Der Kläger fuhr am 29.03.1999 gegen 19.55 Uhr mit seinem Fahrrad den asphaltierten Rheindeichweg zwischen O in Richtung M. Er führte seinen Mischlingshund C an einer Leine mit. Die Leine hatte der Kläger fest um den Fahrradlenker gewickelt. Zur gleichen Zeit gingen auf einem Feldweg unterhalb des Deichweges in entgegengesetzter Richtung die damals 14 Jahre alte Beklagte zu 2), die Tochter des Beklagten zu 1), und ihre jüngere Cousine, die Zeugin X, mit dem Hund U des Beklagten zu 1) spazieren. Dieser Hund war nicht angeleint und lief in Richtung des Hundes des Klägers. Es kam dann zu einem Sturz des Klägers vom Fahrrad. Unfallhergang und -folgen sind streitig.
Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz und Feststellung in Anspruch.
Der Kläger hat vorgetragen, er sei an den linken Rand des Deichweges gefahren, um einen Sichtkontakt des frei laufenden Hundes U zu vermeiden. Im dortigen Landschaftsschutzgebiet „K Weiden“ sei es verboten, Hunde frei herumlaufen zu lassen. Nachdem er circa 120 Meter weiter gefahren sei und sich in der Nähe eines stark beschnittenen Baumes befunden habe, habe er plötzlich hinter sich links ein knurrendes fletschendes Geräusch gehört. Im nächsten Moment habe sich von der linken Seite kommend der Hund U auf C gestürzt, der sich vor dem Fahrrad des Klägers befunden habe. Der äußerst ängstliche C habe versucht, vor dem fremden Hund wegzulaufen. Danach seien beide Hunde quer vor das Fahrrad des Klägers gelaufen. Hierbei sei er kopfüber über den Lenker gestürzt und mit dem Kopf auf den Boden geprallt, sodass er für kurze Zeit das Bewusstsein verloren habe. Nachdem er sich nach Hause geschleppt habe, seien die Kopfschmerzen immer stärker geworden und das linke Bein sei angeschwollen, sodass er sich ins Krankenhaus T habe begeben müssen. Dort seien starke Prellungen, eine schwere Gehirnerschütterung mit der Folge des Sehens von Doppelbildern festgestellt worden. In der Zeit vom 29.3. bis 03.04.1999 sei er stationär im Krankenhaus gewesen.
Für den Zeitraum 29.03.1999 bis 31.03.2000 verlangt der Kläger Zahlung eines Schmerzensgeldes von 15.000,00 DM. Ferner begehrt er Feststellung der Zahlungsverpflichtung der Beklagten hinsichtlich allen zukünftigen materiellen und immateriellen Schadens. Seine übrigen Zahlungsansprüche, u.a. Lohnausfall und Sachschäden, beziffert er auf insgesamt bisher 70.619,46 DM. Auf diesen Betrag rechnet er die unter Vorbehalt erbrachten Leistungen der Tierhalterhaftpflicht-Versicherung des Beklagten zu 1) in Höhe von 4.800,00 DM an, sodass ein Betrag von 65.819,46 DM verlangt wird.
Wegen der Einzelheiten der Schadensberechnung wird auf die Klageschrift Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
1.
die Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum bis zum 31.12.1999 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, welches jedoch für die Zeit bis zum 31.03.2000 mindestens 15.000.00,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung betragen soll.
2.
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger alle zukünftige materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzten, die durch den Sturz des Klägers am 29.03.1999 verursacht wurden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
3.
an den Kläger einen weiteren Betrag von 65.819,46 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben die Unfalldarstellung des Klägers bestritten und vorgetragen, der Deichweg, auf dem der Kläger gefahren sei, und der Standort der beiden Mädchen auf dem Feldweg unterhalb des Deichweges seien nicht von einem Leinenzwang für Hunde erfasst. Der Unfall habe sich ereignet, als sich der Kläger nach rechts umgedreht habe, während sein Hund, der auf der linken Seite des Fahrrades gelaufen sei, sich nach dem Hund des Beklagten zu 1) umgewendet habe. Als der Kläger mit seinem Hund die Beklagte zu 2) passiert habe, sei der Hund des Beklagten zu 1) auf den Hund des Klägers aufmerksam geworden und sei ihm nachgelaufen. Die Entfernung zwischen den Hunden habe mindestens 5 bis 6 Meter betragen. Nach dem Sturz des Klägers hätten die Mädchen festgestellt, dass der Hund noch am Lenker festgebunden gewesen sei. Der Klägers sei sofort wieder aufgestanden. Er habe erklärt, dass er sich nicht verletzt habe und dass keine Schäden an seiner Jacke entstanden seien. Der Kläger habe sich Namen und Anschrift der Beklagten zu 2) notiert und sei anschließend weitergefahren. Der Sturz sei nicht Ausfluss der typischen Tiergefahr des Hundes des Beklagten zu 1), sondern Folge des eigenen Verhaltens des Klägers. Der Unfall beruhe einzig und allein darauf, dass der Hund des Klägers vor dem Hund des Beklagten zu 1) habe weglaufen wollen und der Hund des Klägers am Fahrradlenker festgebunden gewesen sei. Außerdem habe der Kläger mit dem Fahrrad später noch einen weiteren Schaden erlitten, bei dem sein Hund erneut eine wesentliche Rolle gespielt habe. Aus diesem Grund werde bestritten, dass die behaupteten Unfallfolgen auf den Sturz vom 29.03.1999 zurückzuführen seien.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Beklagten zu 2) als Zeugin sowie der Zeugin X (Bl. 110 ff GA). Sodann hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, eine grundsätzlich bestehende Tierhalterhaftung des Beklagten zu 1) trete hinter dem weit überwiegenden Mitverschulden des Klägers zurück. Er müsse sich sowohl sein eigenes Verhalten als auch die Tiergefahr seines Hundes zurechnen lassen. Der Kläger sei, als er den unangeleinten Hund des Beklagten zu 1) gesehen habe, mit dem Fahrrad weitergefahren, während die Leine seines Hundes am Fahrrad befestigt geblieben sei. Das Spannen der Leine stelle die ganz im Vordergrund stehende Ursache für den Sturz dar. In erster Linie habe das Davonstreben des Hundes des Klägers den Unfall verursacht, als er das Fahrrad mittels der Leine umgezogen habe. Auch sei eine Haftung durch Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nicht gegeben. Selbst wenn man dem Beklagten zu 1) einen Vorwurf dahingehend machen könnte, dass er für das Anleinen nicht Sorge getragen habe, so überwiege das Mitverschulden des Klägers deutlich. Der Kläger habe erkannt, dass der andere Hund unangeleint war und sei gleichwohl mit dem Fahrrad weitergefahren, während sein ängstlicher Hund fest an der Lenkstange befestigt gewesen sei. Dieses Fehlverhalten sei überwiegend. Aus den gleichen Gesichtspunkten scheide eine Haftung der Beklagten zu 2) aus.
Gegen das ihm am 12.10.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 23.10.2000, eingegangen am 06.11.2000, Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, der Unfall sei nicht durch Überspannen der Leine geschehen. Das von ihm seit Jahren unfallfrei praktizierte Anleinen von Hunden an den Fahrradlenker habe den Vorteil einer freien Nutzung beider Arme. Die circa 1,50 bis 2,00 Meter lange Leine ermögliche eine ausreichendes Reaktionsmöglichkeit. Sein Hund sei – im Gegensatz zu seinem Vortrag in der Klageschrift – nicht ängstlich, sondern friedlich und zurückhaltend und reagiere auf andere Hunde normal und ruhig. Der Kläger habe die beiden Personen mit dem frei im Feld laufenden Hund bereits über 230 Meter vor der Passierstelle beobachtet. Nachdem er über 25 Meter hinter den Personen mit dem Hund gewesen sei, sei er davon ausgegangen, dass der andere Hund seinen Hund nicht gesehen habe. Nach 5 bis 6 Sekunden bzw. 25 Meter weiter habe plötzlich der Hund U von links kommend den Kläger überholt, sich auf C gestürzt und diesen von links nach rechts getrieben. Dann sei U vor das Fahrrad gelaufen. Der Kläger habe dann sofort eine Bremsung und ein Ausweichen nach links versucht, um ein Überfahren des Hundes zu vermeiden. Dadurch sei er aus dem Gleichgewicht geraten. Er habe mit einem Zug nach rechts gerechnet. Dieser und ein Spannen der Leine seien ausgeblieben. Im Zuge seiner Linksbewegung sei der Kläger nach links über den entsprechenden Teil des Lenkers gestürzt.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts gemäß den Schlussanträgen des Klägers erster Instanz zu erkennen, jedoch mit der Maßgabe, dass es bei dem Antrag zu 1. ausschließlich heißen müsse „für die Zeit bis zum 31.03.2000“;
für den Fall der Sicherheitsleistung ihm nachzulassen, diese durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse, die als Zoll- oder Steuerbürge zugelassen ist, zu erbringen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das Urteil des Landgerichts. Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Es sei weder zu einer Berührung zwischen den Hunden untereinander noch zu einer Berührung mit dem Kläger selbst gekommen, vielmehr sei der Kläger allein deshalb zu Boden gestürzt, weil der Hund des Klägers ihn auf Grund der festgebundenen Leine mitgezogen habe. Damit habe sich die von dem Hund des Beklagten zu 1) ausgehende Tiergefahr nicht im konkreten Verletzungserfolg realisiert. Jedenfalls trete eine Tierhalterhaftung wegen der weit überwiegenden Mitverursachung des Sturzes durch den Hund des Klägers und den Kläger selbst zurück. Der Kläger hätte damit rechnen müssen, dass sein Hund von dem Fahrrad wegstrebe und ihn umreiße. In Kenntnis dieser Gefahr hätte der Kläger von seinem Rad absteigen müssen. Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten zu 1) scheide aus. Auch treffe die Beklagte zu 2) aus diesem Gesichtspunkt keine Haftung. Auf dem nicht zum Naturschutzgebiet gehörenden Feldweg unterhalb des Deichweges gelte eine Anleinpflicht nicht. Jedenfalls liege ein so überwiegendes Mitverschulden des Klägers vor, dass ein mögliches Mitverschulden der Beklagten zu 2) dahinter zurücktrete.
Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin X. Ferner hat der Senat den Kläger zu dem Unfallgeschehen umfassend angehört.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung des Klägers wird auf die Sitzungsniederschriften vom 28.09.2001, Bl. 231 ff, 19.03.2002, Bl. 249 ff, sowie 09.07.2002, Bl. 272 ff, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist unbegründet.
Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
I.
Gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrages zu 2. sind keine Bedenken erkennbar. Es besteht ein rechtliches Interesse ( § 256 Abs. 1 ZPO ) des Klägers an der begehrten Feststellung, weil noch nicht zu beziffernde Zukunftsschäden in Betracht kommen (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZO, 24. Aufl., § 256, Rn 14 mit weiteren Nachweisen).
II.
Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Schadensersatzanspruch zu, wie das Landgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt hat.
1.
Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz, insbesondere Schmerzensgeld, gegen den Beklagten zu 1) ergibt sich nicht aus dem Gesichtspunkt der Tierhalterhaftpflicht nach den §§ 833 S. 1 , 847 BGB .
Im Sinne des § 833 S. 1 BGB ist ein Schaden durch ein Tier verursacht, wenn sich die durch die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens hervorgerufene Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum verwirklicht hat (vgl. Palandt-Thomas, BGB, 61. Aufl., § 833, Rn. 6). Bei mitwirkender Verursachung des Schadens durch die vom eigenen Tier des Geschädigten ausgehende Tiergefahr muss sich der Geschädigte seine eigene Tierhalterhaftung entsprechend § 254 BGB anrechnen lassen (vgl. OLG Hamm, NJW, RR 1995, 598; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 1255; Stein in Münchener Kommentar, BGB , 4. Aufl., § 833, Rn 43; Staudinger – Belling/Eberl-Borges, BGB, Bearbeitung 2002, § 833, Rn 196, 197, 203). Haben bei der Schadenentstehung dem Geschädigten zuzurechnende Umstände mitgewirkt, so ist ihm dies als Mitverantwortlichem entgegenzuhalten. Bei zwei beteiligten Tieren verschiedener Halter bestimmt sich die Ersatzpflicht nach dem Gewicht, mit dem die Tiergefahr beider Tiere im Verhältnis zueinander wirksam geworden ist (vgl. BGH, NJW 1985, 2416; OLG Hamm, NJW – RR 1995, 598 [OLG Hamm 24.11.1994 – 6 U 236/93] ), wobei die Haftung einer Seite ganz zurücktreten kann (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1999,1255). Entscheidend ist, in welchem Maße das in den Tieren jeweils verkörperte Gefahrenpotenzial konkret auf die Schädigung eingewirkt hat. Tritt ein mitwirkendes Verursachen und Verschulden des Verletzten hinzu, so ist eine Abwägung zwischen dem Maß der Verursachung und des Verschuldens des Geschädigten und den Auswirkungen der Tiergefahr vorzunehmen (vgl. Palandt -Thomas, a.a.O., § 833, Rn. 13). So liegt der Fall hier.
Der Verursachungs- und Verschuldensbeitrag des Klägers und die Verwirklichung der Tiergefahr seines eigenen Hundes, C, an dem Unfallgeschehen überwiegt so stark, dass die Tiergefahr des Hundes des Beklagten zu 1), U, und ein etwaiges Verschulden auf Seiten der Beklagten demgegenüber zurücktritt. Der Schaden ist im Wesentlichen durch eine Fehlreaktion des Klägers in Verbindung mit dem Verhalten des eigenen Hundes entstanden. Der Kläger hat sich im höchsten Maße leichtsinnig verhalten, indem er mit der um den Fahrradlenker gewickelten Leine weitergefahren ist, als er den in der Nähe der spielenden Mädchen frei umherlaufenden Hund des Beklagten zu 1), U, bemerkte, der sich seinem Hund, C, näherte.
Zwar ist das Führen eines Hundes von einem Fahrrad aus im Grundsatz gestattet ( § 28 Abs. 1 Satz 4 StVO ). Größere, schnell laufende Hunde dürfen gemäß dieser Ausnahmebestimmung von Fahrrädern aus geführt werden, soweit dies mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 28 StVO, Rn 13).
Das Umwickeln des Fahrradlenkers mit der Leine in der vorliegenden Weise birgt jedoch beim Radfahren eine besondere Gefahr. Es bestehen bereits Zweifel, ob es sich hierbei um ein „Führen“ im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 4 StVO handelt. Die Leine kann im Notfall nicht in kurzer Zeit gelöst werden. Dementsprechend muss der Fahrradfahrer besonders aufmerksam fahren, um einen Unfall auf Grund der Befestigung der Hundeleine zu vermeiden. Er muss – falls erforderlich – stehen bleiben und vom Rad absteigen. Ob der Hund des Klägers – wie nunmehr vorgetragen wird – nicht ängstlich, sondern friedlich und zurückhaltend ist, erscheint nicht von entscheidender Bedeutung. Maßgebend ist die Befestigung der Leine.
Demgegenüber war das Verhalten des Hundes U des Beklagten zu 1), Hinlaufen zu dem anderen Hund, von untergeordneter Bedeutung. Ein besonderes Drohverhalten ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen, würde aber an der wertenden Beurteilung nichts ändern (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1999,1255).
Wie der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Senat selbst eingeräumt hat, hat er die Leine, die normalerweise ausgefahren und auf Knopfdruck eingezogen werden kann, so weit um den Lenker gewickelt, dass „circa 1,50 bis 1,60 Meter Leine draußen waren“. Es bestand also nach seinen Angaben nur ein Abstand von ungefähr 1,50 Meter der festen Leine zwischen Fahrradlenker und Hund. Durch diese Art der Umwicklung kann die Leine nicht schnell genug freigegeben werden und der Fahrradfahrer ist bei einem geringen Spielraum der Leine unmittelbar der Zugwirkung des Hundes ausgesetzt. Diese Gefahr hat sich im vorliegenden Fall verwirklicht.
Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat ergeben, dass der Unfall entscheidend dadurch entstanden ist, dass der am Lenker festgebundene Hund des Klägers wegstrebte und dadurch das Fahrrad in der Weise gezogen hat, dass der Kläger zu Boden fiel. Die Zeugin X hat dies glaubhaft bekundet. Die Zeugin hat geschildert, dass sie und die Beklagte zu 2) zunächst mit dem Hund U des Beklagten zu 1 ) mit Steinchen gespielt hätten. Dann habe U den Kläger mit seinem Hund bemerkt und sei den Damm hochgelaufen. Daraufhin habe sich der Hund des Radfahrers umgedreht. Die beiden Hunde hätten sich nicht berührt. Anschließend habe der Hund des Radfahrers diesen nach hinten gezogen und der Radfahrer sei hingefallen. Beide Mädchen seien danach hoch zu dem Radfahrer und hätten ihn gefragt, ob alles o. k. sei. Er habe dies bejaht. Er habe seinen Lenker gerade gebogen und sei gefahren. Dann sei er wieder zurückgekehrt und habe nach der Adresse der Beklagten zu 2) gefragt und nach dem Namen des Hundes.
Diese Angaben der bei ihrer Vernehmung 14 Jahre alten Zeugin waren glaubhaft. Sie waren frei von Widersprüchen und stimmen im Kern mit ihren Angaben vor dem Landgericht und den Angaben der Beklagten zu 2) vor dem Landgericht überein. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Zeugin auch von ihrer Position den Hergang genau überblicken konnte. Sie hat bekundet, sie habe den Radfahrer gesehen, als U den Damm hochgelaufen sei. Dann hat sie den Hund mit den Blicken weiterverfolgt. Die Zeugin konnte sich an Einzelheiten erinnern und war um Aufklärung der Sache bemüht. Soweit sie wegen des Zeitablaufs Umstände nicht mehr in Erinnerung hatte, hat sie dies offen und freimütig bekundet. So hat die Zeugin ihre Entfernungsangabe von 2 bis 3 Metern zwischen ihr und dem Radfahrer (Vernehmung vom 28.09.2001) im Rahmen der Vernehmung vom 19.03.2002 dahin korrigiert, dass sie die Entfernung heute nicht mehr wisse. Dies führt jedoch nicht zu einer anderen Beurteilung. Beide Mädchen sind im Laufe des Geschehens zu dem Radfahrer hingelaufen, sodass dieser Umstand die Entfernungsschätzung beeinflusst haben kann. Entscheidend ist, dass nach der Überzeugung des Senats die Zeugin gesehen hat, dass der Kläger von dem davonstrebenden eigenen Hund durch Ziehen an der Leine zu Fall gebracht worden ist.
Der Senat konnte sich – auch unter Berücksichtigung der zu den Akten gereichten Fotografien – ein Bild von der Situation vor Ort machen, sodass es einer Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit nicht bedurfte.
Demgegenüber waren die Angaben des Klägers zum Hergang, insbesondere auch zu der Örtlichkeit, nicht frei von Ungereimtheiten und damit unglaubhaft. Sie waren gekennzeichnet von dem Bestreben, die eigene Fehlreaktion in Anbetracht des Umwickelns des Lenkers mit der Leine in Abrede zu stellen.
Bereits bei seiner Anhörung vor dem Landgericht am 19.09.2000 hat der Kläger eine nachvollziehbare Erklärung für das Hinfallen nicht gegeben, sondern geschildert, beide Hunde seien erst vor dem Rad nach rechts und dann rechtwinklig nach links „den Damm hinunter“ gelaufen. Schon dies ist angesichts der vom Kläger selbst eingeräumten Länge der Leine von mit etwa 1,50 Metern nicht nachzuvollziehen. Auch die vom Kläger selbst vor dem Senat gegebene Darstellung belegt eine fehlerhafte Reaktion als Schadensursache. In Ergänzung zu den Angaben vor der Kammer des Landgerichts hat der Kläger – teilweise abweichend – vor dem Senat bekundet, der Hund von dem Mädchen sei von hinten links aus dem Gras gekommen und habe ihn links überholt. Sein Hund sei auch links von ihm auf dem Gras gelaufen. Der andere Hund sei etwa auf derselben Linie von hinten links gekommen. Beide Hunde seien dann nach rechts rüber. Der Kläger habe gebremst und sein Rad „nach links gelenkt, um nicht drauf zu fahren“. Er habe sich darauf eingestellt, dass es jetzt einen Zug geben könnte. Die Hunde seien im rechten Winkel nach links und es habe keinen Ruck gegeben. Dann sei der Kläger auf den Boden geknallt. Als er nach links gelenkt und gebremst habe, sei das Hinterrad ausgebrochen. Diese Angaben des Klägers zeigen, dass er nach seiner eigenen Darstellung viel zu spät und unangemessen reagiert und gebremst hat.
Auf die Frage, ob im Unfallbereich auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften des Landschaftsschutzes eine Anleinpflicht bestanden hat, kam es nicht an.
Diese Bestimmungen haben Belange des Naturschutzes im Auge, die im vorliegenden Zusammenhang nicht von Bedeutung sind. Soweit Hunde sich im Blickfeld der Begleitperson befinden, besteht haftungsrechtlich im Grundsatz keine besondere Verpflichtung zum Anleinen (vgl. Jagusch/Hentschel, a.a.O., § 28 StVO, Rn 10). Anhaltspunkte, die aus dem Charakter des Hundes des Beklagten heraus eine andere Beurteilung rechtfertigen, haben sich nicht ergeben. Die Zeugin X hat insoweit glaubhaft bekundet, dass beide Mädchen davon ausgegangen seien, der Hund würde „nichts machen“, also sich friedlich verhalten.
2.
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 1) besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht.
Es ist dem Beklagten zu 1) nicht vorzuwerfen, dass er die Beklagte zu 2) mit dem Hund spazieren gehen ließ, wobei diese – wie er wusste – eine Leine mit sich führte, um den Hund, soweit erforderlich, anzuleinen.
Im Übrigen gelten hier dieselben Gesichtspunkte zum überwiegenden Mitverursachungs- und Mitverschuldensanteil des Klägers. Der Kläger bemerkte, dass der Hund des Beklagten zu 1) nicht angeleint war. Er musste damit rechnen, dass sein am Fahrradlenker fest angeleinter Hund durch Ziehen an der Leine darauf reagieren würde. Um dies zu verhindern, hätte der Kläger stehen bleiben und -falls erforderlich- absteigen müssen.
3.
Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2) nach den §§ 834 , 847 BGB besteht nicht.
Die Beklagte zu 2) hat nicht durch Vertrag die Führung der Aufsicht über den Hund übernommen. Eine nur tatsächliche Beaufsichtigung des Tieres durch Familienangehörige genügt nicht (vgl. Palandt – Thomas, a.a.O., § 834, Rn 1).
4.
Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2) gemäß den §§ 823 Abs. 1 , 847 BGB wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu.
Es ist davon auszugehen, dass bei der damals 14 jährigen Beklagten zu 2) die Zurechnungsfähigkeit im Sinne von § 828 Abs. 2 BGB vorgelegen hat.
Vorliegend ist anzunehmen, dass sie die Einsichtsfähigkeit besessen hat, zu erkennen, wann es erforderlich war, den Hund an der Leine zu führen.
Ob allerdings eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgelegen hat, ist zweifelhaft. Erforderlich ist, dass die Gefährlichkeit einer Handlung erkannt oder sie jedenfalls sorgfaltswidrig nicht erkannt wird (vgl. Palandt-Thomas, a.a.O., § 828, Rn 4). Ob die gegebene konkrete Situation ein Anleinen des Hundes des Beklagten zu 1) geboten hat, ist zu verneinen. Allein in dem Umstand, dass die Beklagte zu 2) in dem freien Gelände den Hund hat frei herumlaufen lassen, kann ein Verschulden nicht gesehen werden (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1995,598 [OLG Hamm 24.11.1994 – 6 U 236/93] ; Staudinger – Belling/Eberl-Borges, a.a.O., § 833, Rn 170), zumal davon ausgegangen wurde, dass der Hund sich friedlich verhalten würde. Diese Problematik bedarf jedoch nicht der Vertiefung.
Denn auch insoweit entfällt eine Haftung der Beklagten zu 2) wegen des ganz überwiegenden Mitverursachungs- und Mitverschuldensanteils des Klägers an dem Geschehen, wie oben ausgeführt.
Auf die Frage der haftungsausfüllenden Kausalität und des Umfangs des Schadens kam es demnach nicht mehr an.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 , 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO n.F. liegen nicht vor, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.