Wer trägt die Kosten eines Polizeieinsatzes, wenn die Alarmanlage eines Hauses aus unbekannten Gründen ausgelöst wird?
Mit dieser Frage musste sich nun das Verwaltungsgericht Koblenz befassen.
Was war passiert?
Der Kläger und seine Ehefrau bewohnen ein Haus, in dem eine Alarmanlage installiert ist. Während einer Reise des Klägers und seiner Ehefrau reagierte die Alarmanlage reagierte und die erhielten per SMS eine Alarmmeldung auf das Handy.
Der Kläger rief daraufhin um 21:50 Uhr die zuständige Polizeiinspektion an und informierte diese über den Sachverhalt. Bei der anschließenden Überprüfung des Anwesens durch zwei Polizeibeamte konnten diese jedoch keine Ursache für die Auslösung der Alarmanlage feststellen.
In der Folge forderte das Polizeipräsidium per Kostenbescheid den Kläger zur Zahlung einer Gebühr in Höhe von € 171,00 für eine ungerechtfertigte Alarmierung durch eine Überfall- oder Einbruchsmeldeanlage auf. Eine solche liege vor, wenn die Polizei außer der Alarmgebung der Anlage keinen Grund für ein polizeiliches Einschreiten feststelle. Als ungerechtfertigte Alarmierung gelte auch ein Alarm, für dessen Auslösung einer Ursache nicht feststellbar sei.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Alarmanlage habe einen Alarm angezeigt. Fenster und Türen, die hier betroffen gewesen seien, seien zu diesem Zeitpunkt vorschriftsmäßig geschlossen gewesen, was die Anlage ebenfalls aufgezeichnet habe. Er habe daraufhin die Polizeiinspektion verständigt, weil er wegen der möglichen Gefahr keine Nachbarn hätte bitten können, „mal nachzuschauen“. Die Polizisten seien ins Haus gegangen, nachdem ein alarmierter Freun diesen den Hausschlüssel übergeben hatte.
In der Folge seien alle relevanten Fenster und Türen überprüft worden. Es hätten aber keine Einbruchsspuren festgestellt werden können. Es habe keine andere Möglichkeit gegeben, als die Polizei zu informieren. Einen Tag nach ihrer Rückkehr in die Wohnung hätten sie eine Überprüfung der Alarmanlage durch die Firma veranlasst, die die Anlage wenige Wochen zuvor installiert habe. Die Überprüfung habe keine nachvollziehbaren Gründe ergeben, warum es zur Auslösung des Alarms gekommen sei.
Das Polizeipräsidium wies den Widerspruch zurück, da eine ungerechtfertigte Alarmauslösung im Sinne der einschlägigen Bestimmungen vorgelegen habe. Zwei Polizeibeamte hätten vor Ort keine Einbruchsspuren oder ähnliches feststellen können. Der Umstand, dass ein Bekannter des Klägers wenige Minuten nach der Polizei vor Ort erschienen sei und dass gemäß der Aufzeichnung der Anlage alle Fenster und Türen ordnungsgemäß verschlossen gewesen seien, rechtfertige keine andere rechtliche Beurteilung. Der Kläger sei Kostenschuldner, weil die Amtshandlung in seinem Interesse vorgenommen worden sei.
Im anschliessenden Klageverfahren hat der Kläger dann zusätzlich vorgetragen, die Polizei habe ihm, ohne dass er dies ausdrücklich gefordert habe, vorgeschlagen, sofort zwei Polizisten zum Gebäude zu schicken. Damit sei er selbstverständlich einverstanden gewesen. Für ihn und seine Frau habe im Vordergrund gestanden, dass wegen der geringen Entfernung von lediglich etwa 1,5 Kilometern zwischen der Polizeidienststelle und ihrem Wohnhaus noch die Möglichkeit hätte bestehen können, mögliche Täter zu fassen.
Die Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen.
Die Gebührenfestsetzung findet ihre Grundlage in § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Absätze 1 und 4, § 24 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 LGebG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Landesverordnung über die Gebühren der allgemeinen und inneren Verwaltung einschließlich der Polizeiverwaltung (Besonderes Gebühren-verzeichnis) und der laufenden Nummer 14.8.2 der Anlage hierzu. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 LGebG werden für die besondere öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit (kostenpflichtige Amtshandlung) unter anderem einer Behörde des Landes Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Für Amtshandlungen der Polizeiverwaltung sieht das aufgrund § 2 Absätze 1 und 4 und § 24 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 LGebG erlassene Besondere Gebührenverzeichnis in Nr. 14.8.2 der Anlage für eine ungerechtfertigte Alarmierung durch eine Überfall-, Einbruchs- oder Brandmeldeanlage je Einsatz der Polizei eine Gebühr in Höhe von € 171,00 vor.
Die Voraussetzungen für die Erhebung der Gebühr nach diesen Bestimmungen liegen hier vor. Der Einsatz der Polizei wurde durch eine ungerechtfertigte Alarmierung durch eine Einbruchsmeldeanlage verursacht. Der Kläger ist der richtige Kostenschuldner. Die Gebührenordnung beruht auf einer gesetzlichen Grundlage und ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Bemessung der Gebühr ist rechtsfehlerfrei. Schließlich besteht auch kein Anlass, aus Billigkeitsgründen von der Erhebung der Gebühr abzusehen oder die Gebühr zu erlassen.
Die Voraussetzungen für die Gebührenerhebung gemäß Nr. 14.8.2 der Anlage zum Besonderen Gebührenverzeichnis sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Koblenz erfüllt.
Nr. 14.8.2 und nicht Nr. 14.8.1 der Anlage zum Besonderen Gebührenverzeichnis ist hier einschlägig. Nr. 14.8.2 ist anwendbar, denn sie knüpft an die Alarmierung unter anderem durch eine Einbruchsmeldeanlage an, während Ziffer 14.8.1 eine Gebühr für das ungerechtfertigte Auslösen eines Einsatzes der Polizei durch eine Person betrifft. Hier hat zwar der Kläger die Polizeidienststelle angerufen. Nr. 14.8.2 erfasst aber als Sondertatbestand alle die Fälle, in denen eine Alarmanlage auslöst und dieses Auslösen die Ursache dafür ist, dass sich die Polizei zu dem zu schützenden Objekt begibt. Insoweit ist es unerheblich, ob die Anlage selbst direkt die Meldung an die Polizeistation übermittelt oder ob sie mit einer Alarmzentrale verbunden ist, die die Meldung an die Polizei weiterleitet oder ob infolge der Auslösung des Alarms die Polizei durch eine den Alarm bemerkende Per-son über den Alarm informiert wird1.
Der Beklagte ist auch zutreffend von einer „ungerechtfertigten Alarmierung“ ausgegangen, denn nach Nr. 1 der Anmerkungen zu Nr. 14.8.2 der Anlage zum Besonderen Gebührenverzeichnis ist eine Alarmierung unter anderem durch eine Einbruchsmeldeanlage dann ungerechtfertigt, wenn die Polizei außer der Alarmauslösung der Anlage keinen Grund für ein polizeiliches Einschreiten feststellt. Als ungerechtfertigte Auslösung gilt auch ein Alarm, für dessen Auslösung eine Ursache nicht feststellbar ist. Im vorliegenden Fall haben die Ermittlungen der Polizei vor Ort nach den auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogenen Angaben des Beklagten und den in der Verwaltungsakte befindlichen Unterlagen keine Anzeichen ergeben, die auf einen Einbruchsversuch hindeuten. Auch der Kläger selbst hat keine derartigen Anzeichen vorgetragen. Der Umstand, dass die von ihm mit der Überprüfung der Alarmanlage beauftragte Firma im Nachhinein keine Fehler der Alarmanlage festgestellt hat, reicht insoweit nicht aus, denn der Gebührentatbestand nach Nr. 14.8.2 ist nach dem oben Dargelegten bereits erfüllt, wenn eine Ursache für die Auslösung des Alarms für die Polizei nicht feststellbar ist. Die Polizei muss gerade nicht den Nachweis führen, dass die Alarmierung nicht gerechtfertigt war.
Die Erstreckung der Gebühr auch auf Fälle, in denen eine Ursache für die Auslösung des Alarms nicht feststellbar ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Verwendung technischer Alarmeinrichtungen schließt der Natur der Sache nach auch spezifische Funktionsrisiken ein, denn ein Alarm ohne erkennbaren Anlass ist bei technischen Anlagen eine typische, diesen Sicherungssystemen eigene Erscheinung2. Es ist deshalb nicht ungerechtfertigt, wenn der Benutzer einer solchen Einrichtung dafür auch gebührenrechtlich einstehen muss. Dem steht nicht entgegen, dass die Polizei in Fällen einer Alarmierung aufgrund der Auslösung einer Alarmanlage auch im öffentlichen Interesse an der Verhütung oder Verfolgung von Straftaten tätig wird. Dies ändert nichts daran, dass die Amtshandlung aufgrund der Alarmierung in erster Linie im Interesse desjenigen erfolgt, der sich – wie der Kläger – der Alarmanlage als Sicherungseinrichtung bedient und durch den von ihr ausgelösten Alarm die konkrete Amtshandlung, den Polizeieinsatz, in seinem Interesse veranlasst.
Für diese Veranlassung ist auch unerheblich, dass der Kläger nach seinen Angaben nicht ausdrücklich von der Polizei verlangt hat, dass diese wegen der Auslösung des Alarms zu seinem Anwesen fährt, sondern dass ihm dies von der Polizei vorgeschlagen wurde und er selbstverständlich damit einverstanden war. Seine Mitteilung an die Polizei von der Auslösung des Alarms war auch ohne ausdrückliches Fordern eines Polizeieinsatzes nach Sinn und Zweck gerade darauf gerichtet, die Polizei im Rahmen ihres Einschreitensermessens und ihrer Möglichkeiten um Schutz zu ersuchen. Darin liegt gerade auch der Zweck einer Alarmauslösung durch eine entsprechende Einrichtung und der Information der Polizei darüber.
Aus den dargelegten Gründen ist es auch rechtlich ohne Bedeutung, dass sich der Kläger mit der Mitteilung vom Auslösen der Alarmanlage an die Polizei völlig korrekt verhalten hat. Der Gebührentatbestand, der an die „ungerechtfertigte Alarmierung“ unter anderem durch eine Einbruchsmeldeanlage anknüpft, beinhaltet keinen Vorwurf eines Fehlverhaltens.
Der Kläger ist auch gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 LGebG Kostenschuldner der von ihm verlangten Gebühr. Nach dieser Bestimmung ist derjenige Kostenschuldner, der die Amtshandlung veranlasst oder zu dessen Gunsten sie vorgenommen wird. Bereits dadurch, dass der Kläger an seinem Anwesen eine Einbruchsmeldeanlage installiert und diese aktiviert hat und die Polizei von der auf dem Handy seiner Frau empfangenen Alarmierung informiert hat, hat er den Polizeieinsatz und damit die gebührenpflichtige Amtshandlung veranlasst. Diese ist im Übrigen auch zu seinen Gunsten vorgenommen worden.
Der Gebührentatbestand der Nr. 14.8.2 des Besonderen Gebührenverzeichnisses verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere ist er mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Er überbürdet nicht in willkürlicher Weise Kosten, die grundsätzlich von der öffentlichen Hand zu tragen sind, auf Private. Nach § 2 Abs. 1 LGebG sind Gebühren vorzusehen für Amtshandlungen, die zum Vorteil Einzelner vorgenommen werden oder wegen des Verhaltens Einzelner erforderlich sind. Dass die Leistung, für die die Gebühr erhoben wird, zugleich auch allgemein im öffentlichen Interesse erfolgt, hier an der möglichen Verhütung oder Verfolgung von Straftaten, stellt die Gebührenpflicht nicht in Frage, wenn zwischen der Kosten verursachenden Leistung der Verwaltung und dem Gebührenschuldner eine besondere Beziehung besteht, die es rechtfertigt, die Amtshandlung ihm als Gebührenschuldner individuell zuzurechnen und sie nicht aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren. Eine solche besondere Beziehung ist hier durch die Installation der Einbruchsmeldeanlage begründet worden, die dem Schutz des Eigentums des Klägers dient. Deren Betrieb bezweckt die Benachrichtigung der Polizei für den Fall der Alarmauslösung, die hier folgerichtig auch vom Kläger selbst vorgenommen wurde. Angesichts des eindeutigen überwiegenden privaten In-teresses am Polizeieinsatz bestehen keine rechtlichen Bedenken, dass der Begünstige grundsätzlich bei einem Fehlalarm zur Kostentragung herangezogen wird.
Die Gebührenfestsetzung begegnet auch der Höhe nach keinen Bedenken. Der Beklagte ist nach Nr. 14.8.2 der Anlage zum Besonderen Gebührenverzeichnis berechtigt, für die unberechtigte Alarmierung durch eine Einbruchsmeldeanlage eine Gebühr in Höhe von € 171,00 zu erheben.
Schließlich sind, so das Verwaltungsgericht Koblenz, auch keine Billigkeitsgründe dargetan oder sonst ersichtlich, die ein Absehen von der Gebührenerhebung oder deren nachträglichen Erlass rechtfertigen könnten.
Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die die Gebührenerhebung in seinem Fall unzumutbar oder unbillig erscheinen lassen könnten, und derartige Umstände sind auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr hat sich in seinem Fall das mit der Installierung einer Alarmanlage begründete Risiko verwirklicht, dass die Polizei infolge einer Alarmauslösung informiert wird und sich bei dem Polizeieinsatz zum Schutze des Eigentums keine auf einen Einbruchsversuch hindeutenden Anhaltspunkte ergeben. In diesem Fall entspricht es angesichts der mit der Alarmeinrichtung verbundenen Möglichkeit technischer Fehlfunktionen gerade dem Sinn und Zweck der Gebührenregelung, denjenigen zu den Kosten heranzuziehen, dessen Alarmanlage durch die Alarmauslösung den Polizeieinsatz verursacht hat. Eine andere Beurteilung ist hier auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil kurz nach den Polizisten auch der vom Kläger angerufene Bekannte an Ort und Stelle eingetroffen ist und mittels eines Schlüssels den Zutritt zum Haus zur weiteren Überprüfung ermöglicht hat. Das folgt bereits daraus, dass der Kläger schon zuvor den Polizeieinsatz zurechenbar veranlasst hatte, dessen Kosten nunmehr geltend gemacht werden. Die Benachrichtigung des Bekannten diente auch nicht dem Zweck, den Polizeieinsatz zu vermeiden. Schließlich ist auch die kurze Entfernung zwischen der Polizeidienststelle und dem Anwesen des Klägers von ca. 1,5 Kilometern kein besonderer Umstand, der die Gebührenerhebung unbillig macht. Die Gebühr ist zulässigerweise als Pauschalgebühr je Einsatz der Polizei ausgestaltet. Auf die Entfernung und die konkrete Dauer des Polizeieinsatzes kommt es daher – auch angesichts der nicht besonders hohen Gebühr – nicht an.
Ein Anlass zur Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht Koblenz gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 1 VwGO besteht nach seiner Auffassung nicht, da Berufungszulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.
Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 15.04.2020 – 3 K 1063/19.KO
- VG Neustadt a.d.W., Urteil vom 22.08.2011 – 5 K 414/11.NW [↩]
- BVerwG, Urteil vom 23.08.1991 – 8 C 37/90, NJW 1992, 2243 [↩]