Auch nach der durch das Jahressteuergesetz 2010 eingefügten Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG sind Zinsen, die der Fiskus auf Steuererstattungen zahlt (Erstattungszinsen), nicht steuerbar, hat das Finanzgericht Münster in zwei Fällen entschieden. Danach soll dies auch dann gelten, wenn die Erstattungszinsen in Zeiträumen angefallen sind, in denen vom Steuerpflichtigen gezahlte Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben abziehbar waren.
In den entschiedenen Fällen hatten die Kläger in den Jahren 1992 bzw. 1996 Erstattungszinsen (§ 233a AO) in erheblicher Höhe erhalten. Zugleich hatten sie in ihrer Steuererklärung auch Nachzahlungszinsen geltend gemacht. Das Finanzamt besteuerte die Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen und berücksichtigte die Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben. Im Jahr 2010 beantragten die Kläger sodann unter Hinweis auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofes1, die Erstattungszinsen steuerfrei zu stellen. Verfahrensrechtlich war dies noch möglich, da die angefochtenen Bescheide aufgrund von Einspruchs- und Klageverfahren noch nicht bestandskräftig und damit noch änderbar waren.
Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG n.F. gehören auch die Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO zu den Erträgen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Satz 1 EStG und damit zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Erstattungszinsen zur Einkommensteuer werden aber nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 12 Nr. 3 EStG dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen.
Auf die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG n.F. rückwirkend auf das Streitjahr Anwendung finden kann, kommt es nicht an. Dies wäre nur der Fall, wenn § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG n.F. dem § 12 Nr. 3 EStG als Spezialvorschrift vorginge. Diesen Vorrang sieht der erkennende Senat nicht. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollte durch das Einfügen von Satz 3 in den § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nur eine klarstellende Regelung zu § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG vorgenommen werden2. Es bedurfte jedoch keiner Klarstellung zu § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG. Denn der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 15.06.20103 nicht die Natur der Erstattungszinsen als Kapitalerträge i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in Frage gestellt. Soweit das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht in seinem Beschluss vom 01.06.2011 (2 V 35/11) in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG eine Spezialregelung gegenüber § 12 Nr. 3 EStG sieht und dabei auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift im Nachgang zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15.06.20103 sowie den vermeintlich eindeutig in der Neuregelung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen abstellt, geht das Finanzgericht Münster mit dem Bundesfinanzhof in seinem Urteil3 davon aus, dass dieser Wille schwerpunktmäßig in § 12 Nr. 3 EStG zum Ausdruck kommt. Der Bundesfinanzhof hat § 12 Nr. 3 EStG nicht nur dahingehend verstanden, dass ein symmetrisches Normengefüge für Nachzahlungszinsen und Erstattungszinsen geschaffen werden sollte, sondern auch berücksichtigt, dass § 12 Nr. 3 EStG als eine den einzelnen Einkunftsarten systematisch vorangestellte Vorschrift auch dem § 20 Abs. 1 EStG vorgeht4.
Nach § 12 Nr. 3 EStG gehören die Steuern vom Einkommen grundsätzlich zu den nichtabzugsfähigen Ausgaben; dies gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen. § 12 Nr. 3 EStG entfaltet nach seinem Wortlaut unmittelbare Wirkung zwar nur für die Nichtabziehbarkeit von Ausgaben; die Steuerbarkeit von Einnahmen ist dort nicht ausdrücklich geregelt. Unstreitig werden indes vom Finanzamt erstattete nicht abziehbare Steuern nicht als Einnahmen i.S. von § 8 Abs. 1 EStG erfasst. Die Rechtfertigung dafür, dass jedenfalls nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbare Steuern im Fall ihrer Erstattung beim Empfänger nicht zu Einnahmen führen, liegt darin, das für bestimmte Steuern in § 12 Nr. 3 EStG nicht lediglich ein gesetzliches Abzugsverbot geregelt ist, sondern dass die Norm diese Steuern schlechthin dem nichtsteuerbaren Bereich zuweist. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung strahlt auf den umgekehrten Vorgang der Erstattung solcher Steuern in der Weise aus, dass sie dem Steuerpflichtigen nicht „im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7“ zufließen (vgl. § 8 Abs. 1 EStG). Erstattungszinsen teilen als steuerliche Nebenleistungen i.S. von § 3 AO insofern das Schicksal der Hauptforderung, als sie in § 12 Nr. 3 EStG ebenfalls dem nicht steuerbaren Bereich zugewiesen werden3.
Allerdings meint der Bundesfinanzhof3, der Gesetzgeber sei bei Einführung des § 233a AO davon ausgegangen, dass Erstattungszinsen im Sinne dieser Vorschrift steuerlich als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen seien. Zudem habe der Gesetzgeber dies auch so gewollt. Diesen ursprünglichen gesetzgeberischen Erwägungen hat der Bundesfinanzhof für die Auslegung des § 12 Nr. 3 EStG deshalb keine entscheidungserhebliche Bedeutung zugemessen bzw. zumessen müssen, weil der damals in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG zugleich geregelte Sonderausgabenabzug für Nachzahlungszinsen i.S.v. § 233a AO mit Wirkung ab 1999, d.h. auch für das Streitjahr des Bundesfinanzhofs (2000) entfallen war. Der Bundesfinanzhof kommt deshalb zu dem Schluss, dass mit der – gebotenen – Auslegung des § 12 Nr. 3 EStG, wonach diese gesetzgeberische Grundentscheidung auf Erstattungen zur Einkommensteuer und auf die hierauf entfallenden Erstattungszinsen ausstrahle, ab 1999 außerdem ein sachlicher Gleichklang insoweit gewährleistet sei, als Nachzahlungs- und Erstattungszinsen einheitlich dem nicht steuerbaren Bereich zugeordnet seien. Auf die ursprünglichen Vorstellungen des Gesetzgebers bei Einführung des § 233a AO komme es deshalb nicht an.
Aus dieser – zusätzlichen – Erwägung des Bundesfinanzhofs zum sachlichen Gleichklang zwischen fehlender Abzugsfähigkeit der Nachzahlungszinsen und Ausschluss der Erstattungszinsen aus dem steuerbaren Bereich für sein Streitjahr, kann jedoch nach Auffassung des Finanzgerichts Münster nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass Erstattungszinsen – entgegen der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 12 Nr. 3 EStG – steuerbar sind, solange die Nachzahlungszinsen – wie im Streitjahr 1996 – gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG noch als Sonderausgaben abzugsfähig waren. Diese Auslegung des § 12 Nr. 3 EStG würde die Grenzen der dem Gericht eingeräumten Kompetenzen aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Grundgesetz (GG) überschreiten.
Soweit es um die Wahrung dieser Grenzen nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG geht, muss das Fachgericht bei der Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch machen. Art. 20 Abs. 2 GG verleiht dem Grundsatz der Gewaltenteilung Ausdruck und schließt damit aus, dass die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die die Verfassung dem Gesetzgeber übertragen hat. Dabei verbieten es diese Verfassungsgrundsätze dem Richter zwar nicht, das Recht fortzuentwickeln. Der Aufgabe und Befugnis zur schöpferischen Rechtsfindung und Rechtsfortbildung sind allerdings mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung Grenzen gesetzt. Diese Grenzen werden durch den Wortlaut und den Gesetzeszweck vorgegeben.
Eine verfassungsrechtlich unzulässige richterliche Rechtsfortbildung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie, ausgehend von einer teleologischen Interpretation, den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, ihren Widerhall nicht im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich – oder bei Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke – stillschweigend gebilligt wird. Richterliche Rechtsfortbildung überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen, wenn sie deutlich erkennbare, möglicherweise sogar ausdrücklich im Wortlaut dokumentierte gesetzliche Entscheidungen abändert oder ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen neue Regelungen schafft.
Zwar verletzt der Richter seine Gesetzesbindung gem. Art. 20 Abs. 3 GG nicht durch jede Auslegung, die nicht im Wortlaut des Gesetzes vorgegeben ist. Art. 3 GG verpflichtet die Gerichte, „nach Recht und Gesetz“ zu entscheiden. Eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortlautinterpretation schreibt die Verfassung nicht vor. Der Wortlaut des Gesetzes zieht im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze. Zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gehört auch die teleologische Reduktion. Diese muss aber vom Willen des Gesetzgebers gedeckt sein5.
Nach diesen Grundsätzen erscheint es nicht zulässig, die gesetzgeberische Grundentscheidung in § 12 Nr. 3 EStG, wonach bestimmte Steuern und die hierauf entfallenden Nebenleistungen dem steuerbaren Bereich entzogen sind, für Erstattungszinsen zur Einkommensteuer dahingehend einzuschränken, dass diese steuerbar bleiben bzw. wieder steuerbar werden, solange entsprechende Steuern und Nebenleistungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abzugsfähig waren bzw. es wieder werden. Ein entsprechender gesetzgeberischer Wille lässt sich weder eindeutig aus der Entstehungsgeschichte des § 233a AO, des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG oder aus Sinn und Zweck des § 12 Nr. 3 EStG ableiten.
So war Rechtfertigung für die Einführung der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen nach § 233a AO zunächst, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen, aus welchen Gründen auch immer, zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden. Dabei wurde mit der Vorschrift des § 233a AO erstmals eine – zunächst nur auf vier Jahre begrenzte – Verzinsung eingeführt, die unabhängig war von der Fälligkeit einer Steuerforderung.
Bei der steuerlichen Behandlung der Nachforderungs- und Erstattungszinsen ist der damalige Gesetzgeber des § 233a AO aber davon ausgegangen, dass § 12 Nr. 3 EStG nur den Abzug der Nachforderungszinsen sperrt. Dass diese Vorschrift auch auf Erstattungszinsen ausstrahlt, hat er nicht erkannt. Da Erstattungszinsen grundsätzlich – auch nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs3 Einkünfte aus Kapitalvermögen sind, konnte der damalige Gesetzgeber die wohl als ungerechtfertigt erkannte steuerliche Ungleichbehandlung von Nachforderungs- und Erstattungszinsen – auf der Grundlage des damaligen Rechtsverständnisses zu § 12 Nr. 3 EStG – nur durch die Aufnahme der Erstattungszinsen in den Katalog der steuerfreien Einkünfte des § 3 EStG oder durch Zulassung der Abziehbarkeit der Zinsen als Sonderausgaben in § 10 EStG beseitigen. Nicht feststellbar ist jedoch, wie er Erstattungs- und Nachzahlungszinsen geregelt hätte, wenn er den Regelungsgehalt des § 12 Nr. 3 EStG nach der Auslegung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 15.06.20103 gekannt hätte. Er hätte es bei der – erstmals so ausgelegten – Regelung belassen können, mit der Folge, dass Erstattungszinsen und Nachforderungszinsen gleichermaßen dem nicht steuerbaren Bereich zugeordnet blieben. Er hätte diese Zinsen aber auch ausdrücklich von der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 12 Nr. 3 EStG ausnehmen und deren Steuerbarkeit wie auch die Abziehbarkeit in oder unter Bezugnahme auf § 12 Nr. 3 EStG positiv regeln können. Da es keine Anhaltspunkte gibt, welchen Weg der damalige Gesetzgeber des § 233a AO bei richtigem Verständnis des § 12 Nr. 3 EStG beschritten hätte, kann dies der erkennende Senat als an Recht und Gesetz gebundenes Fachgericht auch heute nicht – durch teleologische Reduktion des § 12 Nr. 3 EStG – dahingehend feststellen, dass der bis 1998 geltende Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG eine Erfassung der Erstattungszinsen erlaubt.
Wenn es zudem zur Begründung der Beseitigung des Sonderausgabenabzugs durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 heißt, dass der Sonderausgabenabzug von Zinsen und Steuernachforderungen, Stundungszinsen und Aussetzungszinsen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuerreformgesetz 1990 „zur Erleichterung der Einführung der Vollverzinsung“ in den § 10 EStG eingefügt worden sei, dass die Einführungsphase nun vorbei sei, der Zweck des Sonderausgabenabzugs erreicht und eine weitere Gewährung des Abzugs nicht erforderlich und dass die bisherige Regelung sogar systemwidrig gewesen sei6), wird dies zwar der bei Einführung des § 233a AO und des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG vorliegenden gesetzgeberischen Motivationslage wohl kaum gerecht. Allerdings indiziert diese Begründung, dass der – spätere – Gesetzgeber eine Korrespondenz zwischen der Erfassung von Erstattungszinsen als Einkünfte und der Abzugsfähigkeit der Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben nicht gesehen und den Abzug als Sonderausgaben sogar als Systembruch bezeichnet hat.
So steht fest, dass die im Verlustentstehungsjahr 1992 gezahlten Nachzahlungszinsen i.H.v. 57.456 DM wegen der Vorschrift des § 2 Abs. 3 und 4 i.V.m. § 10d Abs. 1 EStG a.F. trotz des in 1992 noch möglichen Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu Lasten der Kläger unberücksichtigt bleiben. Von einer „echten“ Gesetzessymmetrie in dem Sinne, dass sich steuerbare Einnahmen und abzugsfähige Ausgaben nach dem Nettoprinzip gegenüber gestanden haben, kann daher nicht ausgegangen werden. Auch dies spricht gegen eine Auslegung des § 12 Nr. 3 EStG dahingehend, dass Erstattungszinsen im Hinblick auf den bis 1998 bestehenden Sonderausgabenabzug noch oder wieder steuerbar sein könnten.
Aus Wortlaut oder Sinn und Zweck des § 12 Nr. 3 EStG lässt sich eine solche Auslegung ebenfalls nicht ableiten. Denn die Regelungen in § 12 Nr. 3 EStG und § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG stehen rechtlich nicht in unmittelbarer Wechselbeziehung.
Die Vorschrift des § 12 EStG grenzt grundsätzlich die Privatsphäre von der Erwerbssphäre ab. Dabei wird geregelt, dass und in welchem Umfang Ausgaben der Privatsphäre und nicht der steuerbaren Erwerbssphäre zugehören. Die privat veranlassten Ausgaben dürfen – vorbehaltlich der außerhalb der Erwerbssphäre liegenden und ausdrücklich in § 12 Satz 1 EStG genannten Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen – die Bemessungsgrundlage für die festzusetzenden Steuern nicht mindern.
Die Regelungen in § 12 EStG, insbesondere die in § 12 Nr. 3 EStG, stehen damit weder nach ihrem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck der Vorschrift in Korrespondenz zu den – außerhalb der Erwerbssphäre liegenden – Abzugsmöglichkeiten nach §§ 10 ff oder 33 ff EStG.
Es ist zwar so, dass sich durch die Qualifizierung der Erstattungszinsen als nicht steuerbar nach § 12 Nr. 3 EStG bei verbleibender Abzugsfähigkeit von Nachzahlungszinsen ein vom Gesetzgeber des § 233a AO und des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG möglicherweise nicht gewollter „Ausgabenüberhang“ ergeben kann. Weder Wortlaut noch der Zweck dieser Vorschriften erlauben oder gebieten es jedoch, dieses u.U. unbefriedigende Ergebnis – im Wege zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung – durch Auslegung zu korrigieren. Denn es folgt ausdrücklich aus § 12 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung, in dem u.a. auf die dem § 12 Nr. 3 EStG vorgehende Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG verwiesen und damit bestimmt ist, dass Zinsen nach den §§ 233a, 234 und 237 AO als Sonderausgaben abgezogen werden können.
Soweit der Bundesfinanzhof3 zutreffend entschieden hat, dass § 12 Nr. 3 EStG auch auf den umgekehrten Vorgang der Erstattung von nichtabzugsfähigen Steuern und die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen ausstrahlt, lässt sich § 12 Nr. 3 EStG nicht entnehmen, dass diese gesetzgeberische Grundentscheidung schon dann keine Gültigkeit haben soll, wenn, soweit bzw. solange Nachzahlungszinsen nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abzugsfähig sind oder waren. Erst recht lässt sich diesen Vorschriften nicht entnehmen, dass die Abzugsfähigkeit von Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben wegen der Nichtsteuerbarkeit von Erstattungszinsen (ganz oder teilweise) entfallen müsste.
Denn der in § 10 EStG geregelte Sonderausgabenabzug ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass hier private Ausgaben, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer der sieben Einkunftsarten, d.h. mit der Erwerbssphäre, stehen, zum Abzug zugelassen werden. Solche Privatausgaben sind deshalb von der Einkommensteuer abziehbar, weil der Gesetzgeber dies wegen der unvermeidbaren bzw. förderungswürdigen Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausdrücklich vorgesehen hat. Ob bzw. inwieweit eine die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zweifellos mindernde Zahlung von Nachzahlungszinsen auf private Steuern nur in Abhängigkeit von der Steuerbarkeit von Erstattungszinsen förderungswürdig ist, muss einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten bleiben.
Das Finanzgericht Münster hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zugelassen, die auch in beiden Fällen eingelegt wurde.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 10.05.2012 – 2 K 1947/00 E (Revision anhängig: BFH – VIII R 28/12)
Finanzgericht Münster, Urteil vom 10.05.2012 – 2 K 1950/00 E (Revision anhängig: BFH – VIII R 29/12)
- BFH, Urteil vom 15.06.2010 – VIII R 33/07, BStBl. II 2011, 503 [↩]
- BT-Drs. 17/3549, S. 17 [↩]
- BFH, Urteil vom 15.06.2010 – VIII R 33/07 [↩] [↩] [↩] [↩] [↩] [↩] [↩] [↩]
- vgl. FG Münster, Beschluss vom 27.10.2011 – 2 V 913/11 E [↩]
- BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.09.2011 – 2 BvR 2216/06 . und – 2 BvR 469/07 [↩]
- BT-Drs. 14/23 vom 09.11.1998, Begründung, II. Zu den einzelnen Vorschriften, Zu Nummer 11 (§ 10 Abs. 1), Zu Buchstabe a (Nummer 5 [↩]