Nach einem jetzt veröffentlichten Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist die Zustellung eines Schriftstücks in einem anderen EU-Mitgliedsstaat nur schwebend unwirksam, wenn der Zustellungsempfänger die Annahme nach Art. 8 Abs. 1 Verordnung Nr. 1348/2000 rechtmäßig verweigert. Diese Verordnung regelt die grenzüberschreitende Zustellung von Schriftstücken in Zivil- und Handelssachen. Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung besteht ein Annahmeverweigerungsrecht, wenn das Schriftstück in einer anderen Sprache als der Amtssprache des Staats, in dem zugestellt wird, gefasst ist und der Zustellungsempfänger diese nicht versteht. Entgegen der bislang herrschenden Meinung in Deutschland kann das Übersenden einer Übersetzung die fehlerhafte Zustellung heilen, bis der Mangel behoben ist, muss der nationale Richter nach Auffassung des EuGH allerdings das Verfahren aussetzen. Sofern der Antragssteller das übersetzte Schriftstück so schnell wie möglich dem Zustellungsempfänger zuschickt, soll er sich, wenn beispielsweise durch die Zustellung eine Verjährung unterbrochen werden soll, auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Zustellung berufen können. Für den Zustellungsempfänger hingegen soll stets der Zeitpunkt entscheidend sein, in dem er die Übersetzung erhält.
EuGH, Urteil vom 8. November 2005 – C-443/03