Der „gelbe Schein“ – die Prüfung – die fristlose Kündigung

Es ist kein Geheimnis, dass Arbeitnehmer durchaus die Möglichkeit haben, sich bei gewissen Ärzten einen „gelben Schein“, also eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, zu besorgen, obwohl keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt oder einem Arzt Krankheitssymptome vorzutäuschen.

Das Arbeitsgericht Siegburg hatte nun über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Auszubildender sich mit Hilfe einer erschlichenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor einer Prüfung gedrückt hatte. Der Arbeitgeber hatte ihm daraufhin fristlos gekündigt.

Die Kündigungsschutzklage des Auszubildenden wurde abgewiesen.

Aber im Einzelnen:

Der 24-jährige Kläger war bei der Beklagten Auszubildender zum Sport- und Gesundheitstrainer. Er fiel bei einer schulischen Prüfung durch; die Nachholprüfung war für den 05./06.10.2021 angesetzt. Der Kläger erschien am 06.10.2021 im Fitnessstudio der Beklagten und legte für den Zeitraum vom 05. bis 07.10.2021 eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Dann absolvierte er ein intensives Krafttraining. An der Prüfung in der Berufsschule nahm er nicht teil.Daraufhin erhielt er am 06.10.2021 deswegen eine fristlose Kündigung.Die Entscheidung:Das Arbeitsgericht Siegburg hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen.

Der wichtige Kündigungsgrund lag nach Auffassung des Arbeitsgerichts Siegburg darin, dass der Kläger sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur ausstellen ließ, um den für den 05. und 06.10.2021 angesetzten Nachholprüfungen zu entgehen. Dies stelle eine ganz erhebliche Pflichtverletzung dar.

Den Vortrag des Klägers, er sei erst krank gewesen und dann spontan genesen und habe auch gearbeitet, nahm ihm das Arbeitsgericht Siegburg nicht ab.

Das Arbeitsgericht Siegburg ging davon aus, dass der Kläger niemals krank gewesen sei und sich nur hatte krankschreiben lassen, um nicht zur Prüfung zu gehen. Darauf, ob es sich bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung um eine Gefälligkeitsbescheinigung oder um eine erschlichene Bescheinigung gehandelt hat, kam es für das Arbeitsgericht Siegburg nicht an.

Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist war dem Arbeitgeber nicht zuzumuten. Kein Auszubildender dürfe davon ausgehen, dass dessen Ausbilder es hinnimmt, falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt zu bekommen, um sich den anstehenden Prüfungen, insbesondere wenn es sich um Nachholprüfungen handelt, zu entziehen.

Er begehe dadurch eine schwere Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten, so dass eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber gerechtfertigt sei.

Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 17.03.2022 – 5 Ca 1849/21