Bei der Errichtung eines Eigenheims kommt es häufig zu rechtlichen Auseinandersetzungen, die auch zu Prozessen führen. Kann man die Kosten hierfür dann in der Folge als „außergewöhniche Belastungen“ im Rahmen der Einkommensteuererklärung absetzen?
§ 33 EStG regelt genauer, was man als außergewöhnliche Belastungen im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend machen kann:
„(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
(2) Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können. Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
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Vor diesem Hintergrund hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass Kosten, die durch Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung eines Eigenheims entstanden sind, nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abzugsfähig sind und damit eine entsprechende Klage abgewiesen.
In dem entschiedenen Fall beauftragten die Kläger (= Eheleute) ein Massivbau-Unternehmen mit der Errichtung eines Zweifamilienhauses mit Unterkellerung auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück in der Südpfalz. Wegen gravierender Planungs- und Ausführungsfehler gingen die Kläger gegen das Bauunternehmen gerichtlich vor, unter anderem im Wege eines Beweissicherungsverfahrens. Allein im Jahr 2017 zahlten sie dafür Gerichts- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt rund 13.700 €. Im Jahr 2018 wurde über das Vermögen des Bauunternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger u.a. die ihnen entstandenen Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend und wiesen auf ihre extrem angespannte finanzielle Situation hin.
Das beklagte Finanzamt (und ihm folgend nun auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz) lehnten die beantragte Steuerermäßigung hingegen ab.
Zur Begründung wies das Finanzgericht Rheinland-Pfalz darauf hin, dass die Ansprüche, die die Kläger mit den Gerichtsverfahren verfolgt hätten, zwar ihr zukünftiges Eigenheim betroffen hätten und für sie von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung gewesen seien. Jedoch habe für die Kläger zu keiner Zeit die Gefahr bestanden, die Existenzgrundlage zu verlieren oder die lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Die Kläger seien beide erwerbstätig gewesen und hätten eine ihrem Wohnbedürfnis entsprechende Mietwohnung bewohnt.
Das Baugrundstück sei nicht lebensnotwendig gewesen und hätte notfalls verkauft werden können. Die Aufwendungen seien auch nicht außergewöhnlich. Der Erwerb eines Einfamilienhauses berühre typischerweise das Existenzminimum nicht und erscheine deshalb steuerlich als Vorgang der normalen Lebensführung. Auch Baumängel seien nicht unüblich, so dass entsprechende Prozesskosten wegen solcher Mängel ebenfalls grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden könnten. Auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs stellten Prozesskosten wegen Baumängeln am selbst genutzten Einfamilienhaus keine außergewöhnlichen Belastungen dar.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.05.2020 – 3 K 2036/19