Das Niedersächsische Finanzgericht holt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber ein, ob § 3 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes in der bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.20101 geltenden Fassung insoweit mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar ist, als zwar der Grundstückserwerb durch den Ehegatten, nicht aber durch den eingetragenen Lebenspartner des Veräußerers von der Grunderwerbsteuer befreit ist. Das niedersächsische Finanzgericht sieht in der Besteuerung einer Grundstücksübertragung unter eingetragenen Lebenspartnern aus dem November 2009 einen Gleichheitsverstoß gegenüber der Steuerbefreiung unter Ehegatten.
Der Hintergrund ist folgender: Der Gesetzgeber hat im Jahressteuergesetz 2010 zwar eine grunderwerbsteuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten geregelt. Die Neufassung des Grunderwerbsteuergesetzes gilt jedoch – anders als eine vergleichbare Regelung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht – nicht rückwirkend für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle ab Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes (1.8.2001), sondern erst ab Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 am 14.12.2010. In der Sache folgt das NFG den neueren Entscheidungen des 1. Senats des BVerfG zur Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten bei der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung2 und bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer3 und überträgt die dortigen rechtlichen Wertungen auf das gesamte Steuerrecht, damit auch auf die Grunderwerbsteuer.
Zur Begründung hatte das BVerfG – so das vorlegende Finanzgericht – in den genannten Entscheidungen darauf verwiesen, dass für die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber Ehegatten keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche betriebliche Hinterbliebenversorgung sowie erbschaft- und schenkungsteuerliche Behandlung rechtfertigen könnten. Nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts ist diese Begründung des BVerfG auf die gesamte Rechtsordnung zu übertragen.
Die Ungleichbehandlung sei im Übrigen auch nicht dadurch legitimiert – so das Finanzgericht -, dass nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen könnten, denn das geltende Recht mache die Privilegierung von Ehegatten gerade nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig. Das Finanzgericht hatte dem Kläger bereits mit Beschluss vom 6.1.2011 vorläufigen Rechtsschutz gewährt.
Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 7 K 65/10
- BGBl. Teil I S. 1768 [↩]
- BVerfG, Beschluss vom 7.7.2009 1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, S. 199 [↩]
- BVerfG, Beschluss vom 21.7.2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, S. 400 [↩]