Die 1 %-Regelung bei der Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies hat der Bundesfinanzhof in einer aktuellen Entscheidung erneut bekräftigt.
Zum Arbeitslohn gehören auch die Vorteile aus der Überlassung eines Dienstwagens, soweit ihn der Arbeitnehmer privat nutzen kann. Zu bewerten ist dieser Vorteil entweder mit den durch die private Nutzung verursachten Kosten des Fahrzeugs (Fahrtenbuchmethode) oder, wenn ein Fahrtenbuch nicht geführt wird, mit 1% des Bruttolistenneupreises (sog. 1%-Regelung).
In dem entschiedenen Fall durfte der nichtselbstständig tätige Kläger einen von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Dienstwagen auch für private Fahrten nutzen. Der Arbeitgeber hatte ihn als Gebrauchtfahrzeug mit einer Fahrleistung von 58.000 km für 3 Jahre geleast und dafür monatliche Leasingraten von rund € 720 zu leisten. Zu Beginn der Nutzungszeit hatte das Fahrzeug noch einen Wert von rund € 32.000. Der Bruttolistenneupreis belief sich auf € 81.400. Das Finanzamt setzte als geldwerten Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens entsprechend der 1%-Regelung auf Grundlage des Bruttolistenneupreises einen Betrag in Höhe von € 814 monatlich an. Dagegen machte der Kläger geltend, dass bei der Berechnung des Vorteils nicht der Listenneupreis, sondern der Gebrauchtwagenwert zugrunde zu legen sei. Außerdem würden Neufahrzeuge kaum noch zum Bruttolistenpreis veräußert. Der Gesetzgeber müsse deshalb aus verfassungsrechtlichen Gründen einen Abschlag vorsehen.
Dem ist der Bundesfinanzhof nicht gefolgt.
Das Finanzgericht hat, so der Bundesfinanzhof, zutreffend entschieden, dass der Vorteil des Klägers aus der Überlassung des Dienstwagens zu auch privaten Zwecken im Streitfall nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu bewerten ist. Gegen die 1 %-Regelung mit Ansatz des Bruttoneuwagenlistenpreises als Bemessungsgrundlage bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes kommt daher nicht in Betracht.
Es entspricht mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass die Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu Lohnzufluss führt1. Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entweder mit der 1 %-Regelung oder mit der Fahrtenbuchmethode zu bewerten. Wird ein Fahrtenbuch, wie im Streitfall, nicht geführt, ist der Vorteil mit der 1 %-Regelung zu bewerten.
Nach der 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) ist dieser Nutzungsvorteil für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Die 1 %-Regelung ist insoweit eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung2. Deshalb bleiben individuelle Besonderheiten hinsichtlich der Art und der Nutzung des Dienstwagens grundsätzlich ebenso unberücksichtigt wie nachträgliche Änderungen des Fahrzeugwertes. Dementsprechend erhöht etwa der nachträgliche Einbau von Zusatzausstattungen nicht die Bemessungsgrundlage der 1 %-Regelung3. Weiter bleibt im Rahmen der Anwendung der 1 %-Regelung der inländische Listenpreis auch dann Bemessungsgrundlage, wenn der Arbeitgeber das Fahrzeug gebraucht angeschafft hatte4 oder wenn schon ein Großteil der Anschaffungskosten des Fahrzeugs als Betriebsausgaben (AfA) geltend gemacht worden war5.
Im Ergebnis entspricht der Ansatz des Listenpreises statt der tatsächlichen Anschaffungskosten gerade dem Erfordernis, die Zuwendung des Arbeitgebers nach dem Nutzungsvorteil zu bemessen, der dem steuerpflichtigen Arbeitnehmer dadurch zukommt6.
Die typisierende Erfassung des Nutzungsvorteils durch die 1 %-Regelung war im Hinblick auf ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit schon mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs; die Regelung wurde dabei im Ergebnis jeweils als verfassungsrechtlich unbedenklich beurteilt7. Denn nach der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung der Senate des Bundesfinanzhofs nutzt der Gesetzgeber mit der 1 %-Regelung den ihm insbesondere im Steuerrecht für Typisierungen zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum, wenn er auf diese Weise die betriebliche und private Kfz-Nutzung typisierend und pauschalierend erfasst. Die BFH-Rechtsprechung stützt sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Geltungsgrund und zu den Gestaltungsgrenzen der Typisierung und Pauschalierung im Steuerrecht durch den Gesetzgeber8.
Die Bewertung des Vorteils mittels der 1 %-Regelung ist mit dem Ansatz eines Nutzungsvorteils in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises je Monat zwar eine nur grob typisierende Regelung. Allerdings normiert die Regelung keine zwingende und unwiderlegbare Typisierung, sondern tritt nur alternativ zur Fahrtenbuchmethode hinzu; diese Fahrtenbuchmethode bewertet den vom Arbeitgeber zugewandten Nutzungsvorteil indessen nach Maßgabe der konkret entstandenen Kosten (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG). Insbesondere im Hinblick auf dieses Wahlrecht („Escape-Klausel“) beurteilt die bisherige Rechtsprechung des BFH die Typisierungsregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG als verfassungsrechtlich unbedenklich5.
Der erkennende Senat folgt dieser Rechtsprechung. Denn wenn der Steuerpflichtige statt der Anwendung einer typisierenden Regelung auch den Nachweis des tatsächlichen Sachverhalts und eine daran anknüpfende Besteuerung wählen kann, ist er durch eine ihm lediglich zusätzlich zur Wahl gestellte Typisierung in einer verfassungsrechtlich erheblichen Position auch dann nicht betroffen, wenn sie im Vergleich zur anderen Besteuerungsform im konkreten Fall nachteilig wirkt. Angesichts dessen können sich die Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Kraftfahrzeughandel beim Neuwagenverkauf mittlerweile regelmäßig Rabatte einräume, also der Bruttolistenneupreis nicht einmal mehr typisierend den Verkaufspreis für Neufahrzeuge darstelle. Denn der Gesetzgeber unterliegt entgegen der Auffassung der Kläger gegenwärtig diesbezüglich keinem Anpassungszwang.
Die Kläger verkennen insoweit die Funktion, die der Gesetzgeber der Bemessungsgrundlage der 1 %-Regelung, dem Bruttolistenneupreis, einräumt. Die Anwendung der 1 %-Regelung i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG bezweckt, den beim Arbeitnehmer entstandenen Vorteil der Nutzungsüberlassung eines betriebsbereiten Kraftfahrzeugs zu bewerten. Dieser Vorteil umfasst mithin nicht nur das Zurverfügungstellen des Fahrzeugs selbst, sondern auch die Übernahme sämtlicher damit verbundener Kosten wie Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur– und Wartungskosten sowie insbesondere der Treibstoffkosten; das alles sind Aufwendungen, die sich weder im Bruttolistenneupreis noch in den tatsächlichen Neuanschaffungskosten mit einem festen Prozentsatz unmittelbar abbilden. Die vom Gesetzgeber zu Grunde gelegte Bemessungsgrundlage des Bruttolistenneupreises bezweckt also nicht, die tatsächlichen Neuanschaffungskosten des Fahrzeugs und erst recht nicht dessen gegenwärtigen Wert im Zeitpunkt der Überlassung möglichst realitätsgerecht abzubilden. Der Bruttolistenneupreis erweist sich vielmehr als generalisierende Bemessungsgrundlage, die aus typisierten Neuanschaffungskosten den Nutzungsvorteil insgesamt zu gewinnen sucht, der indessen ungleich mehr umfasst als die Überlassung des genutzten Fahrzeugs selbst. Denn der tatsächliche geldwerte Vorteil entspricht dem Betrag, der von einem Arbeitnehmer für eine vergleichbare Nutzung aufgewandt werden müsste und den er durch die Überlassung des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart9.
Angesichts dieser alternativen und nur grob typisierenden Bemessungsgrundlage ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber dem Zweck, den Nutzungsvorteil insgesamt zu erfassen, verfassungskonform nur dadurch entspricht, dass er als Bemessungsgrundlage die tatsächlichen Neuanschaffungskosten statt des Bruttolistenneupreises wählt. Die Einschätzung der Kläger, dass der tatsächliche Kaufpreis aus der Buchführung jedenfalls genauso leicht zu ermitteln sei wie die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, ändert daran nichts.
Schließlich können sich die Kläger für ihre Auffassung auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats berufen, nach der die unverbindliche Preisempfehlung keine geeignete Grundlage zur Bemessung des lohnsteuerrechtlichen Vorteils eines Mitarbeiterrabatts im Rahmen von Jahreswagenkäufen darstellt10. Denn in diesen Fällen war der aus dem Mitarbeiterrabatt zufließende Vorteil nicht auf Grundlage einer grob typisierenden Regelung, sondern nach Maßgabe des tatsächlich verwirklichten Sachverhalts konkret zu ermitteln und zu besteuern. Diese Möglichkeit hat der Arbeitnehmer, wie dargelegt, auch im Rahmen der Nutzungsüberlassung eines Dienstwagens, wenn er den Vorteil nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt. In diesem Fall gehen dann in die Bemessungsgrundlage neben sämtlichen übrigen Kraftfahrzeugkosten auch die konkreten Anschaffungskosten statt eines typisierenden Bruttolistenneupreises ein.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.12.2012 – VI R 51/11
- BFH, Urteil vom 06.10.2011 – VI R 56/10, BStBl. II 2012, 362 [↩]
- ständige Rechtsprechung, BFH, Urteile vom 13.02.2003 – X R 23/01; vom 07.11.2006 – VI R 19/05 [↩]
- BFH, Urteil vom 13.10.2010 – VI R 12/09 [↩]
- BFH, Urteil vom 01.03.2001 – IV R 27/00; BFH, Beschluss vom 18.12.2007 – XI B 178/06 [↩]
- BFH, Urteil vom 24.02.2000 – III R 59/98 [↩] [↩]
- BFH, Urteil vom 25.05.1992 – VI R 146/88 [↩]
- BFH, Urteile vom 24.02.2000 – III R 59/98; vom 01.03.2001 – IV R 27/00; vom 13.02.2003 – X R 23/01; vom 19.03.2009 – IV R 59/06; Beschluss vom 16.09.2004 – VI B 5/04 [↩]
- BVerfG, Beschluss vom 10.04.1997 – 2 BvL 77/92; BVerfG, Urteil vom 07.12.1999 – 2 BvR 301/98 [↩]
- so schon Senatsurteile vom 10.02.1961 – VI 89/60 U; vom 21.06.1963 – VI 306/61 U [↩]
- BFH, Urteil vom 17.06.2009 – VI R 18/07 [↩]