Nach dem Bundesjagdgesetz bilden zusammenhängende Grundflächen mit einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Fläche von mindestens 75 ha, die im Eigentum ein und derselben Person stehen, einen Eigenjagdbezirk. Alle Grundflächen einer Gemeinde, die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören, bilden einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk, wenn sie im Zusammenhang mindestens 150 ha umfassen. Die Eigentümer der Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden kraft Gesetzes eine Jagdgenossenschaft. Ihr steht im gemeinschaftlichen Jagdbezirk das Jagdausübungsrecht zu. Die Jagdgenossenschaft nutzt die
Jagd in der Regel durch Verpachtung. Diese Zwangsmitgliedschaft der betroffenen Grundeigentümer in der Jagdgenossenschaft ist nach einem jetzt veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verfassungsmäßig nicht zu beanstanden.
Der Beschwerdeführer in dem jetzt vom BVerfG entschiedenen Fall, der die Jagd auf Tiere aus Gewissensgründen ablehnt, ist Eigentümer eines Grundstücks, das zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört. Er hält die Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft für verfassungswidrig. Seinem Antrag auf Entlassung aus der Jagdgenossenschaft wurde nicht entsprochen; die hiergegen erhobene Klage blieb vor den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg. Seine Verfassungsbeschwerde wurde von der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen. Dieser Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Das Eigentumsgrundrecht ist nach Ansicht des BVerfG durch die zwangsweise Mitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft nicht verletzt. Die Regelungen des Bundesjagdgesetzes über die gemeinschaftlichen Jagdbezirke und das Jagdausübungsrecht durch die Jagdgenossenschaften stellen eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar. Sie verfolgen legitime Ziele, sind erforderlich und beeinträchtigen die Eigentümerinteressen nicht unverhältnismäßig. Die gesetzgeberischen Ziele erschöpfen sich nicht in der Ermöglichung der Jagdausübung und der Vermeidung von Wildschäden, sondern umfassen auch Gesichtspunkte des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des Tierschutzes. Der Gesetzgeber hat mit dem Jagdrecht ausdrücklich die Pflicht zur Hege verbunden. Die Hege hat die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes, sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel. Ein dem Gedanken der Hege verpflichtetes Jagdrecht dient auch dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20 a GG).
Der Gesetzgeber durfte annehmen, dass die Zwecke des Jagdrechts einschließlich der Hege am besten in grundstücksübergreifender Weise verwirklicht werden können. Würde man einzelnen oder allen Eigentümern das Jagdrecht zur freien Ausübung belassen, bedürfte es ? um die genannten Jagd- und Hegeziele zu erreichen ? eines voraussichtlich erheblich höheren Regelungs- und Überwachungsaufwands durch den Staat, als dies gegenwärtig gegenüber den auch selbstverwaltend tätigen Jagdgenossenschaften der Fall ist. Demgegenüber stellen sich die Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers nicht als besonders gravierend dar. Zudem sieht das Gesetz in den Mitwirkungsrechten des Beschwerdeführers in der Jagdgenossenschaft und in seinem nicht abdingbaren Teilhaberecht am Pachterlös einen angemessenen Ausgleich für die Beschränkung des Eigentums vor.
Der betroffene Grundeigentümer ist nicht in seiner Gewissensfreiheit verletzt, denn der Gewissensfreiheit stehen kollidierende Verfassungsgüter gegenüber. Es handelt sich dabei um die gleichen, auf verfassungsrechtliche Wertentscheidungen rückführbaren Ziele des Jagdrechts, die auch die jagdrechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums rechtfertigen. Müssten die Grundstücke der Grundeigentümer, der die Jagd ablehnen, aus der Jagdgenossenschaft ausscheiden, wäre die vom Gesetzgeber bezweckte Eigentums- und Hegeordnung in Gefahr. Demgegenüber wiegt die Beeinträchtigung der Grundeigentümer dadurch, dass er die Ausübung der Jagd auf seinen Grundstücken hinnehmen muss, geringer, auch wenn sie ihn subjektiv nicht unerheblich belasten mag. Der Grundeigentümer wird schließlich nicht gezwungen, die Jagd auszuüben oder diese tätig zu unterstützen.
Auch aus der Europäische Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergibt sich nichts anderes. Insbesondere das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 29. April 1999 zum französischen Jagdrecht ist hier wegen der Unterschiede der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse nach deutschem Jagdrecht gegenüber den seinerzeit maßgeblichen nach französischem Recht nach Ansicht des BVerfG nicht einschlägig.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. Dezember 2006 ? 1 BvR 2084/05