Überwachungskameras werden – häufig nicht ohne Grund – auch im privaten Bereich immer beliebter, um Grundstück und Eigentum zu schützen.
Problematisch ist aber immer, welcher Bereich hierbei überwacht wird, da die Perönlichkeitsrechte Dritter hierdurch beeinträchtigt werden können.
Das Amtsgericht Bad Iburg hat nun entschieden, dass Nachbarn auch dann schon einen Anspruch auf Entfernung von Überwachungskameras haben können, wenn sie eine Überwachung objektiv ernsthaft befürchten müssen.
Was war passiert?
In dem entschiedenen Fall sind die Parteien Nachbarn und bewohnen jeweils eine Hälfte eines ländlich gelegenen Doppelhauses. Sie sind seit mehreren Jahren total zerstritten.
Im Sommer 2020 brachte der Beklagte auf seinem Grundstück zwei Überwachungskameras mit intelligenter Videotechnologie an. Die Kameras können Daten speichern und verarbeiten, Personenzählungen auch nach Alter und Geschlecht sowie Objekt- und Personenerkennung in Echtzeit durchführen.
Die vordere Kamera erfasst aus einer Höhe von ca. 4-5 m den gesamten Einfahrtsbereich sowie die Zufahrtsstraße nebst Wanderweg. Die in einer Höhe von 3-4 m angebrachte Kamera an der Rückseite des Hauses ist auf den hinter dem Doppelhaus befindlichen Garten und die dahinterliegenden Felder ausgerichtet.
Beide Kameras sind grundsätzlich in der Lage, das Grundstück der Klägerin zu erfassen. Allerdings, so behauptete der Beklagte, würden alle Bereiche, die nicht seinem Grundstück zuzuordnen seien, verpixelt.
Die Klägerin verklagte den Beklagten auf Entfernung der Kameras und hatte vor dem Amtsgericht Bad Iburg Erfolg.
Die Entscheidung:
Das Amtsgericht Bad Iburg hat den Beklagten verurteilt, die Kameras zu entfernen oder so auszurichten, dass die Linsenbereiche der Kameras vom Grundstück der Klägerin aus nicht mehr zu sehen sind.
Der Klägerin stehe ein Anspruch gemäß auf Beseitigung der Kameras in der jetzigen Form zu, da die Installation ihr Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt (§§ 823, 1004 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG).
Dabei könne offenbleiben, ob die Kameras tatsächlich Teile des klägerischen Grundstücks erfassen. Ein Unterlassungsanspruch könne nämlich schon dann bestehen, wenn jemand eine Überwachung durch Überwachungskameras objektiv ernsthaft befürchten müsse („Überwachungsdruck“).
Dies sei hier der Fall gewesen. Denn die Klägerin habe aufgrund der Umstände objektiv ernsthaft befürchten müssen, in den Überwachungsbereich der Kameras einbezogen zu werden. Beide Kameras seien grundsätzlich von der Anbringung und vom Erfassungswinkel her in der Lage, das Grundstück der Klägerin (teilweise) zu erfassen. Darauf, ob Teile des Erfassungsbereichs verpixelt seien, komme es nicht an, da die Verpixelung aufgehoben werden könne und dies für die Klägerin von außen nicht zu erkennen sei.
Darüber hinaus sei – wie auch das beiderseitige Verhalten vor Gericht gezeigt habe – das nachbarschaftliche Verhältnis der Parteien durchweg von Auseinandersetzungen und Misstrauen geprägt, so dass die Klägerin tatsächlich auch objektiv nachvollziehbar die konkrete Befürchtung haben kann, dass es zu einer Überwachung durch die streitgegenständlichen Kameras kommt.
Amtsgericht Bad Iburg, Urteil vom 12.11.2021 – 4 C 366/21
Anmerkung:
Dieser Fall unterschiedet sich von dem von uns hier veröffentlichten Fall insofern, als dort nachgewiesen werden konnte, dass es sich um Kameraattrappen handelte.