… wenn auch das Oberverwaltungsgericht das Leid des Hundes (und auch das der Hundehalter) nach sechs Jahren in einer Tierpension nicht mildern konnte. Und all das, weil eine angeblich Geschädigte einen Beissvorfall behauptet hatte und die Gemeinde Kürten voreilig den Hundehaltern alle Hunde weggenommen hatte.
Nach sechs Jahren in der Tierpension konnte nun auch der letzte Hund endlich wieder zu seinen Haltern zurückkehren.
Aber im Einzelnen:
In dem entschiedenen Fall betreiben die Hundehalter auf ihrem Grundstück einen Reiterhof und sind (bzw. waren) Halter von fünf Hunden.
Am 26. und 27.02.2015 zeigte Frau D., die zu der Zeit ein Pferd bei den Klägern eingestellt hatte, einen Beißvorfall bei der Beklagten (der Gemeinde Kürten) an.
Am 18.02.2015 sei sie gegen 10.30 Uhr in den rückwärtigen Teil des Betriebsgeländes gegangen, wo sich ein Reitplatz und der Logierzirkel befänden, um zu sehen, ob die Plätze frei seien. Als sie sich in Höhe des rückwärtigen Stalles befunden habe, sei der Hund „S.“ vor das unverschlossene Stalltor gelaufen. „S.“ habe einen Maulkorb getragen und habe sie daraufhin ohne ersichtlichen Grund angegriffen. Er sei bellend auf sie zu gelaufen, was direkt bedrohlich gewirkt habe. Der Hund „R.“ sei sofort hinterher gelaufen. Beide Hunde seien als erste bei ihr gewesen und hätten einen gezielten Angriff auf ihre oberen Extremitäten gestartet. Die anderen drei Hunde, der Rüde „T.“ und die Hündinnen „G 1“ und „G 2“ seien auch sofort angelaufen gekommen und hätten sich auf sie gestürzt. Die drei Rüden seien die Haupttäter gewesen, als Anführer des Angriffs bezeichnete sie „S.“. Aber auch die Hündinnen hätten angegriffen. Alle fünf Hunde seien um sie herum gesprungen und hätten sie immer wieder in die Oberarme, in den Rücken, in die Seite, in die Oberschenkel und in das Gesäß gebissen. Sie habe überall Bisswunden mit multiplen Hämatomen davongetragen. Die Bisswunden hätten teilweise genäht werden müssen. Die Hunde hätten versucht, immer wieder nach oben Richtung Hals bzw. Kehle zu springen. Der Kläger zu 1. sei durch den Lärm und das Schreien aus dem Stall gelaufen. Es sei ihm erst nach einer gefühlten Ewigkeit von ca. zwei bis drei Minuten gelungen, die Hunde von ihr abzubringen.
Daraufhin untersagte die beklagte Gemeinde K. den Klägern unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Haltung ihrer fünf Hunde, ordnete die Abgabe der Hunde an ein Tierheim oder an eine geeignete Person an sowie die Vorlage eines Nachweises über die Abgabe und untersagte die künftige Haltung von gefährlichen Hunden i. S. d. § 3 LHundG NRW, von Hunden bestimmter Rassen i. S. d. § 10 Abs. 1 LHundG NRW und von großen Hunden i. S. d. § 11 Abs. 1 LHundG NRW. Sie drohte für den Fall der Nichtbefolgung unmittelbaren Zwang und ein Zwangsgeld an.
Die Kläger haben hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht Köln erhoben.
Das Schicksal der Hunde während des Rechtstreits vor dem Verwaltungsgericht:
- Einer der fünf Hunde, der Rüde „R.“ wurde an eine Person abgeben, die gefährliche Hunde halten darf.
- Der Rüde „T.“ ist während des Rechtsstreits verstorben.
- Die Hündinnen „G 1“ und „G 2“ durften aufgrund eines erfolgreichen Eilverfahrens nach mehreren Jahren unter Auflagen zunächst zu den Hundehaltern zurückkehren.
- Der Rüde „S.“ wurde von den Klägern für die Zeit des Prozesses in einer Tierpension untergebracht, damit er nicht in einem Tierheim vor sich hinvegetieren musste.
Die verschiedenen Prozesse:
- Ein gegen einen der Hundehalter, den Kläger zu 1) eingeleitetes Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung ist nach einer umfangreichen Beweisaufnahme (u.a. durch Gutachten eines Rechtsmediziners und eines DNA-Sachverständigen) durch Freispruch rechtskräftig beendet worden1.
- Die angeblich geschädigte Zeugin D. hat ihre Zivilklage auf Schmerzensgeld nach Erhalt der Klageerwiderung zurückgenommen.
- Nichtsdestotrotz blieb die Zeugin D. bei ihren Behauptungen und das Verwaltungsgericht Köln gab der Klage gegen die Hundehaltungsuntersagung trotz allem nicht statt2. Dies sah das Oberverwaltungsgericht Münster nun anders.
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster:
Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung der Haltung des Hundes „S.“ als gefährlicher Hund gem. § 3 Abs. 3 LHundG NRW ist § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW. Hiernach soll die Haltung eines gefährlichen Hundes unter anderem untersagt werden, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt sind, der Halter also z. B. nicht die gem. §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Für die Untersagung der Haltung der Hunde „T.“, „G1“ und „G2“ als große Hunde gem. § 11 Abs. 2 LHundG NRW ist § 12 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW taugliche Ermächtigungsgrundlage. Danach kann die Haltung unter anderem untersagt werden, wenn die Haltungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 LHundG NRW nicht erfüllt sind, u. a. wenn der Halter nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.
Unabhängig davon, dass § 11 Abs. 2 – anders als § 10 Abs. 1 – nicht auf § 7 LHundG NRW verweist und damit der Gesetzgeber für große Hunde einen anderen Zuverlässigkeitsbegriff zugrunde legt als für gefährliche Hunde und Hunde bestimmter Rassen, ist von der Unzuverlässigkeit eines Hundehalters sowohl nach § 7 als auch nach § 11 Abs. 2 LHundG NRW jedenfalls dann auszugehen, wenn bei ihm aufgrund von Vorfällen mit den von ihm gehaltenen Hunden in der Vergangenheit anzunehmen ist, dass er keine Gewähr dafür bietet, dass er seinen Hund ordnungsgemäß, d. h. in einer Weise halten wird, dass von dem Hund keine Gefahren ausgehen werden. Der Hundehalter muss ohne Einschränkungen willens und in der Lage sein, seine Pflichten als Halter eines Hundes im Sinne der § 3, § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 LHundG NRW jederzeit und überall zu erfüllen. Nicht willens zur ordnungsgemäßen Hundehaltung ist, wer sich als Hundehalter eines solchen Hundes nicht hinreichend seiner besonderen Verantwortung gegenüber den Belangen und Rechtsgütern der Allgemeinheit und Dritter bewusst ist. Unerheblich ist, aus welchen Gründen der Hundehalter zu einer ordnungsgemäßen Hundehaltung nicht imstande ist. Unzuverlässigkeit setzt daher weder ein Verschulden noch einen Charaktermangel des Hundehalters voraus. Wegen der von einer unsachgemäßen Haltung oder Führung von Hunden ausgehenden Gefahren für die körperliche Unversehrtheit und das Leben anderer Menschen und Tiere muss die Zuverlässigkeit des jeweiligen Hundehalters posi-tiv feststehen. Dementsprechend genügen bereits verbleibende Zweifel an dieser Zuverlässigkeit, um die Eignung als Hundehalter zu verneinen3.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass schon die Möglichkeit eines pflichtwidrigen Verhaltens des Hundehalters in der Vergangenheit ausreichend ist, die Zuverlässigkeit zu verneinen. Vielmehr muss ein solches Verhalten entsprechend allgemeiner (Beweis-)Grundsätze feststehen; dieses muss sodann fortbestehende Zweifel an der künftigen ordnungsgemäßen Hundehaltung seitens des Halters begründen ((vgl. zu der entsprechenden Normsystematik im Gewerberecht Brüning, in: Pielow, BeckOK, GewO, Stand: März 2021, § 35 Rn. 20; Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand Februar 2021, § 35 Rn. 28)).
Gemessen an diesem Maßstab konnte das Oberverwaltungsgericht Münster die Unzuverlässigkeit der Kläger nicht feststellen. Das Oberverwaltungsgericht Münster ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass der fragliche Vorfall am 18.02.2015 stattgefunden hat.
Überzeugung im Sinne des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfordert ein „Für-Wahr-Erachten“, mit anderen Worten die persönliche Gewissheit der entscheidenden Richter, dass das den Tatbestand ausfüllende Ereignis, hier der Beißvorfall vom 18.02.2015, stattgefunden hat. Das Gericht darf dabei keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen ((BVerwG, Urteil vom 16.04.1985 – 9 C 109.84; Rixen, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 108 Rn. 68 ff.)).
Einen solchen Grad von Gewissheit vermochte das Oberverwaltungsgericht Münster hier nicht zu erreichen. Anders als das Verwaltungsgericht Köln möglicherweise angenommen und hierauf Bezug genommen hat, ging das Oberverwaltungsgericht Münster in den von ihm entschiedenen Eilverfahren nicht davon aus, dass ein solcher Grad an Gewissheit vorliege. Vielmehr hat das Oberverwaltungsgericht Münster insbesondere in dem Beschluss vom 08.09.2017 lediglich ausgeführt, dass keine Anhaltspunkte für die „sichere […] Annahme“ vorlägen, die Zeugin D. trage bewusst wahrheitswidrig vor.
Dafür, dass dieser Vorfall tatsächlich stattgefunden hat, ist das einzig unmittelbar bestätigende Beweismittel die Zeugenaussage der Frau D.. Die Zeugin hat durchaus nachvollziehbar erläutert, wie sie von den fünf Hunden attackiert, zu Boden gebracht und durch Bisse verletzt worden ist. Divergenzen zwischen den Schilderungen bei der Anzeige des Vorfalls bei der Beklagten, bei der Vernehmung im Strafverfahren, im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln und in der mündlichen Verhandlung des Oberverwaltungsgerichts Münster sprechen nicht für sich genommen gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage, weil die Zeugin – den Geschehensablauf als wahr unterstellt – nachvollziehbar unter Schock stand, sich der Vorgang in hoher Geschwindigkeit abspielte, sie ausschließlich damit beschäftigt war, die gefährliche Situation zu überstehen, und insbesondere die Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Köln und vor dem Oberverwaltungsgericht Münster mit einem ganz erheblichen zeitlichen Abstand erfolgten. All diese Faktoren können Abweichungen in Details der Schilderung durchaus zu erklären geeignet sein. Sie lassen ebenfalls eine gewisse Detailarmut der Schilderung plausibel erscheinen. Schließlich ist, worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, nicht feststellbar, aufgrund welcher Motivationslage die Zeugin die Kläger zu Unrecht beschuldigen sollte.
Gleichwohl führt die Aussage der Zeugin nicht zu dem erforderlichen Grad der Gewissheit. So weist ihre Aussage vor dem Oberverwaltungsgericht Münster an einzelnen Stellen, die nicht unmittelbar den Vorfall selbst betreffen, erhebliche Widersprüche zu früheren Angaben aus. Zu der für die Aussagekraft der im Strafverfahren und durch das Verwaltungsgericht Köln eingeholten DNA-Analysen maßgeblichen Tatsache, wie oft die bei dem Vorfall getragene Kleidung vor der Untersuchung im Dezember 2015 getragen worden sei, hatte ihr Anwalt im Strafverfahren zunächst vorgetragen, diese sei zuvor „einmal gewaschen“ worden. Nach dem Freispruch hatte sie sodann in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft erklärt, die Kleidung sei in der ganzen Zeit 1-2 Mal die Woche gewaschen worden. Vor dem Verwaltungsgericht Köln, damit konfrontiert, dass es sich um eine Winterjacke gehandelt habe, bekundete sie, dann habe sie diese nur im Winter getragen und im fraglichen Zeitraum allenfalls seltener gewaschen. In der Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster hat sie erneut abweichend erklärt, sie habe die Jacke auch regelmäßig im Sommer getragen, da sie hinsichtlich ihrer Reitbekleidung eine „Zwiebeltechnik“ nutze und daher im Sommer unter dem Winter-Fleeceoberteil nur ein T-Shirt trage. Diesen Widerspruch konnte die Zeugin in der mündlichen Verhandlung nicht auflösen; er lässt sich nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster auch nicht durch die oben geschilderten Faktoren erklären. Es drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass es der Zeugin hier nicht darum ging, ihre Erinnerung korrekt wiederzugeben, sondern nur darum, ein für ihre Schilderung nach ihrer Einschätzung erhebliches Detail mit dem Verweis auf die „Zwiebeltechnik“ plausibel zu machen. Ein solches Aussageverhalten ist geeignet, Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin zu begründen. Unabhängig davon erscheint es dem Oberverwaltungsgericht Münster nicht nachvollziehbar, dass ein Winter-Fleeceoberteil im Sommer regelmäßig getragen und noch weniger, dass es in dieser Zeit 1-2 Mal die Woche gewaschen wurde. Dies gilt umso mehr, als die Kleidung jedenfalls nicht unerheblich beschädigt war.
Auch die Schilderung des Vorfalls selbst begegnet unter Berücksichtigung der oben genannten, die Erinnerung der Zeugin möglicherweise beeinflussenden Umstände durchaus Zweifeln. Nach der vom Senat ohne weiteres für plausibel erachteten Aussage des Tierarztes der Hunde der Kläger hatte der Hund „T.“ schon im Jahr 2014 einen Schlaganfall erlitten und war kaum noch in der Lage geradeaus zu laufen und konnte jedenfalls nicht mehr hochspringen. Gleichwohl hat die Zeugin die drei Rüden, also auch „T.“, bei ihrer Anzeige bei der Beklagten als „Rädelsführer“ des Angriffs bezeichnet, die allesamt an ihr hochgesprungen seien.
Daneben bestehen noch weitere Indizien, die in der Gesamtschau erhebliche Zweifel an dieser Schilderung wecken. So hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster plausibel berichtet, dass er am 18.02.2015 ca. 100 bis 200 Meter Luftlinie von der fraglichen Stelle entfernt vor seiner Garage gearbeitet habe und er angesichts der Abgeschiedenheit der Ortslage, in der sich nur der Hof der Kläger und sein Haus befinden, noch ca. einen Kilometer entfernt rufende Esel hören könne. Der Zeuge konnte auch ohne Weiteres nach-vollziehbar erklären, warum er sich noch so präzise an den konkreten Tag erinnern konnte.
Es erscheint dem Oberverwaltungsgericht Münster unwahrscheinlich, dass der Zeuge in dieser Situation einen Angriff von fünf bellenden Hunden auf die Zeugin, die nach ihrer eigenen Aussage um Hilfe rief und der – ebenfalls nach ihrer Aussage – der Kläger zu 1. zu Hilfe eilte, die Hunde anbrüllte und wegtrat, nicht bemerkt hätte. Insbesondere lässt sich dies nicht mit der Gewöhnung an eine gewisse ländliche Geräuschkulisse erklären, da der Vorfall angesichts seiner Dauer und der Anzahl an beteiligten Personen und Hunden kaum mit den üblichen Geräuschen zu vergleichen war.
Der ärztliche Behandlungsbericht vom 18.02.2015, der die Behandlung von Hundebissen nennt, und die von der Zeugin gefertigten Fotos ihrer Verletzungen führen ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Fotos belegen zwar eindeutig, dass die Zeugin an dem betreffenden Tag entsprechende Verletzungen aufwies, die ihr möglicherweise auch von Hunden zugefügt wurden. Der Sachverständige Prof. Dr. R. hat in seinem Gutachten für das Amtsgericht Bergisch Gladbach die Fotos von den Wunden und die bei der Zeugin festzustellen Narben dahin gewertet, dass sie „zwanglos“ durch Hundebisse zu erklären seien. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Bergisch Gladbach hat er dies allerdings dahingehend präzisiert, dass er eine solche Verursachung jedenfalls nicht ausschließen könne. Zugleich spricht das Spurenbild, mit zwei Wunden, die genäht wurden und mehreren Hautabschürfungen, jedenfalls nicht eindeutig für einen Angriff von fünf großen Schäferhund-Mischlingshunden in der von der Zeugin geschilderten Intensität, der mehrere Minuten andauerte.
Auch die eingeholten DNA-Gutachten an den Bissspuren der Kleidung der Zeugin D. können deren Schilderung nicht bestätigen. DNA-Spuren eines der Hunde der Kläger ließen sich hierbei nicht feststellen. Zwar ist nicht auszuschließen, dass die vormals vorhandenen Spuren durch das Waschen der Kleidung entfernt worden sind. Dass aber zugleich an allen Stellen DNA-Spuren eines anderen Hundes, wohl des Hundes der Zeugin, nachgewiesen werden konnten, lässt jedenfalls in der Zusammenschau mit den widersprüchlichen Angaben der Zeugin zum Waschen der Kleidung auch andere Geschehensabläufe als den von der Zeugin geschilderten, insbesondere die Beibringung der Bissverletzungen durch ihren eigenen Hund, zumindest als nicht nur theoretisch möglich erscheinen.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Ehemann der Zeugin in der Hauptverhandlung vor dem Strafgericht ausgesagt hatte, dass die Zeugin nach dem Vorfall auch Angst vor ihrem eigenen Hund gehabt habe. Demgegenüber hat die Zeugin eine solche Angst in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster bestritten; sie hat jedoch zugleich erläutert, dass sie den Hund zwischenzeitlich abgegeben habe, da dieser mit ihrer neuen Wohnsituation, in der mehrere Familien mit vielen Kindern wohnten, überfordert sei.
Steht damit der Vorfall vom 18.02.2015 nicht mit einer hinreichenden Sicherheit fest, so führt dies zur Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügungen der Beklagten.
Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil vom 07.12.2021 – 5 A 3371/19
Anmerkung:
Es handelte sich um einen erbitterten Rechtsstreit mit der Gemeinde Kürten, die einfach nicht bereit war, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Um den Schutz der Allgemeinheit ging es offensichtlich nicht, sondern um die blinde Verteidigung einer vorschnellen Entscheidung, die dann auch noch vom Verwaltungsgericht Köln bestätigt wurde. Man sieht an der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster allerdings sehr schön, dass das Rechtssystem als solches funktioniert.
- Amtsgericht Bergisch Gladbach, Urteil vom 20.02.2016 – 41 Ds-962 Js 2462/15-93/15 [↩]
- VG Köln, Urteil vom 04.07.2019 – 20 K 2235/15 [↩]
- OVG NRW, Beschlüsse vom 06.02.2013 – 5 B 1228/12; vom 02.07.2012 – 5 B 160/12; vom 31.10.2000 – 5 B 838/00 [↩]