Vorrang der Vertragsärzte und ambulante Operationen im Krankenhaus

Das Bundessozialgericht hat in einem Rechtsstreit zwischen einer Gemeinschaftspraxis von Anästhesisten und einem Krankenhausträger entschieden, daß Verstöße eines Krankenhauses gegen die normativen Vorgaben für ambulante Operationen Schadensersatzansprüche konkurrierender Vertragsärzte auslösen können.

In seiner Entscheidung führt das Bundessozialgericht aus, daß, lässt ein Krankenhaus in seinen Räumen ambulante Operationen in einer Weise durchführen, die nicht durch die maßgeblichen Vorschriften gedeckt ist (§ 115b SGB V in Verbindung mit dem „Vertrag nach § 115b Abs 1 SGB V ‑ Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Kranken­haus ‑“, sog AOP-Vertrag), dies Schadensersatzansprüche vertragsärztlich tätiger Anästhe­sisten auslösen könne, sofern diese geltend machen könnten, daß sie bei korrektem Vorgehen des Krankenhauses in größerem Umfang zur Mitwirkung bei ambulanten Operationen herangezogen worden wären.

Das Bundessozialgericht führt im wesentlichen zwei Aspekte für diese Entscheidung an:

Werden die Möglichkeiten ambulanter Tätigkeit überschritten, die durch § 115b SGB V und den AOP-Vertrag eingeräumt sind, so wird in den Vorrang der Vertragsärzte für die ambulante ver­tragsärztliche Versorgung eingegriffen. Diese haben einen im Status ihrer Zulassung wurzeln­den Abwehranspruch gegen die Leistungserbringung anderer Ärzte und Institutionen, wenn diese nicht regelkonform im ambulanten Bereich tätig werden, so das Bundessozialgericht. Dies ergebe sich aus der Recht­sprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts zur Abwehr rechts­widrig tätiger Konkurrenten. Solche Rechtsverstöße könnten Auskunftsansprüche und gegebe­nenfalls auch Schadensersatzansprüche gegen den Krankenhausträger begründen, wenn der Vertragsarzt dadurch wirtschaftliche Einbußen erlitten habe. Ob das Verhalten des Kranken­hauses, in dessen Räumen ambulante Operationen in rechtswidriger Weise durchgeführt wur­den, die klagende Gemeinschaftspraxis schädigte, muß nun das Sozialgericht feststellen, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde. Konkret müsse das Sozialgericht nach Auffassung des Bundessozialgerichts prüfen, ob die Chirurgen sonst ihre Operationen in relevantem Umfang im Operationszentrum der Klägerin durchgeführt und dafür deren Anästhesisten hinzugezogen hätten.

Zum anderen stützte das Bundessozialgericht seine Entscheidung darauf, daß es nach den Regelungen des § 115b SGB V und des AOP-Vertrages (die hier in der 2005/06 gelten­den Fassung anzuwenden sind) keine Rechtsgrundlage dafür gebe, dass Vertragsärzte in den Räumen des Krankenhauses ambulante Operationen durchführen dürften. Der AOP-Vertrag sehe nur ambulante Operationen durch Operateure des Krankenhauses oder durch Belegärzte vor, in Verbindung mit einem Anästhesisten des Krankenhauses. Darin seien Opera­tionen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden sind, nicht vorgesehen.

Bundessozialgericht,  Urteil vom 23.03.2011 – B 6 KA 11/10 R

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