Schenkungen von Eltern an ihre Kinder kommen nicht selten vor.
Sie werden auch steuerlich bevorzugt:
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ist auf Kinder und Stiefkinder die Steuerklasse I anzuwenden. In dieser Klasse fällt bei einem Erwerb bis 75.000 € eine Steuer in Höhe von 7 % an. In der Steuerklasse III sind dafür bereits 30 % Steuer zu zahlen.
Besser kommen Kinder auch bei den Freibeträgen weg: Kinder haben einen Freibetrag von € 400.000, bei Steuerklasse III hingegen lediglich einen von € 20.000.
Wie liegt nun der Fall, wenn der biologische Vater, der nicht der rechtliche Vater ist, seinem Kind einen Geldbetrag schenkt?
Hierüber musste nun der Bundesfinanzhof entscheiden und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bei einer Schenkung des – lediglich – biologischen Vaters die Steurklasse III greift und nicht die Vergünstigungen der Steuerklasse I.
Der Fall:
Der Kläger ist der leibliche, aber nicht rechtliche Vater einer Tochter. Zum Zeitpunkt der Geburt war deren Mutter mit einem anderen Mann verheiratet. Eine Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft des Ehemanns der Mutter erfolgte nicht.
Der Kläger schenkte seiner Tochter später einen Geldbetrag in Höhe von 30.000 EUR und sagte zu, etwa anfallende Schenkungsteuer zu übernehmen. In seiner Schenkungsteuererklärung beantragte er die Anwendung der Steuerklasse I.
Der Beklagte (das Finanzamt) unterwarf den Erwerb der Schenkungsteuer nach der Steuerklasse III, da die rechtliche Vaterschaft zu einer anderen Person die rechtliche Anerkennung der Vaterschaft als biologischer Vater nach § 1594 Abs. 2 BGB ausschliesse.
Nach Zurückweisung des Einspruchs gab das Hessische Finanzgericht der Klage statt1.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs:
Nach § 15 Abs. 1 ErbStG richtet sich die Steuerklasseneinteilung im Regelfall für jeden einzelnen Erb- oder Schenkungsfall nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker. Die Einteilung der Steuerpflichtigen in unterschiedliche Steuerklassen ist maßgebend für die Bestimmung der persönlichen Freibeträge (§§ 16, 17 ErbStG) und die Höhe des Steuersatzes (§ 19 ErbStG). Zur Steuerklasse I gehören u.a. Kinder und Stiefkinder (§ 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG). In die Steuerklasse III fallen alle übrigen Erwerber (§ 15 Abs. 1 Steuerklasse III ErbStG). Die Steuerklasse III gilt nach dem Wortlaut der Vorschrift auch für den Erwerb eines Kindes von dessen biologischem Vater.
Für die Steuerklasseneinteilung nach § 15 Abs. 1 ErbStG sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend2.
Nach § 1589 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Personen, deren eine von der anderen abstammt, in gerader Linie verwandt. Vater eines Kindes in diesem Sinne ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 BGB; Überschrift des Buches 4, Abschn. 2, Titel 2 BGB: „Abstammung“3). Das Vorliegen einer der drei Voraussetzungen führt dazu, dass ein Mann als rechtlicher Vater angesehen wird. Aus der rechtlichen Vaterschaft leiten sich Rechte und Pflichten ab. Der Vater ist z.B. dem Kind zum Unterhalt verpflichtet (vgl. § 1601 i.V.m. § 1589 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1592 BGB). Das Kind ist gegenüber seinem rechtlichen Vater erb- (vgl. § 1924 Abs. 1 BGB) und pflichtteilsberechtigt (vgl. § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die biologische Abstammung allein führt nicht zur rechtlichen Vaterschaft. Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, so der Bundesfinanzhof. Die Begründung familiärer Rechtsbeziehungen ist gesetzlich zwar so zu gestalten, dass den leiblichen Eltern eines Kindes in der Regel auch die rechtliche Stellung als Eltern eingeräumt wird. Der Gesetzgeber ist aber nicht verpflichtet, die rechtliche Anerkennung der Elternschaft stets von der Prüfung abhängig zu machen, von wem das Kind im Einzelfall biologisch abstammt. Es genügt, aus bestimmten tatsächlichen Umständen und sozialen Situationen auf die leibliche Abstammung eines Kindes zu schließen und aufgrund dieser Vermutung die Zuweisung der rechtlichen Elternstellung vorzunehmen, wenn dies in aller Regel zu einem Zusammentreffen von leiblicher und rechtlicher Elternschaft führt. Konsequenz der gesetzlichen Vermutungsregelung ist, dass leibliche und rechtliche Vaterschaft im Einzelfall auseinanderfallen können4.
Die Systematik des § 15 ErbStG verlangt die Anwendung der Steuerklasse I im Verhältnis des Kindes zu seinem biologischen Vater nicht.
§ 15 Abs. 1a ErbStG spricht nach Meinung des Bundesfinanzhofs nicht für, sondern gegen die Einordnung des Erwerbs vom biologischen Vater in die Steuerklasse I.
Gemäß § 15 Abs. 1a ErbStG gelten die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 auch dann, wenn die Verwandtschaft durch Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich erloschen ist. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 18.08.19805 eingefügt und beruht auf einer Änderung des Adoptionsrechts6. Gemäß § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB i.d.F. des Adoptionsgesetzes vom 02.07.19767 erlöschen mit der Annahme Minderjähriger (Überschrift des Buches 4, Abschn. 2, Titel 7, Untertitel 1 BGB: „Annahme Minderjähriger“) mit Ausnahme bestimmter Verwandtenadoptionen nach § 1756 BGB das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten. Bei einem Erwerb des Kindes von seinen bisherigen Verwandten hätte dies erbschaftsteuerrechtlich zur Anwendung der Steuerklasse III geführt. Um diesen Nachteil zu verhindern, wurde § 15 Abs. 1a ErbStG geschaffen8.
§ 15 Abs. 1 und Abs. 1a ErbStG haben zur Folge, dass die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 sowohl bei Erwerben in dem durch Adoption Minderjähriger neu begründeten Verwandtschaftskreis als auch bei Erwerben im bisherigen Verwandtschaftskreis gelten, also eine Doppelbegünstigung eintritt8, obwohl im bisherigen Verwandtschaftskreis Unterhalts- sowie Erb- und Pflichtteilsansprüche für die Zukunft erlöschen9. Damit trägt der Gesetzgeber aber nicht der biologischen Abstammung des Kindes Rechnung. Die Begünstigung von Erwerben im bisherigen Verwandtschaftskreis beruht vielmehr auf der – durch Adoption erloschenen – rechtlichen Verwandtschaft des Kindes.
Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber mit § 15 Abs. 1a ErbStG eine besondere erbschaftsteuerrechtliche Regelung für die Minderjährigenadoption getroffen hat, spricht nach Auffassung des Bundesfinanzhofs dafür, dass der Kindsbegriff i.S. des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG grundsätzlich nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften auszulegen ist. § 15 Abs. 1a ErbStG bewirkt eine – gesetzgeberisch gebilligte – ausnahmsweise Doppelbegünstigung. Für den gesetzlich nicht geregelten Fall eines ehemaligen Adoptionsverhältnisses hat der Bundesfinanzhof dementsprechend die Möglichkeit einer solchen Doppelbegünstigung verneint8.
Des Weiteren hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG ausdrücklich Stiefkinder einbezogen. Stiefkinder sind keine Kinder i.S. des bürgerlich-rechtlichen Kindsbegriffs und fielen ohne diese explizite Nennung nicht in Steuerklasse I. Eine solche ausdrückliche Regelung der Anwendung der Steuerklasse I fehlt für das Verhältnis eines Kindes zu seinem biologischen Vater.
Die Einordnung des Kindes als übriger Erwerber i.S. des § 15 Abs. 1 Steuerklasse III ErbStG bei einem Erwerb von seinem biologischen Vater entspricht dem Sinn und Zweck des § 15 ErbStG.
Mit der Besserstellung von Erwerbern der Steuerklasse I begünstigt § 15 Abs. 1 ErbStG die Weitergabe von Familienvermögen an Ehegatten und Lebenspartner sowie an vorhergehende und nachfolgende Generationen. Die Begünstigung dient dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) und verwirklicht das Familienprinzip als Grenze für das Maß der Steuerbelastung. Danach ist die familiäre Verbundenheit der nächsten Angehörigen zum Erblasser oder Schenker erbschaftsteuerrechtlich zu berücksichtigen. Der steuerliche Zugriff ist bei Familienangehörigen derart zu mäßigen, dass diesen der Nachlass zumindest zum deutlich überwiegenden Teil oder, bei kleineren Vermögen, völlig steuerfrei zugutekommt10.
Die erbschaftsteuerrechtliche Begünstigung von Kindern folgt aus der im bürgerlichen Familien- und Erbrecht angelegten Mitberechtigung der Kinder am Familiengut. Kinder haben aufgrund ihres Unterhaltsanspruchs gegen ihre Eltern (§ 1601 BGB) an deren Vermögensverhältnissen teil11. Beim Tode der Eltern stehen ihnen ein gesetzliches Erbrecht als Erben der ersten Ordnung (§ 1924 BGB) und ein Pflichtteilsanspruch (§ 2303 Abs. 1 BGB) zu. Diese Rechte sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Weitergabe des in der Familie gebildeten Vermögens an die nächste Generation fördern. Damit korrespondiert das Schutzziel des Familienprinzips, kleine und mittlere Vermögen als Grundlage der privaten Lebensgestaltung möglichst ungeschmälert in der Generationenfolge zu erhalten. Dem trägt die Einordnung von Kindern in die Steuerklasse I Rechnung.
Unter Beachtung dieses Gesetzeszwecks ist es sachgerecht, den erbschaftsteuerrechtlichen Kindsbegriff auf Kinder i.S. des Abstammungsrechts (§ 1592 BGB) zu beschränken. Allein die bürgerlich-rechtliche Abstammung begründet Unterhaltspflichten sowie das gesetzliche Erbrecht und den Anspruch auf den Pflichtteil. Demgegenüber bestehen im Rahmen der biologischen Vaterschaft diese gesetzlichen finanziellen Verpflichtungen, die zur Bildung und Weitergabe von Familienvermögen beitragen, nicht. Dies rechtfertigt es, ein Kind bei Erwerben von seinem biologischen Vater auf die ungünstigere Steuerklasse III zu verweisen.
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG erfordert keine Auslegung des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG dahingehend, dass auf den Erwerb des Kindes von seinem biologischen Vater die Steuerklasse I anzuwenden ist. Die grundrechtlich geschützte Elternposition, mit der die Anwendung der Steuerklasse I verknüpft ist, hat nur der rechtliche Vater inne.
Gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sind Pflege und Erziehung des Kindes Recht und Pflicht der Eltern. Nach der Rechtsprechung des BVerfG steht zwar auch der leibliche, nicht rechtliche Vater eines Kindes unter dem Schutz der Grundrechtsnorm. Leiblicher Vater eines Kindes zu sein, macht ihn allerdings noch nicht zum Träger des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Norm schützt den leiblichen Vater lediglich in seinem Interesse, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einzunehmen. Sie gewährleistet ihm den Zugang zu einem Verfahren, in dem die Vaterschaft überprüft und das Elternrecht gegebenenfalls rechtlich neu zugeordnet wird. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert dem leiblichen Vater danach nicht das Elternrecht, sondern nur einen verfahrensrechtlichen Zugang zu jenem Recht12.
Träger des Elternrechts ist, wer –ggf. infolge eines solchen Verfahrens– rechtlicher Vater eines Kindes ist13. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann der biologische Vater die Elternposition auch nicht neben dem rechtlichen Vater einnehmen. Ein Nebeneinander von zwei Vätern, denen zusammen mit der Mutter jeweils die gleiche grundrechtlich zugewiesene Elternverantwortung für das Kind zukommt, entspricht nicht der Vorstellung von elterlicher Verantwortung, die Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zugrunde liegt. Auch der gesellschaftliche Wandel familiärer Lebenszusammenhänge fordert dies nicht. Dass rechtliche und leibliche Vaterschaft auseinanderfallen können, ist kein neues Phänomen, das sich auf die Veränderung familiärer Strukturen zurückführen ließe. Es findet seine Ursache vielmehr in der Rechtstradition, die Vaterschaft aufgrund bestimmter sozialer Sachverhalte zu vermuten, darauf die rechtliche Zuordnung des Kindes zu stützen und nur dann im Einzelfall die leibliche Vaterschaft als Grundlage für die rechtliche festzustellen, wenn die gesetzliche Vermutung nicht mehr trägt.
Die Anwendung der Steuerklasse I auf den Erwerb des Kindes von seinem biologischen Vater ist auch im Lichte des Art. 6 Abs. 1 GG nicht geboten, so der Bundesfinanzhof weiter.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bildet auch der leibliche, aber nicht rechtliche Vater eines Kindes mit diesem eine Familie, die in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fällt, wenn zwischen ihm und dem Kind eine soziale Beziehung besteht, die darauf beruht, dass er zumindest eine Zeit lang tatsächlich Verantwortung für das Kind getragen hat. Für diesen Fall hat das BVerfG aus Art. 6 Abs. 1 GG aber lediglich ein Umgangsrecht des leiblichen Vaters abgeleitet14. Es wurden ihm weder weitergehende Rechte zugesprochen noch Pflichten auferlegt, die denen des rechtlichen Vaters entsprächen und eine steuerrechtliche Privilegierung der Erwerbe vom leiblichen Vater rechtfertigten.
Eine Berücksichtigung der – als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten heranzuziehenden – Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EGMR15 führt zu keinem anderen Ergebnis.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person u.a. das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Nach dessen Abs. 2 darf eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Nach der Rechtsprechung des EGMR kann Art. 8 EMRK dahingehend ausgelegt werden, dass er den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlegt zu prüfen, ob es dem Kindeswohl dient, dem leiblichen Vater den Aufbau einer Beziehung zu seinem Kind zu ermöglichen, insbesondere durch die Gewährung eines Umgangsrechts. Dies bedeutet gegebenenfalls die Feststellung der leiblichen Vaterschaft in einem Umgangsverfahren, wenn unter den besonderen Umständen der Rechtssache davon ausgegangen wird, dass ein Umgang zwischen leiblichem Vater und Kind dem Kindeswohl dienen würde. Eine konventionsrechtliche Pflicht, dem mutmaßlichen leiblichen Vater zu gestatten, die Stellung des rechtlichen Vaters anzufechten, oder eine separate Klage auf Feststellung der leiblichen Vaterschaft zuzulassen, besteht aber nicht. Insoweit besteht ein staatlicher Ermessensspielraum16.
Aus dieser Rechtsprechung lässt sich keine konventionsrechtliche Pflicht ableiten, Erwerbe vom biologischen Vater steuerrechtlich genauso wie Erwerbe vom rechtlichen Vater zu behandeln. Der EGMR hat Art. 8 EMRK nicht entnommen, dass biologische und rechtliche Väter gleichzustellen wären. Er unterscheidet vielmehr zwischen rechtlicher Vaterschaft, die Elternverantwortung mit sämtlichen elterlichen Rechten und Pflichten bedeutet, und biologischer Vaterschaft, die lediglich einzelne Rechte, etwa zum Umgang mit dem Kind, vermittelt.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Entscheidungen des EGMR, nach denen die erbrechtliche Ungleichbehandlung von nichtehelichen und ehelichen Kindern17 und die Ungleichbehandlung von Vätern nichtehelicher Kinder bezüglich des Zugangs zur elterlichen Sorge18 Art. 14 (Diskriminierungsverbot) i.V.m. Art. 8 EMRK verletzen. Grund für die Nichtanwendung der Steuerklasse I auf den erbschaftsteuerrechtlichen Erwerb des Kindes von seinem biologischen Vater ist nicht dessen fehlende Ehe mit der Mutter bei der Geburt des Kindes, sondern der Umstand, dass ein anderer Mann, der nicht mit der Mutter verheiratet sein muss, rechtlicher Vater des Kindes ist.
Entgegen der Ansicht des Hessischen Finanzgerichts rechtfertigt schließlich auch § 1686a BGB keine andere Entscheidung, so der Bundesfinanzhof.
Gemäß § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient, und gemäß § 1686a Abs. 1 Nr. 2 BGB ein Recht auf Auskunft von jedem Elternteil über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, soweit er ein berechtigtes Interesse hat und dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Die Regelungen wurden durch das Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vom 04.07.201319 eingefügt und sind am 13.07.2013 in Kraft getreten. Dem leiblichen Vater, dessen Kind mit den rechtlichen Eltern in einer Familie lebt und der zu seinem Kind keine enge persönliche Beziehung aufbauen konnte, soll unter bestimmten Voraussetzungen ein Umgangs- und Auskunftsrecht eingeräumt werden20.
§ 1686a Abs. 1 BGB setzt voraus, dass das Kind einen anderen rechtlichen Vater hat. Fehlt ein solcher, ermöglicht § 1686a BGB nicht eine „Elternschaft light“ mit Rechten ohne Pflichten21.
Mit § 1686a BGB hat der Gesetzgeber dem leiblichen Vater punktuelle Rechte eingeräumt, ohne die Regelungen über die Abstammung zu ändern. An der Unterscheidung zwischen rechtlicher Vaterschaft mit umfassender Elternverantwortung und (nur) biologischer Vaterschaft ohne Elternrechte und -pflichten hat er festgehalten22. Dass er die Stellung des biologischen Vaters darüber hinaus insgesamt aufwerten wollte, ist nicht erkennbar. Dem Protokoll der zweiten und dritten Beratung des Gesetzentwurfs im Bundestag lässt sich entnehmen, dass eine noch weiter gehende Stärkung der Rechtsposition des leiblichen Vaters letztlich nicht gewollt war. Insbesondere ein uneingeschränktes Anfechtungsrecht des leiblichen Vaters, das diesen in die Stellung des rechtlichen Vaters einrücken und Unterhalts- sowie Erbansprüche entstehen ließe, wurde abgelehnt. Gleiches gilt für die Überlegung, das Umgangsrecht des biologischen Vaters an dessen Bereitschaft, seinem Kind Unterhalt zu gewähren, zu knüpfen. Die Beibehaltung der Regelungen in § 1592 BGB, die bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG heranzuziehen sind, war daher eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung. Ob die bestehenden gesetzlichen Vorschriften auch zukünftig noch rechtspolitisch wünschenswert erscheinen oder ob den Interessen des biologischen Vaters im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ein höherer Stellenwert gebühren soll, hat allein der Gesetzgeber zu entscheiden.
Das Hessische Finanzgericht ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen.
Da die Sache spruchreif war, war sie nun durch den Bundesfinanzhof abzuweisen.
Das Fnanzamt hat den Erwerb zutreffend der Schenkungsteuer nach der Steuerklasse III unterworfen. Die leibliche Tochter des Klägers gehört zu den übrigen Erwerbern i.S. des § 15 Abs. 1 Steuerklasse III ErbStG. Sie ist kein Kind des Klägers i.S. des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG, da der Kläger ihr biologischer, nicht aber ihr rechtlicher Vater ist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.12.2019 – II R 5/17
ECLI:DE:BFH:2019:U.051219.IIR5.17.0
- Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 15.12.2016 – 1 K 1507/16 [↩]
- BFH, Urteil vom 14.05.1986 – II R 37/84, BFHE 146, 471, BStBl. II 1986, 613; BFH, Beschlüsse vom 27.10.1982 – II B 77/81, BFHE 137, 76, BStBl II 1983, 114; vom 24.11.2005 – II B 27/05, BFH/NV 2006, 743; FG München, Urteil vom 09.10.1986 – X 79/85 Erb, EFG 1987, 255; Kugelmüller-Pugh in Viskorf/ Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 5. Aufl., § 15 ErbStG Rz 2; Weinmann in Moench/Weinmann, § 15 ErbStG Rz 14; Stein in von Oertzen/Loose, ErbStG, § 15 Rz 16, 18 f.; Längle in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 6. Aufl., § 15 Rz 16; BeckOK ErbStG/Gräfe, § 15 Rz 11; Halaczinsky in Daragan/ Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, 3. Aufl., § 15 ErbStG Rz 5; a.A. für den Streitfall Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 15 Rz 40; von Oertzen, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2017, 291 [↩]
- BFH, Urteil vom 28.07.2005 – III R 68/04, BFHE 211, 107, BStBl. II 2008, 350; Rauscher in Staudinger/Rauscher (2011), BGB, § 1592 Rz 10 f., 14 ff., Vorbem. zu §§ 1591-1600d Rz 1; Werner in Staudinger/Werner (2017), BGB, Vorbem. zu §§ 1924-1936 Rz 20, 22b, 26; Hammermann in Ermann, BGB, 15. Aufl., § 1592 Rz 1 ff.; Wellenhofer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 1589 Rz 1, § 1592 Rz 1 f. [↩]
- BVerfG, Beschlüsse vom 09.04.2003 – 1 BvR 1493/96, BVerfGE 108, 82; vom 13.10.2008 – 1 BvR 1548/03 [↩]
- BGBl. I 1980, 1537 [↩]
- BT-Drs. 8/3688, S. 23 [↩]
- BGBl. I 1976, 1749 [↩]
- BFH, Urteil vom 17.03.2010 – II R 46/08, BFHE 228, 191, BStBl. II 2010, 554 [↩] [↩] [↩]
- Palandt/Götz, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Aufl., § 1755 Rz 3 [↩]
- BVerfG, Beschlüsse vom 22.06.1995 – 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671; vom 21.07.2010 – 1 BvR 611/07, BVerfGE 126, 400; BFH, Urteil vom 03.06.2014 – II R 45/12, BFHE 245, 374, BStBl II 2014, 806; Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 17. Aufl., § 15 Rz 2; BeckOK ErbStG/Gräfe, § 15 Rz 18, 30; Milatz in Burandt/Rojahn, ErbStG, § 15 Rz 1 [↩]
- BVerfG, Beschluss vom 22.06.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655 [↩]
- BVerfG, Beschlüsse vom 24.02.2015 – 1 BvR 562/13, FamRZ 2015, 817; vom 25.09.2018 – 1 BvR 2814/17, NJW 2018, 3773; BGH, Beschluss vom 15.11.2017 – XII ZB 389/16, NJW 2018, 947 [↩]
- BVerfG, Beschluss vom 20.09.2006 – 1 BvR 1337/06, FamRZ 2006, 1661 [↩]
- BVerfG, Beschluss vom 04.12.2013 – 1 BvR 1154/10 [↩]
- BVerfG, Beschlüsse vom 14.10.2004 – 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307; vom 27.01.2015 – 1 BvR 471/10, BVerfGE 138, 296, Rz 149; BFH, Urteil vom 17.05.2017 – V R 52/15, BFHE 258, 124, BStBl II 2018, 218 [↩]
- EGMR, Urteile Ahrens/Deutschland vom 22.03.2012 – 45071/09; Hülsmann/ Deutschland Nr. 2 vom 05.11.2013 – 26610/09, NJW 2014, 3083; vom 02.12.2014 – 546/10; vom 10.03.2015 – 42719/14, FamRZ 2016, 437; BGH, Beschluss vom 18.10.2017 – XII ZB 525/16, FamRZ 2018, 41 [↩]
- EGMR, Urteile Brauer/Deutschland vom 28.05.2009 – 3545/04, FamRZ 2009, 1293; Mitzinger/Deutschland vom 09.02.2017 – 29762/10, FamRZ 2017, 656 [↩]
- EGMR, Urteil Zaunegger/Deutschland vom 03.12.2009 – 22028/04, NJW 2010, 501 [↩]
- BGBl I 2013, 2176 [↩]
- BT-Drs. 17/13269, S. 1 [↩]
- BT-Drs. 17/12163, S. 12 [↩]
- Peschel-Gutzeit in Staudinger/Dürbeck (2019), BGB, § 1686a Rz 4-6 [↩]