Der Vermieter kann gegen den Anspruch des Mieters auf Freigabe eines verpfändeten Sparkontos als Mietsicherheit mit einem Zahlungsanspruch nicht aufrechnen, weil es insoweit an der Gleichartigkeit beider Ansprüche im Sinne von § 387 BGB fehlt, so das Kammergericht Berlin.
Nach Auffassung des Kammergerichts Berlin hat ein Mieter Anspruch auf Freigabe der Mietsicherheit auch bei rückständigem – verjährtem – Mietzins, da eine entsprechende Aufrechnungserklärung des Vermieters nicht greife.
Das Erfordernis der Gleichartigkeit beschränkt die Aufrechnung im Wesentlichen auf beiderseitige Geldleistungen. Der Anspruch auf Freigabe eines Sparbuchs ist aber auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet. Eine Gleichartigkeit mit dem Zahlungsanspruch liegt daher nicht vor1. Soweit ein anderer (der 20.) Zivilsenat des Kammergerichts2 die gegenteilige Auffassung vertritt, folgte der hier entscheidende Senat dem nicht. Der 20. Zivilsenat berufe sich zur Begründung auf ein Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 19.10.19883, so das Kammergericht. In dieser Entscheidung ging es um den Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung eines hinterlegten Betrages im Zusammenhang mit einer erfolgten Grundstücksversteigerung. Hierin hat der Bundesgerichtshof – unter Berufung auf die Reichsgerichtsrechtsprechung – ausgeführt, dass der Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung hinterlegten Geldes einen Geldbetrag zum Gegenstand hat. Danach betrifft es lediglich die äußere Form, in der dieser Anspruch verwirklicht werden müsste, dass er nicht auf Zahlung von Geld, sondern auf Einwilligung zur Auszahlung von Geld geht, und ist die Freigabeforderung ihrem Gegenstand nach gleichartig mit der Geldzahlung, so dass die Aufrechnung zulässig ist3, so das Kammergericht in der vorliegenden Entscheidung. In einem weiteren vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall4 ging es um Forderungen aufgrund einer Kauf- und Abtretungsvereinbarung bezüglich eines Wertpapierdepots und Kontokorrentguthabens. Diese Entscheidungen sind aber, so das Kammergericht, auf die Mietkaution, die in Gestalt eines verpfändeten Sparkontos geleistet ist, nicht übertragbar. Insoweit geht es vorliegend auch um die Beseitigung eines dinglichen Rechts, nämlich des Pfandrechts des Klägers an der Sparforderung (§§ 1273, 1274, 1289, 1255 BGB). In diesem Falle ist – anders als in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen – die Vorschrift des § 216 BGB zu beachten. Nach § 216 Abs. 1 BGB hindert zwar die Verjährung eines Anspruchs den Gläubiger nicht, auch aus dem belasteten Gegenstand Befriedigung zu suchen. Diese Vorschrift ist aber gemäß § 216 Abs. 3 BGB nicht auf die Verjährung von Ansprüchen auf Zinsen und wiederkehrende Leistungen – wie es die Mietzinsforderungen sind – anwendbar. Würde nunmehr die Aufrechnung zugelassen werden, würde die Vorschrift des § 216 Abs. 3 BGB unterlaufen werden,so das Kammergericht.
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 09.05.2011 – 8 U 172/10
- Kammergericht Berlin, Urteil vom 11.08.2003 – 8 U 124/02; Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.04.1998 – 3 U 1062/97; Kammergericht Berlin, Hinweisbeschluss vom 03.06.2010 – 12 U 164/09; Landgericht Baden–Baden, Beschluss vom 29.10.2002 – 3 T 40/02 [↩]
- Kammergericht Berlin, Hinweisbeschluss vom 08.02.2010 – 20 U 167/08 [↩]
- Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.10.1988 – IVb ZR 70/87 [↩] [↩]
- Bundesgerichtshof, Beschlus vom 17.0.2008 – III ZR 320/06 [↩]