Besteuerung privater Optionsgeschäfte

Das Finanzgericht Münster hatte in einem Rechtsstreit über die Besteuerung privater Optionsgeschäfte die für das Jahr 1996 geltende gesetzliche Regelung für verfassungswidrig erachtet. Es hatte daher dieses Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Vorlage nun als unzulässig zurück gewiesen.

Die Vorlage betrifft die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von privaten Optionsgeschäften und von privaten Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren nach § 22 Nr. 3 Satz 1 bzw. nach den §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG, jeweils in der für den Veranlagungszeitraum 1996 maßgeblichen Fassung, nachdem der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 9. März 2004 – 2 BvL 17/02 – (BVerfGE 110, 94) die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG in ihrer für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 geltenden Fassung für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig erklärt hat, soweit sie Veräußerungsgeschäfte bei Wertpapieren betrifft.

Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG hatte in ihrer im Jahr 1996 gültigen Fassung denselben Wortlaut wie die im konkreten Normenkontrollverfahren 2 BvL 17/02 zur Prüfung gestellte Norm (vgl. BVerfGE 110, 94 <95 f.>). Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs ist in seinen Urteilen vom 1. Juni 2004 – IX R 35/01 – (BFHE 206, 273, BStBl II 2005, 26, unter II.2.a) und vom 29. Juni 2004 – IX R 26/03 – (BFHE 206, 418, BStBl II 2004, 995, unter II.1.a cc) zwar davon ausgegangen, dass (auch) in den Jahren 1989 bis 1994 ein vergleichbares Vollzugsdefizit bestanden habe, wie es das Bundesverfassungsgericht für die Jahre 1997 und 1998 festgestellt habe; indes hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs in seinen Entscheidungen – unbeschadet eines eventuellen strukturellen Vollzugsdefizits – dem Gesetzgeber in den Veranlagungszeiträumen 1989 bis 1994 eine Übergangsfrist mit der Folge der Anwendbarkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG in jenen Jahren zugebilligt. Das Finanzgericht München hat mit Beschluss vom 27. April 2005 – 1 V 885/05 – (EFG 2005, S. 1199) ausgeführt, es sei auch für das Jahr 1995 auszuschließen, dass das Bundesverfassungsgericht den § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG für Wertpapiergeschäfte für nichtig erklären würde; vielmehr sei davon auszugehen, dass trotz gleichheitswidrigen Vollzugsdefizits dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist zugebilligt würde, die das Jahr 1995 mit umfasse und innerhalb der die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG wegen des rechtsstaatlichen Kontinuitätsgebots noch anzuwenden sei. Auf die gegen jenen Beschluss eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs mit Beschluss vom 29. November 2005 – IX B 80/05 – (BFH/NV 2006, S. 716, unter II.2.) die Auffassung des Finanzgerichts München bestätigt und ausgeführt, dass das Finanzgericht zu Recht auch das Jahr 1995 in die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dem Gesetzgeber zuzubilligende Übergangsfrist einbezogen habe; zwar habe die Finanzverwaltung mit der Arbeitsgruppe „Steuerausfälle“ des Landesfinanzministeriums Nordrhein-Westfalen selbst Erklärungsdefizite bei den Spekulationsgewinnen festgestellt. Deren Ergebnisse hätten aber erst im Jahr 1994 vorgelegen und hätten vom Gesetzgeber noch nicht für das Jahr 1995 umgesetzt werden können. Über das Jahr 1996 hat der Bundesfinanzhof bislang – soweit ersichtlich – in der Sache noch nicht befunden.

Nach der Vorschrift des § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG in ihrer für den Veranlagungszeitraum 1996 gültigen Fassung sind sonstige Einkünfte „Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6) noch zu den Einkünften der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände“. Der Bundesfinanzhof hat bislang keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der unter die Norm des § 22 Nr. 3 EStG fallenden Einkünfte geäußert.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorlage des Finanzgerichts nun als unzulässig zurück gewiesen, da das Finanzgericht sich mit dieser Problematik in seinem Vorlagebeschluss nicht hinreichend auseinandergesetzt, den Vorlageschluss mithin also nicht hinreichend begründet habe. Eine Entscheidung über die Verfassungsgemäßheit oder Verfassungswidrigkeit ist hiermit nicht verbunden.

Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Münster vom 5. April 2005 – 8 K 4710/01 E (Berichtigungsbeschluß vom 8. August 2005)

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18. April 2006 – – 2 BvL 8/05

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