Antidumpingzoll: Reitschuhe sind keine Sportschuhe

Das Finanzgericht Hamburg hatte sich mit der zutreffenden zollrechtlichen Einreihung von Schuhen, die vor allem als Reitschuhe verwendet werden, jedoch aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes und ihrer Funktionalität weder als Sportschuhe noch als nach Spezialtechniken hergestellte Schuhe anzusehen sind, zu beschäftigen.

Eine Klägerin führte verschiedene Reitschuhe mit Ursprung in der VR China nach Deutschland ein. In der Folge reihte die Beklagte diese Schuhe zollrechtlich so ein, dass von der Klägerin Antidumpingzoll nacherhoben wurde. Hiergegen rief die Klägerin – erfolglos – das Finanzgericht an.

I.

Rechtsgrundlage für die Nacherhebung ist Art. 220 Abs. 1 Satz 1 ZK (Zollkodex). Danach hat die buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrages oder des nachzuerhebenden Restbetrages zu erfolgen, wenn der einer Zollschuld entsprechende Abgabebetrag nicht oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst ist.

Gemäß Art. 1 Abs. 1, Abs. 3 VO (EG) Nr. 1472/2006 war zum Zeitpunkt der hier maßgeblichen Zollschuldentstehung, das ist vorliegend der Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung, vgl. Art. 214 Abs. 1, 201 Abs. 2 ZK, hier also am 12.11.2008, auf die Einfuhr von Schuhen mit Oberteil aus Leder oder rekonstituiertem Leder, ausgenommen Sportschuhe, nach Spezialtechniken hergestellte Schuhe, Pantoffeln, und andere Hausschuhe und Schuhe mit einem Schutz in der Vorderkappe, mit Ursprung in der VR China, die unter die in Absatz 1 genannten KN-Codes, u. a. ex64039113 und ex64039193 – TARIC-Codes 6403911399 und 6403919399 -, eingereiht werden, und von in Absatz 3 namentlich nicht genannten Unternehmen hergestellt werden, ein Antidumpingzoll von 16,5 % zu erheben.

II.

Die eingangs genannte Vorschrift enthält die nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 VO (EG) Nr. 384/96 vorgegebene Beschreibung der Waren, für die der Antidumpingzoll gelten soll. Die Beschreibung der Waren geschieht grundsätzlich in der Weise, dass die einem Antidumpingzoll unterliegende Ware anhand der Warenbezeichnung der KN unter Angabe des KN-Codes bezeichnet wird. Ist der betroffene Warenkreis enger als die Warenbezeichnung einer KN-Unterposition, so wird die Ware im Rahmen des TARIC integriert und verschlüsselt. Für die Einreihung der Waren in die Unterpositionen der KN oder des TARIC gelten die allgemeinen zolltariflichen Grundsätze. Ist eine Ware, für die ein Antidumpingzoll festgelegt ist, z.B. als KN ex-Position gekennzeichnet, so ist die gegenüber dem betreffenden KN-Code geringere Tragweite der betroffenen Unterposition durch Auslegung zu ermitteln; dabei kann auch berücksichtigt werden, welche Waren Gegenstand der Antidumpinguntersuchung gewesen sind oder auf welche Weise eine sinnwidrige Anwendung des Antidumpingzolls vermieden werden kann. Durch die Anführung der zehnstelligen TARIC-Codes wird mit der neunten und zehnten Stelle also nicht nur der gemeinschaftlich vorgesehene Antidumpingzoll verschlüsselt dargestellt, sondern es wird darüber hinaus auch eine Warenbeschreibung vorgenommen1.

1.

Soweit es um die zollrechtliche Tarifierung von Waren geht, ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes2 das entscheidende Kriterium allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der KN). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der KN. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur KN, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen3. Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird4. Bei mehreren möglichen Verwendungsmöglichkeiten einer Ware kommt es darauf an, welche im Vordergrund steht5. Bei der geforderten Verwendungseignung kommt es nicht auf den Verwendungszweck an, den der Zollbeteiligte seiner Ware beimisst oder für den er sie bestimmt hat. Maßgebend ist für die zolltarifliche Einordnung die objektive Beschaffenheit anhand der an der Ware feststellbaren Merkmale und Eigenschaften. Im Augenblick der Zollabfertigung muss die ausschließliche oder hauptsächliche Verwendungseignung der Ware erkennbar sein6.

Die KN – in der für den Zeitpunkt der Zollschuldentstehung, hier am 12.11.2008, maßgeblichen Fassung – erfasst in Kapitel 64 „Schuhe, Gamaschen und ähnliche Waren; Teile davon“ und in Position 6403 „Schuhe mit Laufsohlen aus Kautschuk, Kunststoff, Leder oder rekonstituiertem Leder und Oberteil aus Leder“. Die Unterposition 6403 12 erfasst Sportschuhe, die Unterpositionen 6403 20, 6403 40, 6403 51 erfassen weitere, näher beschriebene Schuhe. Bei 6403 91 handelt es sich um einen Auffangtatbestand für „andere“ Schuhe, wobei unter 6403 91 13 Schuhe erfasst sind, die den Knöchel, jedoch nicht die Wade bedecken, mit einer Länge der Innensohle von 24 cm oder mehr, und die nicht als Männer- oder Frauenschuhe erkennbar sind, und unter 6403 91 93 Schuhe, die den Knöchel, jedoch nicht die Wade bedecken, andere, mit einer Länge der Innensohle von 24 cm oder mehr, und die nicht als Männer- oder Frauenschuhe erkennbar sind.

Der TARIC-Code 64039113100 (für die Reitschuhe gemäß Position 1 der Zollanmeldung) bzw. 64039193100 (für die Reitschuhe gemäß Position 3 der Zollanmeldung), den die Klägerin jeweils anspricht, erfasst nach Spezialtechniken hergestellte Schuhe: Schuhe mit einem cif-Preis je Paar von 7,5 Euro oder mehr, für Sportzwecke, mit ein- oder mehrlagiger geformter Sohle, nicht gespritzt, aus synthetischen Stoffen, die insbesondere so beschaffen sind, dass sie durch vertikale oder laterale Bewegungen verursachte Stöße dämpfen, wobei die Schuhe besondere technische Merkmale wie gas- oder flüssigkeitsgefüllte hermetische Kissen, stoßabfedernde oder stoßdämpfende mechanische Komponenten oder Spezialwerkstoffe wie Polymere niedriger Dichte aufweisen. Der TARIC-Code 64039113980 (für die Reitschuhe gemäß Position 1 der Zollanmeldung) bzw. 64039193980 (für die Reitschuhe gemäß Position 3 der Zollanmeldung), den der Beklagte jeweils anspricht, erfasst „andere“ Schuhe der KN 6403913 bzw. 64039193.

Dies vorausgeschickt, sind die generellen Voraussetzungen für die Erhebung des Antidumpingzolls erfüllt. Die streitgegenständlichen Reitschuhe sind unstreitig Schuhe mit einem Oberteil aus Leder mit Ursprung in der VR China, hergestellt von einem in Art. 1 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1472/2006 namentlich nicht genannten Hersteller aus der VR China. Zutreffend und übereinstimmend gehen die Beteiligten ferner davon aus, dass die Reitschuhe unter den KN-Code ex64039113 (für die Reitschuhe gemäß Position 1 der Zollanmeldung) bzw. ex64039193 (für die Reitschuhe gemäß Position 3 der Zollanmeldung) und mithin unter in Art. 1 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1472/2006 genannte KN-Codes einzureihen sind.

2.

Streitig ist allein, ob die streitgegenständlichen Reitschuhe, bzw. ggf. einzelne dieser Reitschuhe, abhängig von dem jeweiligen Modell, unter eine der in Art. 1 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1472/2006 genannten Ausnahmen fallen, wobei vorliegend allein „Sportschuhe“ oder „nach Spezialtechniken hergestellte Schuhe“ als Ausnahmen näher in Betracht kommen. Nach Überzeugung des Gerichts sind jedoch sämtliche eingeführte Reitschuhe, d. h. in allen Ausführungen entsprechend den nach den Lieferrechnungen vorliegenden Modellen, nach deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften weder als „Sportschuhe“ noch als „nach Spezialtechniken hergestellte Schuhe“ anzusehen, so dass die Einreihung in die von dem Beklagten angenommenen Codenummern 64039113980 (für die Reitschuhe gemäß Position 1 der Zollanmeldung, d. h. die Modelle Woman’s Alpha-1, Woman’s Beta-1, Men’s Alpha-2, Men’s Beta-1 und Woman’s Beta) bzw. 64039193980 (für die Reitschuhe gemäß Position 3 der Zollanmeldung, d. h. das Modell Woman’s Gamma-1) als zutreffend anzusehen ist.

Keine Sportschuhe

Zunächst handele es sich bei den streitgegenständlichen Reitschuhen nicht um „Sportschuhe“.

Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 Abs. 2, 1. Beistrich VO (EG) Nr. 1472/2006 sind „Sportschuhe“ Schuhe im Sinne der Unterpositions-Anmerkung 1 von Kapitel 64 der KN. In der in Bezug genommenen Unterpositions-Anmerkung 1 ist geregelt, dass als „Sportschuhe“ (im Sinne der Unterpositionen 6402 12, 6402 19, 6403 12, 6403 19 und 6404 11) nur gelten a) Schuhe, die für die Ausübung einer Sportart bestimmt und mit Dornen, Krampen, Klammern, Stollen oder ähnlichen Vorrichtungen versehen oder für deren Anbringung hergerichtet sind; b) Schuhe für Schlittschuhe oder Rollschuhe, Skistiefel, Skilanglaufschuhe, Snowboardschuhe, Ringerschuhe, Boxerstiefel oder Radsportschuhe.

Entgegen der Auffassung der Klägerin unterfallen die Reitschuhe nicht der hier allenfalls allein in Betracht zu ziehenden Unterpositions-Anmerkung 1 a). Denn jedenfalls sind die Schuhe nicht mit Dornen, Krampen, Klammern, Stollen oder ähnlichen Vorrichtungen versehen oder für deren Anbringung hergerichtet. Soweit die Klägerin auf die patentierten Omega-Sohlen der Reitschuhe verweist, die sich durch viele kleine, Rutschfestigkeit gebende, von der Klägerin als solche benannten „Profilzapfen“ auszeichneten und daher als Dornen, Krampen, Klammern, Stollen ähnliche Vorrichtungen anzusehen seien, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn anders als dies bei Dornen, Krampen, Klammern und Stollen der Fall ist, die sämtlich durch deutliche, sich absetzende Erhebungen aus der Sohle gekennzeichnet sind, bilden die „Profilzapfen“ der Sohlen der streitgegenständlichen Reitschuhe, die sich maximal ca. 1 mm erheben, sowohl von der äußeren Optik als auch von der Haptik her vielmehr eine gleichmäßig wirkende, einheitliche Fläche. Dass die Sohle nach Angaben der Klägerin aufgrund der Profilzapfen eine besondere Rutschfestigkeit aufweisen und insofern einen ähnlichen Zweck wie Dornen, Krampen, Klammern und Stollen erfüllen mag, ist unerheblich. Dies ergibt sich schon daraus, dass eine gewisse Rutschfestigkeit von Schuhen auch allein durch die Wahl des Materials der Sohle ohne besonders augenfällige Erhebungen wie Dornen, Krampen, etc. erreicht werden kann. Im Übrigen stellt die Unterpositions-Anmerkung auch nicht in erster Linie auf die Rutschfestigkeit, sondern auf das Vorhandensein bestimmter gegenständlicher Elemente des Schuhs ab. Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei Dornen, Krampen, Klammern und Stollen die gemeinsame Besonderheit besteht, dass diese von außen an die Sohlen angebracht bzw. in diese eingebracht werden und jedenfalls teilweise auch wieder gelöst bzw. ausgetauscht werden können. Demgegenüber stellen die bei den streitgegenständlichen Schuhen vorhandenen „Profilzapfen“ keine an- bzw. eingebrachten Elemente dar, sondern bilden vielmehr die Sohle selbst, wie sich übrigens auch bereits aus der vom Hersteller gewählten Bezeichnung (Omega-Sohle) ergibt. Das gefundene Ergebnis wird auch durch die ErlKN zur Unterposition 64021900 Rz. 11.2, auf die gemäß ErlKN zur Unterposition 64031900 – dies sind Sportschuhe, andere als Skistiefel, Skilanglaufschuhe und Snowboardschuhe – Rz. 05.6, verwiesen wird, bestätigt. Danach gilt die Unterpositions-Anmerkung 1 a) zu Kapitel 6403 nur für Schuhe, die für die Ausübung einer konkreten Sportart bestimmt sind und deren in der Unterpositions-Anmerkung genannte abnehmbare oder dauerhaft befestigte Vorrichtungen die Verwendung für alle anderen Zwecke, insbesondere das Gehen auf asphaltiertem Straßenbelag, durch Höhe, Steife oder mangelnde Rutschfestigkeit etc. der Vorrichtungen erschweren. Gerade eine solche Erschwerung für alle anderen Zwecke, insbesondere das Gehen auf asphaltiertem Straßenbelag, ist mit den Sohlen der streitgegenständlichen Reitschuhe jedoch ganz offensichtlich in keiner Weise anzunehmen. Auch die Klägerin selbst trägt übrigens vor, dass die Reitschuhe gerade auch bei Bodenkontakt beim Abspringen vom Pferd und darüber hinaus durchaus auch außerhalb des Reitsports, mithin auch zur allgemeinen Fortbewegung, genutzt werden können. Das Bundesministerium für Finanzen merkt übrigens in diesem Zusammenhang an, dass mit der ErlKN zu Unterposition 64021900 Rz. 11.2 zum Ausdruck gebracht werden soll, dass Schuhe mit sog. Multinockensohlen keine Sportschuhe sind (Fn. 1 zu ErlKN zu Unterposition 64021900 Rz. 11.2). Ebenso wenig vermag der Umstand, dass sich im Fersenbereich der streitgegenständlichen Reitschuhe Vorrichtungen zur Befestigung von Sporen befinden, eine der Klägerin günstigere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn insoweit ist zum einen bereits maßgeblich zu berücksichtigen, dass Sporen – anders als die zur Ähnlichkeitsbeurteilung heranzuziehenden Dornen, Krampen, Klammern und Stollen – nicht dazu dienen, dem Schuh besondere Rutschfestigkeit und besonderen Halt zu vermitteln, sondern vielmehr zur Beeinflussung des Reitverhaltens des Pferdes eingesetzt werden und insofern nicht als „ähnliche Vorrichtung“ angesehen werden können. Zudem weisen die Reitschuhe zwar eine Vorrichtung zur Befestigung der Sporen auf, sie sind jedoch nicht, wie die Unterpositions-Anmerkung 1 a) verlangt, dafür hergerichtet. Vielmehr handelt es sich bloß um eine zusätzliche Funktionalität, die die Reitschuhe bieten, sie sind aber nicht eigens – nur bzw. in erster Linie – dafür hergerichtet.

Keine „nach Spezialtechniken hergestellte Schuhe“

Weiterhin handele sich auch nicht um „nach Spezialtechniken hergestellte Schuhe“, so das Finanzgericht Hamburg.

Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 Abs. 2, 2. Beistrich VO (EG) Nr. 1472/2006 sind „nach Spezialtechniken hergestellte Schuhe“ Schuhe mit einem cif-Preis je Paar von nicht weniger als 7,50 EUR, für Sportzwecke, mit ein- oder mehrlagiger geformter Sohle, nicht gespritzt, aus synthetischen Stoffen, die insbesondere so beschaffen sind, dass sie durch vertikale oder laterale Bewegungen verursachte Stöße dämpfen, und mit besonderen technischen Merkmalen wie gas- oder flüssigkeitsgefüllten hermetischen Kissen, stoßabfedernden oder stoßdämpfenden mechanischen Komponenten oder Spezialwerkstoffen wie Polymere niedriger Dichte, die unter die weiter genannten KN-Codes eingereiht werden (u. a. ex64039113 und ex64039193).

Hinsichtlich des Begriffs der „nach Spezialtechniken hergestellte Schuhe“ ergibt sich aus Rn. 8 der Erwägungen der VO (EG) Nr. 1472/2006, dass „bestimmte Hightech-Sportschuhe“ gemeint sind, nämlich „Special Technology Athletic Footwear – STAF“. Hierzu nimmt die VO (EG) Nr. 1472/2006 in ihren Erwägungen (Rn. 19) Bezug auf die Rnrn. 13 bis 19 der Verordnung (EG) Nr. 553/2006 der Kommission vom 23.03.2006 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Schuhe mit Oberteil aus Leder mit Ursprung in der Volksrepublik China und Vietnam (ABl. Nr. L 98/3) – im Folgenden: VO (EG) Nr. 553/2006 -. Nach der Erwägung Rn. 13 VO (EG) Nr. 553/2006 handelt es sich bei „STAF“ um Tennisschuhe, Basketballschuhe, Turnschuhe, Trainingsschuhe und andere derartige Schuhe und zwar um äußerst hochentwickelte Schuhe, die herausragende technische Merkmale aufweisen und speziell für Sportzwecke entwickelt wurden. Zu diesen Merkmalen zählen im Wesentlichen eine komplexe Laufsohle, die Ferse und Vorderfuß schützen soll, und eine zusätzliche Zwischensohle, die besondere abfedernde und stabilisierende Elemente mit stoßdämpfender Wirkung und/oder zur Bewegungskontrolle (motion control) aufweist. Jene Merkmale sind für die Steigerung der Leistung und die Vermeidung von Verletzungen bei der Ausübung sportlicher Aktivitäten von grundlegender Bedeutung.

Nach Auffassung des Finanzgerichts war vorliegend nicht erkennbar, dass es sich um äußerst hochentwickelte Schuhe handelt, die herausragende technische, leistungssteigernde Merkmale aufweisen – so eine komplexe Laufsohle, die Ferse und Vorderfuß schützen soll, und eine zusätzliche Zwischensohle, die besondere abfedernde und stabilisierende Elemente mit stoßdämpfender Wirkung und/oder zur Bewegungskontrolle (motion control) – und für spezielle Sportzwecke wie Tennis, Basketball, Turnen etc. entwickelt wurden. Auf die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden Annahme von Sportzwecken kann insoweit verwiesen werden, da auch die Erwägungen der Antidumpingverordnungen auf eine visuelle Abgrenzung nach der Verbrauchervorstellung entsprechend den vorstehend genannten ErlKN abstellen. Die Schuhe vermitteln jedenfalls dem durchschnittlichen Betrachter auch keinesfalls den Eindruck, dass es sich um äußerst hochentwickelte Schuhe mit herausragenden technischen, leistungssteigernden Merkmalen handelt. Vielmehr handelt es sich um Schuhe, die von ihrer Optik zwar hochwertig erscheinen und dadurch auch durchaus den Eindruck erhöhten Komforts bei deren Anwendung im Reitsport vermitteln mögen, jedoch zeichnen sich die Schuhe nicht offenkundig durch herausragende technische, leistungssteigernde Elemente aus.

III.

Sodann setzte sich das Finanzgericht zudem noch mit der Rechtmäßigkeit der VO (EG) Nr. 1472/2006 auseinander und kam zu dem Schluss, dass hieran keine Zweifel bestünden und daher auch keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in Betracht komme.

Auch die klägerische Annahme, dass die eingeführten Reitschuhe aufgrund ihres besonderen Verwendungszwecks und der damit einhergehenden besonderen Vertriebswege von der VO (EG) Nr. 1472/2006 als eigenständige Warengruppe jenseits der STAF-Schuhe auszuschließen seien, vermag keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der VO (EG) Nr. 1472/2006 zu begründen. Dabei kann dahin gestellt bleiben, wie die Vertriebswege für die streitgegenständlichen Reitschuhe tatsächlich ausgestaltet sind. Denn es fehlt bereits an dem nach der Zielsetzung der VO (EG) Nr. 1472/2006 wegen der erforderlichen Abgrenzung zu anderen Schuharten der Gemeinschaftsproduktion vorauszusetzenden besonderen Verwendungszweck der Reitschuhe nach den entsprechenden äußerlich erkennbaren Merkmalen, wie oben bereits ausgeführt7. Im Übrigen beziehen sich die konkreten Einwendungen der Klägerin hinsichtlich des Verwendungszwecks und der damit zusammenhängenden Verbrauchervorstellung nicht auf die Frage, ob bestimmte Schuharten zur betroffenen Ware nach der VO (EG) Nr. 1472/2006 gehören, sondern in erster Linie auf die Kriterien, die verwendet werden, um die einzelnen unter die Definition der betroffenen Ware fallenden Schuharten unter Warenkontrollnummern zusammenzufassen.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 20.10.2010 – 4 K 58/10;

es wurde Revision eingelegt: Bundesfinanzhof – VII R 76/10

 

  1. Finanzgericht München, Urteil vom 25.06.2009 – 14 K 2353/06 []
  2. Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 20.06.1996 – C-121/95, EuGHE 1996, I-3047 Rn. 13; Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.12.2001 – VII R 78/00; Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.10.2001 – VII R 69/00; Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.11.2000 – VII R 83/99 []
  3. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft, Urteil vom 09.12.1997 – C-143/96, EuGHE 1997, I-7039 Rn. 14; Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft, Urteil vom 19.05.1994 – C-11/93, EuGHE 1994, I-1945 Rn. 11 und 12 []
  4. Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.11.2000 – VII R 83/99; Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.10.1999 – VII R 42/98; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24.10.2002 – VII B 17/02 []
  5. Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.11.2000 – VII R 83/99; Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.10.1999 – VII R 42/98 []
  6. Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.10.2001 – VII R 69/00; Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.11.2000 – VII R 83/99; Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.05.2000 – VII R 1/99; Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.07.1998 – Az.: VII R 91/97 []
  7. vgl. zu vergleichbaren Erwägungen in Bezug auf orthopädische Schuhe auch: Gericht der Europäischen Union, Urteil vom 04.03.2010 – T-401/06 []

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