Nach § 15 Abs. 5 Nr. 4 UStG 1993 konnte das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen, auf welcher Grundlage und in welcher Höhe der Unternehmer den Vorsteuerabzug aus Gründen gleicher Wettbewerbsverhältnisse abweichend von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 aus Kosten in Anspruch nehmen kann, die er aus Anlass einer Dienstreise aufgewendet hat. Aufgrund dieser Ermächtigung konnte der Unternehmer bis zum 31. März 1999 nach § 36 UStDV 1993 unter den dort genannten Voraussetzungen bei Reisekosten Pauschbeträge als Vorsteuer abziehen. § 15 Abs. 5 Nr. 4 UStG 1993 und §§ 36 ff. UStDV 1993 sind aber durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 mit Wirkung ab 1. April 1999 aufgehoben worden.
Diese Aufhebung von § 36 UStDV 1993 und die damit verbundene Abschaffung des pauschalen Vorsteuerabzugs aus Reisekosten steht nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht.
Durch § 15 Abs. 5 Nr. 4 UStG 1980/1993 hatte der Gesetzgeber von einer nach Art. 27 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG für den Vorsteuerabzug aus Reisekosten (ab 1. Januar 1978) genehmigten Sondermaßnahme Gebrauch gemacht. Ein abweichend von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 (Art. 17 Abs. 1, 2 der Richtlinie 77/388/EWG) zugelassener Vorsteuerabzug darf aber nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nachträglich eingeschränkt werden, um den Zielen der Richtlinie 77/388/EWG näher zu kommen, er darf aber nicht erweitert werden. Die Einschränkungen des Vorsteuerabzugs durch Aufhebung der §§ 36 bis 38 UStDV 1993 im StEntlG 1999/2000/2002 sind richtliniengemäß, weil das Gemeinschaftsrecht einen Vorsteuerabzug ohne Rechnung nicht zulässt. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG muss der Steuerpflichtige zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug eine nach Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ausgestellte Rechnung besitzen.
Die Aufhebung der Sondermaßnahme durch das StEntlG 1999/2000/ 2002 verstößt deshalb auch nicht gegen die sog. Stillhalteklausel des Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten bis zur Festlegung des Rates, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist, alle Ausschlüsse vom Vorsteuerabzug beibehalten, die in den in ihrem zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen gewesen sind.
Hinsichtlich des pauschalen Vorsteuerabzugs aus Kosten, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ersetzt, hat der Bundesfinanzhof bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt, dass die Einschränkung des Vorsteuerabzugs durch die Aufhebung der §§ 36 bis 38 UStDV richtliniengemäß ist, weil das Gemeinschaftsrecht einen derartigen Vorsteuerabzug nicht kennt. Entsprechendes gilt für den pauschalen Vorsteuerabzug aus den dem Unternehmer selbst entstandenen Reisekosten.
BFH, Urteil vom 7. Juli 2005 – V R 4/03