Diese beiden Tatbestände hat der Angeklagte in einem aktuell vom Saarländischen Oberlandesgericht entschiedenen Fall nach Auffassung des Gerichts verwirklicht.
Nach den vom Saarländischen Oberlandesgericht zugrunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts Saarbrücken begab sich der Angeklagte im Januar 2016 in den mittels einer Balustrade und einer Kordel abgesperrten Altarraum der katholischen Basilika St. Johann in Saarbrücken, kletterte auf den dortigen Altar, führte auf diesem 26 Liegestützen aus und legte sich anschließend für wenige Sekunden mit in den Armen versenktem Kopf flach auf den Altar, um sich von der Anstrengung zu erholen. Ein Gottesdienst fand währenddessen nicht statt. Das Geschehen zeichnete er auf einer Videokamera auf. Hieraus erstellte er eine Videoinstallation mit dem Titel „pressure to perform“, die er in einer Endlosschleife auf einem Bildschirmgerät – zunächst im Schaufenster eines Anwesens in der Nauwieserstraße und später im Schaufenster eines Künstlerhauses in der Mainzer Straße in Saarbrücken – präsentierte. Mit der Videoinstallation wollte der Angeklagte seine kritische Haltung gegenüber dem Druck der Leistungsgesellschaft, der nichts mehr heilig sei, zum Ausdruck bringen. Um seinem Werk einen besonderen Charakter zu verleihen und auch die Produktionskosten zu minimieren, kam es ihm dabei auf die Benutzung des Altars einer geweihten Kirche an.
Nach Ansicht des Saarländischen Oberlandesgerichts erfüllt dieses Verhalten des Angeklagten nicht nur den Tatbestand des Hausfriedensbruchs, sondern entgegen der Auffassung des Landgerichts Saarbrücken auch den Tatbestand der Störung der Religionsausübung. Das Verhalten des Angeklagten stellt sich nach Auffassung des Saarländischen Oberlandesgerichts als „beschimpfender Unfug“ im Sinne des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB dar, da der Angeklagte durch das Besteigen des Altars und das Ausführen von Liegestützen auf diesem in besonders roher und drastischer Weise die Missachtung der religiösen Bedeutung des Altars zum Ausdruck gebracht hat. Dieses Verhalten ist nach Ansicht des Strafsenats ebenso wenig wie der begangene Hausfriedensbruch durch die Wahrnehmung des Grundrechts der Kunstfreiheit gerechtfertigt.
Denn der Kunstfreiheit gebührt im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung in diesem konkreten Fall kein Vorrang vor dem Grundrecht auf ungestörte Religionsausübung, dessen Schutz § 167 StGB dient.
Zuvor hatte das Amtsgericht Saarbrücken den Angeklagten wegen Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit Störung der Religionsausübung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen verurteilt1. Dieses Urteil hat das Landgericht Saarbrücken aufgehoben, den Angeklagten (nur) wegen Hausfriedensbruchs schuldig gesprochen, ihn deshalb verwarnt und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen vorbehalten2.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat das Saarländische Oberlandesgericht das Urteil nun im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte der Störung der Religionsausübung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch schuldig ist. Im Rechtsfolgenausspruch hat das Saarländische Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts Saarbrücken aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken zurückverwiesen. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts hat das Saarländische Oberlandesgericht als unbegründet verworfen.
Kommentar: Das Urteil ist nur zu begrüssen. Auch sog. Aktionskünstler (und wie sie sich alle nennen) sollten sich einmal darüber klar werden, dass sie sich nicht alles erlauben und über alle Grenzen gehen können.
Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 15.05.2018 – Ss 104/2017 (4/18)
- AG Saarbrücken, Urteil vom 17.01.2017 – 115 Cs 192/16 [↩]
- LG Saarbrücken, Urteil vom 10.07.2017 – 12 Ns 54/17 [↩]