Herdenschutzhunde und die Hundesteuer

Unter welchen Bedingungen sind Herdenschutzhunde von der Hundesteuer befreit?

Mit dieser Frage hatte sich nun der Verwaltungsgerichtshof München zu beschäftigen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Herdenschutzhunde von der Hundesteuer frei sind, wenn sie nahezu ausschließlich zu Betriebszwecken gehalten und entsprechend eingesetzt werden und wenn die Haltung zu diesem Zweck wirtschaftlich (rentabel) ist.

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

In dem konkret entschiedenen Fall wenden sich die Kläger gegen die Heranziehung zur Hundesteuer für ihre Pyrenäenberghunde „Anouk“ und „Aurin“.

Die Kläger bewirtschaften einen landwirtschaftlichen Biobetrieb im Nebenerwerb mit ca. 27 ha Acker- und Wiesenflächen. Der Tierbestand umfasst ca. 30 Mutterschafe mit Lämmern, eine Mutterkuhherde mit 16 Mutterkühen und deren Kälbern sowie Geflügel und verschiedene Kleintiere. Der durchschnittliche Viehbestand beläuft sich auf 100 Schafe und 50 Kühe. Die Wiesenflächen werden rotierend als Weide für die in Teilherden aufgeteilten Kühe und Schafe genutzt. Der Pyrenäenberghund „Gini“ der Kläger wurde von der Beklagten als Herdenschutzhund hundesteuerfrei gestellt.

Nachdem die Kläger die Haltung der weiteren beiden Hunde „Anuok“ und „Aurin“ angezeigt hatten, erhob die Beklagte mit zwei an den Kläger zu 1 gerichteten Bescheiden für das Jahr 2019 jeweils eine Hundesteuer in Höhe von 30 Euro.

Gegen den Bescheid erhoben beide Kläger Widerspruch. Das Landratsamt Aichach-Friedberg wies den Widerspruch des Klägers zu 1 zurück. Die Hunde der Kläger seien zum Herdenschutz nicht notwendig. Die zu schützenden Tiere könnten in Ställen untergebracht werden, womit eine Bedrohung durch Wildtiere praktisch ausgeschlossen sei.

Hiergegen erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Ziel, die Bescheide aufzuheben. Zur Begründung trugen sie vor, ihre beiden Hunde seien gemäß § 2 Nr. 1 und Nr. 5 der Hundesteuersatzung der Beklagten steuerbefreit. Sie dienten der Bewachung ihrer Herden und damit Erwerbszwecken. Für einen tiergerechten und effektiven Herdenschutz seien mindestens zwei, idealerweise drei Herdenschutzhunde notwendig. Die Hunde dienten dem Schutz der Herden vor Übergriffen durch Beutegreifer aller Art insbesondere während des Weideaufenthalts. Übergriffe von Füchsen, Greifvögeln und Raben hätten bereits mehrfach stattgefunden. Darüber hinaus sei nunmehr auch mit Übergriffen durch Wölfe zu rechnen. Die Einzäunung mittels Elektrozäunen biete keinen ausreichenden Schutz vor Raben und Greifvögeln. Bei Wölfen und Füchsen senke sie zwar die Wahrscheinlichkeit eines Übergriffs, panikbedingte Schäden könnten aber bereits durch deren bloße Anwesenheit entstehen. Die Kläger hätten ihren Bestand mittlerweile auf fünf Herdenschutzhunde aufgestockt, um den Schutz zu optimieren. Im Rahmen einer rotierenden Koppelhaltung seien die Herden auf 15 Standorte verteilt.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung und wies darauf hin, dass Mitarbeiter der Beklagten den Betrieb der Kläger zu verschiedenen Tages- und Nachzeiten überprüft und festgestellt hätten, dass zu keiner Zeit Hunde bei den Herden gewesen seien. Die Rinder- und Schafherden seien in umzäunten Weiden gesichert durch Elektrozäune gehalten worden. Die beiden veranlagten Pyrenäenberghunde seien zur Bewachung der Herden nicht notwendig. Es sei nicht ersichtlich, dass die Tierhaltung für die Kläger ohne die Haltung der beiden Hunde völlig unmöglich sei. Auch sei nur der Hund „Gini“ als Herdenschutzhund zertifiziert.

Das vom Verwaltungsgericht Augsburg um Stellungnahme gebetene Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Pfaffenhofen/Ilm (im Folgenden: AELF Pfaffenhofen) führte aus, dass die Hunde nach Angaben der Klägerin zu 2 nur zeitweise bei den Herden seien. Wegen Problemen mit Jägern und aufgrund der ungeklärten Rechtslage seien sie derzeit nachts überhaupt nicht bei den Tieren. Nach den Feststellungen des Amts stellten Herdenschutzhunde eine effektive Schutzmaßnahme vor großen Beutegreifern dar. Der Schutz sei aber nur bei Anwesenheit der Hunde bei den Herden gewährleistet. Der Regelaufenthaltsort der Hunde müsse daher bei den zu schützenden Tieren sein.

Das Verwaltungsgericht Augsburg wies die Klage mit Urteil vom 08.04.2020 ab1. Es liege ein steuerfreies Halten von Hunden im Sinne von § 2 Nr. 1 bzw. Nr. 5 der Hundesteuersatzung der Beklagten nicht vor. Das Halten der Hunde diene weder Erwerbszwecken noch handle es sich um Hunde, die zur Bewachung von Herden zwingend notwendig seien. Die Hunde würden nicht ausschließlich zu Erwerbszwecken gehalten, sondern seien auch Freizeitzwecken zu dienen bestimmt. Dafür spreche neben der Zahl der gehaltenen Hunde auch der zeitliche Umfang der Haltung am bzw. im Wohnhaus der Kläger. Die Hunde seien auch als Herdenschutzhunde zur Bewachung der zum landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger gehörenden Viehherden nicht notwendig und folglich nicht steuerbefreit. Es bestehe keine zwingende Notwendigkeit für die Bewachung der Herden durch die beiden Hunde. Dies könne nur dann angenommen werden, wenn der Schutz der Kuh- bzw. Schafherden durch menschliches Zutun oder anderweitige Maßnahmen nicht garantiert werden könne. Die Kuh- und Schafherden der Kläger befänden sich in der Regel auf umzäunten Weidebereichen. Durch diese Umzäunung würden die Herden ausreichend geschützt. Zwar befänden sich in der Nähe der Weiden der Kläger Wälder sowie ein Naturschutzgebiet, sodass Angriffe durch Wildtiere nicht gänzlich ausgeschlossen werden könnten. Zumindest größere Wildtiere dürften aber durch die elektrische Umzäunung von Übergriffen abgehalten werden. Zudem hätten die Kläger die Möglichkeit, ihre Herden in Ställen unterzubringen und zu schützen. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Hunde tatsächlich in der fachlich gebotenen Weise zum Herdenschutz eingesetzt würden. Bei Ortsbesichtigungen durch Mitarbeiter der Beklagten, durch das Veterinäramt und durch das AELF Pfaffenhofen hätten sich die Hunde der Kläger zu keinem Zeitpunkt bei den Herden befunden. Zudem sei von Klägerseite gegenüber dem AELF eingeräumt worden, dass die Hunde momentan tagsüber nur zeitweise und nachts gar nicht zum Herdenschutz eingesetzt würden. Dass derzeit im Gebiet der Weideflächen der Kläger Angriffe durch Wölfe abzuwehren wären, sei im Übrigen konkret nicht ersichtlich. Es handele sich bei dem Gemeindegebiet der Beklagten nicht um ein definiertes Wolfsgebiet nach den Festlegungen des „Bayerischen Aktionsplans Wolf“.

Gegen das Urteil beantragen die Kläger die Zulassung der Berufung. Zur Begründung tragen sie vor, an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestünden ernstliche Zweifel. Die Hunde würden zu Erwerbszwecken gehalten. Sie seien erforderlich, um die auf 15 Weiden rotierend gehaltenen Herden insbesondere vor Übergriffen durch Raubvögel und Füchse zu schützen. Dieser Erwerbszweck werde nicht durch die Zahl der gehaltenen Hunde und den zeitweisen Aufenthalt der Hunde am bzw. im Wohnhaus der Kläger infrage gestellt. Das Halten mehrerer Hunde sei sowohl für einen effektiven Herdenschutz als auch für eine artgerechte Hundehaltung notwendig. Zur Gewährleistung einer artgerechten Hundehaltung sei es außerdem erforderlich, dass sich die Hunde temporär am bzw. im Wohnhaus der Kläger aufhielten (z.B. bei Läufigkeit, Krankheit, Erholung, Ein- und Umgewöhnung). Eine ununterbrochene und unbeaufsichtigte Anwesenheit der Hunde bei den Herden sei sowohl aus tierschutz- als auch aus haftungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Eine Einzäunung biete keinen ausreichenden Schutz vor Greifvögeln und Füchsen. Soweit sich bei Kontrollen keine Hunde bei den Herden befunden hätten, hätten sich die Hunde jeweils bei einer anderen Herde befunden. Die Rechtssache weise auch besondere tatsächliche Schwierigkeiten auf und habe grundsätzliche Bedeutung. Laut Stellungnahme des AELF Pfaffenhofen sei in Bayern jederzeit und überall mit dem Auftreten eines Wolfes zu rechnen, sodass Herdenschutzmaßnahmen wieder unumgänglich seien. Es stelle sich die grundsätzliche und bisher ungeklärte Frage, ab welcher Gefahrenintensität von einer Notwendigkeit des Schutzes durch Herdenhunde auszugehen sei. Darüber hinaus liege ein Verfahrensmangel vor, weil das Verwaltungsgericht die vom Kläger angebotenen Nachweise (insbesondere Fotografieren und Zertifikate) zum fachgerechten Herdenschutz sowie seiner Notwendigkeit nicht in Anspruch genommen habe. Dem Zulassungsbegründungsschriftsatz lagen Fotografien bei, die die Hunde der Kläger bei den Herden zeigen, ein Sachkundenachweis der Klägerin zu 2 von der Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde e.V. vom 16. September 2018 mit einer Mitgliedschaftsbestätigung für die Klägerin zu 2 vom 8. Juni 2020, zwei Leistungsnachweise der Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde e.V. für die beiden Hunde vom 11. Oktober 2019, wonach die Hunde die Prüfung bestanden hätten, eine Seminarteilnahmebestätigung für die Klägerin zu 2 zum Thema Hund (von Balu, Eure Hundeschule) sowie eine Teilnahmebestätigung vom Bund Naturschutz in Bayern e.V. über den Besuch eines Symposiums „Im Herdenschutz liegt die Zukunft“.

Die Entscheidung:

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs München hält das Urteil einer Überprüfung statt und hat dem Antrag auf Zulassung der Berufung nicht stattgegeben.

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Kläger haben keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt2.

Nach § 2 Nr. 5 der Hundesteuersatzung der Beklagten vom 01.10.2010 ist das Halten von Hunden, die zur Bewachung von Herden notwendig sind, steuerfrei.

Hierzu gehören Hütehunde, die zur Bewachung von Herden auf freien Weiden ohne eingrenzende Zäune gehalten werden. Herdenschutzhunde, die Herden schützen, die sich auf eingezäunten Weiden aufhalten, sind nicht notwendig im Sinne dieser Vorschrift. Zwar vermittelt die bloße Einzäunung von Herden auch mittels Elektrozäunen keinen Schutz vor Greifvögeln und Raben. Entsprechend ausgestattete Elektrozäune vermindern zwar das Risiko hinsichtlich der Gefahren von Wolf und Fuchs, bieten jedoch keinen 100-prozentigen Schutz vor ihnen. Auch wird der Einsatz von Herdenschutzhunden zum Schutz vor Wölfen u. a. von öffentlicher Seite allgemein propagiert und gefördert3. Es besteht jedoch keine Notwendigkeit ihres Einsatzes. Die bloße Nützlichkeit ist keine Notwendigkeit im Sinne von § 2 Nr. 5 der Hundesteuersatzung der Beklagten und daher nicht ausreichend, so der Verwaltungsgerichtshof München.

Die Frage der Notwendigkeit des Einsatzes von Herdenschutzhunden ist nach Auffasung des Verwaltungsgerichtshofs München letztlich eine Frage der wirtschaftlichen Abwägung hinsichtlich der Kosten der Anschaffung und Unterhaltung von Herdenschutzhunden einerseits und der voraussichtlich entstehenden Schäden durch Beutegreifer andererseits. Dass der Einsatz von Herdenschutzhunden zum Schutz von Herden, die sich auf eingezäunten Weiden aufhalten, nicht in diesem Sinne notwendig ist, ergibt sich schon daraus, dass der Einsatz dieser Hunde zurzeit nicht die Regel ist, sondern Pferde-, Kuh- und auch Schafherden im Allgemeinen ohne Herdenschutzhunde im Freien gehalten werden.

Auch der weitere Befreiungstatbestand des § 2 Nr. 1 der Hundesteuersatzung der Beklagten liegt nicht vor. Danach sind Hunde steuerfrei, wenn sie zu Erwerbszwecken gehalten werden. Darunter können allerdings grundsätzlich auch Herdenschutzhunde fallen, die diesem Zweck entsprechend erzogen und ausgebildet sind, so dass sie als solche eingesetzt werden dürfen. Die satzungsrechtliche Vorschrift der Beklagten entspricht der Rechtsnatur der Hundesteuer als einer Aufwandsteuer, die nicht erhoben werden darf, wenn die Hundehaltung nicht im Rahmen der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf, sondern allein zu Erwerbszwecken, also zur Einkommenserzielung erfolgt4. Die Bestimmung hat insoweit nur deklaratorischen Charakter. Zu den zu Erwerbszwecken gehaltenen Hunden zählen z.B. Wachhunde einer Wach- und Schließgesellschaft, Hunde eines Züchters oder eines Berufsjägers und abgerichtete Hunde eines Artisten oder Schaustellers, die nicht nur nebenher für die Berufsarbeit benötigt werden.

Die Beklagte hat in ihrer Satzung nicht ausdrücklich bestimmt, dass nur Hunde, die allein zu Erwerbszwecken gehalten werden, steuerfrei sind. Schon aus Gründen der Abgabengerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) kann die Steuerfreiheit aber nur in Betracht kommen, wenn die Erwerbsabsicht bei der Haltung des Hundes objektiv eindeutig im Vordergrund steht. Zu Erwerbszwecken gehalten im Sinne von § 2 Nr. 1 der Hundesteuersatzung der Beklagten wird daher ein Hund nur, wenn er nahezu ausschließlich zu Erwerbszwecken gehalten wird und persönliche Zwecke allenfalls am Rande von Bedeutung sind. Ob die Tätigkeit oder der Betrieb, dem die Haltung des Hundes dient, „auf den Hund angewiesen ist oder auch ohne Hund vorstellbar ist“, ist dabei nach der Satzungsbestimmung der Beklagten nicht entscheidend, da die Beklagte bei § 2 Nr. 1 ihre Hundesteuersatzung nicht auf die Notwendigkeit der Haltung des Hundes abstellt5. Um die Haltung von Hunden zu Erwerbszwecken von der Haltung von Hunden zur Einkommensverwendung zur privaten Lebensführung abzugrenzen, bedarf es jedoch einer nahezu ausschließlichen Verwendung der Hunde zu Erwerbszwecken6. Eine Mischnutzung, d.h. eine Haltung von Hunden, die sowohl beruflichen Zwecken als auch privaten Interessen dient, steht der (völligen) Steuerfreiheit entgegen7.

Voraussetzung für die Anerkennung des Befreiungstatbestands einer Haltung „zu Erwerbszwecken“ ist neben der nahezu ausschließlichen beruflichen oder betrieblichen Verwendung die Wirtschaftlichkeit der zu diesem Zweck gehaltenen Hunde, sofern sie zur Berufsausübung oder für den Betrieb nicht unabdingbar notwendig sind. Eine Wirtschaftlichkeit liegt nur dann vor, wenn das durch den Einsatz der Hunde erwirtschaftete Einkommen auf längere Sicht mindestens die Anschaffungs- und Unterhaltungskosten der Hunde deckt. Nur dann dient die Hundehaltung (noch) der Einkommenserzielung und nicht der Einkommensverwendung. Dies setzt eine Ermittlung dieser Kosten und eine Prognose des durch den Einsatz der Hunde zu erwartenden Einkommens, hier die Prognose der Höhe der durch den Einsatz der Hunde vermiedenen Schäden voraus. Insoweit sind die Hundehalter darlegungspflichtig. Tierschutzrechtliche Aspekte können insoweit nicht maßgeblich sein. Sind die Kosten für die Anschaffung und Unterhaltung der Hunde dauerhaft höher als das durch ihre Haltung und ihren Einsatz erwirtschaftete Einkommen, kann davon ausgegangen werden, dass die Hunde aus privaten und nicht aus beruflichen oder betrieblichen Gründen, also zu Erwerbszwecken, gehalten werden.

Eine solche Wirtschaftlichkeitsberechnung haben die Kläger hier weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich das Halten der beiden Herdenschutzhunde bei der Art ihres landwirtschaftlichen Betriebs als nachhaltig profitabel erweisen könnte.

Die durchschnittlichen Kosten für die Haltung eines Hundes werden maßgeblich durch die laufenden Unterhaltskosten (insbesondere Futter, Versicherung, Zubehör, Impfkosten, sonstige Tierarztkosten usw.) bestimmt. Daneben sind aber auch einmalig anfallende Kosten wie etwa Anschaffungs- und Bestattungs- bzw. Tierkörperbeseitigungskosten einzubeziehen8. Bei Herdenschutzhunden kommen noch Ausbildungs- und Zertifizierungskosten hinzu. Schon die durchschnittlichen Haltungskosten für einen normalen Hund sind höher als 900 Euro bis 1000 Euro8. Setzt man die Haltungskosten eines zum Herdenschutz geeigneten Hundes nur mit 1000 Euro im Jahr an, müssten die Kläger darlegen, dass durch den Einsatz der drei Hunde, für die sie Steuerfreiheit beanspruchen, Schäden an ihren auf den Weiden gehaltenen Tieren mindestens in einer Größenordnung von jährlich 3000 Euro vermieden werden. Das haben die Kläger nicht dargelegt. Ihr Vortrag, es seien in den vergangenen Jahren Lämmer angegriffen und teils getötet worden, liefert keinen Anhaltspunkt für die Vermeidung von Schäden in einer solchen Größenordnung.

Die fehlende Wirtschaftlichkeit der Hundehaltung der Kläger ergibt sich auch ihrem Betriebskonzept, so der Verwaltungsgerichtshof München. Die Kläger tragen vor, im Rahmen einer rotierenden Koppelhaltung seien ihre Herden auf 15 Standorte verteilt. Da ihre Herden gleichzeitig auf mehrere Standorte verteilt sind, müssten Teile der Herden bei Haltung von nur drei Hunden ständig unbewacht sein, was bei den behördlichen Nachschauen auch festgestellt wurde. Der Schutz nur eines Teils der Herden ist aber nicht wirtschaftlich, weil Beutegreifer dann bei anderen Herdenteilen zugreifen können.

Die Steuerfreiheit für Herdenschutzhunde setzt ferner voraus, dass die Hunde nahezu ausschließlich betrieblich eingesetzt werden. Auch das haben die Kläger für den streitgegenständlichen Besteuerungszeitraum nicht ausreichend dargelegt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Nach dem Vortrag der Beklagten und des AELF Pfaffenhofen wurde bei mehreren Nachschauen nicht festgestellt, dass die Hunde der Kläger bei den Herden gewesen seien. Die Kläger machen zwar insoweit geltend, dass die Hunde dann jeweils bei anderen Herdenteilen gewesen seien, tragen aber gleichzeitig vor, dass es ihren Hunden schon aus Gründen des Tierschutzes unzumutbar sei, ständig bei den Herden zu sein. Insbesondere im Jahr 2019 sind die Hunde nach dem klägerischen Vortrag im Verwaltungsverfahren auch tagsüber nur zeitweise bei den Herden gewesen, nachts gar nicht. Von einem nahezu ausschließlich betrieblichen Einsatz konnte demnach keine Rede sein.

Das Erfordernis eines nahezu ausschließlich betrieblichen Einsatzes steht einer möglichen Steuerbefreiung für Herdenschutzhunde nicht prinzipiell entgegen. Nach der fachlichen Einschätzung des AELF Pfaffenhofen muss der Regelaufenthaltsort von Herdenschutzhunden bei den zu schützenden Tieren sein. Nach dem in der Widerspruchsakte befindlichen Flyer des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (www.lgl.bayern.de) verbleiben Herdenschutzhunde Tag und Nacht bei der Herde. Im Idealfall wachsen sie zusammen mit ihrer Herde auf und beschützen diese wie ein eigenes Rudel. Sie sollen auch in kleineren Herden niemals alleine eingesetzt werden. Ein in der Akte der Beklagten befindlicher Leitfaden zu Aufzucht, Haltung und Einsatz von Herdenschutzhunden aus der Schweiz bestätigt diese Einschätzung. Danach wird die Bindung von Herdenschutzhunden primär zur Herde hergestellt, in dem die Hunde in engem Kontakt zu den Nutztieren aufwachsen. Auch wenn der Herdenschutzhund immer mit der Herde lebe, müsse er ab drei bis fünf Monaten an einen minimalen Umgang mit dem Menschen gewöhnt werden. Die Bindung des Herdenschutzhundes zum Hundehalter dürfe nicht zu stark sein.

Zwar dürften die Hunde der Kläger, da eine Zertifizierung erst im September 2019 erfolgt ist, im Jahr 2019 noch in der Ausbildung gewesen sein, wobei auch die Ausbildungszeit betrieblich bedingt sein kann. Jedoch besteht die Ausbildung nach den fachlichen Stellungnahmen vor allem darin, dass Herdenschutzhunde und Herde sich aneinander gewöhnen, sodass es nicht gerechtfertigt ist, Herdenschutzhunde in Ausbildung überwiegend am und im Wohnhaus zu halten.

Aus diesen Gründen bestehen, ohne dass es nach Auffassung es Verwaltungsgerichtshofs München noch darauf ankäme, auch Zweifel an der fachgerechten Aufzucht und Ausbildung der Hunde der Kläger als Herdenschutzhunde. Die Kläger haben zwar Zertifizierungsurkunden über den Aufenthalt der Hunde bei den Herden vorgelegt, jedoch nicht weiter erläutert, welcher Ausbildungsstand damit dokumentiert wird. Ferner finden sich mehrere Berichte in der Akte der Beklagten, wonach die Hunde der Kläger in ihrem Heimatort ohne Aufsicht gestreunt sind. Diesen Berichten, die in einem Schreiben der Beklagten an den Kläger zusammenfassend wiedergegeben werden, sind die Kläger nicht entgegengetreten.

Der in der Zulassungsbegründung genannte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (hier: tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache) ist nicht ausreichend dargelegt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Mit einem von den Klägern angenommenen Klärungsbedarf durch einen gerichtlichen Ortstermin an einer bewachten Weide lässt sich eine tatsächliche Schwierigkeit der Rechtssache nicht begründen. Ein solcher Augenschein (Beobachten der Hunde bei den Herden) war hier auch nicht notwendig, da es darauf nicht ankam.

Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Die von den Klägern für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, ab welcher Gefahrenintensität (hinsichtlich Wölfe) von einer Notwendigkeit eines Schutzes durch Herdenschutzhunde auszugehen ist, ist – wie unter Buchst. a ausgeführt – nicht entscheidungserheblich.

Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 19.01.2021 – 4 ZB 20.1217

  1. VG Augsburg, Urteil vom 08.04.2020 – Au 2 K 19.1058 []
  2. BVerfG, Beschlus vom 18.06.2019 – 1 BvR 587/17, BVerfGE 151, 173 []
  3. vgl. z.B. Richtlinie des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz zur Förderung von Investitionen in Herdenschutzmaßnahmen gegen Übergriffe durch den Wolf vom 29.4.2020 – BayMBl 2020, Nr. 266 []
  4. BVerwG, Beschluss vom 02.11.2006 – 10 B 5.06; VGH BW, Urteil vom 16.12.2002 – 2 S 2113/00, VBlBW 2003, 288 []
  5. VG Trier, Urteil vom 20.05.2010 – 2 K 58/10.TR []
  6. VG Gera, Urteil vom 10.03.2014 – 5 K 140/13 Ge; VG Augsburg, Urteil vom 02.05.2007 – Au 6 K 06.817; VGH BW, Urteil vom 15.9.2010 – 2 S 811/10, KStZ 2011, 115 []
  7. BVerwG, Beschluss vom 02.11.2006 – 10 B 5.06; OVG NW, Urteil vom 03.11.2005 – 14 A 3852/04; VG Meiningen, Urteil vom 23.10.2019 – 5 K 307/17 []
  8. BVerwG, Urteil vom 15.10.2014 – 9 C 8.13, BVerwGE 150, 225 [] []