Bestattungskosten und Hartz IV-Empfänger – wer zahlt?

Das Bundessozialgericht hatte sich mit folgendem Fall zu beschäftigen:

Der Ehemann der Klägerin verstarb im Jahre 2007 im Alter von 58 Jahren; zu diesem Zeitpunkt bezog die Klägerin Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ‑ Grundsicherung für Arbeit­suchende ‑ (SGB II). Auf Grund einer landesrechtlichen Regelung war sie, obwohl sie wie die Mutter des Ver­storbenen das Erbe ausgeschlagen hatte, verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen. Der beklagte Sozialhilfeträger lehnte die Übernahme der Kosten für die von der Klägerin in Auftrag gegebene Be­stattung (insgesamt 1.394,12 Euro einschließlich der Kosten für die Ein­äscherung) ab, weil der Klägerin vorrangige Ausgleichsansprüche gegen die über 80‑jährige Mutter des Verstorbenen zustünden, die diesem zum Todeszeitpunkt unterhaltsverpflichtet gewesen sei und damit die Bestattungskosten zu tragen habe. Sozialgericht und Landessozialgericht haben der Klage stattgegeben, weil es sich bei dem Aus­gleichsanspruch der Klägerin gegen die nicht zahlungsbereite Schwiegermutter nicht um eine präsente Hilfemöglichkeit handele.

Das Bundessozialgericht hat nunmehr entschieden, dass die Klägerin als nach Landesrecht zur Bestattung Verpflichtete nicht zumutbar auf einen Aus­gleichsanspruch gegen ihre Schwiegermutter verwiesen werden kann, wenn sie zum Zeit­punkt, in dem die Kosten für die Bestattung angefallen sind, und gegenwärtig noch bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts (Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch ‑ Sozialhilfe ‑ ) bzw des SGB II war bzw ist. Sie muss dann nicht vorrangig einen unsicheren Ausgleichs­anspruch gegen ihre Schwieger­mutter, die sich geweigert hat, die Kosten zu übernehmen, bzw gegen das Land als möglichen Erben durch­zusetzen versuchen. Ob das Land überhaupt bei Aus­schlagung des Erbes durch alle sonstigen in Betracht kommenden Erben (§ 1936 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) für die Er­stattungskosten haftet (§ 1968 BGB), ist zweifelhaft. Gleiches gilt für die Haftung der Mutter des Verstorbenen (§ 1615 Abs 2 BGB), die eine Unterhaltspflicht zum Zeitpunkt des Todes trotz des Alters des Verstorbenen voraus­setzen würde. Diese ist zwar rechtlich nicht ausgeschlossen, jedoch nach den Umständen des Falles eher unwahrscheinlich. Bei dieser Sachlage hat der Sozialhilfeträger ‑ jedenfalls bei durch­gehender Be­dürftigkeit der Klägerin ‑ dieser die Kosten für die Bestattung zu zahlen (§ 74 SGB XII); evtl Aus­gleichsansprüche gegen Dritte kann er auf sich überleiten. Wegen fehlender Feststellungen zur Ein­kommens- und Vermögenssituation schon zum Zeitpunkt des Anfalls der Kosten wurde die Sache an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Bundessozialgericht, Urteil vom 29. September 2009 – B 8 SO 23/08 R

Sie sind derzeit offline!