Hundehaltungsverbot: Einmal unzuverlässig – immer unzuverlässig?

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte aktuell über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Hundehalter nach mehreren Jahren beantragt hat, ein gegen ihn ausgesprochenes Hundehaltungsverbot für grosse Hunde aufzuheben.

Mit der entsprechenden Klage ist er beim Verwaltungsgericht Düsseldorf gescheitert. Das Gericht hat die Gründe, die der Haltungsuntersagung zugrundelagen für so schwerwiegend erachtet, dass sie nicht einfach qua Zeitablauf zu negieren seien.

Aber im Einzelnen:

Der Kläger hielt den im Jahr 2006 geborenen deutschen Schäferhund „Rex“. Am 9. März 2011 biss der Hund ein zwölfjähriges Mädchen, das hierdurch Verletzungen am rechten Knie erlitt. Die Beklagte begutachtete den Hund am 4. April 2011 und stellte fest, dass es sich nicht um einen im Einzelfall gefährlichen Hund handle. Die Amtsveterinärin ordnete gegenüber dem Kläger mündlich ab dem Zeitpunkt der Begutachtung den Maulkorb- und Leinenzwang an. Der Kläger zeigte sich hiermit zunächst einverstanden.

Am 17.06.2012 kam es zu einem weiteren Vorfall, bei dem ein erwachsener Mann in die Wade gebissen worden ist. Ob der Hund des Klägers hierfür verantwortlich war, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit Bescheid vom 13.07.2012 untersagte die Beklagte dem Kläger ab sofort die Haltung seines Hundes sowie die Haltung anderer großer Hunde im Sinne von § 11 LHundG NRW. Sie forderte den Kläger zudem auf, den Hund bis zum 16.07.2012 zur Überprüfung der Gefährlichkeit in einem Tierheim unterzubringen. Zur Begründung der Haltungsuntersagung nahm die Beklagte Bezug auf die Vorfälle vom 09.03.2011 und 17.06.2012. Zum letztgenannten Vorfall führte sie aus, dass der Kläger seinen Hund ohne Leine und ohne Maulkorb geführt habe und der Hund ohne erkennbaren Anlass den Geschädigten gebissen habe. Am 16.07.2012 erhob der Kläger zunächst Klage gegen den Bescheid vom 13.07.2012 und suchte zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nach.

Mit Beschluss vom 02.08.2012 lehnte das Verwaltungsgericht Düsseldorf den Antrag auf Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage ab1. Das Gericht führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Vorfall vom 9. März 2011 sei als schwerwiegend anzusehen. Die Geschehnisse seien leicht zu vermeiden gewesen. Die Notwendigkeit einer Rücksichtnahme hätte sich dem Kläger aufdrängen müssen, da ihm aufgrund eines vorangegangenen Beißvorfalls bekannt gewesen sei, dass „Rex“ in Anwesenheit anderer Hunde nicht stets unproblematisch reagiere. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger das verletzte Kind sich selbst überlassen und es nicht für nötig gehalten habe, seine Personalien anzugeben. Im Rahmen der Begutachtung des Hundes im April 2011 habe die Amtsveterinärin dem Kläger gegenüber mündlich den Leinen- und Maulkorbzwang für seinen Hund ausgesprochen. Auf eine schriftliche Bestätigung habe er verzichtet. Der Kläger habe gegen § 2 Abs. 1 LHundG NRW verstoßen, indem er seinen Hund in der Nacht vom 16. auf den 17.06.2012 jedenfalls ohne Maulkorb geführt habe. Soweit der Kläger ausführe, die Anordnung der Amtsveterinärin sei mangels Zuständigkeit nichtig, impliziere dies, dass er die Anordnung auch sonst für nicht verbindlich gehalten habe und daher seinen Hund öfter oder Maulkorb ausgeführt habe. Es habe sich insoweit offenbar um bloße „Lippenbekenntnisse“ des Klägers gehandelt, um den drohenden Erlass einer schriftlichen Ordnungsverfügung abzuwenden. Es stelle ein arglistiges Verhalten dar, sich mit dem Maulkorb- und Leinenzwang einverstanden zu erklären, und sich dann auf die Nichtigkeit der Maßnahme zu berufen. Deutlicher könne man seine Unzuverlässigkeit kaum dokumentieren. Der Kläger habe seine Pflichten als Halter beharrlich missachtet und dadurch seine Unzuverlässigkeit erwiesen.

Das Hauptsacheverfahren wurde eingestellt, nachdem der Kläger seinen Hund am 11. August 2012 an eine Halterin in Spanien abgegeben hatte und die Beteiligten den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten2.

Der Geschädigte des Beißvorfalles vom 17.06.2012 erhob seinerseits vor dem Amtsgericht Düsseldorf Klage gegen den hiesigen Kläger. Das Amtsgericht Düsseldorf vernahm in dem Verfahren mehrere Zeugen. Mit Urteil vom 27.01.2015 wies es die Klage vollumfänglich ab3. Zur Begründung führte das Amtsgericht im Wesentlichen aus: Das Gericht habe erhebliche Zweifel daran, dass die Hunde der Beklagten (der hiesige Kläger und eine weitere Person) den Kläger gebissen hätten. Die befragten Zeugen hätten bekundet, einen Hundebiss nicht gesehen zu haben. Das Amtsgericht ließ offen, ob der Hund des hiesigen Klägers angeleint war.

Der Kläger stellte am 21.11.2015 bei der Beklagten den ausdrücklich auf § 22 Satz 1 OBG NRW gestützten Antrag, Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 aufzuheben, soweit ihm die Haltung großer Hunde untersagt worden ist. Zur Begründung verwies er auf das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf, wonach ein Biss nicht habe festgestellt werden können.

Mit Bescheid vom 18.01.2016, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.01.2016 zugestellt, lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, es hätten sich keine neuen Anhaltspunkte ergeben, die eine Wiederaufnahme eines gesonderten Verwaltungsverfahrens begründeten. Der für das Amtsgericht Düsseldorf zu Grunde liegende Sachverhalt sei bereits mit Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 gewürdigt worden. Eine Rechtsmittelbelehrung war dem Bescheid nicht beigefügt.

Am 19.01.2017 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Aufgrund der Vernehmung von Zeugen und des damals Geschädigten in dem Zivilverfahren könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass er gegen das LHundG NRW verstoßen habe und hierdurch jemand verletzt worden sei. Darüber hinaus liege der Vorfall mittlerweile mehrere Jahre zurück. Dass er sich in dieser Zeit noch etwas hätte zuschulden kommen lassen, sei nicht ersichtlich und werde auch von der Beklagten nicht behauptet. Selbst bei der Begehung von Straftaten sehe das LHundG NRW vor, dass diese der Zuverlässigkeit des Hundehalters nach einem Ablauf von fünf Jahren nicht mehr entgegengehalten werden könnten. Es bestehe jedenfalls ein Anspruch auf Neubescheidung des Klägers.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18.01.2016 zu verpflichten, Ziffer 1 ihrer Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 aufzuheben, soweit dem Kläger darin die Haltung großer Hunde gemäß § 11 LHundG NRW untersagt ist.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen; sie ist – hinsichtlich des Hauptantrages – zulässig, aber unbegründet – so das Verwaltungsgericht Düsseldorf.

Die Klage ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf unbegründet. Die mit Ordnungsverfügung vom 18.01.2016 erfolgte Ablehnung der Aufhebung von Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 enthaltenen Haltungsverbots für große Hunde.

Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 22 OBG NRW, der über die Regelung des § 15 LHundG NRW auch für Ordnungsverfügungen nach dem LHundG NRW – wie der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 – gilt. Nach dieser Vorschrift kann die von einer Ordnungsverfügung mit fortdauernder Wirkung betroffene Person verlangen, dass die Verfügung aufgehoben wird, wenn die Voraussetzungen der Ordnungsverfügung fortfallen.

Nach diesen Grundsätzen war die Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 nicht durch die Beklagte aufzuheben; die Voraussetzungen der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 sind nicht entfallen. Die hier allein streitgegenständliche Ziffer 1 der Verfügung vom 13.07.2012 findet ihre Grundlage in § 12 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW. Danach kann das Halten eines großen Hundes im Sinne des § 11 Abs. 1 LHundG NRW untersagt werden, wenn ein schwerwiegender Verstoß oder wiederholte Verstöße gegen Vorschriften des LHundG NRW oder auf Grund dieses Gesetzes getroffener Anordnungen vorliegen, die Haltungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 LHundG nicht erfüllt sind oder die Haltungsvoraussetzungen nicht innerhalb einer behördlich bestimmten Frist der zuständigen Behörde nachgewiesen wurden. Die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung vom 12.07.2013 hat das Gericht mit Beschluss vom 02.08.2012 – 18 L 1191/12 – summarisch geprüft und bestätigt. Auf die dortigen Ausführungen, an denen das Gericht festhält, wird verwiesen. Die in der Entscheidung dargestellten Voraussetzungen der Ordnungsverfügung sind bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht entfallen; weder das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 27.01.2015 – 54 C 0000/13 – noch der Zeitablauf seit dem Erlass der Ordnungsverfügung führen ohne Weiteres hierzu.

Das Amtsgericht Düsseldorf ist im Urteil vom 27.01.2015 – 54 C 0000/13 – nach Vernehmung von Zeugen nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Hund des hiesigen Klägers den Prozessgegner im amtsgerichtlichen Verfahren gebissen hat. Aus Sicht der entscheidenden Richterin bestanden erhebliche Zweifel daran, dass die Hunde der dort Beklagten (u.a. der hiesige Kläger) zugebissen hätten (Seite 3 des Urteilsabdrucks). Die Frage, ob der Hund des Klägers angeleint gewesen sei, könne dagegen dahinstehen, weil selbst bei Unterstellung dessen und des Bestehens eines entsprechenden Anscheinsbeweises dieser jedenfalls in diesem Einzelfall erschüttert sei (Seite 4 des Urteilsabdrucks).

Die Ausführungen des Amtsgerichts Düsseldorf führen nicht zu einem Fortfallen der Voraussetzungen der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012. Ungeachtet der Frage, ob von dem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf überhaupt eine Bindungswirkung für die hiesige Entscheidung ausgeht, enthält die Entscheidung weder die Feststellung, dass es nicht zu einem Biss gekommen ist, noch, dass der Hund des Klägers beim Vorfall am 17.06.2012 angeleint gewesen ist oder einen Maulkorb trug. Das Amtsgericht führt in den Entscheidungsgründen allein aus, dass es nicht zu der Überzeugung gelangt sei, dass es zu einem Biss gekommen sei, weil die durch den dortigen Kläger beigebrachten Beweismittel unergiebig gewesen seien. Das Amtsgericht hat das Gegenteil – dass es nicht zu einem Biss gekommen ist – hingegen nicht festgestellt. Die Frage, ob der Kläger seinen Hund angeleint und mit einem Maulkorb ausgeführt hat, hat es sogar vollständig offengelassen. Schon vor diesem Hintergrund gebietet die Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf keine vom Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 02.08.2012 abweichende Beurteilung – so das Verwaltungsgericht Düsseldorf. Selbst wenn man hiervon absähe, würde die Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf nicht zu einem Wegfall der Voraussetzungen der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 führen. Im Beschluss vom 02.08.2012 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf nicht auf den Umstand abgestellt, dass es am 17.06.2012 tatsächlich zu einem Biss gekommen ist. Ausschlaggebend für die Feststellung, dass der Kläger schwerwiegend und wiederholt gegen Vorschriften des LHundG NRW verstoßen hat und sich als unzuverlässig im Sinne des § 7 Abs. 2 LHundG NRW erwiesen hat, waren vielmehr ein Vorfall am 09.03.2011, bei dem der Hund des Klägers ein Kind biss, das Führen des Hundes ohne Leine und Maulkorb – wozu das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf gerade keine Aussage trifft – am 17.06.2012 und schließlich die Tatsache, dass der Kläger trotz Kenntnis der von seinem Hund ausgehenden Gefahren die Anordnung der Amtsveterinärin zwar scheinbar akzeptierte, sie zugleich aber mit Verweis auf deren mögliche Nichtigkeit vorsätzlich missachtete.

Auch der Zeitablauf seit Erlass der Ordnungsverfügung am 13.07.2012 führt nicht zu einem Fortfall der ihr zugrundeliegenden Voraussetzungen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, aus denen sich ergäbe, dass der Kläger sein Fehlverhalten mittlerweile eingesehen hätte und zukünftig nicht mehr mit Verstößen gegen das LHundG NRW zu rechnen ist. Im Gegenteil erweckt die Begründung des Klägers in diesem Verfahren den Eindruck, dass er nach wie vor sein Fehlverhalten – das gerade nicht (nur) in der Tatsache begründet lag, dass es am 17.06.2012 möglicherweise zu einem Biss gekommen ist – nicht einsieht. Dabei ist zu beachten, dass der Kläger – selbst wenn es am 17.06.2012 nicht zu einem Biss durch seinen Hund gekommen sein sollte – derart massiv gegen Vorschriften des LHundG NRW verstoßen hat, dass auch nach sechs Jahren noch von einer Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen werden kann. Die Beklagte hat insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung ihre Erwägungen noch ergänzt und nachvollziehbar auf die Schwere der dem Kläger im Jahr 2012 vorgeworfenen Verstöße verwiesen. Wie bereits im Beschluss vom 02.08.2012 – 18 L 1191/12 – ausgeführt, hat der Kläger gerade im Hinblick auf den Vorfall am 09.03.2011 ein ganz besonders rücksichtsloses Verhalten gezeigt, so das Verwaltungsgericht Düsseldorf. Obwohl der Kläger bereits aus früheren Vorfällen hätte wissen müssen, dass sein Hund in Anwesenheit anderer Hunde nicht stets unproblematisch reagiert, traf er keine entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen. Hierdurch kam es zu einer erheblichen Verletzung eines Kindes. Ganz besonders ausgeprägte und entsprechend anhaltende Zweifel an seiner Zuverlässigkeit begründete der Kläger schließlich durch die vorsätzliche Missachtung der ihm durch die Amtsveterinärin aufgetragenen Verhaltenspflichten, wobei davon ausgegangen werden muss, dass der Kläger zwischen der Anordnung des Maulkorb- und Leinenzwangs am 04.04.2011 und dem Vorfall am 17.06.2012 beharrlich gegen die Anordnung verstoßen hat.

Eine abweichende Betrachtung gebietet auch § 7 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW nicht. Danach besitzen Personen die zur Haltung eines Hundes erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die wegen der dort genannten Straftaten rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind. Hieraus kann nicht abgeleitet werden, dass nach einem Ablauf von fünf Jahren auch sonstige Tatbestände, die zur Annahme der Unzuverlässigkeit des Hundehalters geführt haben, nicht mehr zu berücksichtigen wären. Einer solchen Annahme steht bereits der Wortlaut des § 7 Abs. 2 LHundG NRW entgegen. Die Unzuverlässigkeit des Klägers ergibt sich hier aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 LHundG NRW, wonach die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht besitzen, die insbesondere wiederholt und schwerwiegend gegen Vorschriften des LHundG NRW verstoßen haben. § 7 Abs. 2 LHundG NRW sieht eine zeitliche Einschränkung im Gegensatz zu Abs. 1 Satz 1 gerade nicht vor.

Zudem ergibt sich die Rechtsfolge, dass begangene Straftaten nach einem Ablauf von fünf Jahren zwingend nicht mehr zu berücksichtigen seien, auch aus § 7 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW nicht. Absatz 1 des § 7 LHundG NRW nennt (lediglich) Tatbestände, bei deren Vorliegen die Zuverlässigkeit einer Person in der Regel zu verneinen ist4.

Der Wortlaut der Norm ist insoweit nicht abschließend gefasst5), sondern nennt vielmehr Fallgruppen, bei deren Vorliegen die Unzuverlässigkeit vermutet werden kann6.

Nach Ablauf von fünf Jahren seit Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung entfällt daher allenfalls die in § 7 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW vorgesehene Vermutungswirkung, ohne dass hiermit ein sonstiger Ausschluss der Berücksichtigung verbunden wäre.

Selbst wenn man von einem solchen Ausschluss ausginge, bestünden die Voraussetzungen zur Übertragung dieses Ausschlusses auf § 7 Abs. 2 LHundG NRW im Wege einer Gesetzesanalogie nicht. Davon abgesehen, dass schon das Bestehen einer notwendigen Regelungslücke in § 7 Abs. 2 LHundG NRW nicht ersichtlich ist, besteht zwischen den Absätzen 1 und 2 keine vergleichbare Interessenlage. Während die Vermutung der Unzuverlässigkeit in den Fällen des Absatzes 1 daran anknüpft, dass der Hundehalter durch rechtskräftige Verurteilungen wegen einschlägiger Straftaten unter Beweis gestellt hat, die Rechtsordnung oder wesentliche Rechtsgüter anderer nicht zu respektieren, und daher keinen (gefährlichen) Hund führen dürfen soll4, betrifft § 7 Abs. 2 LHundG NRW maßgeblich Fälle, in denen der Hundehalter gezeigt hat nicht willens oder in der Lage zu sein, die sich für ihn konkret aus dem LHundG NRW ergebenden Anforderungen zu erfüllen.

Ein (spruchreifer) Anspruch des Klägers auf Aufhebung von Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 13. Juli 2012 ergibt sich ferner nicht aus § 51 Abs. 1 VwVfG NRW7.

Danach hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat, neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind. Der Antrag muss nach § 51 Abs. 3 VwVfG NRW binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat. Davon abgesehen, dass der Kläger seinen Antrag vom 21.11.2015 ausdrücklich und ausschließlich auf § 22 Satz 1 OBG NRW stützte, sind die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG NRW nicht erfüllt. Der Kläger hat mit seinem Antrag bereits die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG NRW nicht eingehalten. Das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits am 06.03.2015 zugegangen. Der Antrag auf Abänderung der Ordnungsverfügung vom 13. Juli 2012 erfolgte jedoch erst mit Schreiben vom 21. November 2015 – mithin erst ca. acht Monate nach Kenntnis des – vermeintlich – neuen Umstands.

Die Klage erweist sich insoweit bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig, weil der Kläger einen entsprechenden, auf ein behördliches Ermessen vorsehende Vorschriften gestützten Antrag nicht zuvor bei der Beklagten gestellt hat. Ausweislich seines an die Beklagte gerichteten Schriftsatzes vom 21. November 2015 beantragte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 „gem. § 22 Satz 1 OBG NRW“ aufzuheben. Auf Grund dieser ausdrücklichen Beschränkung des Antrages im anwaltlichen Schriftsatz bestand für die Beklagte kein Anlass, darüber hinaus eine in ihrem Ermessen stehende Aufhebung des Bescheides aus anderen Erwägungen zu prüfen, so das eine behördliche Entscheidung vor Klageerhebung insoweit nicht vorlag.

Der Antrag erweist sich zudem – selbstständig tragend – als unbegründet. Der Kläger hat nach summarischer Prüfung keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie (Neu-)Bescheidung seines Antrags auf Aufhebung der Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 aus den §§ 48, 49 VwVfG NRW. Nach diesen – neben § 22 OBG NRW anwendbaren – Vorschriften8 steht die Aufhebung eines Verwaltungsaktes (auch) nach Eintritt der Bestandskraft desselben im Ermessen der Behörde. Selbst wenn man den Bescheid vom 18.01.2016 hieran misst, erweist sich dieser nicht als rechtswidrig, insbesondere nicht als ermessenfehlerhaft. Nach § 114 Satz 1 VwGO prüft das Verwaltungsgericht dabei, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Daran gemessen erweist sich der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2016 nicht als ermessensfehlerhaft; die Beklagte hat hinreichende Ermessenserwägungen – spätestens mit ihrer Klageerwiderung vom 02.03.2016 – genannt9.

Nach den Ausführungen im Bescheid vom 18.01.2016 hätten sich keine neuen Anhaltspunkte ergeben, die eine Wiederaufnahme eines gesonderten Verwaltungsverfahrens begründeten. Der Sachverhalt sei bereits mit Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 gewürdigt worden. Die Beklagte hat damit in Ansätzen zum Ausdruck gebracht, eine Ermessensprüfung vorzunehmen. Da der Kläger seinerseits zuvor keine weiteren Erwägungen vorgetragen hat, die bei einer Entscheidung über die Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 13.07.2012 zu berücksichtigen wären, ist nicht ersichtlich, welche weiteren Erwägungen die Beklagte in ihre Ermessenentscheidung hätte einstellen müssen. Erst mit Übersendung des Klageentwurfs hat der Kläger den bisherigen Zeitablauf als weiteren zu berücksichtigen Aspekt vorgebracht. Diesen hat die Beklagte mit ihrer Klageerwiderung offensichtlich aufgenommen und entsprechend festgestellt, dass „auch ansonsten keine neuen Tatsachen bekannt geworden“ seien.

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2018 – 18 K 1929/16
ECLI:DE:VGD:2018:0627.18K1929.16.00

  1. VG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2012 – 18 L 1181/12 []
  2. VG Düsseldorf – 18 K 5119/12 []
  3. AG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2015 – 54 C 0000/13 []
  4. vgl. Gesetzesbegründung zum LHundG NRW, LT-Drs. 13/2387 Seite 27 [] []
  5. OVG NRW, Beschluss vom 16.06.1999 – 5 B 424/99 (zu den Vorschriften der GefHuV NRW); OVG NRW, Beschluss vom 02.08.2002 – 5 B 765/02 (zu den Vorschriften der LHV NRW []
  6. Haurand, Kommentar zum LHundG NRW, Stand Dezember 2013, Rn. 123 []
  7. zur Anwendbarkeit neben § 22 OBG NRW: Rhein, in: OBG NRW (Kommentar), § 22 Rn. 11 []
  8. Rhein, in: OBG NRW (Kommentar), § 22 Rn. 11 []
  9. vgl. zur Zulässigkeit des Nachschiebens von Gründen OVG NRW, Beschluss vom 29.01.2018 – 9 B 1540/17; BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 – 8 C 46.12; BVerwG, Beschluss vom 15.05.2014 – 9 B 57.13 []