Schönheitsreparaturen: Erneuerung des PVC-Bodens?

In einem Mietvertrag über einen Gewerberaum, konkret einer Halle, fand sich eine Klausel, wonach „die vorhandenen Fußbodenbeläge einschließlich Leisten bei Bedarf fachgerecht zu behandeln, insbesondere Parkett- und andere Holzfußböden abzuschleifen und zu versiegeln“ sind.

Bei Auszug erneuerte der Mieter den Boden nicht; der Vermieter machte daher entsprechende Schadensersatzansprüche geltend.

Nachdem das Landgericht den Mieter daraufhin zur Leistung von Schadensersatz für die Erneuerung des PVC-Bodens verurteilt hatte, hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung abgeändert und die Klage des Vermieters abgewiesen und führte hierzu aus:

„Zwar war der Beklagte gemäß § 12 Nr. 3 MV verpflichtet, Schönheitsreparaturen laufend auf eigene Kosten fachgerecht durchzuführen, sobald der Grad der Abnutzung dies nach Art des Gewerbebetriebes bzw. der vertraglichen Nutzung erforderte. Die Erneuerung des PVC-Bodenbelages stellt hier jedoch bereits begrifflich keine Schönheitsreparatur dar, so dass die fehlende Erneuerung unter diesem Gesichtspunkt von dem Beklagten nicht geschuldet war. Schönheitsreparaturen umfassen nach der auch im gewerblichen Mietrecht heranzuziehenden Definition des § 28 Abs. 4 S. 4 II. Berechnungsverordnung (KG, Urt. v. 29.3.2004, DWW 2004, 259 = GuT 2004, 172 = KGR 2004, 425 = NZM 2005, 181; Wolf in Geschäftsraummiete, Kap. 13, RdNr. 180) das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen. Ob darüber hinaus im gewerblichen Mietrecht auch die Erneuerung der Bodenbeläge begrifflich zu den Schönheitsreparaturen zählt, ist umstritten. Der Senat hat mit Urteil vom 9.2.1989 (NJW-RR 1989, 663 = WuM 1989, 508) für den Teppichboden entschieden, dass der gewerbliche Mieter jedenfalls dann den bei Mietbeginn durch den Vermieter neu verlegten und bei Mietende verschlissenen Teppichboden ersetzen muss, wenn er vertraglich die Ausführung der Schönheitsreparaturen übernommen hat und nach einer Zusatzvereinbarung im Mietvertrag verpflichtet ist, den Zustand wie beim Einzug wiederherzustellen. Der Senat hat dies damit begründet, „was Tapeten für die Wände seien, sei der Teppichboden für den Fußboden.“ Mit Urteil vom 20.6.1990 (DWW 1990, 272) hat der Senat erkannt, dass der Mieter einen selbst eingebrachten und bei Mietende verschlissenen Teppichboden jedenfalls dann nicht zu erneuern braucht, wenn ihm nur die laufenden Schönheitsreparaturen übertragen sind, nicht aber auch die Anfangsrenovierung. An dieser Auffassung hat der Senat mit Urteil vom 17.3.1994 (10 U 143/93, n.v.) festgehalten. Im Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung wird demgegenüber überwiegend die Auffassung vertreten, dass der Austausch der Bodenbeläge, insbesondere die Erneuerung des Teppichbodens ohne besondere Vereinbarung nicht zu den Schönheitsreparaturen zählt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.12.2006, GuT 2007, 211 – 24. ZS.; OLG Braunschweig, Urt. v. 30.1.1997, OLGR 1997, 85; OLG Celle, Urt. v. 20.11.1996, NZM 1998, 158 = OLGR 1997, 138; OLG Stuttgart, Urt. v. 6.3.1995, NJW-RR 1995, 1101; OLG Hamm, Beschl. v. 22.3.1991, DWW 1991, 145 = WuM 1991, 248 = ZMR 1991, 219 für die Wohnraummiete; Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl., RdNr. 224; instruktiv Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 3. Aufl., I 13; Wolf, a.a.O., RdNr. 181). Ob an der Rechtsprechung des Senats im Hinblick auf die überwiegenden Gegenmeinung festzuhalten ist, bedarf im Streitfall ebenso wenig einer Entscheidung wie die Beantwortung der Frage, ob diese Rechtsprechung gegebenenfalls auch auf andere Bodenbeläge, insbesondere den hier fest mit dem Unterboden verbundenen PVC-Belag Anwendung findet. Denn eine gemäß §§ 133, 157, 242 BGB an Treu und Glauben orientierte interessengerechte Auslegung der vertraglichen Regelungen ergibt, dass die Parteien die Erneuerung des Bodenbelags nicht den Schönheitsreparaturen zugerechnet haben. Nach § 12 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 MV umfassen die Schönheitsreparaturen „insbesondere sämtliche Innenanstriche, das Tapezieren, Kalken oder Anstreichen der Wände und Decken, das Anstreichen bzw. Lackieren von Heizkörpern, Heizrohren, sonstigen Versorgungsleitungen, der Innentüren, Fenster und Außentüren von innen und außen“. Anders als in der Legaldefinition des § 28 Abs. 4 S. 4 II. Berechnungsverordnung findet der Fußboden – auch in der Form des Streichens – in dieser Aufzählung schon keine Erwähnung. Insoweit haben die Parteien vielmehr in § 12 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 MV die weitere Regelung getroffen, dass der Mieter verpflichtet ist, „die vorhandenen Fußbodenbeläge einschließlich Leisten bei Bedarf fachgerecht zu behandeln, insbesondere Parkett- und andere Holzfußböden abzuschleifen und zu versiegeln.“ Auch unter dem Blickwinkel einer interessengerechten Auslegung lässt diese Klausel bei verständiger Würdigung nicht den Schluss zu, dem Mieter sei vertraglich die Pflicht auferlegt, den hier vorhandenen PVC-Bodenbelag bei entsprechender Abnutzung zu erneuern. Vielmehr impliziert die Wortwahl, dass sich die Pflicht des Mieters lediglich auf Arbeiten an dem vorhandenen Belag erstrecken soll, wie insbesondere dem Hinweis auf das Abschleifen und Versiegeln von Parkett- und anderen Holzböden zu entnehmen ist. Auch der Vergleich mit der in § 14 Nr. 2 Abs. 3 MV (Titelüberschrift: „Bauliche Maßnahmen und andere Maßnahmen“ „2. Maßnahmen des Mieters“) getroffenen Regelung belegt, dass die Parteien hinsichtlich des vorhandenen Bodenbelags auch im Fall seines Verschleißes infolge vertragsgemäßer Abnutzung keine Erneuerung durch den Mieter vorgesehen haben. Während die genannte Klausel dem Vermieter ausdrücklich das Recht vorbehält, die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands auf Kosten des Mieters zu verlangen, auch wenn er einer baulichen Änderung des Mieters zugestimmt hat, fehlt für den Bodenbelag eine vergleichbare Regelung. Etwaige danach verbleibende Zweifel bei der Auslegung der in § 12 Nr. 3 Abs. 2 MV enthaltenen Regelung gehen nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Klägerin als Verwenderin des streitgegenständlichen Formularmietvertrages mit der Folge, dass der Beklagte nicht zur Erneuerung des Bodenbelags verpflichtet war.
(…)
Unabhängig von vorstehenden Ausführungen steht der Klägerin auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt einer Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache zu. Der Beklagte hat den vertragsgemäßen Gebrauch der Lagerhalle nicht überschritten. Der Mieter ist zur Nutzung des gemieteten Objekts innerhalb der durch die vertraglichen Vereinbarungen gezogenen Grenzen berechtigt (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB). Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat er nicht zu vertreten (§ 538 BGB). Haben die Parteien keine den vertragsgemäßen Gebrauch beschränkende Vereinbarung getroffen, verhält sich ein Mieter selbst dann grundsätzlich nicht vertragswidrig, wenn hierdurch während der Mietdauer Schäden am Bodenbelag der vermieteten Halle entstehen (vgl. BGH, Urt. v. 5.3.2008, VIII ZR 37/07 für den ähnlich gelagerten Fall des Exzessivrauchens). So liegt der Fall auch hier. Zwar ergibt sich aus dem vorgelegten Schiedsgutachten, dass der gesamte Bodenbelag unansehnlich und verschlissen ist. Bei den vorgefundenen und insbesondere auf den Lichtbildern des Gutachtens dokumentierten Schäden des PVC-Belags handelt es sich jedoch den konkreten Umständen nach um Verschleißerscheinungen und Schäden, die auf den vertragsgemäßen Gebrauch der gemieteten Lagerhalle zurückzuführen sind. Gemäß § 1 MV ist die Lagerhalle zum Betrieb einer „KFZ-Instandsetzung“ vermietet. Es liegt auf der Hand, dass mit der danach vertragsgemäßen Reparatur von Fahrzeugen erhebliche Belastungen des Bodens durch Schmutz, Verfärbungen, Öl- und Gummirückstände verbunden sind. Die hiermit korrespondierenden und insbesondere aus den Lichtbildern 2 – 14 des Schiedsgutachtens ersichtlichen Verschmutzungen und mechanischen Beschädigungen sind Folgen des vertragsgemäßen Gebrauchs, wie sie nach der Lebenserfahrung durch den Betrieb einer Kfz-Werkstatt hervorgerufen werden, mit denen der Vermieter rechnen muss und die – wenn wie hier nichts anderes geregelt ist – mit dem vereinbarten Mietzins abgegolten sind. Wenn die Klägerin dem Beklagten eine Lagerhalle zur Nutzung als Kfz-Werkstatt mit einem hierfür nach dem Schiedsgutachten nicht geeigneten Bodenbelag vermietet, kann sie einen durch die vertragsgemäße Nutzung verursachten Verschleiß nicht auf den Beklagten abwälzen. Soweit es um Vertiefungen des Hallenbodens durch den vom Beklagten eingebrachten Bremsenprüfstand geht, ist der Klägerin jedenfalls in Bezug auf den PVC-Bodenbelag kein zusätzlicher Schaden entstanden (betroffen ist ein Bereich von ca. 5 qm bei einer Hallenfläche von ca. 200 qm), weil sie den Hallenboden nach dem vorgelegten Schiedsgutachten ohnehin komplett erneuern muss.

Der Beklagte war entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gemäß § 11 Nr. 2 MV verpflichtet, durch eine Abdeckung oder eine andere geeignete Maßnahme dafür zu sorgen, dass z. B. Reifenabrieb und Ölrückstände den vorhandenen Boden nicht schädigen konnten. Aus der Klausel (§ 11 Nr. 2 MV), „Die Voraussetzungen für den Betrieb des Gewerbes in der vertraglich vorgesehenen Nutzungsart hat der Mieter selbst auf eigene Kosten zu schaffen und während der Mietzeit zu erhalten. Dies gilt insbesondere für persönliche und betriebliche Voraussetzungen für die Erteilung und das Fortbestehen von Konzessionen, gewerbeaufsichtsrechtlichen und sonstigen Genehmigungen sowie die Erfüllung entsprechender Auflagen…“, ergibt sich schon aus Gründen mangelnder Transparenz nicht, dass der Mieter den vorhandenen Bodenbelag nicht für den vereinbarten Vertragszweck nutzen durfte, sondern stattdessen auf eigene Kosten entsprechende Schutzmaßnahmen hätte ergreifen sollen. Eine hiermit verbundene formularmäßige Freizeichnung des Vermieters von seiner Pflicht, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und in diesem Zustand zu erhalten, wäre zudem im Hinblick auf § 307 Abs. 1 BGB nicht unbedenklich.“

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 08.05.2008 – I-10 U 8/08

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