Es kommt schon einmal vor, dass sich ein Hund in verschiedenen Kommunen aufhält.
Für die Höhe der zu entrichtenden Hundesteuer kann diese Frage große Relevanz haben.
Der Verwaltungsgerichtshof München hat nun in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass die Kommune für die Erhebung der Hundesteuer zuständig ist, in dem der Schwerpunkt der Beziehung zwischen dem Hundehalter und dem Hund liegt. Das sei in der Regel der Haushalt des Hundehalters.
Worum ging es in dem konkreten Fall?
Der Antragsteller, der im Gebiet der Antragsgegnerin wohnt und eine Zimmerei in der Nachbargemeinde V. betreibt, wandte sich im Weg des vorläufigen Rechtsschutzes gegen seine Heranziehung zur Hundesteuer für zwei von ihm gehaltene Hunde.
Die 2013 und 2018 erworbenen Hunde, die gem. § 1 II 1 der VO über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10.7.1992 als Kampfhunde gelten, meldete der Antragsteller zunächst jeweils in der Gemeinde V. an, die ihn daraufhin mit Bescheid vom 24.10.2018 bis auf Weiteres zur Zahlung von Hundesteuer in Höhe von 40 EUR bzw. 60 EUR jährlich heranzog.
Nachdem das zuständige Landratsamt anlässlich eines Beißvorfalls am 06.07.2022 auf die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Erhebung der Hundesteuer hingewiesen hatte, meldete der Antragsteller die beiden Hunde dorthin um. Auf der Grundlage ihrer Hundesteuersatzung (HStS), wonach die Steuer für Kampfhunde 1.200 EUR beträgt, setzte die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 20.10.2022 für die Jahre 2018 bis 2022 eine jährliche Steuer von 1.160 EUR für den ersten Hund und für die Jahre 2019 bis 2022 von 1.140 EUR für den zweiten Hund sowie ab dem Jahr 2023 eine Steuer von 1.200 EUR für jeden Hund fest. Dabei erfolgte für die Jahre 2018 bis 2022 eine Kürzung um die von der Gemeinde V. festgesetzten und vom Antragsteller bereits entrichteten Beträge von 40 EUR bzw. 60 EUR.
Der Antragsteller legte dagegen jeweils Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung der genannten Bescheide. Die Aussetzungsanträge lehnte die Antragsgegnerin ab; über die Widersprüche wurde bisher nicht entschieden. Am 30.01.2023 erhob der Antragsteller Klage gegen die Hundesteuerbescheide vom 20.10.2022 und beantragte zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bis zur Entscheidung der Hauptsache.
Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag ab1.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers wurde nun vom Verwaltungsgerichtshof München zurückgewiesen.
Warum?
Bei der Anforderung öffentlicher Abgaben müssen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gem. § 80 Absatz 5 S. 1 VwGO in entsprechender Anwendung des § 80 Absatz 4 S. 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung muss für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge haben. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Bescheides in diesem Sinne sind nur dann anzunehmen, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als dessen Misserfolg; ein lediglich als offen erscheinender Verfahrensausgang rechtfertigt im Hinblick auf die gesetzlich angeordnete sofortige Vollziehbarkeit von Abgabenbescheiden gem. § 80 Absatz 2 Nr. 1 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage nicht2.
In dem entschiedenen Fall bestehen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs München keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide.
Der Antragsteller trägt vor, die Bescheide der Antragsgegnerin seien bereits deshalb rechtswidrig, weil für die jeweiligen Zeiträume bestandskräftige Hundesteuerbescheide der Gemeinde V. ergangen seien, deren Tatbestandswirkung bis zu einer möglichen Aufhebung zu beachten sei. Für die Antragsgegnerin stehe danach verbindlich fest, dass für die jeweiligen Zeiträume die Hundesteuer nur in der von der Gemeinde V. festgesetzten Höhe entstanden sei. Die Vorstellung, durch den Abzug der bisher bezahlten Steuer werde eine doppelte Inanspruchnahme des Antragstellers vermieden, verkürze dessen Rechtsschutzmöglichkeiten. Die den Bescheiden der Antragsgegnerin zugrunde liegende Hundesteuersatzung sei zudem rechtswidrig, weil sie willkürlich zwischen den aufgeführten Hunderassen unterscheide und eine unverhältnismäßig hohe Steuer vorsehe. Schon aufgrund der auch das Gericht bindenden Bescheide der Gemeinde V. seien die angegriffenen Bescheide der Antragsgegnerin wegen örtlicher Unzuständigkeit rechtswidrig. Da die Hunde unstreitig im Betrieb des Antragstellers als Wachhunde genutzt würden, erfolge ihre Haltung gerade nicht in dessen Haushalt im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Für eine Haltung im Betrieb sei nicht Voraussetzung, dass die Hunde dort 24 Stunden am Tag verblieben; anderenfalls wäre diese vom Satzungsgeber vorgesehene Haltungsvariante nahezu nie möglich.
Mit diesen Ausführungen wird die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs München nicht ernstlich infrage gestellt.
Die Existenz des von der Gemeinde V. erlassenen Hundesteuerbescheids vom 24.10.2018 stand dem Erlass von (weiteren) Hundesteuerbescheiden durch die Antragsgegnerin nicht entgegen. Für diese ergab sich insbesondere aus der vom Antragsteller angeführten „Tatbestandswirkung“ des früheren Bescheids keine rechtliche Bindung beim Vollzug ihrer eigenen Hundesteuersatzung.
Eine Tatbestandswirkung im engeren Sinne kommt einem Verwaltungsakt nur zu, wenn sein Vorhandensein nach materiellem Recht eine zwingende Voraussetzung, das heißt ein Tatbestandsmerkmal, für den Eintritt einer bestimmten Rechtsfolge bildet3.
Das ist hier nicht der Fall, da weder die Gesetzesvorschriften über örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern noch die Hundesteuersatzung der Antragsgegnerin das Recht zur Steuererhebung von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines anderweitig erlassenen Verwaltungsakts abhängig machen. Die Pflicht zur Zahlung von Hundesteuer ist nicht an die (negative) Voraussetzung geknüpft, dass gegen denselben Steuerpflichtigen noch kein Hundesteuerbescheid von einer anderen Gemeinde erlassen wurde.
Zwar können – so der Verwaltungsgerichtshof München weiter – Verwaltungsakte mit ihren auf Außenwirkung abzielenden Regelungen auch ohne ausdrückliche normative Bezugnahme eine Bindungswirkung (Tatbestandswirkung iwS) gegenüber anderen Behörden entfalten. Dies gilt aber nur für ihren jeweiligen Regelungsgehalt, wie er sich aus der örtlich und sachlich begrenzten Zuständigkeit der erlassenden Behörde ergibt. Danach war Gegenstand des Hundesteuerbescheids der Gemeinde V. vom 24.10.2018 die verbindliche Entscheidung über die Höhe der von ihr erhobenen Steuer und über die vom Antragsteller im Rahmen dieser Rechtsbeziehung zu erfüllende Zahlungspflicht. Zum Regelungsinhalt des Bescheids gehörte dagegen nicht die (nicht ausdrücklich getroffene) Feststellung, dass die beiden Hunde des Antragstellers im Gebiet der Gemeinde V. gehalten würden. Diese Annahme betraf vielmehr eine Vorfrage, die an der Bindungswirkung des Steuerbescheids nicht teilnahm und die auch nicht mit rechtlicher (Ausschluss-)Wirkung gegenüber anderen Gemeinden hätte entschieden werden können. Die steuerlichen Verhältnisse des Antragstellers zur Antragsgegnerin wurden somit durch den Hundesteuerbescheid der Gemeinde V. vom 24.10.2018 nicht berührt.
Der Antragsteller kann auch nicht geltend machen, aufgrund der angegriffenen Bescheide als Steuerpflichtiger zu Unrecht für ein und denselben Aufwand doppelt in Anspruch genommen zu werden. Das im Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 GG Absatz IIa 1 GG enthaltene Verbot einer Doppelbelastung derselben Steuerquelle4 gilt allein im Bund-Länder-Verhältnis; auf das Verhältnis der Gemeinden untereinander ist es schon deshalb nicht übertragbar, weil bei den Verbrauch- und Aufwandsteuern durch das Erfordernis der „Örtlichkeit“ sichergestellt ist, dass derselbe Steuertatbestand nur jeweils in einer einzigen Gemeinde vorliegen kann. Wer wie der Antragsteller einen von einer unzuständigen Gemeinde erlassenen Steuerbescheid hinnimmt, kann sich daher gegenüber einem von der zuständigen Gemeinde erlassenen späteren Bescheid nicht auf eine unzulässige Doppelbelastung berufen.
Die in der Hundesteuersatzung der Antragsgegnerin in Bezug auf den jährlichen Steuersatz getroffene Unterscheidung zwischen Kampfhunden (1.200 EUR) und sonstigen Hunden (60 EUR) ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs München rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der vom Verwaltungsgericht zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs München dürfen die Gemeinden einen an die Kampfhundeeigenschaft anknüpfenden erhöhten Hundesteuersatz auch für Hunde festsetzen, bei denen ein sogenannter positiver Wesenstest vorliegt. Denn dieser lässt nur die sicherheitsrechtliche Erlaubnispflicht nach Art. 37 Absatz I LStVG entfallen, ändert aber nichts daran, dass es sich um Hunde handelt, bei denen aufgrund ihrer Rassemerkmale vor einer abstrakten Gefährlichkeit auszugehen ist5. Dieser Umstand genügt auch aus bundesrechtlicher Sicht6 als rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel der Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation.
In dem erhöhten Steuersatz für Kampfhunde von 1.200 EUR liegt angesichts des damit verfolgten Lenkungszwecks auch keine unverhältnismäßige wirtschaftliche Belastung der Hundehalter. Eine „erdrosselnde Wirkung“ der Hundesteuer wäre nach ständiger Rechtsprechung erst anzunehmen, wenn der Steuersatz den jährlichen Aufwand für die Hundehaltung deutlich überstiege7. Davon kann, wie das Verwaltungsgericht München unter Verweis auf verschiedene aktuelle Studien und Berichte näher dargelegt hat, keine Rede sein.
Der Antragsteller kann sich gegenüber der Antragsgegnerin auch nicht darauf berufen, dass die beiden Hunde nicht in deren Gemeindegebiet, sondern im Gebiet der Gemeinde V. gehalten würden, so der Verwaltungsgerichtshof München weiter.
Die bloße Tatsache, dass die Nachbargemeinde sich infolge der früheren Anmeldung durch den Ast. irrtümlich für zuständig gehalten und einen (noch) wirksamen Hundesteuerbescheid erlassen hat, stellt aus den oben genannten Gründen kein Zuständigkeitshindernis für die Antragsgegnerin dar. Auch der unstreitige zeitweilige Aufenthalt der Hunde auf dem Gelände der Zimmerei des Antragstellers in V. als Wachhunde hat nicht zur Folge, dass die Haltung dort und nicht im Gebiet der Antragsgegnerin stattfinden würde.
Nach der Hundesteuersatzung der Antragsgegnerin ist der die Steuerpflicht auslösende Tatbestand das Halten eines über vier Monate alten Hundes im Gemeindegebiet (§ 1 S. 1 HStS). Hundehalter ist, wer einen Hund im eigenen Interesse oder im Interesse seiner Haushalts- oder Betriebsangehörigen aufgenommen hat (§ 3 I 2 HStS). Die räumlich-gegenständliche Zuordnung der Hundehaltung zu einem im Gemeindegebiet gehörenden Haushalt oder Betrieb ist damit durch die Hundesteuersatzung normativ festgelegt; dieser spezifische Bezug zu einem bestimmten Gemeindegebiet rechtfertigt die Erhebung der Hundesteuer als einer örtlichen Aufwandsteuer.
Wie sich aus der Verwendung der Konjunktion „oder“ in § 3 I 2 HStS ergibt, kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs München ein Hund aus steuerrechtlicher Sicht nur entweder einem Haushalt oder einem Betrieb als Ort der Haltung zugeordnet werden. Hält sich der Hund regelmäßig sowohl in einem Privathaushalt als auch auf einem in einer anderen Gemeinde gelegenen Betriebsgelände auf, ist daher zu prüfen, wo der Schwerpunkt seiner Beziehungen zum jeweiligen Hundehalter liegt. Dabei kommt es im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nicht nur auf die jeweiligen Zeitanteile an, sondern auch darauf, wo die Pflege und insbesondere die nächtliche Unterbringung des Tiers stattfindet. Im Regelfall wird daher der Haushalt des Hundehalters und nicht dessen auswärtige Arbeitsstelle, an die der Hund regelmäßig mitgenommen wird, als der Ort der Hundehaltung anzusehen sein8. Dass bei den beiden Hunden des Antragstellers ein Sonderfall vorläge, der eine abweichende Bewertung nahelegen könnte, ist im bisherigen Verfahren nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.
Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 07.11.2023 – 4 CS 23.1635
- VG München, Beschluss vom 16.08.2023 – M 10 S 23444 [↩]
- vgl. Eyermann/Hoppe VwGO, 16. Aufl. 2022, VwGO § 80 Rn. 95 [↩]
- BVerwGE 60, 111; Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs VwVfG, 10. Aufl. 2023, VwVfG § 43 Rn. 154 [↩]
- BVerfGE 98, 106, NJW 1998, 2341 [↩]
- VGH München, Entscheidung vom 29.11.2017 – 4 CS 17.1894 [↩]
- BVerwGE 110, 265 [↩]
- VGH München, Entcheidung vom 25.07.2013 – 4 B 13.144; bestätigt durch BVerwGE 150, 225 [↩]
- VGH München, Entscheidung vom 26.09.2012 – 4 B 12.1389 [↩]