Die deutsche Ltd.-Niederlassung

Will eine in England registrierte „Limited“ mit ihrer deutschen Niederlassung im deutschen Handelsregister eingetragen werden, steht dem deutschen Registergericht nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm kein Prüfungsrecht zu. Die Ltd. kann daher für ihre deutsche Niederlassung durchaus einen von der Registrierung der Gesellschaft beim englischen „Companies House“ abweichenden Unternehmensgegenstand zur Eintragung in das deutsche Handelsregister anmelden.

Die Vorinstanzen hatten noch in Übereinstimmung mit einer früheren veröffentlichten obergerichtlichen Entscheidung entschieden, der nach § 13 e Abs. 2 S. 3 HGB anzumeldende Unternehmensgegenstand müsse dem Begriff der Zweigniederlassung entsprechen. Dieser erfordere, dass der Geschäftsgegenstand der Zweigniederlassung sachlich demjenigen der Hauptniederlassung gleichen, wenn auch nicht alle gleichartigen Geschäfte umfassen müsse.

Zwar ist bei einer Eintragung der deutschen „Niederlassung“ zunächst von der Vorschrift des § 13 e HGB auszugehen, die nach § 13 g Abs. 1 HGB auch gilt, wenn es sich bei der ausländischen Gesellschaft
– wie hier bei einer private limited englischen Rechts – um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt. Nach § 13 e Abs. 2 S. 3 HGB muss die Anmeldung einer Zweigniederlassung einer solchen Gesellschaft den Gegenstand der Zweigniederlassung enthalten. Die §§ 13 d ff. HGB dienen der Umsetzung der Elften Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. 12. 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen. Nach ihrer zwölften Begründungserwägung berührt die Elfte Richtlinie nicht die Informationspflichten, denen die Zweigniederlassungen auf Grund anderer Vorschriften unterliegen. Dementsprechend enthält Art. 2 Abs. 1 der Elften Richtlinie 89/666/EWG eine Auflistung der Angaben, die in dem Mitgliedstaat, in dem die Zweigniederlassung ansässig ist, offen zu legen sind; dazu gehört auch die „Tätigkeit“ der Zweigniederlassung. Die Möglichkeiten des nationalen Rechts, Verpflichtungen zur Offenlegung bestimmter Umstände der Zweigniederlassung zu begründen, sind in der genannten Richtlinie nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH NZG 2003, 1064, 1065, 1067) jedoch abschließend geregelt. Bereits der dargestellte Ausgangspunkt, dass die Anmeldung des Geschäftsgegenstandes lediglich der Information der Organe des Nichtgründungsstaates über die Geschäftstätigkeit der Zweigniederlassung im Hinblick auf die Anwendung anderweitige gesetzlicher Vorschriften dient (etwa betreffend eine erforderliche Genehmigung, die nach § 13 e Abs. 2 S. 2 HGB mit der Anmeldung nachzuweisen ist), spricht maßgebend dafür, dass in diesem Zusammenhang ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse der Geschäftstätigkeit der Zweigniederlassung abzustellen ist. Der Ansatz des Landgerichts geht darüber weit hinaus, indem der Begriff der Zweigniederlassung als Anknüpfungspunkt für eine sachliche Prüfung verwendet wird, ob die Geschäftstätigkeit der Zweigniederlassung von dem Unternehmensgegenstand der ausländischen Kapitalgesellschaft gedeckt ist. Für eine solche weitgehende Prüfung besteht kein gerechtfertigter Anlass. Die inländische registerrechtliche Prüfung hat keine Ordnungsfunktion im Hinblick darauf, ob eine hier tätige Zweigniederlassung den satzungsrechtlichen Rahmen des Unternehmensgegenstandes der ausländischen Kapitalgesellschaft wahrt. Eine solche Prüfung würde das registerrechtliche Eintragungsverfahren mit
hochkomplexen gesellschaftsrechtlichen Fragen belasten, die jedenfalls bei einer in einem Mitgliedstaat der
Europäischen Gemeinschaft errichteten Kapitalgesellschaft nach dem Gründungsstatut der jeweiligen Gesellschaft zu beantworten wären. Zu klären wäre unter Berücksichtigung der Rechtspraxis des jeweiligen ausländischen Staates, wie satzungsrechtliche Bestimmungen über den Unternehmensgegenstand des betreffenden Typs der Kapitalgesellschaft auszulegen sind und zu welchen rechtlichen Folgen eine Tätigkeit der Gesellschaft außerhalb ihres statutarischen Unternehmenszweckes führt.

Eine Gesellschaft, die unter dem Schutz der im EGV garantierten Niederlassungsfreiheit steht, unterliegt hinsichtlich ihrer Rechtsfähigkeit dem Recht des Staates, in dem sie gegründet wurde. Im Bereich der Niederlassungsfreiheit ist damit nunmehr von der Gründungstheorie auszugehen (BGH NJW 2003, 1461). Damit ist auch die rechtliche Wirksamkeit einer einzelnen Satzungsbestimmung einer solchen Gesellschaft ausschließlich nach dem Recht ihres Gründungsstaates zu beurteilen. Mit dieser Entwicklung der obergerichtlichen Rechtsprechung ist es unvereinbar, aus dem Begriff der Zweigniederlassung des deutschen Rechts besondere Anforderungen an die Konkretisierung des Unternehmensgegenstandes in der Satzungsbestimmung der ausländischen Gesellschaft abzuleiten, die ihrem Gründungsstatut fremd sind.

OLG Hamm, Beschluss vom 28.06.2005 – 15 W 159/05

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