Das Verwaltungsgericht Köln hatte aktuell über einen Fall zu entscheiden, in dem einem Hundehalter für seinen Hund ein Maulkorbzwang auferlegt und für den Fall des Verstosses hiergegen die Verhängung eines Zwangsgeldes angeordnet wurde. Zugleich wurde die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides angeordnet.
In der Folge wurde dem Hundehalter vorgeworfen, gegen die Auflage des Maulkorbzwangs verstossen zu haben, so dass ein Zwangsgeld festgesetzt wurde. Ob gegen die Auflage verstossen wurde, war streitig. Da eine Klage gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes keine aufschiebende Wirkung hat, reichte der Hundehalter eine Antrag auf Anordnung der ausfschiebenden Wirkung der Klage beim Verwaltungsgericht Köln ein.
Hiermit ist er gescheitert.
Warum?
Die Erfolgsaussichten der Klage sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht abschließend zu beurteilen. Die daher unabhängig von den Erfolgsaussichten vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
In materieller Hinsicht sind die Erfolgsaussichten nicht abschließend zu beurteilen.
Zwar liegen die formellen Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß § 55 Abs.1 VwVG NRW vor, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Es geht um die Durchsetzung der in der Ordnungsverfügung des Beklagten angeordneten Maulkorbpflichtpflicht betreffend seinen Hund „Lika“. Diese Pflicht war sofort vollziehbar angeordnet. Das festgesetzte Zwangsgeld ist ordnungsgemäß angedroht worden (§ 63 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW).
Ob die Festsetzung des zuvor angedrohten Zwangsgeldes materiell zu Recht (§ 64 Satz 1 VwVG NRW) erfolgt ist, kann gegenwärtig jedoch nicht abschließend festgestellt werden.
Der Antragsteller (Hundehalter) behauptet, an dem fraglichen Tag, dem 26.04.2021, seinen Hund angeleint und mit Maulkorb ausgeführt zu haben. Beim Aufeinandertreffen mit einer Gruppe mit drei Hunden seien zwei der Hunde bellend und nicht in spielerischer Absicht auf den Antragsteller zugelaufen, der daraufhin den Maulkorb des Hundes entfernt habe, damit dieser sich selbst habe verteidigen können. Einer der an dem Vorfall beteiligten anderen Hundehalter, der Zeuge X, gab demgegenüber auf telefonische Nachfrage der Antragsgegnerin an, der Hund M sei beim Aufeinandertreffen angeleint, aber nicht mit Maulkorb geführt worden. Als die Polizei vor Ort gewesen sei, sei dem Hund der Maulkorb allerdings angelegt worden. Welche der beiden Darstellungen zutrifft, lässt sich auch der vom Antragsteller vorgelegten Fotodokumentation des Vorgangs anhand der Aufnahmen seiner Bodycam nicht eindeutig feststellen. Erkennbar ist dort zwar, dass zwei Hunde auf den Antragsteller zuliefen, von denen sich einer offenbar abrufen ließ und kehrtmachte, während der andere weiter die Begegnung oder auch Konfrontation mit dem Hund des Antragstellers suchte. Nicht erkennbar ist aber auf den Fotos, dass der Hund des Antragstellers zu irgendeinem Zeitpunkt einen Maulkorb trug, der ihm dann abgenommen worden wäre. Eine weitere Aufklärung insoweit muss daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben ebenso wie die nachfolgende Bewertung, ob die Ahndung bzw. Zwangsgeldfestsetzung wegen einer gegebenenfalls nur vorübergehenden Entfernung des Maulkorbs in dieser Situation unverhältnismäßig wäre.
Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache demnach gegenwärtig als offen zu bezeichnen, so ist maßgeblich, ob das Interesse des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der noch zu erhebenden Klage das Interesse an der Beibehaltung der vorläufigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Verfügung überwiegt (Interessenabwägung), wobei hier auch die Wertung des Gesetzgebers zu berücksichtigen ist, nach der Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung richten, keine aufschiebende Wirkung entfalten. Damit hat, so das Verwaltungsgericht Köln, der Gesetzgeber bewusst entschieden, dass in der Verwaltungsvollstreckung das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit behördlicher Maßnahmen grundsätzlich das private Interesse des Betroffenen, einen Verwaltungsakt nicht ohne vorherige Überprüfung der Rechtmäßigkeit befolgen zu müssen, überwiegt.
Private Interessen des Antragstellers, welche dennoch das öffentliche Interesse an der Vollziehung überwiegen, wurden nicht dargelegt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Sollte der Antragsteller zur Zahlung des festgesetzten Betrages nicht in der Lage zu sein, könnte dem ggf. durch eine Ratenzahlungsvereinbarung Rechnung getragen werden, so das Verwaltungsgericht weiter.
Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 10.05.2022 – 20 L 112/22
ECLI:DE:VGK:2022:0510.20L112.22.00