Die Weitergabe versandfertig verpackter Ware an ein Beförderungsunternehmen mit dem Auftrag, die Sendung per Nachnahme zuzustellen, begründet nach einem jetzt veröffentlichten Urteil des Bunesgerichtshofs keinen Anscheinsbeweis dafür, dass die dem Empfänger ausgehändigte Ware von diesem bezahlt worden ist.
Auch wenn es bisher in der Rechtsprechung oftmals als gesicherten Erfahrungssatz angesehen wurde, dass die Aushändigung von Nachnahmesendungen nur gegen Bezahlung erfolgt, rechtfertigt dies nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keine Beweiserleichterung nach den Grundsätzen über den Anscheinsbeweis. Denn aus der bloßen Auftragserteilung folgt nicht bereits die ordnungsgemäße Auftragserfüllung durch das Beförderungsunternehmen, insoweit besteht auch kein allgemeiner Erfahrungssatz. Voraussetzung für die Anwendung eines solchen Erfahrungssatzes über die regelmäßige Bezahlung von Nachnahmesendungen wäre deshalb, dass der von dem Versender erteilte Versendungsauftrag von dem Beförderungsunternehmer auch
ordnungsgemäß ausgeführt wurde und dem Empfänger die Ware tatsächlich als Nachnahmesendung ausgehändigt worden sei. Davon könne jedoch unter Zugrundelegung der zivilprozessualen Darlegungs- und Beweislast nicht ausgegangen werden. Denn der Empfänger hat die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung dieses Erfahrungssatzes, mit dem er den Anscheinsbeweis führen will, zu beweisen.
Eine ordnungsgemäße Erfüllung des Versendungsauftrags setze unter anderem voraus, dass der Zusteller das Warenpaket bei der Aushändigung an den Empfänger noch als Nachnahmesendung erkennen konnte. Ist dies nicht nachgewiesen können mögliche Fehler in der Versandkette, die dazu geführt haben könnten, dass die Ware – sei es auf dem Paket selbst oder auf dem Eingabeterminal des Zustellers – nicht (mehr) als Nachnahmesendung gekennzeichnet war, für möglich gehalten werden.
Steht daher nicht fest, dass die Ware bei der Auslieferung (noch) als Nachnahmesendung gekennzeichnet war und vom Zusteller entsprechend behandelt worden ist, so geht dies zu Lasten des Empfängers und nicht zu Lasten des Versenders.
Bleibt nur, jedem Empfänger einer Nachnahmesendung zu empfehlen, sich die Zahlung quittieren zu lassen oder aber die Versandverpackung bis zur Verjährung der Kaufpreisforderung – für die nächsten drei Jahre – aufzuheben. Nicht eben eine realistische Annahme.
Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 14. September 2005 – VIII ZR 369/04