Dreist: „Blinder“ holt Parkausweis für Begleitperson mit Auto ab

Eine blinde oder hochgradig sehbehinderte Person hat einen Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis und die Eintragung des Merkzeichens „Bl“ in selbigen. Auch kann bei Vorliegen dieser Beeinträchtigung ein Anspruch auf Landesblindenhilfe bestehen.

Das ist gut so. Es gibt aber Menschen, die ein eher fragwürdiges Verhalten an den Tag legen.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte einen Fall zu entscheiden, in dem sich ein Bürger gegen die verweigerte Bewilligung von Landesblindenhilfe und die Rückforderung ausbezahlter Leistungen per Klage zum Verwaltungsgericht wehrte.

Was war passiert?

Bei dem im Jahr 1948 geborenen Kläger führte Diabetes zu einer Schädigung seiner Augen. Im April 2006 stellte das für Schwerbehindertenangelegenheiten zuständige Versorgungsamt fest, dass der Grad der Behinderung des Klägers wegen des Augenleidens 100 betrage und bescheinigte ihm im Dezember 2006 auch das Merkzeichen „Bl“ für blind bzw. hochgradig sehbehindert. Bereits im Mai 2006 beantragte der Kläger bei dem dafür zuständigen Kreissozialamt die Bewilligung von Landesblindenhilfe und fügte eine augenärztliche Bescheinigung seines ihn behandelnden Augenarztes bei, wonach die Sehschärfe seiner Augen selbst mit Korrektur nur noch 1/50 (= 0,02) betrage. Daraufhin bewilligte der Landkreis dem Kläger monatliche Leistungen der Landesblindenhilfe in Höhe von 409,03 € ab Oktober 2006.
Als Schwerbehinderter mit dem Merkzeichen „Blind“ hatte der Kläger unter anderem Anspruch auf Erstellung eines Parkausweises (für Begleitpersonen).

Die Sachbearbeiterin aber war aufmerksam: Als der Kläger diesen Ausweis abholte, fiel der Sachbearbeiterin nämlich auf, dass der Kläger in ein Auto stieg und an dessen Steuer sitzend davonfuhr.

Darauf veranlasste der Landkreis eine Observation des Klägers. Diese ergab, dass der Kläger in der Tat in zielstrebiger Weise Auto fahre.

Der dann mit einer Untersuchung beauftragte Landesblindenarzt kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, beim Kläger liege keine dauerhafte Reduktion der Sehfunktion vor, die die Bewilligung von Landesblindenhilfe rechtfertige. Daraufhin nahm der Beklagte den Bewilligungsbescheid zurück und forderte vom Kläger die ausbezahlten Leistungen in einer Gesamthöhe von 2.045,15 € zurück.
Dagegen machte der Kläger geltend, nach einem weiteren Gutachten seines behandelnden Arztes sei die Sehschärfe tagesformabhängig und es sei bekannt, dass man auch mit einer Sehschärfe von unter 0,1 unfallfrei Autofahren könne. Auch habe er habe die ihm zugeflossenen Leistungen verbraucht.


Die Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung, daß der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid rechtmäßig ergangen sei, damit, daß die Voraussetzungen für die Gewährung von Landesblindenhilfe an den Kläger nach dem Gutachten des Landesblindenarztes von Anfang an nicht vorgelegen hätten. Das Gutachten des den Kläger behandelnden Arztes sei nicht überzeugend.
Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, so dass es unerheblich sei, dass er die ausbezahlten Beträge verbraucht habe. Denn der Kläger habe gewusst, dass ihm Blindenhilfe nicht zustehe. Zudem habe er auch während der Untersuchung durch den Landesblindenarzt arglistig getäuscht.

Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 08. Dezember 2009 – 12 K 1614/09