Die Kameraattrappe und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht

Das Amtsgericht Brühl hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, in dem es darum ging, daß ein Nachbar an seinem Balkon eine Kameraattrappe (die Frage, ob es sich um eine Attrappe handelte, war zu Beginn des Prozesses noch streitig) angebracht hatte, die auf seinen Kfz-Stellplatz vor dem Haus gerichtet war, da das Fahrzeug mehrfach von Unbekannten beschädigt wurde.

Diese Attrappe hatte eine doppelte Wirkung: Die unbekannten Schädiger haben die Attacken unterlassen, während ein Nachbar jedoch die Entfernung der Attrappe verlangte, da er sich in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt fühlte, da die „Kamera“ den Eingangsbereich des Hauses überwache und Aufzeichnungen durchgeführt werden könnten.

Das Amtsgericht Brühl hat die Klage des Nachbarn – rechtskräftig – mit folgender Begründung zu recht abgewiesen:

„Dem Kläger steht der begehrte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823, 1004 BGB nicht zu. Der Beklagte hat nicht rechtswidrig in das durch § 823 Abs. 1 BGB geschützte Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen.

Bei der streitgegenständlichen Kamera handelt es sich – nunmehr unstreitig – um eine Attrappe. Zwar hatte der Kläger dies zunächst mit Nichtwissen bestritten, nunmehr jedoch, nachdem von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2009 eine Rechnung der Kamera vom 31.05.2007 vorgelegt wurde, aus der ersichtlich ist, daß es sich bei der Kamera um einen „Dummy“ handelt, nicht mehr bestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Jedenfalls aber hat der Kläger die Behauptung des Beklagten, es handele sich um eine Attrappe, nach Erhalt der Rechnung nicht substantiiert genug bestritten.

Die Aufstellung einer bloßen Attrappe aber rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht einen Anspruch nach § 1004 BGB.

Es ist schon sehr fraglich, ob überhaupt eine tatsächliche Beeinträchtigung des Klägers gegeben ist. Eine tatsächliche Überwachung ist durch die Attrappe ausgeschlossen. Der Kläger kann zwar nicht erkennen, ob er tatsächlich gefilmt wird oder nicht. Allein in dem bei ihm entstehenden Eindruck des Anfertigens einer Filmaufnahme liegt auch grundsätzlich schon ein Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht1. Ein solcher Eindruck kann aber aufgrund der Tatsache, dass der Kläger nunmehr weiß, dass es sich um eine Kameraattrappe handelt, nicht entstehen. Im Unterschied zu den oben zitierten Entscheidungen war die Kamera vorliegend nicht dazu befestigt, um eine Vielzahl von unbekannten Personen vom Betreten des Mietshauses abzuhalten, sondern zur Verhinderung von Übergriffen auf den Pkw des Beklagten. Zwar könnte eine Beeinträchtigung des Klägers dergestalt, dass seine Besucher sich von der Kamera beeinträchtigt fühlen, da sie nicht unbedingt wissen, dass es sich bei der Kamera um eine Attrappe handelt, dann vorliegen, wenn die Kamera nicht nur auf den Platz gerichtet ist, wo der Pkw steht, sondern auch auf den Eingangsbereich des Wohnhauses. Die zwischen den Parteien umstrittene Frage der Ausrichtung der Kamera kann jedoch dahinstehen, da der Eingriff in Rechte des Klägers bei Ausrichtung der Kamera auch auf den Eingangsbereich des Wohnhauses jedenfalls durch das Eigentumsrecht des Beklagten nach Art. 14 Abs. 1 GG gerechtfertigt wäre.

Das Aufstellen eine Kameraattrappe durch den Beklagten bewirkt keine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Dieser muss sich wie bereits oben dargelegt gerade nicht stets kontrolliert fühlen. Es können mit der Attrappe keinerlei Aufzeichnungen festgehalten werden. Die Beeinträchtigung des Klägers durch die etwaige Beeinträchtigung seiner Besucher, die nicht wissen, dass es sich um eine Kameraatrappe handelt, ist insgesamt gering einzuschätzen. Diesem etwaigen geringen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers stehen auf der anderen Seite diesen aufwiegende Gründe entgegen, die sich aus rechtlich geschützten Belangen des Beklagten ergeben. Unstreitig wurde im März und April des Jahres 2007 auf den vor der Garage des Beklagten abgestellten Pkw mehrfach Anschläge mit Leuchtspurmunition durchgeführt. Ende Mai desselben Jahres wurde an dem dort geparkten Fahrzeug eine Steuerleitung des ABS durchtrennt. Um weiteren Anschlägen vorzubeugen, installierten der Beklagte und seine Ehefrau die streitgegenständliche Kameraattrappe. Das verfassungsrechtlich garantierte (Art. 14 Abs. 1 GG) Recht, geeignete Schutzmaßnahmen für sein Eigentum zu ergreifen, greift hier, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine Kameraattrappe handelt, nicht in unverhältnismäßiger Weise auf Kosten des Eingriffs in hochrangige Rechtsgüter unbeteiligter Dritter ein.“

Amtsgericht Brühl, Urteil vom 11. Januar 2010 – 23 C 435/09

  1. LG Darmstadt, NZM 2000, 360; AG Aachen, NZM 2004, 339; AG Wedding, NZM 1998, 402 []

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