Die „Europäischen Schulen“ erfüllen die Voraussetzungen, unter denen bei einer deutschen Schule eine Genehmigung zu erteilen wäre, und sind durch den deutschen Gesetzgeber in einer Weise anerkannt, die einer staatlichen Genehmigung gleichkommt.
Mit diesem Urteil hat der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung korrigiert und nunmehr entschieden, dass auch an „Europäische Schulen“ gezahltes Schulgeld unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgabe abgezogen werden kann. Im Streitfall hatte der nach Brüssel umgezogene Kläger seine Kinder an der dortigen „Europäischen Schule“ unterrichten lassen. Das Schulgeld machte er als Sonderausgaben geltend.
Schulgeld für den Unterricht in Privatschulen kann in Höhe von 30% als Sonderausgabe bei der Einkommensteuer abgesetzt werden, wenn die Schule staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt ist. Eine „Europäische Schule“ ist zwar nicht von nationalen Behörden genehmigt, erfüllt aber nach Auffassung des BFH die Voraussetzungen, unter denen bei einer deutschen Schule eine Genehmigung zu erteilen wäre. Die „Europäischen Schulen seien durch den deutschen Gesetzgeber in einer Weise anerkannt, die einer staatlichen Genehmigung gleichkomme“. In vergleichbarer Weise hatte der BFH bereits entschieden, dass Schulgeld für eine von der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder anerkannte Deutsche Schule im Ausland gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abziehbar sei.
Bei dieser Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG brauchte der BFH nicht zu entscheiden, ob der Unterricht an der Europäischen Schule in Brüssel eine Dienstleistung im Sinne des Gemeinschaftsrechts ist und deshalb eine steuerliche Diskriminierung dieser Schule verboten sei. Die EU-Kommission hat wegen der Diskriminierung von Auslandsschulen bereits ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet, weil die Versagung des Sonderausgabenabzugs für das an Schulen im Ausland gezahlte Schulgeld u.a. gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 5. April 2006 – XI R 1/04