ab.
In einem jetzt entschiedenen Revisionsverfahren hatt der BGH darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen § 315 BGB unmittelbar oder analog auf den liberalisierten Strommarkt Anwendung findet. und dies solange abgelehnt, wie sich einem Verbraucher zumindest die Möglichkeit bietet, auf einen anderen Anbieter auszuweichen.
In dem jetzt vom BGH entschiedenen Verfahren nimmt die Klägerin den Beklagten aus einem zwischen den Parteien bestehenden Stromlieferungsvertrag auf Zahlung des Entgelts für von ihr im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 6. November 2003 gelieferten Strom in Anspruch. Der Beklagte wurde zunächst zu dem Tarif „local plus“ beliefert. Mit Schreiben vom 8. April 2002 widersprach er der von der Klägerin angekündigten Erhöhung dieses Tarifs. Die Klägerin erklärte daraufhin in ihrem Antwortschreiben vom 15. April 2002, dass aufgrund des Widerspruchs gegen die Preiserhöhung der „local plus“ Vertrag ende, sie den Beklagten bis zum 30. April 2002 zu den alten Preisen weiterbeliefere und ab dem 1. Mai 2002 zu ihrem Allgemeinen Tarif (local classic) versorgen werde. In der Folge stellte die Klägerin dem Beklagten den Stromverbrauch in Rechnung, wobei sie ab dem 1. Mai 2002 nicht mehr den Tarif „local plus“, sondern den ? hinsichtlich des Verbrauchspreises teureren ? Tarif „local classic“ berechnete.
Das Amtsgericht hat der Klage mit Ausnahme eines Teilbetrages wegen der Mahnkosten stattgegeben. Die dagegen von dem Beklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht ? nach Teilklagerücknahme – zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Beklagte könne mit dem Einwand der Unbilligkeit der Stromtarife nicht durchdringen.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. April 2002 zu Recht bejaht hat. Eine Billigkeitsüberprüfung der Höhe des geltend gemachten Entgelts nach § 315 Abs. 3 BGB scheidet aus, weil § 315 BGB weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung findet. Die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB kommt nicht in Betracht, weil die Parteien nicht vereinbart haben, dass die Klägerin die Leistung einseitig zu bestimmen hat. Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat. Dies gilt ? jedenfalls für den anfänglich vereinbarten Strompreis – auch dann, wenn – wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist ? der Vertrag keine betragsmäßige Festlegung des geltenden Tarifs enthält, sondern sich die Preise für die Stromlieferung aus den jeweiligen, von der zuständigen Behörde genehmigten allgemeinen Tarifen für die Versorgung mit Elektrizität in Niederspannung ergaben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte auf die Belieferung durch die Klägerin nicht angewiesen, sondern hatte die Möglichkeit, Strom von einem anderen Anbieter seiner Wahl zu beziehen. Damit fehlt es an einer Monopolstellung der Klägerin als Grundlage einer entsprechenden Anwendung des § 315 BGB.
Hinsichtlich der im Zeitraum vom 1. Mai 2002 bis 6. November 2003 erbrachten Stromlieferungen waren die tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts unzureichend. Es ist ungeklärt geblieben, auf welcher rechtlichen Grundlage die Klägerin den Vertrag in ihrem Schreiben vom 15. April 2002 für beendet erklärt hat, insbesondere, ob ihr ein Kündigungsrecht zustand. Dazu hatte das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichts deshalb aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. März 2007 ? VIII ZR 144/06