r Bundesfinanzhof hat entschieden, dass der Sonderbetriebsausgabenabzug nach § 7g Abs. 6 EStG 2002 auch für ein Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers dann zuzulassen ist, wenn sich die beabsichtigte Investition erst künftig im Betriebsvermögen eines nach der Realteilung einer GbR fortgeführten Einzelunternehmens niederschlägt, sofern der Einzelunternehmer -hier ein Rechtsanwalt- seine bisher im Rahmen der Mitunternehmerschaft erbrachte unternehmerische Tätigkeit unter Einsatz seines früheren Sonderbetriebsvermögens unverändert fortführt.
Nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Rücklage darf dabei 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige „voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird“. Ermittelt der Steuerpflichtige –wie im Streitfall– den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind gemäß § 7g Abs. 6 EStG die Abs. 3 bis 5 mit Ausnahme von Abs. 3 Nr. 1 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre spätere Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.
Die Rücklage wird mit dem Einreichen des Jahresabschlusses für das jeweilige Kalenderjahr beim zuständigen Finanzamt gebildet1.
Die für die Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG erforderliche „voraussichtliche“ Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts setzt eine hinreichende Konkretisierung der geplanten Investition voraus2.
Um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Förderung auszuschließen, ist im Fall einer Betriebseröffnung erst dann von einer hinreichenden Konkretisierung des Investitionsvorhabens auszugehen, wenn die Wirtschaftsgüter verbindlich bestellt worden sind3.
Eine Ansparabschreibung kann grundsätzlich nicht mehr gebildet werden, wenn der Betrieb bereits veräußert oder aufgegeben worden ist und auch dann nicht, wenn der Steuerpflichtige bei Abgabe der Steuererklärung für das Kalenderjahr, für das eine Ansparabschreibung geltend gemacht wird, einen entsprechenden Entschluss gefasst hatte. Die Rücklage kann nicht auf den Erwerber übertragen werden, da die Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 ff. EStG auf den (konkreten) Betrieb bezogen ist und die geplante Investition, deretwegen die Ansparrücklage gebildet wurde, infolge der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs nicht durchgeführt werden kann. Die Ansparrücklage kann folglich nicht zurückbehalten und auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden4.
Diese Rechtsprechung betraf bisher Fälle einer endgültigen Betriebsaufgabe5 oder aber den Rechtsträgerwechsel in Folge von Einbringungsvorgängen6.
Eine Ansparabschreibung kann allerdings auch dann zulässig sein, wenn zwischen verschiedenen dem Steuerpflichtigen zuzurechnenden Betriebsvermögen kraft Gesetzes eine rechtliche und wirtschaftliche Kontinuität besteht, etwa wenn ein Steuerberater seinen Mandantenstamm nahezu vollständig veräußert, sich aber einzelne von ihm auch künftig betreute Mandate zurückbehält; dann ist die Bildung einer Ansparrücklage im Jahr vor der beabsichtigten Veräußerung zulässig, sofern die Investition noch vor der Betriebsveräußerung durchgeführt wird oder nach der Betriebsveräußerung in einem sog. „Restbetrieb“ getätigt werden soll7.
Nach diesen Maßstäben konnte der Kläger im konkreten Fall nach Auffassung des Bundesfinanzhofs gemäß § 7g Abs. 6 EStG für das Streitjahr (2003) eine Sonderbetriebsausgabe im beantragten Umfang abziehen.
Auf der Grundlage der vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen war die künftige Anschaffung eines PKW hinreichend konkretisiert. In der vom Finanzgericht in Bezug genommenen und daher für den Bundesfinanzhof verwertbaren Anlage zur Einnahme-Überschuss-Rechnung für das Streitjahr war die beabsichtigte Anschaffung wie folgt dokumentiert: „1 Pkw Anschaffung in 2004 oder 2005 für Anschaffungskosten von ca. Euro 50.000, Sonderposten in Höhe von 40 % = 20.000“. Das reicht zur Konkretisierung der voraussichtlichen Anschaffung i.S. des § 7g Abs. 3 EStG aus.
Dieser Beurteilung steht, so der Bundesfinnazhof, nicht entgegen, dass die GbR bereits am 31. Juli 2004 durch Realteilung beendet worden war, ihre Steuererklärung für das Streitjahr (2003) mit dem darin geltend gemachten Sonderbetriebausgabenabzug nach § 7g Abs. 6 EStG aber erst am 8. März 2005 eingereicht worden ist.
Die Realteilung einer Personengesellschaft ist zwar eine Betriebsaufgabe8 und da die Ansparrücklage betriebs- und investitionsgutbezogen ist, kann sie im Falle einer Betriebsaufgabe infolge des Unmöglichwerdens der zuvor geplanten Investition grundsätzlich nicht mehr gebildet werden oder ist, wenn sie bereits gebildet worden war, aufzulösen9.
Jedoch ordnet das Gesetz in § 16 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG für den Sonderfall der Realteilung gerade nicht die Aufdeckung der stillen Reserven an, welche die generelle Rechtsfolge einer Betriebsaufgabe bildet. Vielmehr zwingt die Vorschrift trotz Betriebsaufgabe zur Fortführung der Buchwerte, weil das unternehmerische Engagement fortgeführt wird10.
Diese durch den Gesetzgeber fortentwickelte Rechtslage erfordert es, vor dem Hintergrund des Förderungszwecks des § 7g EStG für das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers eine Ansparrücklage oder, bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, den Sonderbetriebsausgabenabzug nach § 7g Abs. 6 EStG auch dann zuzulassen, wenn die beabsichtigte Investition sich erst künftig im Betriebsvermögen eines nach einer Realteilung fortgeführten Einzelunternehmens niederschlagen kann, sofern der Einzelunternehmer –wie hier der Kläger als Rechtsanwalt– seine bisher im Rahmen der Mitunternehmerschaft erbrachte unternehmerische Tätigkeit unter Einsatz seines früheren Sonderbetriebsvermögens unverändert fortführt. Dann besteht eine vergleichbare wirtschaftliche Kontinuität wie im Fall eines nach einer Praxisveräußerung fortgeführten Restbetriebs11.
Dementsprechend ist der Sonderbetriebsausgabenabzug gemäß § 7g Abs. 6 EStG im Streitfall auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil im Fall einer Betriebseröffnung oder wesentlichen Betriebserweiterung eine Ansparrücklage grundsätzlich nur dann gebildet werden darf, wenn die anzuschaffenden Wirtschaftsgüter verbindlich bestellt sind12.
Grundlage der nach der Realteilung als Einzelunternehmen fortgeführten Rechtsanwaltspraxis des Klägers waren der zur Hälfte aus der früheren GbR übernommene Mandantenstamm und die zu Buchwerten übernommenen Teile der Fachliteratur und des Mobiliars. Mithin handelte es sich, gemessen am Subventionszweck des § 7g EStG und vor dem Hintergrund der zwangsweisen Buchwertverknüpfung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht um einen „neuen“ Betrieb des Klägers, sondern um die Fortführung des bisherigen unternehmerischen Engagements.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.3.2011 – VIII R 28/08
- vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.05.2007 – X R 35/06, BFH/NV 2007, 1862; Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.11.2004 – X R 41/03, BFH/NV 2005, 848; Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.05.2004 – IV R 11/02, BFH/NV 2004, 1400 [↩]
- vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.12.2001 – XI R 13/00, BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385; Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.09.2002 – X R 51/00, BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184; Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. 09.2010 – X R 21/08, BFH/NV 2011, 235 [↩]
- Bundesfinanzhof, Urteil vom 25. 04.2002 – IV R 30/00, BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.11.2003 – III B 65/03, BFH/NV 2004, 632; Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.07.2007 – I R 104/05, BFHE 218, 323, BStBl II 2007, 957; Bundesfinanzhof, Urteil vom 29. 04.2008 – VIII R 75/05, BFHE 221, 136, BStBl II 2008, 817; Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.09.2010 – X R 16/08, BFH/NV 2011, 33 [↩]
- Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.11.2004 – XI R 69/03, BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596; Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.12.2006 – X R 31/03, BFHE 216, 288, BStBl II 2007, 862 [↩]
- Bundesfinanzhof, Urteil in BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184; Bundesfinanzhof, Urteil in BFH/NV 2004, 1400; Bundesfinanzhof, Urteil in BFHE 216, 288, BStBl II 2007, 862; Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.12.2006 – X R 42/04, BFH/NV 2007, 883 [↩]
- Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.05.2010 – I R 70/09, BFH/NV 2010, 2072; Bundesfinanzhof, Urteil in BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596 [↩]
- Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.08.2007 – XI R 47/06, BFHE 218, 509, BStBl II 2008, 106 [↩]
- Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.12.1991 – VIII R 69/86, BFHE 166, 476, BStBl II 1992, 385; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 22 IX, S. 853 f.; Schmidt/Wacker, EStG, 30. Aufl., § 16 Rz 535 [↩]
- vgl. Bundesfinanzhof, Urteil in BFHE 216, 288, BStBl II 2007, 862; Bundesfinanzhof, Urteil in BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596; Bundesfinanzhof, Urteil in BFH/NV 2004, 1400 [↩]
- vgl. BT-Drucks 14/6882, S. 34; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 532 [↩]
- vgl. dazu Bundesfinanzhof, Urteil in BFHE 218, 509, BStBl II 2008, 106; zum Investitionsabzugsbetrag vgl. auch Schreiben des BMF vom 08. 05.2009 – IV C 6-S 2139-b/07/10002, 2009/0294464, BStBl I 2009, 633, unter I.5.e [↩]
- Bundesfinanzhof, Urteil in BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182; Bundesfinanzhof, Urteil in BFHE 218, 323, BStBl II 2007, 957; Bundesfinanzhof, Urteil in BFHE 221, 136, BStBl II 2008, 817; in BFH/NV 2011, 33 [↩]