Immer wieder werden sogenannte „Listenhunde“ als „Boxer-Mischling“ oder „Boxer-Labrador-Mischlinge“ bei der Kommune angemeldet, insbesondere, um die Haltungsverbote und Auflagen zu umgehen, aber auch die – je nach örtlicher Satzung – erhöhte Hundesteuer. Ob dies immer absichtlich geschieht oder aus Unkenntnis oder aufgrund falscher Angaben des Verkäufers sei dahingestellt.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte sich nun als Beschwerdeinstanz in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit mehreren diesbezüglichen Punkten auseinanderzusetzen.
Der Antragsteller hatte seinen Hund – wohl fälschlicher Weise – im Jahr 2008 als „Boxer-Mischling“ angemeldet, so dass Hundesteuer nur in „normaler“ Höhe festgesetzt wurde. Später erfuhr die Beklagte, dass die Angaben zur Hunderasse wohl falsch waren und setzte daraufhin mit Bescheid vom 25.02.2013 die Hundesteuer rückwirkend für den gesamten Zeitraum ab 2008 höher fest (auf den für sog. „Listenhunde“ geltenden Betrag).
Hiergegen klagte der Antragsteller und begehrte zugleich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage anzuordnen. Beim Verwaltungsrecht Gelsenkirchen hatte er keinen Erfolg. Nun wendet sich der Antragsteller gegen diese Entscheidung mit seiner Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Münster im Wesentlichen mit folgenden Argumenten:
- bei seinem Hund handele es sich nicht um einen American Staffordshire Terrier,
- die Haltung von Hunden, die aus einem Tierheim geholt würden, müsste einem geringeren Steuersatz unterliegen,
- unter finanziellen Gesichtspunkten stelle es eine „unbillige Härte“ dar, wenn er trotz des Klageverfahrens die erhöhte Steuer (zunächst) zahlen müsse und
- die nachträgliche Besteuerung sei unzulässig.
Mit keinem dieser Argumente konnte der Antragsteller beim Oberverwaltungsgericht Münster (jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutzverfahren) durchdringen.
Grundsätzlich kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 VwGO das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer erhobenen Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen (Abgaben-)Bescheides bestehen oder die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides rechtfertigen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs nur, soweit aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsmittelführers im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als sein unterliegen.
Dass das Verwaltungsgericht im Rahmen des vorliegenden auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens von der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Hundesteuerbescheide ausgegangen ist, begegnet unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung ebenfalls keinen beachtlichen Zweifeln, so das Oberverwaltungsgericht Münster.
Die Rassezugehörigkeit:
Zunächst vermögen die – wohl – auf die Besteuerung des Hundes „C.“ beschränkten Ausführungen des Antragstellers die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Zuordnung als „American Staffordshire Terrier“ nicht zu erschüttern. Mit den umfangreichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den maßgeblichen Rassemerkmalen setzt sich der Antragsteller nicht auseinander. Da somit von einer zutreffenden Rassezuordnung durch das Verwaltungsgericht auszugehen ist, kommt eine Stattgabe des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz bis zum Abschluss dieses Verfahrens nicht in Betracht, zumal der Antragsteller selbst ausdrücklich einräumt, die Einholung eines kynologischen Sachverständigengutachtens könne nicht im Eilverfahren erfolgen. Mit dem Einwand, es könnten nicht „bei Wikipedia bestimmte Markmale“ abgerufen werden, wendet sich der Antragsteller nicht gegen die sachliche Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht als maßgeblich zugrunde gelegten Rassemerkmale.
Der „Tierheimhund“:
Soweit der Antragsteller eine Steuerermäßigung für Hunde, die aus Tierheimen stammen oder in Tierheime gegeben werden, einfordert, legt er nicht dar, aufgrund welcher – satzungsrechtlicher – Regelung ein derartiger Anspruch im vorliegenden Fall in Betracht kommen könnte. Zudem behauptet er nicht einmal, dass hier einer der Hunde „C.“ oder „F.“ aus einem Tierheim stammt. Die Forderung nach einer Ermäßigung für den Hund „C.“, der im Anschluss an die Haltung durch den Antragsteller in ein Tierheim gegeben worden ist, ist offensichtlich abwegig. Sinn derartiger Ermäßigungen ist es, die Haltung von aus Tierheimen stammenden Hunden zu erleichtern, nicht aber aus dem „Abgeben“ von Hunden an Tierheime noch durch rückwirkende Steuerermäßigungen Kapital zu schlagen.
Die „unbillige Härte“:
Soweit es eine unter finanziellen Gesichtspunkten möglicherweise in Betracht kommende unbillige Härte – vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO – betrifft, räumt der Antragsteller selbst ein, dass die Zahlung der Hundesteuer „nicht unbedingt ruinös“ sei. Aus welchen Gründen die Zahlung bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens zugunsten des Antragstellers nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ist nicht ersichtlich, selbst wenn dem Antragsteller zugebilligt wird, er könne, wie von ihm ‑ unsubstanziiert – behauptet, den Betrag nicht einfach aufbringen, zumal er ihn bereits gezahlt hat.
Die rückwirkende Besteuerung:
Schließlich sind die Ausführungen des Antragstellers im Rahmen der Beschwerdebegründung zur Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die nachträgliche Heranziehung mit den erhöhten Hundesteuern bereits ab dem 1. August 2008 sei zulässig, nicht geeignet, diese Rechtsauffassung in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) des Kommunalabgabengesetzes NRW – KAG NRW – i. V. m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO – beginne die grundsätzlich vierjährige Verjährungsfrist für die (Nach-)Festsetzung der Steuerschuld in Fällen, in denen der Steuerschuldner einen Hund anzumelden habe, erst mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf dasjenige folge, in dem die Steuer (erstmals) entstanden sei. Zwar habe der Antragsteller den Hund „C. “ im August 2008 angemeldet, aber offensichtlich nicht die zutreffende Rasse angegeben. Deshalb beginne die Verjährungsfrist im Streitfall erst mit Ablauf des Jahres 2011 als drittem Jahr, das auf das Jahr 2008 folge, in dem die erhöhte Hundesteuer entstanden sei. Die Nachfestsetzung im Jahr 2013 sei deshalb noch zulässig gewesen.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller ausschließlich mit dem Argument, die Antragsgegnerin hätte sich mit der Anmeldung im Jahr 2008, wenn sie anderer Meinung über die aus ihrer Sicht zutreffende Charakterisierung des Hundes gewesen sei, um eine Klärung bemühen müssen. Wie jedoch die Antragsgegnerin mangels anderweitiger Erkenntnisse überhaupt im Hinblick auf die vom Antragsteller ursprünglich vorgenommene Rasseeinordnung als „Boxer-Mischling“ hätte anderer Meinung sein können, bleibt nicht nachvollziehbar.
Allerdings sieht sich das Oberverwaltungsgericht Münster im Hinblick auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren 18 K 1720/13 (VG Gelsenkirchen) zu dem Hinweis veranlasst, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG NRW i. V. m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginne wegen der unzutreffenden Rasseangabe nicht bereits mit der Anmeldung im August 2008, nicht unproblematisch erscheint. Zweck der Bestimmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist es zu vermeiden, dass die Festsetzungsfrist bei Nichtabgabe der Steuererklärung, Steueranmeldung oder Anzeige verkürzt werde. Dabei braucht die Erklärung nicht inhaltlich richtig zu sein. Erst wenn die Erklärung unter so schwerwiegenden Mängeln leidet, dass es im Ergebnis auf eine Nichterklärung hinausläuft, treten die Rechtsfolgen des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ein1.
Ob dies angesichts der möglicherweise fehlerhaften Einstufung durch den Antragsteller als „Boxer-Mischling“ der Fall ist, wird das Verwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren zu entscheiden haben.
Oberverwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 09.08.2013 – 14 B 786/13