Keine Lust zu 1-Euro-Job – Leistungskürzung nur bei ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung

Das Bundessozialgericht hat entschieden, daß ein Hilfebedürftiger, dem Grundsicherungsleistungen gewährt werden, vor einer Herabsetzung wegen der Verweigerung der Annahme eines sog. „Ein-Euro-Jobs“ auch eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung erteilt werden muß.

Das Bundessozialgericht urteilte, daß der Absenkungsbescheid, mit dem die Beklagte die der Klägerin gewährten Grundsicherungsleistun­gen für die Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2007 herabgesetzt hatte, rechtswidrig ist, weil die Beklagte die Klägerin nur unzulänglich über die Rechtsfolgen belehrt habe, die sich aus der Weigerung ergeben würden, die zusätzliche Arbeitsgelegenheit im Projekt „Job for Junior“ weiter auszuführen. Zwar hat die Klägerin, so das Bundessozialgericht, damit ihre in der Eingliederungsvereinbarung übernommene Verpflichtung verletzt. Die Sanktionstatbestände des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr b und c SGB II setzen jedoch voraus, dass der Hilfe­bedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt worden ist. Die Belehrung über die Rechtsfolgen muss konkret, verständlich, richtig und vollständig sein. Erforderlich ist insbesondere eine Umsetzung der in Betracht kommenden Verhaltensanweisungen und möglicher Maß­nahmen auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls. Diese strengen Anforderungen an den Inhalt der Rechts­folgenbelehrung sind vor allem deshalb geboten, weil es sich bei der Herabsetzung der Grundsiche­rungsleistungen, wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) hervorgeht, um einen schwerwiegenden Eingriff handelt.

Die der Klägerin bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung erteilte Rechtsfolgenbelehrung genügt den genannten Anforderungen nicht. Die Klägerin wurde nicht konkret über die Rechts­folgen einer Pflichtverletzung belehrt; die Belehrung bestand vielmehr im Wesentlichen aus einer Wiedergabe des Gesetzestextes. Sie führte eine Vielzahl von Sanktionstatbeständen und möglichen Rechtsfolgen auf, ohne die konkret in Betracht kommenden deutlich zu machen. Auch im Schreiben vom 4. Januar 2007, das der Klägerin zuging, nachdem sie angekündigt hatte, die Maßnahme nicht fortsetzen zu wollen, findet sich keine Belehrung, die den genannten Anforderungen genügt. Da der Absenkungs­bescheid schon wegen der unzulänglichen Rechtsfolgenbelehrung aufzuheben war, war nicht darüber zu entscheiden, ob die im Bescheid angeordnete völlige Streichung der Regelleistung für einen Zeit­raum von drei Monaten zulässig war.

Das Bundessozialgericht hat die Revision der beklagten Arbeitsgemeinschaft nach mündlicher Verhandlung zurückgewiesen und das angefochtene Urteil des Sozialgerichts bestätigt.

Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 14 AS 53/08 R

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